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Riehl, Wilhelm Heinrich: Jörg Muckenbuber. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 67–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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man ihm auch wohl ohne Heimathschein glauben, daß er überall und nirgends zu Hause sei.

Er erzählte dann kurz und kalt, daß er vor mehreren Wochen einen reisenden Krämer auf Nördlinger Gebiet ermordet, auch zwischen Augsburg und Kaufbeuern einen wälschen Juden umgebracht habe. Der Jude und der Krämer ließen ihm aber Nachts keine Ruhe mehr: darum wolle er gehenkt sein, und da er den letzten Mord auf Nördlinger Grund und Boden begangen, so könne sich der Rath dieser Reichsstadt auch nicht weigern, ihn an den Nördlinger Galgen zu hängen.

Der Stadtschreiber schimpfte gewaltig und meinte, da könne Jeder gelaufen kommen; die Stadt habe ihren Galgen für ihre eigenen Bürger gebaut und nicht für fremdes Gesindel, ließ aber doch den Muckenhuber in Gewahrsam führen und trug den Handel dem Rathe vor.

Der Rath in corpore konnte zwar anfänglich auch nicht daraus klug werden, ob der Bursche ein Narr sei oder ein verzweifelnder Bösewicht. Da man aber damals Verrückte ohnehin in dasselbe Loch zu werfen pflegte, in welchem Diebe und Mörder saßen, so lag Jörg Muckenhuber einstweilen gut und sicher im Thurm, und die Sache war jedenfalls richtig eingefädelt, mochte auch weiter ans Licht kommen, was da wollte.

Der Folterknecht, der Pfarrer und der Feldscherer, welche den Gefangenen der Reihe nach besuchten und Jeder nach seiner Weise sondirten, erklärten einmüthig,

man ihm auch wohl ohne Heimathschein glauben, daß er überall und nirgends zu Hause sei.

Er erzählte dann kurz und kalt, daß er vor mehreren Wochen einen reisenden Krämer auf Nördlinger Gebiet ermordet, auch zwischen Augsburg und Kaufbeuern einen wälschen Juden umgebracht habe. Der Jude und der Krämer ließen ihm aber Nachts keine Ruhe mehr: darum wolle er gehenkt sein, und da er den letzten Mord auf Nördlinger Grund und Boden begangen, so könne sich der Rath dieser Reichsstadt auch nicht weigern, ihn an den Nördlinger Galgen zu hängen.

Der Stadtschreiber schimpfte gewaltig und meinte, da könne Jeder gelaufen kommen; die Stadt habe ihren Galgen für ihre eigenen Bürger gebaut und nicht für fremdes Gesindel, ließ aber doch den Muckenhuber in Gewahrsam führen und trug den Handel dem Rathe vor.

Der Rath in corpore konnte zwar anfänglich auch nicht daraus klug werden, ob der Bursche ein Narr sei oder ein verzweifelnder Bösewicht. Da man aber damals Verrückte ohnehin in dasselbe Loch zu werfen pflegte, in welchem Diebe und Mörder saßen, so lag Jörg Muckenhuber einstweilen gut und sicher im Thurm, und die Sache war jedenfalls richtig eingefädelt, mochte auch weiter ans Licht kommen, was da wollte.

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[0008] man ihm auch wohl ohne Heimathschein glauben, daß er überall und nirgends zu Hause sei. Er erzählte dann kurz und kalt, daß er vor mehreren Wochen einen reisenden Krämer auf Nördlinger Gebiet ermordet, auch zwischen Augsburg und Kaufbeuern einen wälschen Juden umgebracht habe. Der Jude und der Krämer ließen ihm aber Nachts keine Ruhe mehr: darum wolle er gehenkt sein, und da er den letzten Mord auf Nördlinger Grund und Boden begangen, so könne sich der Rath dieser Reichsstadt auch nicht weigern, ihn an den Nördlinger Galgen zu hängen. Der Stadtschreiber schimpfte gewaltig und meinte, da könne Jeder gelaufen kommen; die Stadt habe ihren Galgen für ihre eigenen Bürger gebaut und nicht für fremdes Gesindel, ließ aber doch den Muckenhuber in Gewahrsam führen und trug den Handel dem Rathe vor. Der Rath in corpore konnte zwar anfänglich auch nicht daraus klug werden, ob der Bursche ein Narr sei oder ein verzweifelnder Bösewicht. Da man aber damals Verrückte ohnehin in dasselbe Loch zu werfen pflegte, in welchem Diebe und Mörder saßen, so lag Jörg Muckenhuber einstweilen gut und sicher im Thurm, und die Sache war jedenfalls richtig eingefädelt, mochte auch weiter ans Licht kommen, was da wollte. Der Folterknecht, der Pfarrer und der Feldscherer, welche den Gefangenen der Reihe nach besuchten und Jeder nach seiner Weise sondirten, erklärten einmüthig,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:09:41Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:09:41Z)

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Zitationshilfe: Riehl, Wilhelm Heinrich: Jörg Muckenbuber. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 67–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riehl_muckenhuber_1910/8>, abgerufen am 09.11.2024.