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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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nicht immer gelingt es, auf diesem Wege über jeden ein-
zelnen Punkt Aufklärung zu erhalten, und gerade in solchem
Falle ist eine ausführliche Darlegung der Vorgeschichte doppelt
im Interesse des Lesers. Die Aufgabe ist nun, der Sagenversion,
die der Dichter als die seinem Publikum vertraute und bekannte
voraussetzte, möglichst nahe zu kommen und sich vor Allem
nicht in Widerspruch mit dem Stücke selbst zu setzen. Die so
entstandene Erzählung wird aber in der mythographischen Litte-
ratur, ebenso gut wie die hinzugefügten Namen, dem Dichter
selbst auf Rechnung gesetzt und unter seinem Namen citiert.
Ein lehrreiches Beispiel dafür bieten die Scholien zur Ilias Ks 325,
in welchen der die Vorgeschichte behandelnde Anfang einer
Hypothesis von Euripides Bakchen ausgeschrieben ist mit dem
Citat e istoria par Euripide en Bakkhais. Ed. Schwartz hat
in seiner vortrefflichen Schrift: de scholiis Homericis ad histo-
riam fabularem pertinentibus commentatio
(p. 49 des Separat-
abdrucks) darauf hingewiesen, dass dies ganze Stück wörtlich in
Apollodors Bibliothek III 4, 3 wiederkehrt und dass der dort zu-
nächst folgende Satz sich unverkennbar als Paraphrase einiger
Verse (26--31) des Prologs zu erkennen giebt. Nach dem oben
Gesagten würden wir daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass
eben der Verfasser der Bibliothek die Hypothesis noch weiter
abgeschrieben hat, während der Scholiast an der Stelle abbrach,
wo von Dionysos' Einnähung in den Schenkel des Zeus die Rede
ist; und in der That finden wir in der Bibliothek wenige Para-
graphen (III 5, 2) weiter eine wirkliche upothesis von Euripides
Bakchen, die sich als solche durch die genaue Anlehnung an die
Verse des Stückes, namentlich des Prologs, ohne Weiteres zu er-
kennen giebt1). Zu ganz anderen Resultaten kommt Ed. Schwartz;

1) In den ersten Worten dielthon de Thraken ktl. ist die dem Euripides
und also auch der Hypothesis fremde Erwähnung von Thrakien von dem
Verfasser der Bibliothek selbst eingesetzt mit Rücksicht darauf, dass die
Hypothesis der aischyleischen Lykurgeia unmittelbar vorhergeht; die folgen-
den Worte sind nicht mit Hercher zu streichen, sondern nach Piersons
(Verisimilia p. 120) Vorschlag in teletas ekei katastesas zu ändern. Die auf
die Erzählung der Katastrophe folgenden Worte deixas de Thebaiois, oti theos
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nicht immer gelingt es, auf diesem Wege über jeden ein-
zelnen Punkt Aufklärung zu erhalten, und gerade in solchem
Falle ist eine ausführliche Darlegung der Vorgeschichte doppelt
im Interesse des Lesers. Die Aufgabe ist nun, der Sagenversion,
die der Dichter als die seinem Publikum vertraute und bekannte
voraussetzte, möglichst nahe zu kommen und sich vor Allem
nicht in Widerspruch mit dem Stücke selbst zu setzen. Die so
entstandene Erzählung wird aber in der mythographischen Litte-
ratur, ebenso gut wie die hinzugefügten Namen, dem Dichter
selbst auf Rechnung gesetzt und unter seinem Namen citiert.
Ein lehrreiches Beispiel dafür bieten die Scholien zur Ilias Ξ 325,
in welchen der die Vorgeschichte behandelnde Anfang einer
Hypothesis von Euripides Bakchen ausgeschrieben ist mit dem
Citat ἡ ἱστορία παρ̕ Εὐριπίδῃ ἐν Βάκχαις. Ed. Schwartz hat
in seiner vortrefflichen Schrift: de scholiis Homericis ad histo-
riam fabularem pertinentibus commentatio
(p. 49 des Separat-
abdrucks) darauf hingewiesen, daſs dies ganze Stück wörtlich in
Apollodors Bibliothek III 4, 3 wiederkehrt und daſs der dort zu-
nächst folgende Satz sich unverkennbar als Paraphrase einiger
Verse (26—31) des Prologs zu erkennen giebt. Nach dem oben
Gesagten würden wir daraus die Schluſsfolgerung ziehen, daſs
eben der Verfasser der Bibliothek die Hypothesis noch weiter
abgeschrieben hat, während der Scholiast an der Stelle abbrach,
wo von Dionysos’ Einnähung in den Schenkel des Zeus die Rede
ist; und in der That finden wir in der Bibliothek wenige Para-
graphen (III 5, 2) weiter eine wirkliche ὑπόϑεσις von Euripides
Bakchen, die sich als solche durch die genaue Anlehnung an die
Verse des Stückes, namentlich des Prologs, ohne Weiteres zu er-
kennen giebt1). Zu ganz anderen Resultaten kommt Ed. Schwartz;

1) In den ersten Worten διελϑὼν δὲ Θρᾴκην κτλ. ist die dem Euripides
und also auch der Hypothesis fremde Erwähnung von Thrakien von dem
Verfasser der Bibliothek selbst eingesetzt mit Rücksicht darauf, daſs die
Hypothesis der aischyleischen Lykurgeia unmittelbar vorhergeht; die folgen-
den Worte sind nicht mit Hercher zu streichen, sondern nach Piersons
(Verisimilia p. 120) Vorschlag in τελετὰς ἐκεῖ καταστήσας zu ändern. Die auf
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[243/0257] nicht immer gelingt es, auf diesem Wege über jeden ein- zelnen Punkt Aufklärung zu erhalten, und gerade in solchem Falle ist eine ausführliche Darlegung der Vorgeschichte doppelt im Interesse des Lesers. Die Aufgabe ist nun, der Sagenversion, die der Dichter als die seinem Publikum vertraute und bekannte voraussetzte, möglichst nahe zu kommen und sich vor Allem nicht in Widerspruch mit dem Stücke selbst zu setzen. Die so entstandene Erzählung wird aber in der mythographischen Litte- ratur, ebenso gut wie die hinzugefügten Namen, dem Dichter selbst auf Rechnung gesetzt und unter seinem Namen citiert. Ein lehrreiches Beispiel dafür bieten die Scholien zur Ilias Ξ 325, in welchen der die Vorgeschichte behandelnde Anfang einer Hypothesis von Euripides Bakchen ausgeschrieben ist mit dem Citat ἡ ἱστορία παρ̕ Εὐριπίδῃ ἐν Βάκχαις. Ed. Schwartz hat in seiner vortrefflichen Schrift: de scholiis Homericis ad histo- riam fabularem pertinentibus commentatio (p. 49 des Separat- abdrucks) darauf hingewiesen, daſs dies ganze Stück wörtlich in Apollodors Bibliothek III 4, 3 wiederkehrt und daſs der dort zu- nächst folgende Satz sich unverkennbar als Paraphrase einiger Verse (26—31) des Prologs zu erkennen giebt. Nach dem oben Gesagten würden wir daraus die Schluſsfolgerung ziehen, daſs eben der Verfasser der Bibliothek die Hypothesis noch weiter abgeschrieben hat, während der Scholiast an der Stelle abbrach, wo von Dionysos’ Einnähung in den Schenkel des Zeus die Rede ist; und in der That finden wir in der Bibliothek wenige Para- graphen (III 5, 2) weiter eine wirkliche ὑπόϑεσις von Euripides Bakchen, die sich als solche durch die genaue Anlehnung an die Verse des Stückes, namentlich des Prologs, ohne Weiteres zu er- kennen giebt 1). Zu ganz anderen Resultaten kommt Ed. Schwartz; 1) In den ersten Worten διελϑὼν δὲ Θρᾴκην κτλ. ist die dem Euripides und also auch der Hypothesis fremde Erwähnung von Thrakien von dem Verfasser der Bibliothek selbst eingesetzt mit Rücksicht darauf, daſs die Hypothesis der aischyleischen Lykurgeia unmittelbar vorhergeht; die folgen- den Worte sind nicht mit Hercher zu streichen, sondern nach Piersons (Verisimilia p. 120) Vorschlag in τελετὰς ἐκεῖ καταστήσας zu ändern. Die auf die Erzählung der Katastrophe folgenden Worte δείξας δὲ Θηβαίοις, ὅτι ϑεός 16*

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/257>, abgerufen am 24.11.2024.