Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.Anordnungen über Herstellung, Abgabe und Zubereitung des Kaffees und übernahm auch die kostenfreie Lieferung des Getränks an die Züge für das Zugspersonal und für die Arbeiter auf der freien Strecke. In einem Vortrage auf dem Internationalen Kongresse gegen den Alkohol im Juli 1907 in Stockholm kam de Terra wieder auf seine strengen Forderungen zurück und verlangte für alle Dienstzweige, von denen die Sicherheit des Verkehrs (Betriebs) abhängt, völlige Abstinenz, zog sich aber in Nr. 78 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen vom 9. Oktober 1907 eine scharfe Abfertigung des ehemals oldenburgischen Eisenbahnpräsidenten v. Mühlenfels zu, der vollkommen auf dem Boden der Verwaltungen stehend, den Alkoholgenuß im Dienste völlig verboten, aber außer Dienst in maßvollen Grenzen erlaubt wissen will und nur den Genuß von Schnaps gänzlich untersagt haben wollte. Im Jahre 1910 trat die U. K. R. T. U. dem 1909 in Stockholm gegründeten Internationalen Eisenbahnalkoholgegnerverband (I. E. A. G. V.) bei, und der französische Verband der alkoholgegnerischen Eisenbahner beschloß den Beitritt, so daß der Internationale Verband fast sämtliche europäische Kulturstaaten mit etwas über 55.000 Mitgliedern umfaßte; nach einem Bericht des Pionier in Nr. 5 im Februar 1911 betrug die Mitgliederzahl dieses Verbandes am Schlüsse des Jahres 1910 in England 44.000, in Schweden 4500, in Frankreich 3200, in Finnland 950, in Deutschland 800, in der Schweiz 550, in Dänemark 500, in Norwegen 450, in Österreich 125 Köpfe. Da die Preußisch-Hessische Eisenbahngesellschaft allein ungefähr 470.000 Bedienstete besitzt, will das allerdings noch nicht allzuviel sagen. Die im Februar 1911 in Budapest abgehaltene Direktorenkonferenz hat sich mit der Frage der Bekämpfung des Alkoholgenusses der Eisenbahner beschäftigt, und wurde seitens der ungarischen Staatsbahnen der nachstehend auszugsweise wiedergegebene Antrag gestellt und vollinhaltlich angenommen. 1. Die bestehenden Eisenbahnervereinigungen sollen die Bekämpfung des Alkoholgenusses in ihren Wirkungskreis einbeziehen, und sollen Gründungen von Vereinen gegen den Genuß alkoholischer Ge tränke seitens der Bahnverwaltungen unterstützt werden. Mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit wäre es wünschenswert, die Bediensteten zur voll ständigen Abstinenz zu verpflichten. Da dies derzeit undurchführbar ist, so soll in dieser Richtung eine stufenweise Entwicklung einsetzen. 2. Bei der Aufnahme der Eisenbahnbediensteten ist eine bindende schriftliche Erklärung abzuverlangen, mittels der der Bewerber verpflichtet wird, sich im Dienste des Alkoholgenusses zu enthalten; für das Lokomotiv- und Zugpersonal soll das Gelöbnis unbedingter Enthaltsamkeit zur Einführung kommen. Abstinenzlern ist bei gleicher Befähigung der Vorzug einzuräumen. 3. Die einzelnen Eisenbahnverwaltungen sollen den Genuß von alkoholischen Getränken sowohl in amtlichen Räumen als auch auf allen Arbeitsplätzen untersagen, ebenso ist die Mitnahme von alkoholischen Getränken dem Zugpersonale untersagt. 4. Die Inhaber der Bahnhofwirtschaften sind gelegentlich der Erneuerung, bzw. beim Abschluß der Verträge zu verpflichten, den Eisenbahnbediensteten alkoholische Getränke nur in mäßiger Menge, alkoholfreie Getränke dagegen zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen. Auf Stationen ohne Bahnhofs wirtschaften wäre die Verabfolgung von alkoholfreien Getränken seitens der Bahnverwaltung vorzusehen. 5. In den Bahnhofwirtschaften sind eigene Räume vorzusehen, in denen kein Alkohol verabreicht wird. 6. An die Werkstättenarbeiter sind alkoholfreie Getränke seitens der Bahnverwaltung zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen. 7. In Werkstättenkantinen und Speiseräumen ist sowohl der Verkauf als auch der Genuß von Alkohol untersagt. 8. Die Schulbeamten haben das Personal über die körperlichen und geistigen Schädigungen, die der Mißbrauch des Alkohols nach sich zieht, an der Hand von statistischen Nachweisungen und durch Bilder (die vom Museum für das allgemeine Volkswohl zu beziehen sind) aufzuklären, und unter den Bediensteten auf die A. bezügliche Druckschriften und Zeitungen zu verbreiten. 9. Die Bahnärzte oder andere hierzu Berufene, so z. B. Vertreter der Antialkoholvereine sollen dem Personale von Zeit zu Zeit aufklärende Vorträge halten. 10. Den seitens der Eisenbahnergemeinschaft gegründeten Antialkoholvereinen wäre seitens der Eisenbahn Verwaltungen sowohl moralische als auch finanzielle Unterstützung zu gewähren. Gut bewährt aber hat sich offenbar das Vorgehen der meisten Eisenbahnbehörden in Europa, den Alkoholgenuß nicht völlig zu verbieten, sondern nur den Bediensteten im äußeren Dienst und im Betrieb während der Dienststunden zu untersagen. Ferner das Fernhalten von Trinkern vom Eisenbahndienst bei der Anstellung und die energische Bestrafung von Trunkenheit im Dienst und die Entfernung trunksüchtig Gewordener aus dem Dienst, falls es nicht gelingt, sie zum Anschluß an Abstinenzvereine der verschiedensten Art zu bewegen und sie so von der Trunksucht zu heilen. Eine offene Frage mag es dabei bleiben, ob die Verwaltungen auch noch die Kosten für die Aufnahme in Trinkerheilstätten zahlen soll. Als Voraussetzung für die Durchführung aller dieser Maßnahmen ist aber allenthalben anerkannt, daß den Bediensteten, sei es zu den billigsten Selbstkostenpreisen, oder ganz unentgeltlich, je nach der Jahreszeit warme oder kalte alkoholfreie, zum Teil auch alkoholarme Getränke in ausreichendem Maße verabreicht werden und daß durch Belehrung des Personals, besonders auch durch Einwirkung auf die Frauen, bei den Bediensteten durch geeignete Kräfte, in den meisten Fällen durch die Bahnärzte, die Kenntnis von der Anordnungen über Herstellung, Abgabe und Zubereitung des Kaffees und übernahm auch die kostenfreie Lieferung des Getränks an die Züge für das Zugspersonal und für die Arbeiter auf der freien Strecke. In einem Vortrage auf dem Internationalen Kongresse gegen den Alkohol im Juli 1907 in Stockholm kam de Terra wieder auf seine strengen Forderungen zurück und verlangte für alle Dienstzweige, von denen die Sicherheit des Verkehrs (Betriebs) abhängt, völlige Abstinenz, zog sich aber in Nr. 78 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen vom 9. Oktober 1907 eine scharfe Abfertigung des ehemals oldenburgischen Eisenbahnpräsidenten v. Mühlenfels zu, der vollkommen auf dem Boden der Verwaltungen stehend, den Alkoholgenuß im Dienste völlig verboten, aber außer Dienst in maßvollen Grenzen erlaubt wissen will und nur den Genuß von Schnaps gänzlich untersagt haben wollte. Im Jahre 1910 trat die U. K. R. T. U. dem 1909 in Stockholm gegründeten Internationalen Eisenbahnalkoholgegnerverband (I. E. A. G. V.) bei, und der französische Verband der alkoholgegnerischen Eisenbahner beschloß den Beitritt, so daß der Internationale Verband fast sämtliche europäische Kulturstaaten mit etwas über 55.000 Mitgliedern umfaßte; nach einem Bericht des Pionier in Nr. 5 im Februar 1911 betrug die Mitgliederzahl dieses Verbandes am Schlüsse des Jahres 1910 in England 44.000, in Schweden 4500, in Frankreich 3200, in Finnland 950, in Deutschland 800, in der Schweiz 550, in Dänemark 500, in Norwegen 450, in Österreich 125 Köpfe. Da die Preußisch-Hessische Eisenbahngesellschaft allein ungefähr 470.000 Bedienstete besitzt, will das allerdings noch nicht allzuviel sagen. Die im Februar 1911 in Budapest abgehaltene Direktorenkonferenz hat sich mit der Frage der Bekämpfung des Alkoholgenusses der Eisenbahner beschäftigt, und wurde seitens der ungarischen Staatsbahnen der nachstehend auszugsweise wiedergegebene Antrag gestellt und vollinhaltlich angenommen. 1. Die bestehenden Eisenbahnervereinigungen sollen die Bekämpfung des Alkoholgenusses in ihren Wirkungskreis einbeziehen, und sollen Gründungen von Vereinen gegen den Genuß alkoholischer Ge tränke seitens der Bahnverwaltungen unterstützt werden. Mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit wäre es wünschenswert, die Bediensteten zur voll ständigen Abstinenz zu verpflichten. Da dies derzeit undurchführbar ist, so soll in dieser Richtung eine stufenweise Entwicklung einsetzen. 2. Bei der Aufnahme der Eisenbahnbediensteten ist eine bindende schriftliche Erklärung abzuverlangen, mittels der der Bewerber verpflichtet wird, sich im Dienste des Alkoholgenusses zu enthalten; für das Lokomotiv- und Zugpersonal soll das Gelöbnis unbedingter Enthaltsamkeit zur Einführung kommen. Abstinenzlern ist bei gleicher Befähigung der Vorzug einzuräumen. 3. Die einzelnen Eisenbahnverwaltungen sollen den Genuß von alkoholischen Getränken sowohl in amtlichen Räumen als auch auf allen Arbeitsplätzen untersagen, ebenso ist die Mitnahme von alkoholischen Getränken dem Zugpersonale untersagt. 4. Die Inhaber der Bahnhofwirtschaften sind gelegentlich der Erneuerung, bzw. beim Abschluß der Verträge zu verpflichten, den Eisenbahnbediensteten alkoholische Getränke nur in mäßiger Menge, alkoholfreie Getränke dagegen zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen. Auf Stationen ohne Bahnhofs wirtschaften wäre die Verabfolgung von alkoholfreien Getränken seitens der Bahnverwaltung vorzusehen. 5. In den Bahnhofwirtschaften sind eigene Räume vorzusehen, in denen kein Alkohol verabreicht wird. 6. An die Werkstättenarbeiter sind alkoholfreie Getränke seitens der Bahnverwaltung zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen. 7. In Werkstättenkantinen und Speiseräumen ist sowohl der Verkauf als auch der Genuß von Alkohol untersagt. 8. Die Schulbeamten haben das Personal über die körperlichen und geistigen Schädigungen, die der Mißbrauch des Alkohols nach sich zieht, an der Hand von statistischen Nachweisungen und durch Bilder (die vom Museum für das allgemeine Volkswohl zu beziehen sind) aufzuklären, und unter den Bediensteten auf die A. bezügliche Druckschriften und Zeitungen zu verbreiten. 9. Die Bahnärzte oder andere hierzu Berufene, so z. B. Vertreter der Antialkoholvereine sollen dem Personale von Zeit zu Zeit aufklärende Vorträge halten. 10. Den seitens der Eisenbahnergemeinschaft gegründeten Antialkoholvereinen wäre seitens der Eisenbahn Verwaltungen sowohl moralische als auch finanzielle Unterstützung zu gewähren. Gut bewährt aber hat sich offenbar das Vorgehen der meisten Eisenbahnbehörden in Europa, den Alkoholgenuß nicht völlig zu verbieten, sondern nur den Bediensteten im äußeren Dienst und im Betrieb während der Dienststunden zu untersagen. Ferner das Fernhalten von Trinkern vom Eisenbahndienst bei der Anstellung und die energische Bestrafung von Trunkenheit im Dienst und die Entfernung trunksüchtig Gewordener aus dem Dienst, falls es nicht gelingt, sie zum Anschluß an Abstinenzvereine der verschiedensten Art zu bewegen und sie so von der Trunksucht zu heilen. Eine offene Frage mag es dabei bleiben, ob die Verwaltungen auch noch die Kosten für die Aufnahme in Trinkerheilstätten zahlen soll. Als Voraussetzung für die Durchführung aller dieser Maßnahmen ist aber allenthalben anerkannt, daß den Bediensteten, sei es zu den billigsten Selbstkostenpreisen, oder ganz unentgeltlich, je nach der Jahreszeit warme oder kalte alkoholfreie, zum Teil auch alkoholarme Getränke in ausreichendem Maße verabreicht werden und daß durch Belehrung des Personals, besonders auch durch Einwirkung auf die Frauen, bei den Bediensteten durch geeignete Kräfte, in den meisten Fällen durch die Bahnärzte, die Kenntnis von der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0201" n="192"/> Anordnungen über Herstellung, Abgabe und Zubereitung des Kaffees und übernahm auch die kostenfreie Lieferung des Getränks an die Züge für das Zugspersonal und für die Arbeiter auf der freien Strecke.</p><lb/> <p>In einem Vortrage auf dem Internationalen Kongresse gegen den Alkohol im Juli 1907 in Stockholm kam de Terra wieder auf seine strengen Forderungen zurück und verlangte für alle Dienstzweige, von denen die Sicherheit des Verkehrs (Betriebs) abhängt, völlige Abstinenz, zog sich aber in Nr. 78 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen vom 9. Oktober 1907 eine scharfe Abfertigung des ehemals oldenburgischen Eisenbahnpräsidenten v. Mühlenfels zu, der vollkommen auf dem Boden der Verwaltungen stehend, den Alkoholgenuß im Dienste völlig verboten, aber außer Dienst in maßvollen Grenzen erlaubt wissen will und nur den Genuß von Schnaps gänzlich untersagt haben wollte. Im Jahre 1910 trat die U. K. R. T. U. dem 1909 in Stockholm gegründeten Internationalen Eisenbahnalkoholgegnerverband (I. E. A. G. V.) bei, und der französische Verband der alkoholgegnerischen Eisenbahner beschloß den Beitritt, so daß der Internationale Verband fast sämtliche europäische Kulturstaaten mit etwas über 55.000 Mitgliedern umfaßte; nach einem Bericht des Pionier in Nr. 5 im Februar 1911 betrug die Mitgliederzahl dieses Verbandes am Schlüsse des Jahres 1910 in England 44.000, in Schweden 4500, in Frankreich 3200, in Finnland 950, in Deutschland 800, in der Schweiz 550, in Dänemark 500, in Norwegen 450, in Österreich 125 Köpfe. Da die Preußisch-Hessische Eisenbahngesellschaft allein ungefähr 470.000 Bedienstete besitzt, will das allerdings noch nicht allzuviel sagen.</p><lb/> <p>Die im Februar 1911 in Budapest abgehaltene Direktorenkonferenz hat sich mit der Frage der Bekämpfung des Alkoholgenusses der Eisenbahner beschäftigt, und wurde seitens der <hi rendition="#g">ungarischen Staatsbahnen</hi> der nachstehend auszugsweise wiedergegebene Antrag gestellt und vollinhaltlich angenommen.</p><lb/> <p>1. Die bestehenden Eisenbahnervereinigungen sollen die Bekämpfung des Alkoholgenusses in ihren Wirkungskreis einbeziehen, und sollen Gründungen von Vereinen gegen den Genuß alkoholischer Ge tränke seitens der Bahnverwaltungen unterstützt werden. Mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit wäre es wünschenswert, die Bediensteten zur voll ständigen Abstinenz zu verpflichten. Da dies derzeit undurchführbar ist, so soll in dieser Richtung eine stufenweise Entwicklung einsetzen.</p><lb/> <p>2. Bei der Aufnahme der Eisenbahnbediensteten ist eine bindende schriftliche Erklärung abzuverlangen, mittels der der Bewerber verpflichtet wird, sich im Dienste des Alkoholgenusses zu enthalten; für das Lokomotiv- und Zugpersonal soll das Gelöbnis unbedingter Enthaltsamkeit zur Einführung kommen. Abstinenzlern ist bei gleicher Befähigung der Vorzug einzuräumen.</p><lb/> <p>3. Die einzelnen Eisenbahnverwaltungen sollen den Genuß von alkoholischen Getränken sowohl in amtlichen Räumen als auch auf allen Arbeitsplätzen untersagen, ebenso ist die Mitnahme von alkoholischen Getränken dem Zugpersonale untersagt.</p><lb/> <p>4. Die Inhaber der Bahnhofwirtschaften sind gelegentlich der Erneuerung, bzw. beim Abschluß der Verträge zu verpflichten, den Eisenbahnbediensteten alkoholische Getränke nur in mäßiger Menge, alkoholfreie Getränke dagegen zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen. 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Eine offene Frage mag es dabei bleiben, ob die Verwaltungen auch noch die Kosten für die Aufnahme in Trinkerheilstätten zahlen soll. Als Voraussetzung für die Durchführung aller dieser Maßnahmen ist aber allenthalben anerkannt, daß den Bediensteten, sei es zu den billigsten Selbstkostenpreisen, oder ganz unentgeltlich, je nach der Jahreszeit warme oder kalte alkoholfreie, zum Teil auch alkoholarme Getränke in ausreichendem Maße verabreicht werden und daß durch Belehrung des Personals, besonders auch durch Einwirkung auf die Frauen, bei den Bediensteten durch geeignete Kräfte, in den meisten Fällen durch die Bahnärzte, die Kenntnis von der </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0201]
Anordnungen über Herstellung, Abgabe und Zubereitung des Kaffees und übernahm auch die kostenfreie Lieferung des Getränks an die Züge für das Zugspersonal und für die Arbeiter auf der freien Strecke.
In einem Vortrage auf dem Internationalen Kongresse gegen den Alkohol im Juli 1907 in Stockholm kam de Terra wieder auf seine strengen Forderungen zurück und verlangte für alle Dienstzweige, von denen die Sicherheit des Verkehrs (Betriebs) abhängt, völlige Abstinenz, zog sich aber in Nr. 78 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen vom 9. Oktober 1907 eine scharfe Abfertigung des ehemals oldenburgischen Eisenbahnpräsidenten v. Mühlenfels zu, der vollkommen auf dem Boden der Verwaltungen stehend, den Alkoholgenuß im Dienste völlig verboten, aber außer Dienst in maßvollen Grenzen erlaubt wissen will und nur den Genuß von Schnaps gänzlich untersagt haben wollte. Im Jahre 1910 trat die U. K. R. T. U. dem 1909 in Stockholm gegründeten Internationalen Eisenbahnalkoholgegnerverband (I. E. A. G. V.) bei, und der französische Verband der alkoholgegnerischen Eisenbahner beschloß den Beitritt, so daß der Internationale Verband fast sämtliche europäische Kulturstaaten mit etwas über 55.000 Mitgliedern umfaßte; nach einem Bericht des Pionier in Nr. 5 im Februar 1911 betrug die Mitgliederzahl dieses Verbandes am Schlüsse des Jahres 1910 in England 44.000, in Schweden 4500, in Frankreich 3200, in Finnland 950, in Deutschland 800, in der Schweiz 550, in Dänemark 500, in Norwegen 450, in Österreich 125 Köpfe. Da die Preußisch-Hessische Eisenbahngesellschaft allein ungefähr 470.000 Bedienstete besitzt, will das allerdings noch nicht allzuviel sagen.
Die im Februar 1911 in Budapest abgehaltene Direktorenkonferenz hat sich mit der Frage der Bekämpfung des Alkoholgenusses der Eisenbahner beschäftigt, und wurde seitens der ungarischen Staatsbahnen der nachstehend auszugsweise wiedergegebene Antrag gestellt und vollinhaltlich angenommen.
1. Die bestehenden Eisenbahnervereinigungen sollen die Bekämpfung des Alkoholgenusses in ihren Wirkungskreis einbeziehen, und sollen Gründungen von Vereinen gegen den Genuß alkoholischer Ge tränke seitens der Bahnverwaltungen unterstützt werden. Mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit wäre es wünschenswert, die Bediensteten zur voll ständigen Abstinenz zu verpflichten. Da dies derzeit undurchführbar ist, so soll in dieser Richtung eine stufenweise Entwicklung einsetzen.
2. Bei der Aufnahme der Eisenbahnbediensteten ist eine bindende schriftliche Erklärung abzuverlangen, mittels der der Bewerber verpflichtet wird, sich im Dienste des Alkoholgenusses zu enthalten; für das Lokomotiv- und Zugpersonal soll das Gelöbnis unbedingter Enthaltsamkeit zur Einführung kommen. Abstinenzlern ist bei gleicher Befähigung der Vorzug einzuräumen.
3. Die einzelnen Eisenbahnverwaltungen sollen den Genuß von alkoholischen Getränken sowohl in amtlichen Räumen als auch auf allen Arbeitsplätzen untersagen, ebenso ist die Mitnahme von alkoholischen Getränken dem Zugpersonale untersagt.
4. Die Inhaber der Bahnhofwirtschaften sind gelegentlich der Erneuerung, bzw. beim Abschluß der Verträge zu verpflichten, den Eisenbahnbediensteten alkoholische Getränke nur in mäßiger Menge, alkoholfreie Getränke dagegen zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen. Auf Stationen ohne Bahnhofs wirtschaften wäre die Verabfolgung von alkoholfreien Getränken seitens der Bahnverwaltung vorzusehen.
5. In den Bahnhofwirtschaften sind eigene Räume vorzusehen, in denen kein Alkohol verabreicht wird.
6. An die Werkstättenarbeiter sind alkoholfreie Getränke seitens der Bahnverwaltung zum Selbstkostenpreis zu verabfolgen.
7. In Werkstättenkantinen und Speiseräumen ist sowohl der Verkauf als auch der Genuß von Alkohol untersagt.
8. Die Schulbeamten haben das Personal über die körperlichen und geistigen Schädigungen, die der Mißbrauch des Alkohols nach sich zieht, an der Hand von statistischen Nachweisungen und durch Bilder (die vom Museum für das allgemeine Volkswohl zu beziehen sind) aufzuklären, und unter den Bediensteten auf die A. bezügliche Druckschriften und Zeitungen zu verbreiten.
9. Die Bahnärzte oder andere hierzu Berufene, so z. B. Vertreter der Antialkoholvereine sollen dem Personale von Zeit zu Zeit aufklärende Vorträge halten.
10. Den seitens der Eisenbahnergemeinschaft gegründeten Antialkoholvereinen wäre seitens der Eisenbahn Verwaltungen sowohl moralische als auch finanzielle Unterstützung zu gewähren.
Gut bewährt aber hat sich offenbar das Vorgehen der meisten Eisenbahnbehörden in Europa, den Alkoholgenuß nicht völlig zu verbieten, sondern nur den Bediensteten im äußeren Dienst und im Betrieb während der Dienststunden zu untersagen. Ferner das Fernhalten von Trinkern vom Eisenbahndienst bei der Anstellung und die energische Bestrafung von Trunkenheit im Dienst und die Entfernung trunksüchtig Gewordener aus dem Dienst, falls es nicht gelingt, sie zum Anschluß an Abstinenzvereine der verschiedensten Art zu bewegen und sie so von der Trunksucht zu heilen. Eine offene Frage mag es dabei bleiben, ob die Verwaltungen auch noch die Kosten für die Aufnahme in Trinkerheilstätten zahlen soll. Als Voraussetzung für die Durchführung aller dieser Maßnahmen ist aber allenthalben anerkannt, daß den Bediensteten, sei es zu den billigsten Selbstkostenpreisen, oder ganz unentgeltlich, je nach der Jahreszeit warme oder kalte alkoholfreie, zum Teil auch alkoholarme Getränke in ausreichendem Maße verabreicht werden und daß durch Belehrung des Personals, besonders auch durch Einwirkung auf die Frauen, bei den Bediensteten durch geeignete Kräfte, in den meisten Fällen durch die Bahnärzte, die Kenntnis von der
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