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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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vielmehr in lebhaftester Weise ihre Teilnahme an der Handlung
zu erkennen geben 32). Sie übernehmen also gewissermassen die
Rolle des Chors. Und vielleicht geht auch noch eine Eigentüm-
lichkeit auf den Einfluss der Bühne zurück. Es ist auf Darstel-
lungen dieser Zeit besonders beliebt, dass in dem Bilde selbst
irgend eine Figur den Hauptvorgang sei es in derselben Scene
sei es in der der Rückseite anderen erzählt und, der Eindruck,
den diese Erzählung auf die Hörer macht, mit besonderer Liebe
geschildert wird 33). Auf einer Darstellung der Entführung der
Helena berichtet rechts eine Dienerin dem erschreckten Tyndareos
was geschehen ist. Als Gegenbild zu dem oben geschilderten
Ringkampf des Peleus und der Thetis wird im fünften Jahr-
hundert der Augenblick dargestellt, wo fliehende Nereiden dem
greisen Nereus die Gefahr seiner Tochter berichten. Es ist
der Botenbericht des attischen Dramas in die bildende Kunst
übertragen 34).

Aber nicht nur die alten Typen werden in diesem neuen,
dramatischen Sinne umgestaltet und vervollkommnet, auch neue
Typen tauchen in erstaunlicher Fülle auf, so dass mit der for-
mellen Vervollkommnung der Komposition ein sehr bedeutender
stofflicher Zuwachs, eine ungemeine Erweiterung des Kreises der
Darstellungen, Hand in Hand geht. Den Anstoss dazu gab die
Verpflanzung der ionischen monumentalen Wandmalerei auf attischen
Boden; von den Werkstätten jener ionischen Zuwanderer, die ihre
Inseln mit der mächtig aufblühenden Hauptstadt des attischen
Reiches vertauscht hatten, von den Werkstätten eines Polygnotos
von Thasos, seiner Genossen und Schüler ist die Schöpfung dieser
Typen ausgegangen, tief das ganze künstlerische Treiben Athens
durchdringend und belebend; den Stoff aber suchten und fanden

32) S. Cap. II Erweiterung der Typen; vgl. auch meine Schrift über
Thanatos S. 15.
33) Vgl. Luckenbach a. a. O. S. 587.
34) Damit soll natürlich nicht geleugnet werden, dass Ansätze zu diesem
Motiv schon in der archaischen Kunst vorhanden sind; so auf der Francois-
Vase Antenor und Priamos. Aber dominierend wird es doch erst im fünften
Jahrhundert.

vielmehr in lebhaftester Weise ihre Teilnahme an der Handlung
zu erkennen geben 32). Sie übernehmen also gewissermaſsen die
Rolle des Chors. Und vielleicht geht auch noch eine Eigentüm-
lichkeit auf den Einfluſs der Bühne zurück. Es ist auf Darstel-
lungen dieser Zeit besonders beliebt, daſs in dem Bilde selbst
irgend eine Figur den Hauptvorgang sei es in derselben Scene
sei es in der der Rückseite anderen erzählt und, der Eindruck,
den diese Erzählung auf die Hörer macht, mit besonderer Liebe
geschildert wird 33). Auf einer Darstellung der Entführung der
Helena berichtet rechts eine Dienerin dem erschreckten Tyndareos
was geschehen ist. Als Gegenbild zu dem oben geschilderten
Ringkampf des Peleus und der Thetis wird im fünften Jahr-
hundert der Augenblick dargestellt, wo fliehende Nereiden dem
greisen Nereus die Gefahr seiner Tochter berichten. Es ist
der Botenbericht des attischen Dramas in die bildende Kunst
übertragen 34).

Aber nicht nur die alten Typen werden in diesem neuen,
dramatischen Sinne umgestaltet und vervollkommnet, auch neue
Typen tauchen in erstaunlicher Fülle auf, so daſs mit der for-
mellen Vervollkommnung der Komposition ein sehr bedeutender
stofflicher Zuwachs, eine ungemeine Erweiterung des Kreises der
Darstellungen, Hand in Hand geht. Den Anstoſs dazu gab die
Verpflanzung der ionischen monumentalen Wandmalerei auf attischen
Boden; von den Werkstätten jener ionischen Zuwanderer, die ihre
Inseln mit der mächtig aufblühenden Hauptstadt des attischen
Reiches vertauscht hatten, von den Werkstätten eines Polygnotos
von Thasos, seiner Genossen und Schüler ist die Schöpfung dieser
Typen ausgegangen, tief das ganze künstlerische Treiben Athens
durchdringend und belebend; den Stoff aber suchten und fanden

32) S. Cap. II Erweiterung der Typen; vgl. auch meine Schrift über
Thanatos S. 15.
33) Vgl. Luckenbach a. a. O. S. 587.
34) Damit soll natürlich nicht geleugnet werden, daſs Ansätze zu diesem
Motiv schon in der archaischen Kunst vorhanden sind; so auf der François-
Vase Antenor und Priamos. Aber dominierend wird es doch erst im fünften
Jahrhundert.
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[31/0045] vielmehr in lebhaftester Weise ihre Teilnahme an der Handlung zu erkennen geben 32). Sie übernehmen also gewissermaſsen die Rolle des Chors. Und vielleicht geht auch noch eine Eigentüm- lichkeit auf den Einfluſs der Bühne zurück. Es ist auf Darstel- lungen dieser Zeit besonders beliebt, daſs in dem Bilde selbst irgend eine Figur den Hauptvorgang sei es in derselben Scene sei es in der der Rückseite anderen erzählt und, der Eindruck, den diese Erzählung auf die Hörer macht, mit besonderer Liebe geschildert wird 33). Auf einer Darstellung der Entführung der Helena berichtet rechts eine Dienerin dem erschreckten Tyndareos was geschehen ist. Als Gegenbild zu dem oben geschilderten Ringkampf des Peleus und der Thetis wird im fünften Jahr- hundert der Augenblick dargestellt, wo fliehende Nereiden dem greisen Nereus die Gefahr seiner Tochter berichten. Es ist der Botenbericht des attischen Dramas in die bildende Kunst übertragen 34). Aber nicht nur die alten Typen werden in diesem neuen, dramatischen Sinne umgestaltet und vervollkommnet, auch neue Typen tauchen in erstaunlicher Fülle auf, so daſs mit der for- mellen Vervollkommnung der Komposition ein sehr bedeutender stofflicher Zuwachs, eine ungemeine Erweiterung des Kreises der Darstellungen, Hand in Hand geht. Den Anstoſs dazu gab die Verpflanzung der ionischen monumentalen Wandmalerei auf attischen Boden; von den Werkstätten jener ionischen Zuwanderer, die ihre Inseln mit der mächtig aufblühenden Hauptstadt des attischen Reiches vertauscht hatten, von den Werkstätten eines Polygnotos von Thasos, seiner Genossen und Schüler ist die Schöpfung dieser Typen ausgegangen, tief das ganze künstlerische Treiben Athens durchdringend und belebend; den Stoff aber suchten und fanden 32) S. Cap. II Erweiterung der Typen; vgl. auch meine Schrift über Thanatos S. 15. 33) Vgl. Luckenbach a. a. O. S. 587. 34) Damit soll natürlich nicht geleugnet werden, daſs Ansätze zu diesem Motiv schon in der archaischen Kunst vorhanden sind; so auf der François- Vase Antenor und Priamos. Aber dominierend wird es doch erst im fünften Jahrhundert.

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/45>, abgerufen am 24.11.2024.