Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.Er thäte diese Reise ungern: Wolte nichts so sehr begehren/ als daß er konte bey seinem Herren bleiben. Als er nun die meisten Stück Goldes ihm aufzuheben geben/ mit Versprechen/ daß er wolte wieder kommen/ machte er sich auf den Weg. Ob nun schon damahls dem Haus-Vater ungelegen war/ ihm Erlaubnüß zu geben: Jedoch/ weil er vermeinte / es verhielte sich mit den Brieffen also in der Warheit/ ließ er ihn hinziehen. Uber etliche Wochen kömt er wieder: Giebet seinem Herrn eine andere grosse Summa Geldes aufzuheben: Berichtet ihn/ wie da väterliche Erbe hoch käme: Und machet es so gut/ daß ihm der Wirth seine Tochter zum Weibe giebt: Letzlich wird er ein Erbe seines Schwiegervaters. Weil er sich nun ehrlich und ohne Tadel hielt/ ist er zu einem Rahtsherrn erwehlet worden: Da er denn seine Pflicht so wohl beohachtete/ daß nichts an ihm kunte getadelt werden. Aber weil sein Gewissen ihn hefftig ängstete und quälete/ wolte er sich lieber offenbahren und sterben/ als länger gequälet werden. Als er eines Tages durch die andere Rahtsherren beruffen war/ daß er solte über einen Mörder helffen ein Urtheil fällen: Stunde er des Morgens frühe auf/ gieng in die Messe/ bat sein Weib/ mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was gutes zu essen machte/ und Er thäte diese Reise ungern: Wolte nichts so sehr begehren/ als daß er konte bey seinem Herren bleiben. Als er nun die meisten Stück Goldes ihm aufzuheben geben/ mit Versprechen/ daß er wolte wieder kommen/ machte er sich auf den Weg. Ob nun schon damahls dem Haus-Vater ungelegen war/ ihm Erlaubnüß zu geben: Jedoch/ weil er vermeinte / es verhielte sich mit den Brieffen also in der Warheit/ ließ er ihn hinziehen. Uber etliche Wochen kömt er wieder: Giebet seinem Herrn eine andere grosse Summa Geldes aufzuheben: Berichtet ihn/ wie da väterliche Erbe hoch käme: Und machet es so gut/ daß ihm der Wirth seine Tochter zum Weibe giebt: Letzlich wird er ein Erbe seines Schwiegervaters. Weil er sich nun ehrlich und ohne Tadel hielt/ ist er zu einem Rahtsherrn erwehlet worden: Da er denn seine Pflicht so wohl beohachtete/ daß nichts an ihm kunte getadelt werden. Aber weil sein Gewissen ihn hefftig ängstete und quälete/ wolte er sich lieber offenbahren und sterben/ als länger gequälet werden. Als er eines Tages durch die andere Rahtsherren beruffen war/ daß er solte über einen Mörder helffen ein Urtheil fällen: Stunde er des Morgens frühe auf/ gieng in die Messe/ bat sein Weib/ mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was gutes zu essen machte/ und <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0058" n="38"/> <p>Er thäte diese Reise ungern: Wolte nichts so sehr begehren/ als daß er konte bey seinem Herren bleiben.</p> <p>Als er nun die meisten Stück Goldes ihm aufzuheben geben/ mit Versprechen/ daß er wolte wieder kommen/ machte er sich auf den Weg. Ob nun schon damahls dem Haus-Vater ungelegen war/ ihm Erlaubnüß zu geben: Jedoch/ weil er vermeinte / es verhielte sich mit den Brieffen also in der Warheit/ ließ er ihn hinziehen.</p> <p>Uber etliche Wochen kömt er wieder: Giebet seinem Herrn eine andere grosse Summa Geldes aufzuheben: Berichtet ihn/ wie da väterliche Erbe hoch käme: Und machet es so gut/ daß ihm der Wirth seine Tochter zum Weibe giebt: Letzlich wird er ein Erbe seines Schwiegervaters.</p> <p>Weil er sich nun ehrlich und ohne Tadel hielt/ ist er zu einem Rahtsherrn erwehlet worden: Da er denn seine Pflicht so wohl beohachtete/ daß nichts an ihm kunte getadelt werden. Aber weil sein Gewissen ihn hefftig ängstete und quälete/ wolte er sich lieber offenbahren und sterben/ als länger gequälet werden.</p> <p>Als er eines Tages durch die andere Rahtsherren beruffen war/ daß er solte über einen Mörder helffen ein Urtheil fällen: Stunde er des Morgens frühe auf/ gieng in die Messe/ bat sein Weib/ mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was gutes zu essen machte/ und </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0058]
Er thäte diese Reise ungern: Wolte nichts so sehr begehren/ als daß er konte bey seinem Herren bleiben.
Als er nun die meisten Stück Goldes ihm aufzuheben geben/ mit Versprechen/ daß er wolte wieder kommen/ machte er sich auf den Weg. Ob nun schon damahls dem Haus-Vater ungelegen war/ ihm Erlaubnüß zu geben: Jedoch/ weil er vermeinte / es verhielte sich mit den Brieffen also in der Warheit/ ließ er ihn hinziehen.
Uber etliche Wochen kömt er wieder: Giebet seinem Herrn eine andere grosse Summa Geldes aufzuheben: Berichtet ihn/ wie da väterliche Erbe hoch käme: Und machet es so gut/ daß ihm der Wirth seine Tochter zum Weibe giebt: Letzlich wird er ein Erbe seines Schwiegervaters.
Weil er sich nun ehrlich und ohne Tadel hielt/ ist er zu einem Rahtsherrn erwehlet worden: Da er denn seine Pflicht so wohl beohachtete/ daß nichts an ihm kunte getadelt werden. Aber weil sein Gewissen ihn hefftig ängstete und quälete/ wolte er sich lieber offenbahren und sterben/ als länger gequälet werden.
Als er eines Tages durch die andere Rahtsherren beruffen war/ daß er solte über einen Mörder helffen ein Urtheil fällen: Stunde er des Morgens frühe auf/ gieng in die Messe/ bat sein Weib/ mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was gutes zu essen machte/ und
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Zitationshilfe: | Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661/58>, abgerufen am 20.07.2024. |