ja welche so gar verdiente, daß das Pu- blicum sich ihrer angenommen hätte.
Er tadelt sich selbst mit der äußersten Strenge, wegen seiner falschen Begriffe von Ehre, zu welcher er sich, bei dieser Gelegenheit, gegen seinen Freund ver- pflichtet geachtet, und erinnert sich dessen, was ihm die Fräulein hierüber gesagt, wie er es selbst Th. VI.. 358. 359. erzählet, und worauf sich auch Herr Lovelace, der beides der Verführer und der Anklä- ger war, zu seinem eignen Verdruß und zu seiner Schande, beziehet. Jndessen macht er doch einen Unterschied unter einer unersetzlichen Beleidigung, die man gegen eine CLARJSSA im Sinne gehabt, und unter einer Beleidigung, die man denjenigen Personen des schönen Geschlechts zuzufügen gedacht, welche durch ihre Schwäche und Thorheit ihren Fall befördern; denen man also mit Recht einen grossen Theil der Schuld zu- schreiben kann, welche das Verbrechen begleitet.
Er verlangt gar nicht, wie er sagt, die Laster zu beschönigen oder zu verringern, deren er sich selbst schuldig gemacht. Doch beklagt er, aus Liebe gegen Herrn Love- lace, daß derselbe ihm, ohne selbst gerüh- ret zu werden, in einer so lustigen und poßierlichen Schreibart so viele nützliche
Lehren
ja welche ſo gar verdiente, daß das Pu- blicum ſich ihrer angenommen haͤtte.
Er tadelt ſich ſelbſt mit der aͤußerſten Strenge, wegen ſeiner falſchen Begriffe von Ehre, zu welcher er ſich, bei dieſer Gelegenheit, gegen ſeinen Freund ver- pflichtet geachtet, und erinnert ſich deſſen, was ihm die Fraͤulein hieruͤber geſagt, wie er es ſelbſt Th. VI.. 358. 359. erzaͤhlet, und worauf ſich auch Herr Lovelace, der beides der Verfuͤhrer und der Anklaͤ- ger war, zu ſeinem eignen Verdruß und zu ſeiner Schande, beziehet. Jndeſſen macht er doch einen Unterſchied unter einer unerſetzlichen Beleidigung, die man gegen eine CLARJSSA im Sinne gehabt, und unter einer Beleidigung, die man denjenigen Perſonen des ſchoͤnen Geſchlechts zuzufuͤgen gedacht, welche durch ihre Schwaͤche und Thorheit ihren Fall befoͤrdern; denen man alſo mit Recht einen groſſen Theil der Schuld zu- ſchreiben kann, welche das Verbrechen begleitet.
Er verlangt gar nicht, wie er ſagt, die Laſter zu beſchoͤnigen oder zu verringern, deren er ſich ſelbſt ſchuldig gemacht. Doch beklagt er, aus Liebe gegen Herrn Love- lace, daß derſelbe ihm, ohne ſelbſt geruͤh- ret zu werden, in einer ſo luſtigen und poßierlichen Schreibart ſo viele nuͤtzliche
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ja welche ſo gar verdiente, daß das Pu-
blicum ſich ihrer angenommen haͤtte.
Er tadelt ſich ſelbſt mit der aͤußerſten
Strenge, wegen ſeiner falſchen Begriffe
von Ehre, zu welcher er ſich, bei dieſer
Gelegenheit, gegen ſeinen Freund ver-
pflichtet geachtet, und erinnert ſich deſſen,
was ihm die Fraͤulein hieruͤber geſagt, wie
er es ſelbſt Th. VI.. 358. 359. erzaͤhlet,
und worauf ſich auch Herr Lovelace,
der beides der Verfuͤhrer und der Anklaͤ-
ger war, zu ſeinem eignen Verdruß und
zu ſeiner Schande, beziehet. Jndeſſen
macht er doch einen Unterſchied unter
einer unerſetzlichen Beleidigung, die man
gegen eine CLARJSSA im Sinne
gehabt, und unter einer Beleidigung, die
man denjenigen Perſonen des ſchoͤnen
Geſchlechts zuzufuͤgen gedacht, welche
durch ihre Schwaͤche und Thorheit ihren
Fall befoͤrdern; denen man alſo mit
Recht einen groſſen Theil der Schuld zu-
ſchreiben kann, welche das Verbrechen
begleitet.
Er verlangt gar nicht, wie er ſagt, die
Laſter zu beſchoͤnigen oder zu verringern,
deren er ſich ſelbſt ſchuldig gemacht. Doch
beklagt er, aus Liebe gegen Herrn Love-
lace, daß derſelbe ihm, ohne ſelbſt geruͤh-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/277>, abgerufen am 22.11.2024.
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