Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

Bild:
<< vorherige Seite

machen die häufig vorkommenden Nebel besondere Maßnahmen nötig. Die im Laufe der letzten Jahre erzielten Fortschritte in der Ausbildung der Signale haben im Jahre 1907 zu einer Neuherausgabe der Signalvorschriften geführt.

In Frankreich wurde bereits im Jahr 1857 von der Staatsregierung eine Kommission eingesetzt zum "Studium der Mittel und Wege zur Herbeiführung der Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebs." Bei der großen Selbständigkeit, die die Privateisenbahngesellschaften in diesem Lande besitzen, ist jedoch der Einfluß der Regierung auf Erhöhung der B. nur gering. Seit 1887 besteht ein Gesetz, durch das neben einer einheitlichen Signalordnung und der Begrenzung der Dienstzeit des Betriebspersonals die Einführung zentraler Weichenstellung, durchgehender Bremsen, einer Signalverbindung zwischen Zugbegleitpersonal und Lokomotivführer sowie zwischen Reisenden und Zugpersonal, endlich von Personenwagen mit Längsgängen angeordnet worden sind. Infolge schwerer Unfälle im Jahre 1910 fanden zu Beginn des Jahres 1911 eingehende Beratungen im Arbeitsministerium statt. Diese hatten zur Folge, daß der Minister an die Eisenbahngesellschaften unterm 31. März 1911 die Aufforderung ergehen ließ, die bestehenden Betriebsvorschriften so zu ändern, daß aus ihnen die Verantwortlichkeit der einzelnen Beamten klar hervorgehe. Auf den Schnellzuglinien sollten ferner die vorgeschobenen Signale allgemein verdoppelt werden. Auch wurde es für wünschenswert erachtet, sie auf der Zuglokomotive zu wiederholen, u. zw. auf mechanischem oder elektrischem Wege. Dabei sollte das Überfahren der Haltesignale auf der Lokomotive registriert werden. Die Beleuchtung der Wagen soll elektrisch erfolgen. Schwere Schienen sollen mehr als bisher eingeführt, die Zahl der Bahnhofsgleise vermehrt und das Durchkreuzen der durchgehenden Hauptgleise kurz vor Zugfahrten auf den Bahnhöfen streng verboten werden. Zu der Anbringung der Wiederholungssignale auf den Zuglokomotiven ist zu bemerken, daß sich auf der französischen Nordbahn seit langen Jahren sog. Krokodilkontakte in Gebrauch befinden, die bei Haltstellung des Signals eine Luftpfeife auf der Lokomotive zum Ertönen bringen. 1895 betrug die Zahl dieser Kontakte bereits 2000.

In Italien sind größere Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen. Die Eisenbahnen lehnen sich in ihren Betriebseinrichtungen vielfach an die französischen Eisenbahnen an. Die neue Staatsverwaltung ist sehr rührig in der Verbesserung der Betriebseinrichtungen. Die Aufsicht der Staatsbehörde ist auch den Privatbahnen gegenüber verschärft worden.

In Rußland sind die Bestrebungen zur Erhöhung der B. besonders auf die Einführung durchgehender Bremsen bei den Güterzügen gerichtet. Durch kaiserl. Erlaß vom 30. März, 11. April 1898 wurden 2,533.900 Rubel für die Ausrüstung von Güterwagen und Güterzuglokomotiven der Staatsbahnen mit durchgehender Bremse zur Verfügung gestellt und den Privatbahnen die Ausgabe von Obligationen für den gleichen Zweck gestattet. Ausstände und Ausschreitungen haben hier die Abwicklung eines geordneten Betriebes zeitweise so erschwert, daß mit kaiserl. Erlaß vom 14./27. Dezember 1905 außergewöhnliche Schutzmaßnahmen durch Errichtung einer Eisenbahngendarmerie zur Sicherung des Eisenbahndienstes getroffen werden mußten. Gegenwärtig bestehen 17 Gendarmeriepolizeiverwaltungen, die von Generalen und Obersten kommandiert werden. Ihnen unterstehen 70 Bahnhofskommanden.

Spanien ist mit seinem Eisenbahnwesen von allen europäischen Staaten am weitesten zurückgeblieben. Dementsprechend stehen die Maßnahmen zur Erhöhung der B. auf den spanischen Eisenbahnen noch auf niedriger Stufe.

In Nordamerika sind die Maßnahmen zur Erhöhung der B., der freien Entwicklung des Eisenbahnwesens entsprechend, bis in die neuere Zeit dem Ermessen der Verwaltungen überlassen worden. Der Kongreß amerikanischer Eisenbahnfachmänner (s. American Railway Association) hat sich von jeher mit den Fragen der B. beschäftigt. Obwohl seine Bestrebungen Erfolg gehabt haben, so ist doch die Zahl der Unfälle auf den amerikanischen Eisenbahnen heute noch außerordentlich groß. In dem am 30. Juni 1910 abgelaufenen Geschäftsjahre wurden 227 Reisende bei Unfällen und 207 Beamte allein beim Kuppeln von Wagen getötet. Die letztere Zahl ist besonders deshalb von Bedeutung, weil die selbsttätige zentrale Kupplung auf den amerikanischen Bahnen auch zur Erzielung höherer B. eingeführt wurde. Allen Ländern voran ist Amerika in der Ausrüstung der Güterzüge mit durchgehender Bremse. Am 1. Januar 1909 waren von den der American Railway Association angehörenden Verwaltungen mit einem Bahnnetz von 402.693 km 2,137.721 Wagen mit durchgehender Bremse ausgerüstet, von 2,182.476 vorhandenen Wagen also 97·9%. Von 58.469 Lokomotiven besaßen am genannten Tage bereits 58.425 oder 99·9% die

machen die häufig vorkommenden Nebel besondere Maßnahmen nötig. Die im Laufe der letzten Jahre erzielten Fortschritte in der Ausbildung der Signale haben im Jahre 1907 zu einer Neuherausgabe der Signalvorschriften geführt.

In Frankreich wurde bereits im Jahr 1857 von der Staatsregierung eine Kommission eingesetzt zum „Studium der Mittel und Wege zur Herbeiführung der Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebs.“ Bei der großen Selbständigkeit, die die Privateisenbahngesellschaften in diesem Lande besitzen, ist jedoch der Einfluß der Regierung auf Erhöhung der B. nur gering. Seit 1887 besteht ein Gesetz, durch das neben einer einheitlichen Signalordnung und der Begrenzung der Dienstzeit des Betriebspersonals die Einführung zentraler Weichenstellung, durchgehender Bremsen, einer Signalverbindung zwischen Zugbegleitpersonal und Lokomotivführer sowie zwischen Reisenden und Zugpersonal, endlich von Personenwagen mit Längsgängen angeordnet worden sind. Infolge schwerer Unfälle im Jahre 1910 fanden zu Beginn des Jahres 1911 eingehende Beratungen im Arbeitsministerium statt. Diese hatten zur Folge, daß der Minister an die Eisenbahngesellschaften unterm 31. März 1911 die Aufforderung ergehen ließ, die bestehenden Betriebsvorschriften so zu ändern, daß aus ihnen die Verantwortlichkeit der einzelnen Beamten klar hervorgehe. Auf den Schnellzuglinien sollten ferner die vorgeschobenen Signale allgemein verdoppelt werden. Auch wurde es für wünschenswert erachtet, sie auf der Zuglokomotive zu wiederholen, u. zw. auf mechanischem oder elektrischem Wege. Dabei sollte das Überfahren der Haltesignale auf der Lokomotive registriert werden. Die Beleuchtung der Wagen soll elektrisch erfolgen. Schwere Schienen sollen mehr als bisher eingeführt, die Zahl der Bahnhofsgleise vermehrt und das Durchkreuzen der durchgehenden Hauptgleise kurz vor Zugfahrten auf den Bahnhöfen streng verboten werden. Zu der Anbringung der Wiederholungssignale auf den Zuglokomotiven ist zu bemerken, daß sich auf der französischen Nordbahn seit langen Jahren sog. Krokodilkontakte in Gebrauch befinden, die bei Haltstellung des Signals eine Luftpfeife auf der Lokomotive zum Ertönen bringen. 1895 betrug die Zahl dieser Kontakte bereits 2000.

In Italien sind größere Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen. Die Eisenbahnen lehnen sich in ihren Betriebseinrichtungen vielfach an die französischen Eisenbahnen an. Die neue Staatsverwaltung ist sehr rührig in der Verbesserung der Betriebseinrichtungen. Die Aufsicht der Staatsbehörde ist auch den Privatbahnen gegenüber verschärft worden.

In Rußland sind die Bestrebungen zur Erhöhung der B. besonders auf die Einführung durchgehender Bremsen bei den Güterzügen gerichtet. Durch kaiserl. Erlaß vom 30. März, 11. April 1898 wurden 2,533.900 Rubel für die Ausrüstung von Güterwagen und Güterzuglokomotiven der Staatsbahnen mit durchgehender Bremse zur Verfügung gestellt und den Privatbahnen die Ausgabe von Obligationen für den gleichen Zweck gestattet. Ausstände und Ausschreitungen haben hier die Abwicklung eines geordneten Betriebes zeitweise so erschwert, daß mit kaiserl. Erlaß vom 14./27. Dezember 1905 außergewöhnliche Schutzmaßnahmen durch Errichtung einer Eisenbahngendarmerie zur Sicherung des Eisenbahndienstes getroffen werden mußten. Gegenwärtig bestehen 17 Gendarmeriepolizeiverwaltungen, die von Generalen und Obersten kommandiert werden. Ihnen unterstehen 70 Bahnhofskommanden.

Spanien ist mit seinem Eisenbahnwesen von allen europäischen Staaten am weitesten zurückgeblieben. Dementsprechend stehen die Maßnahmen zur Erhöhung der B. auf den spanischen Eisenbahnen noch auf niedriger Stufe.

In Nordamerika sind die Maßnahmen zur Erhöhung der B., der freien Entwicklung des Eisenbahnwesens entsprechend, bis in die neuere Zeit dem Ermessen der Verwaltungen überlassen worden. Der Kongreß amerikanischer Eisenbahnfachmänner (s. American Railway Association) hat sich von jeher mit den Fragen der B. beschäftigt. Obwohl seine Bestrebungen Erfolg gehabt haben, so ist doch die Zahl der Unfälle auf den amerikanischen Eisenbahnen heute noch außerordentlich groß. In dem am 30. Juni 1910 abgelaufenen Geschäftsjahre wurden 227 Reisende bei Unfällen und 207 Beamte allein beim Kuppeln von Wagen getötet. Die letztere Zahl ist besonders deshalb von Bedeutung, weil die selbsttätige zentrale Kupplung auf den amerikanischen Bahnen auch zur Erzielung höherer B. eingeführt wurde. Allen Ländern voran ist Amerika in der Ausrüstung der Güterzüge mit durchgehender Bremse. Am 1. Januar 1909 waren von den der American Railway Association angehörenden Verwaltungen mit einem Bahnnetz von 402.693 km 2,137.721 Wagen mit durchgehender Bremse ausgerüstet, von 2,182.476 vorhandenen Wagen also 97·9%. Von 58.469 Lokomotiven besaßen am genannten Tage bereits 58.425 oder 99·9% die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0349" n="339"/>
machen die häufig vorkommenden Nebel besondere Maßnahmen nötig. Die im Laufe der letzten Jahre erzielten Fortschritte in der Ausbildung der Signale haben im Jahre 1907 zu einer Neuherausgabe der Signalvorschriften geführt.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Frankreich</hi> wurde bereits im Jahr 1857 von der Staatsregierung eine Kommission eingesetzt zum &#x201E;Studium der Mittel und Wege zur Herbeiführung der Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebs.&#x201C; Bei der großen Selbständigkeit, die die Privateisenbahngesellschaften in diesem Lande besitzen, ist jedoch der Einfluß der Regierung auf Erhöhung der B. nur gering. Seit 1887 besteht ein Gesetz, durch das neben einer einheitlichen Signalordnung und der Begrenzung der Dienstzeit des Betriebspersonals die Einführung zentraler Weichenstellung, durchgehender Bremsen, einer Signalverbindung zwischen Zugbegleitpersonal und Lokomotivführer sowie zwischen Reisenden und Zugpersonal, endlich von Personenwagen mit Längsgängen angeordnet worden sind. Infolge schwerer Unfälle im Jahre 1910 fanden zu Beginn des Jahres 1911 eingehende Beratungen im Arbeitsministerium statt. Diese hatten zur Folge, daß der Minister an die Eisenbahngesellschaften unterm 31. März 1911 die Aufforderung ergehen ließ, die bestehenden Betriebsvorschriften so zu ändern, daß aus ihnen die Verantwortlichkeit der einzelnen Beamten klar hervorgehe. Auf den Schnellzuglinien sollten ferner die vorgeschobenen Signale allgemein verdoppelt werden. Auch wurde es für wünschenswert erachtet, sie auf der Zuglokomotive zu <hi rendition="#g">wiederholen</hi>, u. zw. auf mechanischem oder elektrischem Wege. Dabei sollte das Überfahren der Haltesignale auf der Lokomotive registriert werden. Die Beleuchtung der Wagen soll elektrisch erfolgen. Schwere Schienen sollen mehr als bisher eingeführt, die Zahl der Bahnhofsgleise vermehrt und das Durchkreuzen der durchgehenden Hauptgleise kurz vor Zugfahrten auf den Bahnhöfen streng verboten werden. Zu der Anbringung der Wiederholungssignale auf den Zuglokomotiven ist zu bemerken, daß sich auf der französischen Nordbahn seit langen Jahren sog. Krokodilkontakte in Gebrauch befinden, die bei Haltstellung des Signals eine Luftpfeife auf der Lokomotive zum Ertönen bringen. 1895 betrug die Zahl dieser Kontakte bereits 2000.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Italien</hi> sind größere Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen. Die Eisenbahnen lehnen sich in ihren Betriebseinrichtungen vielfach an die französischen Eisenbahnen an. Die neue Staatsverwaltung ist sehr rührig in der Verbesserung der Betriebseinrichtungen. Die Aufsicht der Staatsbehörde ist auch den Privatbahnen gegenüber verschärft worden.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Rußland</hi> sind die Bestrebungen zur Erhöhung der B. besonders auf die Einführung durchgehender Bremsen bei den Güterzügen gerichtet. Durch kaiserl. Erlaß vom 30. März, 11. April 1898 wurden 2,533.900 Rubel für die Ausrüstung von Güterwagen und Güterzuglokomotiven der Staatsbahnen mit durchgehender Bremse zur Verfügung gestellt und den Privatbahnen die Ausgabe von Obligationen für den gleichen Zweck gestattet. Ausstände und Ausschreitungen haben hier die Abwicklung eines geordneten Betriebes zeitweise so erschwert, daß mit kaiserl. Erlaß vom 14./27. Dezember 1905 außergewöhnliche Schutzmaßnahmen durch Errichtung einer Eisenbahngendarmerie zur Sicherung des Eisenbahndienstes getroffen werden mußten. Gegenwärtig bestehen 17 Gendarmeriepolizeiverwaltungen, die von Generalen und Obersten kommandiert werden. Ihnen unterstehen 70 Bahnhofskommanden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Spanien</hi> ist mit seinem Eisenbahnwesen von allen europäischen Staaten am weitesten zurückgeblieben. Dementsprechend stehen die Maßnahmen zur Erhöhung der B. auf den spanischen Eisenbahnen noch auf niedriger Stufe.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Nordamerika</hi> sind die Maßnahmen zur Erhöhung der B., der freien Entwicklung des Eisenbahnwesens entsprechend, bis in die neuere Zeit dem Ermessen der Verwaltungen überlassen worden. Der Kongreß amerikanischer Eisenbahnfachmänner (s. American Railway Association) hat sich von jeher mit den Fragen der B. beschäftigt. Obwohl seine Bestrebungen Erfolg gehabt haben, so ist doch die Zahl der Unfälle auf den amerikanischen Eisenbahnen heute noch außerordentlich groß. In dem am 30. Juni 1910 abgelaufenen Geschäftsjahre wurden 227 Reisende bei Unfällen und 207 Beamte allein beim Kuppeln von Wagen getötet. Die letztere Zahl ist besonders deshalb von Bedeutung, weil die selbsttätige zentrale Kupplung auf den amerikanischen Bahnen auch zur Erzielung höherer B. eingeführt wurde. Allen Ländern voran ist Amerika in der Ausrüstung der Güterzüge mit durchgehender Bremse. Am 1. Januar 1909 waren von den der American Railway Association angehörenden Verwaltungen mit einem Bahnnetz von 402.693 <hi rendition="#i">km</hi> 2,137.721 Wagen mit durchgehender Bremse ausgerüstet, von 2,182.476 vorhandenen Wagen also 97·9<hi rendition="#i">%.</hi> Von 58.469 Lokomotiven besaßen am genannten Tage bereits 58.425 oder 99·9<hi rendition="#i">%</hi> die
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0349] machen die häufig vorkommenden Nebel besondere Maßnahmen nötig. Die im Laufe der letzten Jahre erzielten Fortschritte in der Ausbildung der Signale haben im Jahre 1907 zu einer Neuherausgabe der Signalvorschriften geführt. In Frankreich wurde bereits im Jahr 1857 von der Staatsregierung eine Kommission eingesetzt zum „Studium der Mittel und Wege zur Herbeiführung der Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebs.“ Bei der großen Selbständigkeit, die die Privateisenbahngesellschaften in diesem Lande besitzen, ist jedoch der Einfluß der Regierung auf Erhöhung der B. nur gering. Seit 1887 besteht ein Gesetz, durch das neben einer einheitlichen Signalordnung und der Begrenzung der Dienstzeit des Betriebspersonals die Einführung zentraler Weichenstellung, durchgehender Bremsen, einer Signalverbindung zwischen Zugbegleitpersonal und Lokomotivführer sowie zwischen Reisenden und Zugpersonal, endlich von Personenwagen mit Längsgängen angeordnet worden sind. Infolge schwerer Unfälle im Jahre 1910 fanden zu Beginn des Jahres 1911 eingehende Beratungen im Arbeitsministerium statt. Diese hatten zur Folge, daß der Minister an die Eisenbahngesellschaften unterm 31. März 1911 die Aufforderung ergehen ließ, die bestehenden Betriebsvorschriften so zu ändern, daß aus ihnen die Verantwortlichkeit der einzelnen Beamten klar hervorgehe. Auf den Schnellzuglinien sollten ferner die vorgeschobenen Signale allgemein verdoppelt werden. Auch wurde es für wünschenswert erachtet, sie auf der Zuglokomotive zu wiederholen, u. zw. auf mechanischem oder elektrischem Wege. Dabei sollte das Überfahren der Haltesignale auf der Lokomotive registriert werden. Die Beleuchtung der Wagen soll elektrisch erfolgen. Schwere Schienen sollen mehr als bisher eingeführt, die Zahl der Bahnhofsgleise vermehrt und das Durchkreuzen der durchgehenden Hauptgleise kurz vor Zugfahrten auf den Bahnhöfen streng verboten werden. Zu der Anbringung der Wiederholungssignale auf den Zuglokomotiven ist zu bemerken, daß sich auf der französischen Nordbahn seit langen Jahren sog. Krokodilkontakte in Gebrauch befinden, die bei Haltstellung des Signals eine Luftpfeife auf der Lokomotive zum Ertönen bringen. 1895 betrug die Zahl dieser Kontakte bereits 2000. In Italien sind größere Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen. Die Eisenbahnen lehnen sich in ihren Betriebseinrichtungen vielfach an die französischen Eisenbahnen an. Die neue Staatsverwaltung ist sehr rührig in der Verbesserung der Betriebseinrichtungen. Die Aufsicht der Staatsbehörde ist auch den Privatbahnen gegenüber verschärft worden. In Rußland sind die Bestrebungen zur Erhöhung der B. besonders auf die Einführung durchgehender Bremsen bei den Güterzügen gerichtet. Durch kaiserl. Erlaß vom 30. März, 11. April 1898 wurden 2,533.900 Rubel für die Ausrüstung von Güterwagen und Güterzuglokomotiven der Staatsbahnen mit durchgehender Bremse zur Verfügung gestellt und den Privatbahnen die Ausgabe von Obligationen für den gleichen Zweck gestattet. Ausstände und Ausschreitungen haben hier die Abwicklung eines geordneten Betriebes zeitweise so erschwert, daß mit kaiserl. Erlaß vom 14./27. Dezember 1905 außergewöhnliche Schutzmaßnahmen durch Errichtung einer Eisenbahngendarmerie zur Sicherung des Eisenbahndienstes getroffen werden mußten. Gegenwärtig bestehen 17 Gendarmeriepolizeiverwaltungen, die von Generalen und Obersten kommandiert werden. Ihnen unterstehen 70 Bahnhofskommanden. Spanien ist mit seinem Eisenbahnwesen von allen europäischen Staaten am weitesten zurückgeblieben. Dementsprechend stehen die Maßnahmen zur Erhöhung der B. auf den spanischen Eisenbahnen noch auf niedriger Stufe. In Nordamerika sind die Maßnahmen zur Erhöhung der B., der freien Entwicklung des Eisenbahnwesens entsprechend, bis in die neuere Zeit dem Ermessen der Verwaltungen überlassen worden. Der Kongreß amerikanischer Eisenbahnfachmänner (s. American Railway Association) hat sich von jeher mit den Fragen der B. beschäftigt. Obwohl seine Bestrebungen Erfolg gehabt haben, so ist doch die Zahl der Unfälle auf den amerikanischen Eisenbahnen heute noch außerordentlich groß. In dem am 30. Juni 1910 abgelaufenen Geschäftsjahre wurden 227 Reisende bei Unfällen und 207 Beamte allein beim Kuppeln von Wagen getötet. Die letztere Zahl ist besonders deshalb von Bedeutung, weil die selbsttätige zentrale Kupplung auf den amerikanischen Bahnen auch zur Erzielung höherer B. eingeführt wurde. Allen Ländern voran ist Amerika in der Ausrüstung der Güterzüge mit durchgehender Bremse. Am 1. Januar 1909 waren von den der American Railway Association angehörenden Verwaltungen mit einem Bahnnetz von 402.693 km 2,137.721 Wagen mit durchgehender Bremse ausgerüstet, von 2,182.476 vorhandenen Wagen also 97·9%. Von 58.469 Lokomotiven besaßen am genannten Tage bereits 58.425 oder 99·9% die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:49Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:49Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/349
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/349>, abgerufen am 23.12.2024.