sei: Daß sie ihm keine Aufmunterung gegeben, die mit ihrer Pflicht oder mit der Klugheit nicht bestehen können, wodurch sie sich so frühzeitig un- terschied: Daß, wenn sie ihrer Klugheit, woran sie nie, wie sie gestehen, gezweifelt, vertrauet hätten, sie sich selbst samt ihnen aus allen Schwie- rigkeiten in Ansehung des Lovelace heraus- gewickelt haben würde: (wie sie auch einst ih- rer Mutter den Vorschlag that) daß sie, wo es je einem Frauenzimmer möglich gewesen, ein ruhmwürdiges Beispiel von einer durch Ver- nunft und Religion, wo nicht völlig bezwunge- nen, doch unterdrückten Liebe gegeben hätte; da der Mann einen zu gottlosen Wandel führete, als daß man ihn ohne Bedingung lieben konnte.
Die unglücklichen Aeltern und Oncles sahen aus diesen Auszügen, für ihre Ruhe, nur gar zu deutlich: Daß man es bloß dem Geiz, dem Stolz, dem Neide ihres unversöhnlichen Bru- ders und ihrer Schwester; der unvernünftigen Verschwörung der ganzen Familie, sie zu zwin- gen, daß sie einem Mann ihre Hand geben sollte, den sie verachten mußte, wo sie nicht aufhören wollte, eine CLARJSSA zu seyn; und endlich den Verfolgungen, womit man ihr zugesetzt, - - daß man diesem allen lediglich den Ge- danken, ihres Vaters Haus zu verlassen, zu- zuschreiben hätte. Ferner, daß sie zuerst, da ihr dieses einfiel, die Absicht hatte, wenn es mög-
lich
ſei: Daß ſie ihm keine Aufmunterung gegeben, die mit ihrer Pflicht oder mit der Klugheit nicht beſtehen koͤnnen, wodurch ſie ſich ſo fruͤhzeitig un- terſchied: Daß, wenn ſie ihrer Klugheit, woran ſie nie, wie ſie geſtehen, gezweifelt, vertrauet haͤtten, ſie ſich ſelbſt ſamt ihnen aus allen Schwie- rigkeiten in Anſehung des Lovelace heraus- gewickelt haben wuͤrde: (wie ſie auch einſt ih- rer Mutter den Vorſchlag that) daß ſie, wo es je einem Frauenzimmer moͤglich geweſen, ein ruhmwuͤrdiges Beiſpiel von einer durch Ver- nunft und Religion, wo nicht voͤllig bezwunge- nen, doch unterdruͤckten Liebe gegeben haͤtte; da der Mann einen zu gottloſen Wandel fuͤhrete, als daß man ihn ohne Bedingung lieben konnte.
Die ungluͤcklichen Aeltern und Oncles ſahen aus dieſen Auszuͤgen, fuͤr ihre Ruhe, nur gar zu deutlich: Daß man es bloß dem Geiz, dem Stolz, dem Neide ihres unverſoͤhnlichen Bru- ders und ihrer Schweſter; der unvernuͤnftigen Verſchwoͤrung der ganzen Familie, ſie zu zwin- gen, daß ſie einem Mann ihre Hand geben ſollte, den ſie verachten mußte, wo ſie nicht aufhoͤren wollte, eine CLARJSSA zu ſeyn; und endlich den Verfolgungen, womit man ihr zugeſetzt, ‒ ‒ daß man dieſem allen lediglich den Ge- danken, ihres Vaters Haus zu verlaſſen, zu- zuſchreiben haͤtte. Ferner, daß ſie zuerſt, da ihr dieſes einfiel, die Abſicht hatte, wenn es moͤg-
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[304/0312]
ſei: Daß ſie ihm keine Aufmunterung gegeben,
die mit ihrer Pflicht oder mit der Klugheit nicht
beſtehen koͤnnen, wodurch ſie ſich ſo fruͤhzeitig un-
terſchied: Daß, wenn ſie ihrer Klugheit, woran
ſie nie, wie ſie geſtehen, gezweifelt, vertrauet
haͤtten, ſie ſich ſelbſt ſamt ihnen aus allen Schwie-
rigkeiten in Anſehung des Lovelace heraus-
gewickelt haben wuͤrde: (wie ſie auch einſt ih-
rer Mutter den Vorſchlag that) daß ſie, wo
es je einem Frauenzimmer moͤglich geweſen, ein
ruhmwuͤrdiges Beiſpiel von einer durch Ver-
nunft und Religion, wo nicht voͤllig bezwunge-
nen, doch unterdruͤckten Liebe gegeben haͤtte; da
der Mann einen zu gottloſen Wandel fuͤhrete,
als daß man ihn ohne Bedingung lieben
konnte.
Die ungluͤcklichen Aeltern und Oncles ſahen
aus dieſen Auszuͤgen, fuͤr ihre Ruhe, nur gar
zu deutlich: Daß man es bloß dem Geiz, dem
Stolz, dem Neide ihres unverſoͤhnlichen Bru-
ders und ihrer Schweſter; der unvernuͤnftigen
Verſchwoͤrung der ganzen Familie, ſie zu zwin-
gen, daß ſie einem Mann ihre Hand geben
ſollte, den ſie verachten mußte, wo ſie nicht
aufhoͤren wollte, eine CLARJSSA zu ſeyn;
und endlich den Verfolgungen, womit man ihr
zugeſetzt, ‒ ‒ daß man dieſem allen lediglich den Ge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/312>, abgerufen am 26.06.2024.
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