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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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werden pflegen, so haben wir ein eklatantes Beispiel von dem
gewaltigen Einfluss der Stesichoreischen Gedichte auf die Volks-
vorstellung, -- allerdings in diesem Fall auf die Volksvorstellung
in seinem Vaterland Sicilien, -- ein Beispiel, das um so schwerer
ins Gewicht fällt, als es sich dabei um das Verdrängen des
märchenhaft Wunderbaren, das doch seiner ganzen Natur nach
ungleich populärer ist, und das Ersetzen desselben durch eine
ziemlich frostige pragmatische Interpretation, die dem Volke eigent-
lich antipathisch ist, handelt. Ebenso war die von Stesichoros
geschaffene Oresteia von dem gewaltigsten Einfluss auf die spätere
Kunst 28).

Das Gesagte muss genügen zum Beweis, dass überhaupt von der
Lyrik ein Einfluss auf die bildende Kunst ausgegangen ist.
Stärke und Ausdehnung desselben lassen sich aber bis jetzt ebenso
wenig bestimmen, wie der Zeitpunkt, wo er begann und wo
er aufhörte; nur das mag noch ausdrücklich hervorgehoben wer-
den, dass natürlich auch andere Lyriker gleichen Einfluss geübt
haben werden, nur dass uns der Nachweis nicht möglich ist.
Namentlich möchte man es von Ibykos von Rhegion voraussetzen.

Wir kommen nun zu der weitaus bedeutendsten und ein-
greifendsten Epoche antiker Sagenentwickelung, der Umgestaltung
der alten durch Epos und Lyrik geformten Stoffe im attischen
Drama. Wie gewaltig der Rückschlag gerade dieser Dichtungs-
form auf die Sagenvorstellung selbst ist, wie mächtig der Zwang,
einerseits die Handlung in einer Folge charakteristischer Scenen
sich abspielen und in einer bestimmten Situation gipfeln zu lassen,
andererseits die einzelnen Figuren scharf zu charakterisieren,
auf die Sagenform einwirken muss, bedarf keiner besonderen
Auseinandersetzung. Sehr bedeutend ist hier der Einfluss des
Aischylos, verhältnismässig gering der des Sophokles, am ein-
schneidendsten der des Euripides, eines Dichters, bei dessen Be-
urteilung man doch auch gerade den gewaltigen Einfluss auf die
Sagenentwickelung in Betracht ziehen sollte, wenn man ihm ge-
recht werden will. Eine ganze Fülle von Sagen werden von nun

28) S. Cap. V Der Tod des Aigisthos.

werden pflegen, so haben wir ein eklatantes Beispiel von dem
gewaltigen Einfluſs der Stesichoreischen Gedichte auf die Volks-
vorstellung, — allerdings in diesem Fall auf die Volksvorstellung
in seinem Vaterland Sicilien, — ein Beispiel, das um so schwerer
ins Gewicht fällt, als es sich dabei um das Verdrängen des
märchenhaft Wunderbaren, das doch seiner ganzen Natur nach
ungleich populärer ist, und das Ersetzen desselben durch eine
ziemlich frostige pragmatische Interpretation, die dem Volke eigent-
lich antipathisch ist, handelt. Ebenso war die von Stesichoros
geschaffene Oresteia von dem gewaltigsten Einfluſs auf die spätere
Kunst 28).

Das Gesagte muſs genügen zum Beweis, daſs überhaupt von der
Lyrik ein Einfluſs auf die bildende Kunst ausgegangen ist.
Stärke und Ausdehnung desselben lassen sich aber bis jetzt ebenso
wenig bestimmen, wie der Zeitpunkt, wo er begann und wo
er aufhörte; nur das mag noch ausdrücklich hervorgehoben wer-
den, daſs natürlich auch andere Lyriker gleichen Einfluſs geübt
haben werden, nur daſs uns der Nachweis nicht möglich ist.
Namentlich möchte man es von Ibykos von Rhegion voraussetzen.

Wir kommen nun zu der weitaus bedeutendsten und ein-
greifendsten Epoche antiker Sagenentwickelung, der Umgestaltung
der alten durch Epos und Lyrik geformten Stoffe im attischen
Drama. Wie gewaltig der Rückschlag gerade dieser Dichtungs-
form auf die Sagenvorstellung selbst ist, wie mächtig der Zwang,
einerseits die Handlung in einer Folge charakteristischer Scenen
sich abspielen und in einer bestimmten Situation gipfeln zu lassen,
andererseits die einzelnen Figuren scharf zu charakterisieren,
auf die Sagenform einwirken muſs, bedarf keiner besonderen
Auseinandersetzung. Sehr bedeutend ist hier der Einfluſs des
Aischylos, verhältnismäſsig gering der des Sophokles, am ein-
schneidendsten der des Euripides, eines Dichters, bei dessen Be-
urteilung man doch auch gerade den gewaltigen Einfluſs auf die
Sagenentwickelung in Betracht ziehen sollte, wenn man ihm ge-
recht werden will. Eine ganze Fülle von Sagen werden von nun

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[27/0041] werden pflegen, so haben wir ein eklatantes Beispiel von dem gewaltigen Einfluſs der Stesichoreischen Gedichte auf die Volks- vorstellung, — allerdings in diesem Fall auf die Volksvorstellung in seinem Vaterland Sicilien, — ein Beispiel, das um so schwerer ins Gewicht fällt, als es sich dabei um das Verdrängen des märchenhaft Wunderbaren, das doch seiner ganzen Natur nach ungleich populärer ist, und das Ersetzen desselben durch eine ziemlich frostige pragmatische Interpretation, die dem Volke eigent- lich antipathisch ist, handelt. Ebenso war die von Stesichoros geschaffene Oresteia von dem gewaltigsten Einfluſs auf die spätere Kunst 28). Das Gesagte muſs genügen zum Beweis, daſs überhaupt von der Lyrik ein Einfluſs auf die bildende Kunst ausgegangen ist. Stärke und Ausdehnung desselben lassen sich aber bis jetzt ebenso wenig bestimmen, wie der Zeitpunkt, wo er begann und wo er aufhörte; nur das mag noch ausdrücklich hervorgehoben wer- den, daſs natürlich auch andere Lyriker gleichen Einfluſs geübt haben werden, nur daſs uns der Nachweis nicht möglich ist. Namentlich möchte man es von Ibykos von Rhegion voraussetzen. Wir kommen nun zu der weitaus bedeutendsten und ein- greifendsten Epoche antiker Sagenentwickelung, der Umgestaltung der alten durch Epos und Lyrik geformten Stoffe im attischen Drama. Wie gewaltig der Rückschlag gerade dieser Dichtungs- form auf die Sagenvorstellung selbst ist, wie mächtig der Zwang, einerseits die Handlung in einer Folge charakteristischer Scenen sich abspielen und in einer bestimmten Situation gipfeln zu lassen, andererseits die einzelnen Figuren scharf zu charakterisieren, auf die Sagenform einwirken muſs, bedarf keiner besonderen Auseinandersetzung. Sehr bedeutend ist hier der Einfluſs des Aischylos, verhältnismäſsig gering der des Sophokles, am ein- schneidendsten der des Euripides, eines Dichters, bei dessen Be- urteilung man doch auch gerade den gewaltigen Einfluſs auf die Sagenentwickelung in Betracht ziehen sollte, wenn man ihm ge- recht werden will. Eine ganze Fülle von Sagen werden von nun 28) S. Cap. V Der Tod des Aigisthos.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/41>, abgerufen am 09.11.2024.