Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.Die Arabeske. palmettenkörpers zeigt Fig. 190, von einer anderen Füllung der gleichenKanzel. Prisse d'Avennes giebt von der letzteren noch eine ganze An- zahl von Blättern mit Details, die eine selbständige erschöpfende Unter- suchung und Erörterung verdienen würden. Davon möge an dieser Stelle nur noch unsere Fig. 168a Erwähnung finden: eine Doppel- ranke mit zwickelfüllenden Halbpalmettenfächern nach gesprengtem Typus, oben in eine Vollpalmette frei endigend. Die verblüffenden Be- ziehungen, die zwischen diesem anscheinend rein griechischen Ranken- ornament und dem saracenischen Fig. 168 obwalten, haben bereits auf S. 306 gebührende Hervorhebung gefunden. Die Betrachtung von Fig. 189--190 hat ergeben, dass wir darin keineswegs eine vereinzelte Kopie oder Reminiscenz nach altem Muster, sondern einen festen orga- nischen Bestandtheil der saracenischen Ornamentik zu erkennen haben. Es erscheint damit über jeden Zweifel hinaus nachgewiesen, dass selbst [Abbildung]
Fig. 191. noch die ausgebildete sarazenische Kunst das reine flache Palmetten-Ranken-Zierleiste; byzantinische Buchmalerei. Rankenornament nach bestem griechischem Muster gekannt und geübt hat. Die Brücke, die diesbezüglich vom 5. Jahrh. v. Chr. zum 12. Jahrh. n. Chr. führt, ist auch nicht schwer herzustellen. Dass das flache Palmetten-Rankenornament auch zur Zeit der Vorherrschaft des Akan- thus sich fortdauernd im Gebrauche erhalten hatte, wurde schon bei Besprechung des spätantiken Rankenornaments hervorgehoben, des- gleichen der Umstand, dass die frühmittelalterliche Kunst im oströmischen Reiche mit wohl erklärbarer Vorliebe (S. 289) auf die stilisirteren hellenischen Blüthen- und Rankenformen zurückgegriffen hatte. Byzan- tinische Zwischenstufen bieten aber Miniaturmalereien des 10. und 11. Jahrh., wie z. B. Fig. 19186). Wir begegnen aber an den kairenischen Denkmälern des späteren 86) Nach Stassoff a. a. O. Taf. 123, 10.
Die Arabeske. palmettenkörpers zeigt Fig. 190, von einer anderen Füllung der gleichenKanzel. Prisse d’Avennes giebt von der letzteren noch eine ganze An- zahl von Blättern mit Details, die eine selbständige erschöpfende Unter- suchung und Erörterung verdienen würden. Davon möge an dieser Stelle nur noch unsere Fig. 168a Erwähnung finden: eine Doppel- ranke mit zwickelfüllenden Halbpalmettenfächern nach gesprengtem Typus, oben in eine Vollpalmette frei endigend. Die verblüffenden Be- ziehungen, die zwischen diesem anscheinend rein griechischen Ranken- ornament und dem saracenischen Fig. 168 obwalten, haben bereits auf S. 306 gebührende Hervorhebung gefunden. Die Betrachtung von Fig. 189—190 hat ergeben, dass wir darin keineswegs eine vereinzelte Kopie oder Reminiscenz nach altem Muster, sondern einen festen orga- nischen Bestandtheil der saracenischen Ornamentik zu erkennen haben. Es erscheint damit über jeden Zweifel hinaus nachgewiesen, dass selbst [Abbildung]
Fig. 191. noch die ausgebildete sarazenische Kunst das reine flache Palmetten-Ranken-Zierleiste; byzantinische Buchmalerei. Rankenornament nach bestem griechischem Muster gekannt und geübt hat. Die Brücke, die diesbezüglich vom 5. Jahrh. v. Chr. zum 12. Jahrh. n. Chr. führt, ist auch nicht schwer herzustellen. Dass das flache Palmetten-Rankenornament auch zur Zeit der Vorherrschaft des Akan- thus sich fortdauernd im Gebrauche erhalten hatte, wurde schon bei Besprechung des spätantiken Rankenornaments hervorgehoben, des- gleichen der Umstand, dass die frühmittelalterliche Kunst im oströmischen Reiche mit wohl erklärbarer Vorliebe (S. 289) auf die stilisirteren hellenischen Blüthen- und Rankenformen zurückgegriffen hatte. Byzan- tinische Zwischenstufen bieten aber Miniaturmalereien des 10. und 11. Jahrh., wie z. B. Fig. 19186). Wir begegnen aber an den kairenischen Denkmälern des späteren 86) Nach Stassoff a. a. O. Taf. 123, 10.
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Die Arabeske.
palmettenkörpers zeigt Fig. 190, von einer anderen Füllung der gleichen
Kanzel. Prisse d’Avennes giebt von der letzteren noch eine ganze An-
zahl von Blättern mit Details, die eine selbständige erschöpfende Unter-
suchung und Erörterung verdienen würden. Davon möge an dieser
Stelle nur noch unsere Fig. 168a Erwähnung finden: eine Doppel-
ranke mit zwickelfüllenden Halbpalmettenfächern nach gesprengtem
Typus, oben in eine Vollpalmette frei endigend. Die verblüffenden Be-
ziehungen, die zwischen diesem anscheinend rein griechischen Ranken-
ornament und dem saracenischen Fig. 168 obwalten, haben bereits auf
S. 306 gebührende Hervorhebung gefunden. Die Betrachtung von
Fig. 189—190 hat ergeben, dass wir darin keineswegs eine vereinzelte
Kopie oder Reminiscenz nach altem Muster, sondern einen festen orga-
nischen Bestandtheil der saracenischen Ornamentik zu erkennen haben.
Es erscheint damit über jeden Zweifel hinaus nachgewiesen, dass selbst
[Abbildung Fig. 191.
Ranken-Zierleiste; byzantinische Buchmalerei.]
noch die ausgebildete sarazenische Kunst das reine flache Palmetten-
Rankenornament nach bestem griechischem Muster gekannt und geübt
hat. Die Brücke, die diesbezüglich vom 5. Jahrh. v. Chr. zum 12. Jahrh.
n. Chr. führt, ist auch nicht schwer herzustellen. Dass das flache
Palmetten-Rankenornament auch zur Zeit der Vorherrschaft des Akan-
thus sich fortdauernd im Gebrauche erhalten hatte, wurde schon bei
Besprechung des spätantiken Rankenornaments hervorgehoben, des-
gleichen der Umstand, dass die frühmittelalterliche Kunst im oströmischen
Reiche mit wohl erklärbarer Vorliebe (S. 289) auf die stilisirteren
hellenischen Blüthen- und Rankenformen zurückgegriffen hatte. Byzan-
tinische Zwischenstufen bieten aber Miniaturmalereien des 10. und 11.
Jahrh., wie z. B. Fig. 191 86).
Wir begegnen aber an den kairenischen Denkmälern des späteren
Mittelalters auch noch Arabesken, die ohne alle Durchschneidung und
Polygonbildung lediglich durch die abstrakte Umbildung der Einzel-
86) Nach Stassoff a. a. O. Taf. 123, 10.
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