Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.LXXVIII. Von der Wunder-Fasten und Leben Bruder Nicolaus von Unterwalden. UMb das Jahr CHristi 1480. hat Schweitzerland einen Mann gesehen/ welcher unter allen Menschen ein Wunder gewesen. Man nennete ihn Nicolaus von Unterwalden. Dieser Mann hatte in rechter Ehe mit seinem Weibe fünff Söhne und fünff Töchter gezeuget: Eines Tages verliesse er sie alle/ und begab sich an einen sehr abgelegenen und einsammen Ort: Daselbst lebete er ein und zwantzig Jahr ohne Essen und Trincken. Er ist von allen für einen Heiligen Mann gehalten worden/ und kunte stattlich von den hohen Geheimnüssen der heiligen Schrifft reden/ ob er gleich zuvor nichts studiret hatte/ sondern ein idiota war/ der weder lesen noch schreiben kunte. Er sahe allezeit frölich aus. Sein ordentliche Vermahnungen giengen dahin/ daß er die Schweitzer an LXXVIII. Von der Wunder-Fasten und Leben Bruder Nicolaus von Unterwalden. UMb das Jahr CHristi 1480. hat Schweitzerland einen Mann gesehen/ welcher unter allen Menschen ein Wunder gewesen. Man nennete ihn Nicolaus von Unterwalden. Dieser Mann hatte in rechter Ehe mit seinem Weibe fünff Söhne und fünff Töchter gezeuget: Eines Tages verliesse er sie alle/ und begab sich an einen sehr abgelegenen und einsammen Ort: Daselbst lebete er ein und zwantzig Jahr ohne Essen und Trincken. Er ist von allen für einen Heiligen Mann gehalten worden/ und kunte stattlich von den hohen Geheimnüssen der heiligen Schrifft reden/ ob er gleich zuvor nichts studiret hatte/ sondern ein idiota war/ der weder lesen noch schreiben kunte. Er sahe allezeit frölich aus. Sein ordentliche Vermahnungen giengen dahin/ daß er die Schweitzer an <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0743" n="719"/> <p>LXXVIII.</p> <p>Von der Wunder-Fasten und Leben Bruder Nicolaus von Unterwalden.</p> <p>UMb das Jahr CHristi 1480. hat Schweitzerland einen Mann gesehen/ welcher unter allen Menschen ein Wunder gewesen. Man nennete ihn Nicolaus von Unterwalden.</p> <p>Dieser Mann hatte in rechter Ehe mit seinem Weibe fünff Söhne und fünff Töchter gezeuget: Eines Tages verliesse er sie alle/ und begab sich an einen sehr abgelegenen und einsammen Ort: Daselbst lebete er ein und zwantzig Jahr ohne Essen und Trincken.</p> <p>Er ist von allen für einen Heiligen Mann gehalten worden/ und kunte stattlich von den hohen Geheimnüssen der heiligen Schrifft reden/ ob er gleich zuvor nichts studiret hatte/ sondern ein idiota war/ der weder lesen noch schreiben kunte. Er sahe allezeit frölich aus.</p> <p>Sein ordentliche Vermahnungen giengen dahin/ daß er die Schweitzer an </p> </div> </body> </text> </TEI> [719/0743]
LXXVIII.
Von der Wunder-Fasten und Leben Bruder Nicolaus von Unterwalden.
UMb das Jahr CHristi 1480. hat Schweitzerland einen Mann gesehen/ welcher unter allen Menschen ein Wunder gewesen. Man nennete ihn Nicolaus von Unterwalden.
Dieser Mann hatte in rechter Ehe mit seinem Weibe fünff Söhne und fünff Töchter gezeuget: Eines Tages verliesse er sie alle/ und begab sich an einen sehr abgelegenen und einsammen Ort: Daselbst lebete er ein und zwantzig Jahr ohne Essen und Trincken.
Er ist von allen für einen Heiligen Mann gehalten worden/ und kunte stattlich von den hohen Geheimnüssen der heiligen Schrifft reden/ ob er gleich zuvor nichts studiret hatte/ sondern ein idiota war/ der weder lesen noch schreiben kunte. Er sahe allezeit frölich aus.
Sein ordentliche Vermahnungen giengen dahin/ daß er die Schweitzer an
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