Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. An dem mykenischen Kästchen ist diese Füllung vielleicht eine völligzufällige, gar nicht beabsichtigte, denn das sphärische Dreieck ist bloss durch die Furchen hervorgebracht, welche dazu nöthig waren, um einerseits die Spiralwindungen, anderseits den Aussensaum der Käst- chenwand zu begrenzen. Man könnte in diesem Falle in der That sagen, dass das Zwickeldreieck durch die "Technik" bedingt sei: gewiss eine der allerprimitivsten Zwickelfüllungen37). Wir begegnen derselben bezeichnendermaassen auch bei den neuseeländischen Maori: vgl. Fig. 28 an der äussersten Windung rechts oben die Dreiecke, die auch nichts anderes sind als Zwickelfüllungen der Spiralen. Dagegen zeigt die egyptische Wandmalerei, Fig. 25, den ausgesprochenen Lotuskelch in [Abbildung]
Fig. 59. Profil zur Zwickelfüllung verwendet. Man ist sich bereits einer künst-Geschnitzte Wand von einem Holzkästchen. Mykenisch. lerischen Nothwendigkeit bewusst geworden, das neutrale Zwickelfeld mit einem ornamentalen Motiv auszufüllen. Die mykenische Spiralornamentik ist auch über blosse bordü- 37) Die in der mykenischen Kunst öfter wiederkehrt: in Stein Tiryns
Taf. IV, aber auch in Wandmalerei ebenda Taf. Xa, auf Vasen Myken. Thon- gefässe IV. 14, an einem Goldknopf bei Schliemann, Mykenä Fig. 422. B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. An dem mykenischen Kästchen ist diese Füllung vielleicht eine völligzufällige, gar nicht beabsichtigte, denn das sphärische Dreieck ist bloss durch die Furchen hervorgebracht, welche dazu nöthig waren, um einerseits die Spiralwindungen, anderseits den Aussensaum der Käst- chenwand zu begrenzen. Man könnte in diesem Falle in der That sagen, dass das Zwickeldreieck durch die „Technik“ bedingt sei: gewiss eine der allerprimitivsten Zwickelfüllungen37). Wir begegnen derselben bezeichnendermaassen auch bei den neuseeländischen Maori: vgl. Fig. 28 an der äussersten Windung rechts oben die Dreiecke, die auch nichts anderes sind als Zwickelfüllungen der Spiralen. Dagegen zeigt die egyptische Wandmalerei, Fig. 25, den ausgesprochenen Lotuskelch in [Abbildung]
Fig. 59. Profil zur Zwickelfüllung verwendet. Man ist sich bereits einer künst-Geschnitzte Wand von einem Holzkästchen. Mykenisch. lerischen Nothwendigkeit bewusst geworden, das neutrale Zwickelfeld mit einem ornamentalen Motiv auszufüllen. Die mykenische Spiralornamentik ist auch über blosse bordü- 37) Die in der mykenischen Kunst öfter wiederkehrt: in Stein Tiryns
Taf. IV, aber auch in Wandmalerei ebenda Taf. Xa, auf Vasen Myken. Thon- gefässe IV. 14, an einem Goldknopf bei Schliemann, Mykenä Fig. 422. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0162" n="136"/><fw place="top" type="header">B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.</fw><lb/> An dem mykenischen Kästchen ist diese Füllung vielleicht eine völlig<lb/> zufällige, gar nicht beabsichtigte, denn das sphärische Dreieck ist bloss<lb/> durch die Furchen hervorgebracht, welche dazu nöthig waren, um<lb/> einerseits die Spiralwindungen, anderseits den Aussensaum der Käst-<lb/> chenwand zu begrenzen. Man könnte in diesem Falle in der That<lb/> sagen, dass das Zwickeldreieck durch die „Technik“ bedingt sei: gewiss<lb/> eine der allerprimitivsten Zwickelfüllungen<note place="foot" n="37)">Die in der mykenischen Kunst öfter wiederkehrt: in Stein Tiryns<lb/> Taf. IV, aber auch in Wandmalerei ebenda Taf. Xa, auf Vasen Myken. Thon-<lb/> gefässe IV. 14, an einem Goldknopf bei Schliemann, Mykenä Fig. 422.</note>. Wir begegnen derselben<lb/> bezeichnendermaassen auch bei den neuseeländischen Maori: vgl. Fig. 28<lb/> an der äussersten Windung rechts oben die Dreiecke, die auch nichts<lb/> anderes sind als Zwickelfüllungen der Spiralen. Dagegen zeigt die<lb/> egyptische Wandmalerei, Fig. 25, den ausgesprochenen Lotuskelch in<lb/><figure><head>Fig. 59.</head><lb/><p>Geschnitzte Wand von einem Holzkästchen. Mykenisch.</p></figure><lb/> Profil zur Zwickelfüllung verwendet. Man ist sich bereits einer künst-<lb/> lerischen Nothwendigkeit bewusst geworden, das neutrale Zwickelfeld<lb/> mit einem ornamentalen Motiv auszufüllen.</p><lb/> <p>Die mykenische Spiralornamentik ist auch <hi rendition="#g">über blosse bordü-<lb/> renartige Streifenverzierungen hinausgegangen</hi>. Zwei neben<lb/> einander herlaufende Spiralen, die in ihrem Con- und Divergiren eine<lb/> fortlaufende Reihe herzförmiger Configurationen bilden, zeigt die Vase<lb/> bei Furtwängler u. Löschcke, Myken. Thongef. I, ohne jede Zwickel-<lb/> füllung. Das gleiche Motiv, aber bereits mit Zwickelfüllung nach egyp-<lb/> tischer Art, unter geometrischer Schematisirung der Zwickelpalmette<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0162]
B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
An dem mykenischen Kästchen ist diese Füllung vielleicht eine völlig
zufällige, gar nicht beabsichtigte, denn das sphärische Dreieck ist bloss
durch die Furchen hervorgebracht, welche dazu nöthig waren, um
einerseits die Spiralwindungen, anderseits den Aussensaum der Käst-
chenwand zu begrenzen. Man könnte in diesem Falle in der That
sagen, dass das Zwickeldreieck durch die „Technik“ bedingt sei: gewiss
eine der allerprimitivsten Zwickelfüllungen 37). Wir begegnen derselben
bezeichnendermaassen auch bei den neuseeländischen Maori: vgl. Fig. 28
an der äussersten Windung rechts oben die Dreiecke, die auch nichts
anderes sind als Zwickelfüllungen der Spiralen. Dagegen zeigt die
egyptische Wandmalerei, Fig. 25, den ausgesprochenen Lotuskelch in
[Abbildung Fig. 59.
Geschnitzte Wand von einem Holzkästchen. Mykenisch.]
Profil zur Zwickelfüllung verwendet. Man ist sich bereits einer künst-
lerischen Nothwendigkeit bewusst geworden, das neutrale Zwickelfeld
mit einem ornamentalen Motiv auszufüllen.
Die mykenische Spiralornamentik ist auch über blosse bordü-
renartige Streifenverzierungen hinausgegangen. Zwei neben
einander herlaufende Spiralen, die in ihrem Con- und Divergiren eine
fortlaufende Reihe herzförmiger Configurationen bilden, zeigt die Vase
bei Furtwängler u. Löschcke, Myken. Thongef. I, ohne jede Zwickel-
füllung. Das gleiche Motiv, aber bereits mit Zwickelfüllung nach egyp-
tischer Art, unter geometrischer Schematisirung der Zwickelpalmette
37) Die in der mykenischen Kunst öfter wiederkehrt: in Stein Tiryns
Taf. IV, aber auch in Wandmalerei ebenda Taf. Xa, auf Vasen Myken. Thon-
gefässe IV. 14, an einem Goldknopf bei Schliemann, Mykenä Fig. 422.
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Zitationshilfe: | Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/162>, abgerufen am 16.02.2025. |