diesen Scholien bereits oben, im ersten Excurs S. 198, nachgewiesen worden sind. Den Lesches aber hat, wie schon oben bemerkt, Tzetzes selbst eingesetzt; Lysimachos schrieb: o ten mikran Iliada grapsas.
Genau dasselbe Verhältnis besteht zwischen Tzetzes zu Ly- kophron 1263 und dem schol. Eur. Androm. 10; letzteres, dessen genaue Lesung sowohl als Emendation wir Wilamowitz de Rhesi scholiis p. 4 verdanken, enthält die Angaben des Lysimachos über den Tod des Astyanax und schliesst mit den Worten Ste- sikhoron men gar istorein, oti tethnekoi kai ton ten persida suntetakhota kuklikon poieten, oti kai apo tou teikhous Ripheie. Welcker Epischer Cyklus II S. 528 bezieht diese Angabe auf Arktinos, und der neueste Herausgeber der Epikerfragmente ist ihm darin gefolgt. Ist diese Annahme schon an sich be- denklich, weil die Lysimachosfragmente zwar vielfache Be- nutzung der kleinen Ilias, hingegen von einer Bekanntschaft mit Arktinos nirgends eine Spur aufweisen, so wird sie zur baren Unmöglichkeit dadurch, dass die betreffenden Verse der kleinen Ilias, auf welche Lysimachos sich bezieht, erhalten sind. Denn wollte man auch annehmen, dass bei Arktinos nur der Mörder des Kindes ein anderer, Odysseus statt Neoptolemos, die Todesart aber dieselbe gewesen wäre, so bliebe es doch un- begreiflich, dass Lysimachos nicht beide Gedichte citiert und in diesem einen Fall die sonst so vielfach von ihm benutzte kleine Ilias ignoriert hätte. Jene Verse der kleinen Ilias hat nun aber eben Tzetzes a. a. O. erhalten; ob er sie aus einem vollständigeren Exemplar der Lykophronscholien oder aus einem besser erhaltenen Euripidesscholion hat, mag auch hier dahingestellt bleiben, doch ist letzteres in diesem Falle darum das wahrscheinlichere, weil das von Tzetzes mit diesen Versen zusammengeschweisste Simmiasfragment gleichfalls den Euripides- scholien entnommen ist; könnten nicht die fünf unleserlichen Zeilen, welche im Marcianus auf Ripheie folgen, das Citat ent- halten haben? In diesem Falle wäre die Entlehnung aus Lysi- machos sicher, im anderen wenigstens im höchsten Grade wahr- scheinlich.
diesen Scholien bereits oben, im ersten Excurs S. 198, nachgewiesen worden sind. Den Lesches aber hat, wie schon oben bemerkt, Tzetzes selbst eingesetzt; Lysimachos schrieb: ὁ τὴν μικρὰν Ἰλιάδα γράψας.
Genau dasselbe Verhältnis besteht zwischen Tzetzes zu Ly- kophron 1263 und dem schol. Eur. Androm. 10; letzteres, dessen genaue Lesung sowohl als Emendation wir Wilamowitz de Rhesi scholiis p. 4 verdanken, enthält die Angaben des Lysimachos über den Tod des Astyanax und schlieſst mit den Worten Στη- σίχορον μὲν γὰρ ἱστορεῖν, ὅτι τεϑνήκοι καὶ τὸν τὴν περσίδα συντεταχότα κυκλικὸν ποιητὴν, ὅτι καὶ ἀπὸ τοῦ τείχους ῥιφείη. Welcker Epischer Cyklus II S. 528 bezieht diese Angabe auf Arktinos, und der neueste Herausgeber der Epikerfragmente ist ihm darin gefolgt. Ist diese Annahme schon an sich be- denklich, weil die Lysimachosfragmente zwar vielfache Be- nutzung der kleinen Ilias, hingegen von einer Bekanntschaft mit Arktinos nirgends eine Spur aufweisen, so wird sie zur baren Unmöglichkeit dadurch, daſs die betreffenden Verse der kleinen Ilias, auf welche Lysimachos sich bezieht, erhalten sind. Denn wollte man auch annehmen, daſs bei Arktinos nur der Mörder des Kindes ein anderer, Odysseus statt Neoptolemos, die Todesart aber dieselbe gewesen wäre, so bliebe es doch un- begreiflich, daſs Lysimachos nicht beide Gedichte citiert und in diesem einen Fall die sonst so vielfach von ihm benutzte kleine Ilias ignoriert hätte. Jene Verse der kleinen Ilias hat nun aber eben Tzetzes a. a. O. erhalten; ob er sie aus einem vollständigeren Exemplar der Lykophronscholien oder aus einem besser erhaltenen Euripidesscholion hat, mag auch hier dahingestellt bleiben, doch ist letzteres in diesem Falle darum das wahrscheinlichere, weil das von Tzetzes mit diesen Versen zusammengeschweiſste Simmiasfragment gleichfalls den Euripides- scholien entnommen ist; könnten nicht die fünf unleserlichen Zeilen, welche im Marcianus auf ῥιφείη folgen, das Citat ent- halten haben? In diesem Falle wäre die Entlehnung aus Lysi- machos sicher, im anderen wenigstens im höchsten Grade wahr- scheinlich.
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diesen Scholien bereits oben, im ersten Excurs S. 198, nachgewiesen
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Tzetzes selbst eingesetzt; Lysimachos schrieb: ὁ τὴν μικρὰν Ἰλιάδα
γράψας.
Genau dasselbe Verhältnis besteht zwischen Tzetzes zu Ly-
kophron 1263 und dem schol. Eur. Androm. 10; letzteres, dessen
genaue Lesung sowohl als Emendation wir Wilamowitz de Rhesi
scholiis p. 4 verdanken, enthält die Angaben des Lysimachos
über den Tod des Astyanax und schlieſst mit den Worten Στη-
σίχορον μὲν γὰρ ἱστορεῖν, ὅτι τεϑνήκοι καὶ τὸν τὴν περσίδα
συντεταχότα κυκλικὸν ποιητὴν, ὅτι καὶ ἀπὸ τοῦ τείχους
ῥιφείη. Welcker Epischer Cyklus II S. 528 bezieht diese Angabe
auf Arktinos, und der neueste Herausgeber der Epikerfragmente
ist ihm darin gefolgt. Ist diese Annahme schon an sich be-
denklich, weil die Lysimachosfragmente zwar vielfache Be-
nutzung der kleinen Ilias, hingegen von einer Bekanntschaft
mit Arktinos nirgends eine Spur aufweisen, so wird sie zur
baren Unmöglichkeit dadurch, daſs die betreffenden Verse der
kleinen Ilias, auf welche Lysimachos sich bezieht, erhalten sind.
Denn wollte man auch annehmen, daſs bei Arktinos nur der
Mörder des Kindes ein anderer, Odysseus statt Neoptolemos,
die Todesart aber dieselbe gewesen wäre, so bliebe es doch un-
begreiflich, daſs Lysimachos nicht beide Gedichte citiert und
in diesem einen Fall die sonst so vielfach von ihm benutzte
kleine Ilias ignoriert hätte. Jene Verse der kleinen Ilias hat
nun aber eben Tzetzes a. a. O. erhalten; ob er sie aus
einem vollständigeren Exemplar der Lykophronscholien oder aus
einem besser erhaltenen Euripidesscholion hat, mag auch hier
dahingestellt bleiben, doch ist letzteres in diesem Falle darum
das wahrscheinlichere, weil das von Tzetzes mit diesen Versen
zusammengeschweiſste Simmiasfragment gleichfalls den Euripides-
scholien entnommen ist; könnten nicht die fünf unleserlichen
Zeilen, welche im Marcianus auf ῥιφείη folgen, das Citat ent-
halten haben? In diesem Falle wäre die Entlehnung aus Lysi-
machos sicher, im anderen wenigstens im höchsten Grade wahr-
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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/243>, abgerufen am 16.02.2025.
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