Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite


Einleitung.

Wenn ich, ohne meinem Werke
einen Grad von Wichtigkeit
beyzulegen, den es vielleicht
nicht hat, mir Leser verspre-
chen darf: so muß ich mit ihnen über gewisse
Fragen und Einwürfe mich vergleichen, die
dieser Versuch, höchstwahrscheinlich, ver-
anlassen wird.

Auf die erste Frage, "wer mich berufen
"hat, mich zum Lehrer des Landvolks auf-
"zuwerfen?" ist meine kurze Antwort diese:

Ich lebe unter Landleuten. Mich jam-
merte des Volks. Neben den Mühseligkei-
ten ihres Standes werden sie von der schwe-
ren Last ihrer Vorurtheile gedrückt. Ihre
Unwissenheit, in den nöthigsten Kenntnissen,
beraubt sie der Vortheile und Ersetzungen,
welche die, für alle Stände, gnädige Vor-
sehung Gottes auch dem ihrigen gegönnt hat.
Sie wissen weder, das, was sie haben, gut
zu nutzen; noch, das, was sie nicht haben

kön-
* 2


Einleitung.

Wenn ich, ohne meinem Werke
einen Grad von Wichtigkeit
beyzulegen, den es vielleicht
nicht hat, mir Leſer verſpre-
chen darf: ſo muß ich mit ihnen uͤber gewiſſe
Fragen und Einwuͤrfe mich vergleichen, die
dieſer Verſuch, hoͤchſtwahrſcheinlich, ver-
anlaſſen wird.

Auf die erſte Frage, „wer mich berufen
„hat, mich zum Lehrer des Landvolks auf-
„zuwerfen?„ iſt meine kurze Antwort dieſe:

Ich lebe unter Landleuten. Mich jam-
merte des Volks. Neben den Muͤhſeligkei-
ten ihres Standes werden ſie von der ſchwe-
ren Laſt ihrer Vorurtheile gedruͤckt. Ihre
Unwiſſenheit, in den noͤthigſten Kenntniſſen,
beraubt ſie der Vortheile und Erſetzungen,
welche die, fuͤr alle Staͤnde, gnaͤdige Vor-
ſehung Gottes auch dem ihrigen gegoͤnnt hat.
Sie wiſſen weder, das, was ſie haben, gut
zu nutzen; noch, das, was ſie nicht haben

koͤn-
* 2
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0007"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Wenn ich, ohne meinem Werke<lb/>
einen Grad von Wichtigkeit<lb/>
beyzulegen, den es vielleicht<lb/>
nicht hat, mir Le&#x017F;er ver&#x017F;pre-<lb/>
chen darf: &#x017F;o muß ich mit ihnen u&#x0364;ber gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Fragen und Einwu&#x0364;rfe mich vergleichen, die<lb/>
die&#x017F;er Ver&#x017F;uch, ho&#x0364;ch&#x017F;twahr&#x017F;cheinlich, ver-<lb/>
anla&#x017F;&#x017F;en wird.</p><lb/>
        <p>Auf die er&#x017F;te Frage, &#x201E;wer mich berufen<lb/>
&#x201E;hat, mich zum Lehrer des Landvolks auf-<lb/>
&#x201E;zuwerfen?&#x201E; i&#x017F;t meine kurze Antwort die&#x017F;e:</p><lb/>
        <p>Ich lebe unter Landleuten. Mich jam-<lb/>
merte des Volks. Neben den Mu&#x0364;h&#x017F;eligkei-<lb/>
ten ihres Standes werden &#x017F;ie von der &#x017F;chwe-<lb/>
ren La&#x017F;t ihrer Vorurtheile gedru&#x0364;ckt. Ihre<lb/>
Unwi&#x017F;&#x017F;enheit, in den no&#x0364;thig&#x017F;ten Kenntni&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
beraubt &#x017F;ie der Vortheile und Er&#x017F;etzungen,<lb/>
welche die, fu&#x0364;r alle Sta&#x0364;nde, gna&#x0364;dige Vor-<lb/>
&#x017F;ehung Gottes auch dem ihrigen gego&#x0364;nnt hat.<lb/>
Sie wi&#x017F;&#x017F;en weder, das, was &#x017F;ie haben, gut<lb/>
zu nutzen; noch, das, was &#x017F;ie nicht haben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">* 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ko&#x0364;n-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0007] Einleitung. Wenn ich, ohne meinem Werke einen Grad von Wichtigkeit beyzulegen, den es vielleicht nicht hat, mir Leſer verſpre- chen darf: ſo muß ich mit ihnen uͤber gewiſſe Fragen und Einwuͤrfe mich vergleichen, die dieſer Verſuch, hoͤchſtwahrſcheinlich, ver- anlaſſen wird. Auf die erſte Frage, „wer mich berufen „hat, mich zum Lehrer des Landvolks auf- „zuwerfen?„ iſt meine kurze Antwort dieſe: Ich lebe unter Landleuten. Mich jam- merte des Volks. Neben den Muͤhſeligkei- ten ihres Standes werden ſie von der ſchwe- ren Laſt ihrer Vorurtheile gedruͤckt. Ihre Unwiſſenheit, in den noͤthigſten Kenntniſſen, beraubt ſie der Vortheile und Erſetzungen, welche die, fuͤr alle Staͤnde, gnaͤdige Vor- ſehung Gottes auch dem ihrigen gegoͤnnt hat. Sie wiſſen weder, das, was ſie haben, gut zu nutzen; noch, das, was ſie nicht haben koͤn- * 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/7
Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/7>, abgerufen am 21.11.2024.