Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. noch assyrisch, weil ihnen die nach Aufwärts gerollten Volutenfehlen. Die Palmetten in Fig. 66 sind einfach griechisch. Charak- teristisch dafür sind die stark eingerollten Voluten des Kelches und die in entsprechender Grösse dazu gebildete Fächerkrone, deren kol- benartig auslaufende Blätter nicht dicht, sondern lose nebeneinander angeordnet sind. Das Motiv der griechischen Palmetten tritt uns da in allen seinen wesentlichen Bestandtheilen fertig entgegen; es fehlt nur noch die feine Abwägung und Durchbildung der Details im reinen Sinne des Formal-Schönen, -- ein Process, der erst im Laufe des 5. Jahrhunderts sein Ziel erreicht hat. -- In abbreviirter Form wieder- holt sich die Volutenblüthe am Fusse (als Doppelvolute mit giebelartiger Zwickelfüllung) und in der gleichen Form in der Mitte des oberen Randes des Figurenfeldes mit den Reitern. Die Beziehungen dieser beiden pflanzlichen Einzelmotive der B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst. noch assyrisch, weil ihnen die nach Aufwärts gerollten Volutenfehlen. Die Palmetten in Fig. 66 sind einfach griechisch. Charak- teristisch dafür sind die stark eingerollten Voluten des Kelches und die in entsprechender Grösse dazu gebildete Fächerkrone, deren kol- benartig auslaufende Blätter nicht dicht, sondern lose nebeneinander angeordnet sind. Das Motiv der griechischen Palmetten tritt uns da in allen seinen wesentlichen Bestandtheilen fertig entgegen; es fehlt nur noch die feine Abwägung und Durchbildung der Details im reinen Sinne des Formal-Schönen, — ein Process, der erst im Laufe des 5. Jahrhunderts sein Ziel erreicht hat. — In abbreviirter Form wieder- holt sich die Volutenblüthe am Fusse (als Doppelvolute mit giebelartiger Zwickelfüllung) und in der gleichen Form in der Mitte des oberen Randes des Figurenfeldes mit den Reitern. 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Die Voluten sind übrigens so sehr das Ueberwiegende, Grund-<lb/> legende des Motivs, dass die beiden von ihnen eingeschlossenen Kelche<lb/> sich als blosse Zwickelfüllungen darstellen, kaum stärker vorschlagend<lb/> als die zahlreichen weiteren Zwickelfüllungen, die überall bei der Be-<lb/> rührung der Spiralen und bei der Abzweigung von Ranken entstehen.<lb/> Das Gesammtmuster erschiene somit analog den egyptischen Spiral-<lb/> musterungen mit Zwickelblumen, wie z. B. Fig. 26, 27. Dass aber der<lb/> melische Vasenmaler nicht an starre geometrische Spiralen, sondern<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0182]
B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
noch assyrisch, weil ihnen die nach Aufwärts gerollten Voluten
fehlen. Die Palmetten in Fig. 66 sind einfach griechisch. Charak-
teristisch dafür sind die stark eingerollten Voluten des Kelches und
die in entsprechender Grösse dazu gebildete Fächerkrone, deren kol-
benartig auslaufende Blätter nicht dicht, sondern lose nebeneinander
angeordnet sind. Das Motiv der griechischen Palmetten tritt uns da
in allen seinen wesentlichen Bestandtheilen fertig entgegen; es fehlt
nur noch die feine Abwägung und Durchbildung der Details im reinen
Sinne des Formal-Schönen, — ein Process, der erst im Laufe des
5. Jahrhunderts sein Ziel erreicht hat. — In abbreviirter Form wieder-
holt sich die Volutenblüthe am Fusse (als Doppelvolute mit giebelartiger
Zwickelfüllung) und in der gleichen Form in der Mitte des oberen
Randes des Figurenfeldes mit den Reitern.
Die Beziehungen dieser beiden pflanzlichen Einzelmotive der
melischen Vasenkunst, des Profillotus und der Palmette, zu orientali-
schen Vorbildern sind stärker ausgeprägt als diejenigen zur mykeni-
schen Ornamentik. Dies gilt insbesondere vom Profillotus; aber auch
hinsichtlich der Palmette ist kein mykenisches Beispiel bekannt, an
dem ein so regelmässig gestalteter Blattfächer mit dem Volutenkelch
verbunden wäre. Wir werden also an erneuerten orientalischen Ein-
fluss denken müssen, entweder an original-egyptischen oder einen ab-
geleiteten. Wie frei diese melischen Vasenmaler mit den frem-
den Blüthenmotiven schalteten, beweist nicht bloss die Verbin-
dung des Lotusprofils mit Volutenkelch, wie sie in Fig. 53 links
zweifellos kenntlich gemacht ist, sondern namentlich auch die Zusam-
menstellung zweier grosser Volutenblumen, wie sie die Mitte des Halses
in Fig. 66 schmücken. Die Spitzblätter, welche die beiden Blumen
bekrönen, stellen den Zusammenhang derselben mit dem spitzblättrigen
Profillotus her. Ein ganz ähnliches Gebilde gewahren wir unterhalb,
in der Mitte zwischen den beiden Pferden; aber an Stelle der Spitz-
blätter der Krone sind hier die Blattfächer des Palmettenmotivs ge-
treten. Die Voluten sind übrigens so sehr das Ueberwiegende, Grund-
legende des Motivs, dass die beiden von ihnen eingeschlossenen Kelche
sich als blosse Zwickelfüllungen darstellen, kaum stärker vorschlagend
als die zahlreichen weiteren Zwickelfüllungen, die überall bei der Be-
rührung der Spiralen und bei der Abzweigung von Ranken entstehen.
Das Gesammtmuster erschiene somit analog den egyptischen Spiral-
musterungen mit Zwickelblumen, wie z. B. Fig. 26, 27. Dass aber der
melische Vasenmaler nicht an starre geometrische Spiralen, sondern
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