Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

also nicht vollkommen: Denn die Ursach ist
eher, als die Wirkung. Kinder! dieses läßt
sich nicht denken. Wenn also Gott die erste
Ursach aller Wirkungen ist; so muß Gott
ewig seyn,
das ist: Gott muß immer gewe-
sen seyn, und immer Gott bleiben.

Was keinen solchen Cörper hat, den man
sehen, fühlen, und einschließen kann; was
nicht durch Arbeit müde wird, noch Nah-
rung und Schlaf braucht, um sich zu erho-
len, das nennt man einen Geist, oder ein un-
cörperliches Wesen.

Denkt einmal, lieben Kinder! ob Gott
nicht nothwendig ein solcher Geist seyn müße,
wenn Ihm alle die Eigenschaften zukommen
sollen, von denen ihr vorher gehört habt?

Freylich, Gott ist ein Geist, der alles
versteht, dem alles zu Gebote stehet, vor
dem keine Macht mich schützen, und keine
Finsterniß mich decken kann. Gott, der die
ganze Welt, oder alles, was ist, geschaffen
hat, und durch Seinen Befehl erhält, Gott
kann im Augenblick die Welt verwandeln,
und uns zu Staub zermalmen. Wasserflu-
then, Donner und Sturm, Hagel und Schnee,
dieß alles steht Gott zu Befehl. Aber nur ei-
nes davon ist nöthig zu diesem Endzweck:
Denn, wenn es Gott als eine Strafe, brau-

chen

alſo nicht vollkommen: Denn die Urſach iſt
eher, als die Wirkung. Kinder! dieſes laͤßt
ſich nicht denken. Wenn alſo Gott die erſte
Urſach aller Wirkungen iſt; ſo muß Gott
ewig ſeyn,
das iſt: Gott muß immer gewe-
ſen ſeyn, und immer Gott bleiben.

Was keinen ſolchen Coͤrper hat, den man
ſehen, fuͤhlen, und einſchließen kann; was
nicht durch Arbeit muͤde wird, noch Nah-
rung und Schlaf braucht, um ſich zu erho-
len, das nennt man einen Geiſt, oder ein un-
coͤrperliches Weſen.

Denkt einmal, lieben Kinder! ob Gott
nicht nothwendig ein ſolcher Geiſt ſeyn muͤße,
wenn Ihm alle die Eigenſchaften zukommen
ſollen, von denen ihr vorher gehoͤrt habt?

Freylich, Gott iſt ein Geiſt, der alles
verſteht, dem alles zu Gebote ſtehet, vor
dem keine Macht mich ſchuͤtzen, und keine
Finſterniß mich decken kann. Gott, der die
ganze Welt, oder alles, was iſt, geſchaffen
hat, und durch Seinen Befehl erhaͤlt, Gott
kann im Augenblick die Welt verwandeln,
und uns zu Staub zermalmen. Waſſerflu-
then, Donner und Sturm, Hagel und Schnee,
dieß alles ſteht Gott zu Befehl. Aber nur ei-
nes davon iſt noͤthig zu dieſem Endzweck:
Denn, wenn es Gott als eine Strafe, brau-

chen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0065" n="43"/>
al&#x017F;o nicht vollkommen: Denn die Ur&#x017F;ach i&#x017F;t<lb/>
eher, als die Wirkung. Kinder! die&#x017F;es la&#x0364;ßt<lb/>
&#x017F;ich nicht denken. Wenn al&#x017F;o Gott die er&#x017F;te<lb/>
Ur&#x017F;ach aller Wirkungen i&#x017F;t; &#x017F;o muß <hi rendition="#fr">Gott<lb/>
ewig &#x017F;eyn,</hi> das i&#x017F;t: Gott muß immer gewe-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;eyn, und immer Gott bleiben.</p><lb/>
              <p>Was keinen &#x017F;olchen Co&#x0364;rper hat, den man<lb/>
&#x017F;ehen, fu&#x0364;hlen, und ein&#x017F;chließen kann; was<lb/>
nicht durch Arbeit mu&#x0364;de wird, noch Nah-<lb/>
rung und Schlaf braucht, um &#x017F;ich zu erho-<lb/>
len, das nennt man einen Gei&#x017F;t, oder ein un-<lb/>
co&#x0364;rperliches We&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Denkt einmal, lieben Kinder! ob Gott<lb/>
nicht nothwendig ein &#x017F;olcher Gei&#x017F;t &#x017F;eyn mu&#x0364;ße,<lb/>
wenn Ihm alle die Eigen&#x017F;chaften zukommen<lb/>
&#x017F;ollen, von denen ihr vorher geho&#x0364;rt habt?</p><lb/>
              <p>Freylich, <hi rendition="#fr">Gott i&#x017F;t ein Gei&#x017F;t,</hi> der alles<lb/>
ver&#x017F;teht, dem alles zu Gebote &#x017F;tehet, vor<lb/>
dem keine Macht mich &#x017F;chu&#x0364;tzen, und keine<lb/>
Fin&#x017F;terniß mich decken kann. Gott, der die<lb/>
ganze Welt, oder alles, was i&#x017F;t, ge&#x017F;chaffen<lb/>
hat, und durch Seinen Befehl erha&#x0364;lt, Gott<lb/>
kann im Augenblick die Welt verwandeln,<lb/>
und uns zu Staub zermalmen. Wa&#x017F;&#x017F;erflu-<lb/>
then, Donner und Sturm, Hagel und Schnee,<lb/>
dieß alles &#x017F;teht Gott zu Befehl. Aber nur ei-<lb/>
nes davon i&#x017F;t no&#x0364;thig zu die&#x017F;em Endzweck:<lb/>
Denn, wenn es Gott als eine Strafe, brau-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0065] alſo nicht vollkommen: Denn die Urſach iſt eher, als die Wirkung. Kinder! dieſes laͤßt ſich nicht denken. Wenn alſo Gott die erſte Urſach aller Wirkungen iſt; ſo muß Gott ewig ſeyn, das iſt: Gott muß immer gewe- ſen ſeyn, und immer Gott bleiben. Was keinen ſolchen Coͤrper hat, den man ſehen, fuͤhlen, und einſchließen kann; was nicht durch Arbeit muͤde wird, noch Nah- rung und Schlaf braucht, um ſich zu erho- len, das nennt man einen Geiſt, oder ein un- coͤrperliches Weſen. Denkt einmal, lieben Kinder! ob Gott nicht nothwendig ein ſolcher Geiſt ſeyn muͤße, wenn Ihm alle die Eigenſchaften zukommen ſollen, von denen ihr vorher gehoͤrt habt? Freylich, Gott iſt ein Geiſt, der alles verſteht, dem alles zu Gebote ſtehet, vor dem keine Macht mich ſchuͤtzen, und keine Finſterniß mich decken kann. Gott, der die ganze Welt, oder alles, was iſt, geſchaffen hat, und durch Seinen Befehl erhaͤlt, Gott kann im Augenblick die Welt verwandeln, und uns zu Staub zermalmen. Waſſerflu- then, Donner und Sturm, Hagel und Schnee, dieß alles ſteht Gott zu Befehl. Aber nur ei- nes davon iſt noͤthig zu dieſem Endzweck: Denn, wenn es Gott als eine Strafe, brau- chen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/65
Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/65>, abgerufen am 03.05.2024.