[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.Denn, lieben Kinder! wenn ein jeder sei- Aber, die Dinge, die mit einander in Es war einmal ein Dorf, voll böser Bau- so
Denn, lieben Kinder! wenn ein jeder ſei- Aber, die Dinge, die mit einander in Es war einmal ein Dorf, voll boͤſer Bau- ſo
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0102" n="80"/> <p>Denn, lieben Kinder! wenn ein jeder ſei-<lb/> nen Nutzen vorziehen duͤrfte, ſo ließen die<lb/> Aeltern ihre kranken Kinder verhungern, die<lb/> ihnen nichts, als Kummer machen; die Er-<lb/> wachſenen ſchluͤgen ihre alten Aeltern todt,<lb/> weil ſie nicht mehr Brodt verdienen koͤnnen;<lb/> der Faule naͤhme dem Fleißigen ſein Brodt<lb/> mit Gewalt; und keiner waͤre einen Augen-<lb/> blick, des Seinigen ſicher.</p><lb/> <p>Aber, die Dinge, die mit einander in<lb/> Verhaͤltniß ſtehen, wirken auch, wechſels-<lb/> weiſe, auf einander, und erhalten ſich, durch<lb/> gemeinſchaftliche Kraͤfte. Daher kommts,<lb/> lieben Kinder! daß viel Leute mehr thun koͤn-<lb/> nen, als einer allein.</p><lb/> <p>Es war einmal ein Dorf, voll boͤſer Bau-<lb/> ern, die in Feindſchaft mit einander lebten.<lb/> An ihrem Acker floß ein Strom, der einſt<lb/> uͤberlief, und den Damm durchbrach. Des<lb/> einen Bauern Acker lag gerade bey dem Lo-<lb/> che des Damms, und litte großen Schaden.<lb/> Er that ſein Moͤglichſtes, um das Loch im<lb/> Damme zu ſtopfen: aber es war, fuͤr eine<lb/> Familie, zu viel Arbeit; Und die andern<lb/> wollten ihm nicht helfen, weil es ihnen noch<lb/> keinen Schaden brachte, und keiner des an-<lb/> dern Freund war, oder das gemeine Beſte<lb/> ſuchte. Endlich ward das Loch ſo breit, und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſo</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0102]
Denn, lieben Kinder! wenn ein jeder ſei-
nen Nutzen vorziehen duͤrfte, ſo ließen die
Aeltern ihre kranken Kinder verhungern, die
ihnen nichts, als Kummer machen; die Er-
wachſenen ſchluͤgen ihre alten Aeltern todt,
weil ſie nicht mehr Brodt verdienen koͤnnen;
der Faule naͤhme dem Fleißigen ſein Brodt
mit Gewalt; und keiner waͤre einen Augen-
blick, des Seinigen ſicher.
Aber, die Dinge, die mit einander in
Verhaͤltniß ſtehen, wirken auch, wechſels-
weiſe, auf einander, und erhalten ſich, durch
gemeinſchaftliche Kraͤfte. Daher kommts,
lieben Kinder! daß viel Leute mehr thun koͤn-
nen, als einer allein.
Es war einmal ein Dorf, voll boͤſer Bau-
ern, die in Feindſchaft mit einander lebten.
An ihrem Acker floß ein Strom, der einſt
uͤberlief, und den Damm durchbrach. Des
einen Bauern Acker lag gerade bey dem Lo-
che des Damms, und litte großen Schaden.
Er that ſein Moͤglichſtes, um das Loch im
Damme zu ſtopfen: aber es war, fuͤr eine
Familie, zu viel Arbeit; Und die andern
wollten ihm nicht helfen, weil es ihnen noch
keinen Schaden brachte, und keiner des an-
dern Freund war, oder das gemeine Beſte
ſuchte. Endlich ward das Loch ſo breit, und
ſo
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