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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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der Helena. An Stelle der Helena setzt er Briseis, an Stelle
des Aineias den einen Herold, Talthybios. An Stelle des Paris
müsste also Eurybates treten; da ihm aber die im Typus ge-
gebene Haltung des Paris, die Art, wie er Helena an der Hand
fasst und den Kopf nach ihr umwendet, für einen Herold nicht
geziemend erscheinen mochte, so setzt er an Stelle des zweiten
Herolds Agamemnon selber, wobei ihm, wie Brunn (A. d. I. 1858
p. 375) scharfsinnig hervorhebt, die Iliasstelle A 184

ego de k ago Briseida kallipareon
autos ion klisiende, to son geras

zu statten kam. Was in der Ilias nur gedacht wird, ist hier
als wirklich geschehen angenommen und dargestellt, bekannt-
lich eine öfter beobachtete Erscheinung 28). Nun hatte aber
Hieron für die eine Seite nur drei, für die andere fünf
Figuren. Um die Symmetrie herzustellen, nimmt er aus der
Gruppe presbeia die eine Figur, den Diomedes, auf die andere
Seite hinüber, und es wird nun diesem die Haltung des
Aineias gegeben; so schreitet nun Diomedes hinter Talthybios
her, dreht aber den Kopf zu der Gruppe der anderen Seite
zurück und leitet so die Aufmerksamkeit des Beschauers zu
der Rückseite über, wo ja in der That das Zelt des Achilleus,
freilich in einem späteren Moment, als Ort der Handlung voraus-
zusetzen ist. Von dieser Darstellung der Hieronvase ist nur noch
ein Schritt zu der Trinkschale des britischen Museums 29), auf
welcher mit der Gruppe der von zwei Herolden weggeführten
Briseis der trauernd dasitzende und von Diomedes und Phoinix ge-
tröstete Achilleus, also Elemente aus dem Typus der presbeia, zu
einer Scene vereinigt sind.

Schon das allmähliche Aufkommen solcher Zusammenstel-
lungen von Scenen muss uns davor warnen, eine allzu sehr zu-

28) Das bekannteste Beispiel ist die von Aischylos im Anschluss an
Kh 551 erfundene Wägung von Hektors Leichnam, die aus Aischylos in spätere
Kunstdarstellungen eindringt, vgl. Kap. IV.
29) Br. Mus. 831. Gerhard, Trinkschalen und Gefässe Taf. E. F. Over-
beck, Her. Gall. XVI 3.

der Helena. An Stelle der Helena setzt er Briseis, an Stelle
des Aineias den einen Herold, Talthybios. An Stelle des Paris
müſste also Eurybates treten; da ihm aber die im Typus ge-
gebene Haltung des Paris, die Art, wie er Helena an der Hand
faſst und den Kopf nach ihr umwendet, für einen Herold nicht
geziemend erscheinen mochte, so setzt er an Stelle des zweiten
Herolds Agamemnon selber, wobei ihm, wie Brunn (A. d. I. 1858
p. 375) scharfsinnig hervorhebt, die Iliasstelle Α 184

ἐγὼ δέ κ̕ ἄγω Βρισηΐδα καλλιπάρῃον
αὐτὸς ἰὼν κλισίηνδε, τὸ σὸν γέρας

zu statten kam. Was in der Ilias nur gedacht wird, ist hier
als wirklich geschehen angenommen und dargestellt, bekannt-
lich eine öfter beobachtete Erscheinung 28). Nun hatte aber
Hieron für die eine Seite nur drei, für die andere fünf
Figuren. Um die Symmetrie herzustellen, nimmt er aus der
Gruppe πρεσβεία die eine Figur, den Diomedes, auf die andere
Seite hinüber, und es wird nun diesem die Haltung des
Aineias gegeben; so schreitet nun Diomedes hinter Talthybios
her, dreht aber den Kopf zu der Gruppe der anderen Seite
zurück und leitet so die Aufmerksamkeit des Beschauers zu
der Rückseite über, wo ja in der That das Zelt des Achilleus,
freilich in einem späteren Moment, als Ort der Handlung voraus-
zusetzen ist. Von dieser Darstellung der Hieronvase ist nur noch
ein Schritt zu der Trinkschale des britischen Museums 29), auf
welcher mit der Gruppe der von zwei Herolden weggeführten
Briseis der trauernd dasitzende und von Diomedes und Phoinix ge-
tröstete Achilleus, also Elemente aus dem Typus der πρεσβεία, zu
einer Scene vereinigt sind.

Schon das allmähliche Aufkommen solcher Zusammenstel-
lungen von Scenen muſs uns davor warnen, eine allzu sehr zu-

28) Das bekannteste Beispiel ist die von Aischylos im Anschluſs an
Χ 551 erfundene Wägung von Hektors Leichnam, die aus Aischylos in spätere
Kunstdarstellungen eindringt, vgl. Kap. IV.
29) Br. Mus. 831. Gerhard, Trinkschalen und Gefäſse Taf. E. F. Over-
beck, Her. Gall. XVI 3.
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[96/0110] der Helena. An Stelle der Helena setzt er Briseis, an Stelle des Aineias den einen Herold, Talthybios. An Stelle des Paris müſste also Eurybates treten; da ihm aber die im Typus ge- gebene Haltung des Paris, die Art, wie er Helena an der Hand faſst und den Kopf nach ihr umwendet, für einen Herold nicht geziemend erscheinen mochte, so setzt er an Stelle des zweiten Herolds Agamemnon selber, wobei ihm, wie Brunn (A. d. I. 1858 p. 375) scharfsinnig hervorhebt, die Iliasstelle Α 184 ἐγὼ δέ κ̕ ἄγω Βρισηΐδα καλλιπάρῃον αὐτὸς ἰὼν κλισίηνδε, τὸ σὸν γέρας zu statten kam. Was in der Ilias nur gedacht wird, ist hier als wirklich geschehen angenommen und dargestellt, bekannt- lich eine öfter beobachtete Erscheinung 28). Nun hatte aber Hieron für die eine Seite nur drei, für die andere fünf Figuren. Um die Symmetrie herzustellen, nimmt er aus der Gruppe πρεσβεία die eine Figur, den Diomedes, auf die andere Seite hinüber, und es wird nun diesem die Haltung des Aineias gegeben; so schreitet nun Diomedes hinter Talthybios her, dreht aber den Kopf zu der Gruppe der anderen Seite zurück und leitet so die Aufmerksamkeit des Beschauers zu der Rückseite über, wo ja in der That das Zelt des Achilleus, freilich in einem späteren Moment, als Ort der Handlung voraus- zusetzen ist. Von dieser Darstellung der Hieronvase ist nur noch ein Schritt zu der Trinkschale des britischen Museums 29), auf welcher mit der Gruppe der von zwei Herolden weggeführten Briseis der trauernd dasitzende und von Diomedes und Phoinix ge- tröstete Achilleus, also Elemente aus dem Typus der πρεσβεία, zu einer Scene vereinigt sind. Schon das allmähliche Aufkommen solcher Zusammenstel- lungen von Scenen muſs uns davor warnen, eine allzu sehr zu- 28) Das bekannteste Beispiel ist die von Aischylos im Anschluſs an Χ 551 erfundene Wägung von Hektors Leichnam, die aus Aischylos in spätere Kunstdarstellungen eindringt, vgl. Kap. IV. 29) Br. Mus. 831. Gerhard, Trinkschalen und Gefäſse Taf. E. F. Over- beck, Her. Gall. XVI 3.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/110>, abgerufen am 24.11.2024.