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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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derns kein Ende finden, und überstürzt sich im Erzählen; denn
diese Kunstperiode möchte gern gleich Alles erzählen, und es
will ihr nicht in den Sinn, dass sie nicht, wie die Poesie, den
ganzen Verlauf der Handlung, sondern nur einen Abschnitt be-
handeln darf.

Wenn sie den Auszug des Amphiaraos darstellen will, des
grossen Königs und Sehers, der durch den Verrat seines
Weibes Eriphyle gezwungen ist, den unheilvollen Zug gegen
Theben mitzumachen, der in der ersten Aufwallung des Zornes
das verräterische Weib töten will, aber bezwungen durch die
Bitten seiner Kinder sie verschont und das Rächeramt seinem
Sohn Alkmaion überträgt, so möchte sie gern dem Beschauer
alle Umstände dieser Sage auf einmal vor Augen stellen. Sie
zeigt 7) Amphiaraos, wie er kampfgerüstet den Wagen besteigen
will, auf dem bereits sein Wagenlenker, der sagenberühmte Baton,
steht; einen Fuss hat Amphiaraos schon auf den Wagen gesetzt,
der andere berührt noch den Boden; in der Hand hält er das
gezückte Schwert, der Blick ist zornig auf Eriphyle gerichtet.
Vor ihm stehen seine Kinder, die beiden halbwüchsigen Töchter,
der Knabe Alkmaion, der berufen ist, den Vater zu rächen, der
kleine Amphilochos, den die Amme noch auf der Schulter trägt;
alle, auch dieser jüngste, strecken flehend beide Hände zum Vater
empor; sie bitten für das Leben der Mutter. Diese steht im
Hintergrund, das grosse Perlenhalsband der Harmonia, den Preis
des Verrates, in der Hand. Unterdessen empfängt Baton aus
der Hand der Schaffnerin den Abschiedstrunk; vor den Pferden
steht ein Diener, ein zweiter sitzt trauernd am Boden.

Dieser Darstellung fehlt das klare Erfassen und scharfe
Wiedergeben eines ganz bestimmten Momentes der Handlung,

7) Von den erhaltenen Darstellungen ist die wichtigste der korinthische
Krater des Berliner Museums (M. d. I. X tav. IV. V.); mit ihm muss die Dar-
stellung der Scene auf dem Kypseloskasten in allen wesentlichen Punkten
übereingestimmt haben. Als ich das Monument A. d. I. 1874 S. 82 f. besprach,
hielt ich noch fälschlich an der Forderung einer einheitlichen Handlung und
eines klar erfassten Momentes fest; ein Irrtum, der an vielen Verkehrtheiten
jenes Artikels schuld ist.

derns kein Ende finden, und überstürzt sich im Erzählen; denn
diese Kunstperiode möchte gern gleich Alles erzählen, und es
will ihr nicht in den Sinn, daſs sie nicht, wie die Poesie, den
ganzen Verlauf der Handlung, sondern nur einen Abschnitt be-
handeln darf.

Wenn sie den Auszug des Amphiaraos darstellen will, des
groſsen Königs und Sehers, der durch den Verrat seines
Weibes Eriphyle gezwungen ist, den unheilvollen Zug gegen
Theben mitzumachen, der in der ersten Aufwallung des Zornes
das verräterische Weib töten will, aber bezwungen durch die
Bitten seiner Kinder sie verschont und das Rächeramt seinem
Sohn Alkmaion überträgt, so möchte sie gern dem Beschauer
alle Umstände dieser Sage auf einmal vor Augen stellen. Sie
zeigt 7) Amphiaraos, wie er kampfgerüstet den Wagen besteigen
will, auf dem bereits sein Wagenlenker, der sagenberühmte Baton,
steht; einen Fuſs hat Amphiaraos schon auf den Wagen gesetzt,
der andere berührt noch den Boden; in der Hand hält er das
gezückte Schwert, der Blick ist zornig auf Eriphyle gerichtet.
Vor ihm stehen seine Kinder, die beiden halbwüchsigen Töchter,
der Knabe Alkmaion, der berufen ist, den Vater zu rächen, der
kleine Amphilochos, den die Amme noch auf der Schulter trägt;
alle, auch dieser jüngste, strecken flehend beide Hände zum Vater
empor; sie bitten für das Leben der Mutter. Diese steht im
Hintergrund, das groſse Perlenhalsband der Harmonia, den Preis
des Verrates, in der Hand. Unterdessen empfängt Baton aus
der Hand der Schaffnerin den Abschiedstrunk; vor den Pferden
steht ein Diener, ein zweiter sitzt trauernd am Boden.

Dieser Darstellung fehlt das klare Erfassen und scharfe
Wiedergeben eines ganz bestimmten Momentes der Handlung,

7) Von den erhaltenen Darstellungen ist die wichtigste der korinthische
Krater des Berliner Museums (M. d. I. X tav. IV. V.); mit ihm muſs die Dar-
stellung der Scene auf dem Kypseloskasten in allen wesentlichen Punkten
übereingestimmt haben. Als ich das Monument A. d. I. 1874 S. 82 f. besprach,
hielt ich noch fälschlich an der Forderung einer einheitlichen Handlung und
eines klar erfaſsten Momentes fest; ein Irrtum, der an vielen Verkehrtheiten
jenes Artikels schuld ist.
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[14/0028] derns kein Ende finden, und überstürzt sich im Erzählen; denn diese Kunstperiode möchte gern gleich Alles erzählen, und es will ihr nicht in den Sinn, daſs sie nicht, wie die Poesie, den ganzen Verlauf der Handlung, sondern nur einen Abschnitt be- handeln darf. Wenn sie den Auszug des Amphiaraos darstellen will, des groſsen Königs und Sehers, der durch den Verrat seines Weibes Eriphyle gezwungen ist, den unheilvollen Zug gegen Theben mitzumachen, der in der ersten Aufwallung des Zornes das verräterische Weib töten will, aber bezwungen durch die Bitten seiner Kinder sie verschont und das Rächeramt seinem Sohn Alkmaion überträgt, so möchte sie gern dem Beschauer alle Umstände dieser Sage auf einmal vor Augen stellen. Sie zeigt 7) Amphiaraos, wie er kampfgerüstet den Wagen besteigen will, auf dem bereits sein Wagenlenker, der sagenberühmte Baton, steht; einen Fuſs hat Amphiaraos schon auf den Wagen gesetzt, der andere berührt noch den Boden; in der Hand hält er das gezückte Schwert, der Blick ist zornig auf Eriphyle gerichtet. Vor ihm stehen seine Kinder, die beiden halbwüchsigen Töchter, der Knabe Alkmaion, der berufen ist, den Vater zu rächen, der kleine Amphilochos, den die Amme noch auf der Schulter trägt; alle, auch dieser jüngste, strecken flehend beide Hände zum Vater empor; sie bitten für das Leben der Mutter. Diese steht im Hintergrund, das groſse Perlenhalsband der Harmonia, den Preis des Verrates, in der Hand. Unterdessen empfängt Baton aus der Hand der Schaffnerin den Abschiedstrunk; vor den Pferden steht ein Diener, ein zweiter sitzt trauernd am Boden. Dieser Darstellung fehlt das klare Erfassen und scharfe Wiedergeben eines ganz bestimmten Momentes der Handlung, 7) Von den erhaltenen Darstellungen ist die wichtigste der korinthische Krater des Berliner Museums (M. d. I. X tav. IV. V.); mit ihm muſs die Dar- stellung der Scene auf dem Kypseloskasten in allen wesentlichen Punkten übereingestimmt haben. Als ich das Monument A. d. I. 1874 S. 82 f. besprach, hielt ich noch fälschlich an der Forderung einer einheitlichen Handlung und eines klar erfaſsten Momentes fest; ein Irrtum, der an vielen Verkehrtheiten jenes Artikels schuld ist.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/28>, abgerufen am 21.11.2024.