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[Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772.

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über Gott und die Menschen beklagt, daß
ihm nicht Glück genung begegne.

Doch, auf lauter Rosen können wir Men-
schen, bey aller Gottseeligkeit, dennoch nicht
gehen. Es giebt auch nothwendiges Lei-
den. In Gottes Entwurf aller Ursachen
und Wirkungen, gehörte dieses mit -- Wenn
aber ein guter Vater seinem lieben Kinde
zwar übelschmeckende, doch heilsame, Mittel
brauchen ließe, um es vor herrschenden
Krankheiten zu verwahren; so thäte das
Kind unrecht, wenn es glaubte, der Vater
wäre ihm deßhalb nicht gewogen.

So macht es Gott, lieben Kinder! mit
den Menschen. Das Leiden ist nützlich, aus
vielen Gründen. Oft dem, der es leidet;
oft auch dem, der leiden sieht, oder mit
leidet.

Das gute Kind, das seine kranken Ael-
tern oder Geschwister pflegt, würde diese
schöne Tugend nicht üben können, wenn kein
Kranker zu pflegen da wäre. Die Aeltern
selbst sind vielleicht, durch die Krankheit, vor
größern Unglück bewahret und davon abge-
halten worden.

Ich will euch eine Geschichte davon er-
zählen.

In

uͤber Gott und die Menſchen beklagt, daß
ihm nicht Gluͤck genung begegne.

Doch, auf lauter Roſen koͤnnen wir Men-
ſchen, bey aller Gottſeeligkeit, dennoch nicht
gehen. Es giebt auch nothwendiges Lei-
den. In Gottes Entwurf aller Urſachen
und Wirkungen, gehoͤrte dieſes mit — Wenn
aber ein guter Vater ſeinem lieben Kinde
zwar uͤbelſchmeckende, doch heilſame, Mittel
brauchen ließe, um es vor herrſchenden
Krankheiten zu verwahren; ſo thaͤte das
Kind unrecht, wenn es glaubte, der Vater
waͤre ihm deßhalb nicht gewogen.

So macht es Gott, lieben Kinder! mit
den Menſchen. Das Leiden iſt nuͤtzlich, aus
vielen Gruͤnden. Oft dem, der es leidet;
oft auch dem, der leiden ſieht, oder mit
leidet.

Das gute Kind, das ſeine kranken Ael-
tern oder Geſchwiſter pflegt, wuͤrde dieſe
ſchoͤne Tugend nicht uͤben koͤnnen, wenn kein
Kranker zu pflegen da waͤre. Die Aeltern
ſelbſt ſind vielleicht, durch die Krankheit, vor
groͤßern Ungluͤck bewahret und davon abge-
halten worden.

Ich will euch eine Geſchichte davon er-
zaͤhlen.

In
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[66/0088] uͤber Gott und die Menſchen beklagt, daß ihm nicht Gluͤck genung begegne. Doch, auf lauter Roſen koͤnnen wir Men- ſchen, bey aller Gottſeeligkeit, dennoch nicht gehen. Es giebt auch nothwendiges Lei- den. In Gottes Entwurf aller Urſachen und Wirkungen, gehoͤrte dieſes mit — Wenn aber ein guter Vater ſeinem lieben Kinde zwar uͤbelſchmeckende, doch heilſame, Mittel brauchen ließe, um es vor herrſchenden Krankheiten zu verwahren; ſo thaͤte das Kind unrecht, wenn es glaubte, der Vater waͤre ihm deßhalb nicht gewogen. So macht es Gott, lieben Kinder! mit den Menſchen. Das Leiden iſt nuͤtzlich, aus vielen Gruͤnden. Oft dem, der es leidet; oft auch dem, der leiden ſieht, oder mit leidet. Das gute Kind, das ſeine kranken Ael- tern oder Geſchwiſter pflegt, wuͤrde dieſe ſchoͤne Tugend nicht uͤben koͤnnen, wenn kein Kranker zu pflegen da waͤre. Die Aeltern ſelbſt ſind vielleicht, durch die Krankheit, vor groͤßern Ungluͤck bewahret und davon abge- halten worden. Ich will euch eine Geſchichte davon er- zaͤhlen. In

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Zitationshilfe: [Rochow, Friedrich Eberhard von]: Versuch eines Schulbuches. Berlin, 1772, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rochow_versuch_1772/88>, abgerufen am 03.05.2024.