ändert zu verharren. Dieses Vermögen ist nehmlich eine wesentliche Eigenschaft der Ma- terie, und derselben eben so eigen, als die Aus- dehnung selbst; dergestalt, daß gleichwie die Materie ohne Ausdehnung nicht bestehen kann, dieselbe eben so wenig ohne dieses Vermögen in ihrem Zustande unverändert zu verharren bestehen kann. Dieses Vermögen äußert sich eben so wohl in ruhenden, als bewegten Kör- pern. Denn ein ruhender Körper muß kraft dieses Vermögens beständig in Ruhe bleiben, und kann nimmer eine Bewegung erhalten, wofern keine äußerliche Kraft dazu kommt, wodurch derselbe in Bewegung gesetzt wird. Gleicher gestalt, wenn sich ein Körper in Be- wegung befindet, so muß derselbe beständig eben diese Bewegung unverändert fortsetzen, wofern keine äußerliche Kraft darinne eine Ver- änderung verursachet. So oft nun entweder ein Körper, welcher vorher stille gestanden, in Bewegung gesetzt wird, oder ein bewegter Körper in seiner Bewegung eine Veränderung leidet: so kann man immer versichert seyn, daß eine äusserliche Kraft darauf gewürket ha- be. Es kommen aber bey einer jeglichen Be- wegung zwey Stücke zu betrachten vor, nehm- lich die Geschwindigkeit, und die Richtung oder Direction derselben, und daher hat auch ein jeglicher Körper kraft seines Wesens das Ver- mögen, diese beyden Stücke, als wodurch sein
Zustand
aͤndert zu verharren. Dieſes Vermoͤgen iſt nehmlich eine weſentliche Eigenſchaft der Ma- terie, und derſelben eben ſo eigen, als die Aus- dehnung ſelbſt; dergeſtalt, daß gleichwie die Materie ohne Ausdehnung nicht beſtehen kann, dieſelbe eben ſo wenig ohne dieſes Vermoͤgen in ihrem Zuſtande unveraͤndert zu verharren beſtehen kann. Dieſes Vermoͤgen aͤußert ſich eben ſo wohl in ruhenden, als bewegten Koͤr- pern. Denn ein ruhender Koͤrper muß kraft dieſes Vermoͤgens beſtaͤndig in Ruhe bleiben, und kann nimmer eine Bewegung erhalten, wofern keine aͤußerliche Kraft dazu kommt, wodurch derſelbe in Bewegung geſetzt wird. Gleicher geſtalt, wenn ſich ein Koͤrper in Be- wegung befindet, ſo muß derſelbe beſtaͤndig eben dieſe Bewegung unveraͤndert fortſetzen, wofern keine aͤußerliche Kraft darinne eine Ver- aͤnderung verurſachet. So oft nun entweder ein Koͤrper, welcher vorher ſtille geſtanden, in Bewegung geſetzt wird, oder ein bewegter Koͤrper in ſeiner Bewegung eine Veraͤnderung leidet: ſo kann man immer verſichert ſeyn, daß eine aͤuſſerliche Kraft darauf gewuͤrket ha- be. Es kommen aber bey einer jeglichen Be- wegung zwey Stuͤcke zu betrachten vor, nehm- lich die Geſchwindigkeit, und die Richtung oder Direction derſelben, und daher hat auch ein jeglicher Koͤrper kraft ſeines Weſens das Ver- moͤgen, dieſe beyden Stuͤcke, als wodurch ſein
Zuſtand
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0449"n="429"/>
aͤndert zu verharren. Dieſes Vermoͤgen iſt<lb/>
nehmlich eine weſentliche Eigenſchaft der Ma-<lb/>
terie, und derſelben eben ſo eigen, als die Aus-<lb/>
dehnung ſelbſt; dergeſtalt, daß gleichwie die<lb/>
Materie ohne Ausdehnung nicht beſtehen kann,<lb/>
dieſelbe eben ſo wenig ohne dieſes Vermoͤgen<lb/>
in ihrem Zuſtande unveraͤndert zu verharren<lb/>
beſtehen kann. Dieſes Vermoͤgen aͤußert ſich<lb/>
eben ſo wohl in ruhenden, als bewegten Koͤr-<lb/>
pern. Denn ein ruhender Koͤrper muß kraft<lb/>
dieſes Vermoͤgens beſtaͤndig in Ruhe bleiben,<lb/>
und kann nimmer eine Bewegung erhalten,<lb/>
wofern keine aͤußerliche Kraft dazu kommt,<lb/>
wodurch derſelbe in Bewegung geſetzt wird.<lb/>
Gleicher geſtalt, wenn ſich ein Koͤrper in Be-<lb/>
wegung befindet, ſo muß derſelbe beſtaͤndig<lb/>
eben dieſe Bewegung unveraͤndert fortſetzen,<lb/>
wofern keine aͤußerliche Kraft darinne eine Ver-<lb/>
aͤnderung verurſachet. So oft nun entweder<lb/>
ein Koͤrper, welcher vorher ſtille geſtanden, in<lb/>
Bewegung geſetzt wird, oder ein bewegter<lb/>
Koͤrper in ſeiner Bewegung eine Veraͤnderung<lb/>
leidet: ſo kann man immer verſichert ſeyn,<lb/>
daß eine aͤuſſerliche Kraft darauf gewuͤrket ha-<lb/>
be. Es kommen aber bey einer jeglichen Be-<lb/>
wegung zwey Stuͤcke zu betrachten vor, nehm-<lb/>
lich die Geſchwindigkeit, und die Richtung oder<lb/><hirendition="#aq">Direction</hi> derſelben, und daher hat auch ein<lb/>
jeglicher Koͤrper kraft ſeines Weſens das Ver-<lb/>
moͤgen, dieſe beyden Stuͤcke, als wodurch ſein<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Zuſtand</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[429/0449]
aͤndert zu verharren. Dieſes Vermoͤgen iſt
nehmlich eine weſentliche Eigenſchaft der Ma-
terie, und derſelben eben ſo eigen, als die Aus-
dehnung ſelbſt; dergeſtalt, daß gleichwie die
Materie ohne Ausdehnung nicht beſtehen kann,
dieſelbe eben ſo wenig ohne dieſes Vermoͤgen
in ihrem Zuſtande unveraͤndert zu verharren
beſtehen kann. Dieſes Vermoͤgen aͤußert ſich
eben ſo wohl in ruhenden, als bewegten Koͤr-
pern. Denn ein ruhender Koͤrper muß kraft
dieſes Vermoͤgens beſtaͤndig in Ruhe bleiben,
und kann nimmer eine Bewegung erhalten,
wofern keine aͤußerliche Kraft dazu kommt,
wodurch derſelbe in Bewegung geſetzt wird.
Gleicher geſtalt, wenn ſich ein Koͤrper in Be-
wegung befindet, ſo muß derſelbe beſtaͤndig
eben dieſe Bewegung unveraͤndert fortſetzen,
wofern keine aͤußerliche Kraft darinne eine Ver-
aͤnderung verurſachet. So oft nun entweder
ein Koͤrper, welcher vorher ſtille geſtanden, in
Bewegung geſetzt wird, oder ein bewegter
Koͤrper in ſeiner Bewegung eine Veraͤnderung
leidet: ſo kann man immer verſichert ſeyn,
daß eine aͤuſſerliche Kraft darauf gewuͤrket ha-
be. Es kommen aber bey einer jeglichen Be-
wegung zwey Stuͤcke zu betrachten vor, nehm-
lich die Geſchwindigkeit, und die Richtung oder
Direction derſelben, und daher hat auch ein
jeglicher Koͤrper kraft ſeines Weſens das Ver-
moͤgen, dieſe beyden Stuͤcke, als wodurch ſein
Zuſtand
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Robins, Benjamin: Neue Grundsätze der Artillerie. Übers. v. Leonhard Euler. Berlin, 1745, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robins_artillerie_1745/449>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.