Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.Im Jahre 1873 ging die Bahn an die "Compagnie Generale pour l'Exploitation des Chemins de fer de la Turquie d'Europe" über, unter der Bedingung, daß der Überschuß der Roheinnahmen von 7000 Fr. verteilt werden sollte, u. zw. 45% an die Compagnie Generale und 55% an die englische Gesellschaft. Der der englischen Gesellschaft zukommende Anteil sollte gegenüber der von der Regierung zu zahlenden Garantie, als Reingewinn angesehen werden. Die Zuschüsse von 140.000 L konnte die Türkei nur bis zum Jahre 1874 leisten. Infolge der politischen Umwälzungen, des russisch-türkischen Krieges 1877/78 und des darauf folgenden Staatsbankerotts war die Türkei außer stande, ihren finanziellen Verpflichtungen weiterhin nachzukommen. Früher schon war bei den türkischen Machthabern der Plan gereift, die Türkei durch einen Schienenweg mit Mitteleuropa zu verbinden. Darnach sollte eine Eisenbahnlinie von Konstantinopel ausgehend, über Adrianopel-Tirnovo-Seymen-Philippopel-Bellovo-Sofia-Nisch-Prischtina-Sarajevo führend, an einem Punkte der österreichisch-ungarischen Grenze Anschluß an das Eisenbahnnetz dieses Staates haben. Von Adrianopel sollte eine Zweigbahn nach Enos (Dedeagatsch) am Ägäischen Meere, von Tirnovo Seymen über Jamboli nach Burgas sowie nach Varna am Schwarzen Meere und von Prischtina über Üsküb nach Salonik führen. Nach langwierigen Unterhandlungen mit ausländischen Unternehmern erhielt Baron Hirsch am 17. April 1869 Konzessionen für den Bau und Betrieb des türkischen Eisenbahnnetzes. Die Hauptlinie von Konstantinopel bis Bellovo, 560·8 km, konnte am 4. April 1873 dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Die 105·7 km lange Zweigbahn Tirnovo-Seymen-Jamboli wurde am 4. November 1874 eröffnet. Der weitere Ausbau der Hauptlinie wurde nach den Bestimmungen der Art. X und XXXVIII des Berliner Vertrages vom Jahre 1878 dem neugegründeten Fürstentum Bulgarien und Serbien übertragen, welche beide Staaten auch rücksichtlich des Eisenbahnbaus und -betriebs in alle Rechte und Pflichten der Türkei eintraten. Die Türkei blieb noch verpflichtet zum Bau der Anschlußlinie Bellovo-Vakarel, während das Fürstentum Bulgarien die Linie Vakarel-Sofia-Zaribrod-serbische Grenze und Serbien im Anschluß daran die Linie über Pirot-Nisch gegen Prischtina zu bauen hatte. Noch vor dem Zusammentritte des Berliner Kongresses wandte sich die Betriebsgesellschaft (Baron Hirsch) an die englische Regierung mit der Bitte, ihre Interessen auf dem Kongreß zu fördern, da sie hauptsächlich durch die inzwischen erfolgte Regulierung der Donaumündungen, die das Eindringen überseeischer Schiffe in die Donau erleichterte, im Güterverkehr geschädigt war. Im Jahre 1873 ging die Bahn an die „Compagnie Générale pour l'Exploitation des Chemins de fer de la Turquie d'Europe“ über, unter der Bedingung, daß der Überschuß der Roheinnahmen von 7000 Fr. verteilt werden sollte, u. zw. 45% an die Compagnie Générale und 55% an die englische Gesellschaft. Der der englischen Gesellschaft zukommende Anteil sollte gegenüber der von der Regierung zu zahlenden Garantie, als Reingewinn angesehen werden. Die Zuschüsse von 140.000 ₤ konnte die Türkei nur bis zum Jahre 1874 leisten. Infolge der politischen Umwälzungen, des russisch-türkischen Krieges 1877/78 und des darauf folgenden Staatsbankerotts war die Türkei außer stande, ihren finanziellen Verpflichtungen weiterhin nachzukommen. Früher schon war bei den türkischen Machthabern der Plan gereift, die Türkei durch einen Schienenweg mit Mitteleuropa zu verbinden. Darnach sollte eine Eisenbahnlinie von Konstantinopel ausgehend, über Adrianopel-Tirnovo-Seymen-Philippopel-Bellovo-Sofia-Nisch-Prischtina-Sarajevo führend, an einem Punkte der österreichisch-ungarischen Grenze Anschluß an das Eisenbahnnetz dieses Staates haben. Von Adrianopel sollte eine Zweigbahn nach Enos (Dedeagatsch) am Ägäischen Meere, von Tirnovo Seymen über Jamboli nach Burgas sowie nach Varna am Schwarzen Meere und von Prischtina über Üsküb nach Salonik führen. Nach langwierigen Unterhandlungen mit ausländischen Unternehmern erhielt Baron Hirsch am 17. April 1869 Konzessionen für den Bau und Betrieb des türkischen Eisenbahnnetzes. Die Hauptlinie von Konstantinopel bis Bellovo, 560·8 km, konnte am 4. April 1873 dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Die 105·7 km lange Zweigbahn Tirnovo-Seymen-Jamboli wurde am 4. November 1874 eröffnet. Der weitere Ausbau der Hauptlinie wurde nach den Bestimmungen der Art. X und XXXVIII des Berliner Vertrages vom Jahre 1878 dem neugegründeten Fürstentum Bulgarien und Serbien übertragen, welche beide Staaten auch rücksichtlich des Eisenbahnbaus und -betriebs in alle Rechte und Pflichten der Türkei eintraten. Die Türkei blieb noch verpflichtet zum Bau der Anschlußlinie Bellovo-Vakarel, während das Fürstentum Bulgarien die Linie Vakarel-Sofia-Zaribrod-serbische Grenze und Serbien im Anschluß daran die Linie über Pirot-Nisch gegen Prischtina zu bauen hatte. Noch vor dem Zusammentritte des Berliner Kongresses wandte sich die Betriebsgesellschaft (Baron Hirsch) an die englische Regierung mit der Bitte, ihre Interessen auf dem Kongreß zu fördern, da sie hauptsächlich durch die inzwischen erfolgte Regulierung der Donaumündungen, die das Eindringen überseeischer Schiffe in die Donau erleichterte, im Güterverkehr geschädigt war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p> <pb facs="#f0168" n="156"/> </p><lb/> <table facs="https://media.dwds.de/dta/images/roell_eisenbahnwesen03_1912/figures/roell_eisenbahnwesen03_1912_figure-0194.jpg" rendition="#c"> <row> <cell/> </row> </table><lb/> <p>Im Jahre 1873 ging die Bahn an die „Compagnie Générale pour l'Exploitation des Chemins de fer de la Turquie d'Europe“ über, unter der Bedingung, daß der Überschuß der Roheinnahmen von 7000 Fr. verteilt werden sollte, u. zw. 45<hi rendition="#i">%</hi> an die Compagnie Générale und 55<hi rendition="#i">%</hi> an die englische Gesellschaft. 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Im Jahre 1873 ging die Bahn an die „Compagnie Générale pour l'Exploitation des Chemins de fer de la Turquie d'Europe“ über, unter der Bedingung, daß der Überschuß der Roheinnahmen von 7000 Fr. verteilt werden sollte, u. zw. 45% an die Compagnie Générale und 55% an die englische Gesellschaft. Der der englischen Gesellschaft zukommende Anteil sollte gegenüber der von der Regierung zu zahlenden Garantie, als Reingewinn angesehen werden.
Die Zuschüsse von 140.000 ₤ konnte die Türkei nur bis zum Jahre 1874 leisten. Infolge der politischen Umwälzungen, des russisch-türkischen Krieges 1877/78 und des darauf folgenden Staatsbankerotts war die Türkei außer stande, ihren finanziellen Verpflichtungen weiterhin nachzukommen.
Früher schon war bei den türkischen Machthabern der Plan gereift, die Türkei durch einen Schienenweg mit Mitteleuropa zu verbinden. Darnach sollte eine Eisenbahnlinie von Konstantinopel ausgehend, über Adrianopel-Tirnovo-Seymen-Philippopel-Bellovo-Sofia-Nisch-Prischtina-Sarajevo führend, an einem Punkte der österreichisch-ungarischen Grenze Anschluß an das Eisenbahnnetz dieses Staates haben. Von Adrianopel sollte eine Zweigbahn nach Enos (Dedeagatsch) am Ägäischen Meere, von Tirnovo Seymen über Jamboli nach Burgas sowie nach Varna am Schwarzen Meere und von Prischtina über Üsküb nach Salonik führen.
Nach langwierigen Unterhandlungen mit ausländischen Unternehmern erhielt Baron Hirsch am 17. April 1869 Konzessionen für den Bau und Betrieb des türkischen Eisenbahnnetzes.
Die Hauptlinie von Konstantinopel bis Bellovo, 560·8 km, konnte am 4. April 1873 dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Die 105·7 km lange Zweigbahn Tirnovo-Seymen-Jamboli wurde am 4. November 1874 eröffnet. Der weitere Ausbau der Hauptlinie wurde nach den Bestimmungen der Art. X und XXXVIII des Berliner Vertrages vom Jahre 1878 dem neugegründeten Fürstentum Bulgarien und Serbien übertragen, welche beide Staaten auch rücksichtlich des Eisenbahnbaus und -betriebs in alle Rechte und Pflichten der Türkei eintraten. Die Türkei blieb noch verpflichtet zum Bau der Anschlußlinie Bellovo-Vakarel, während das Fürstentum Bulgarien die Linie Vakarel-Sofia-Zaribrod-serbische Grenze und Serbien im Anschluß daran die Linie über Pirot-Nisch gegen Prischtina zu bauen hatte.
Noch vor dem Zusammentritte des Berliner Kongresses wandte sich die Betriebsgesellschaft (Baron Hirsch) an die englische Regierung mit der Bitte, ihre Interessen auf dem Kongreß zu fördern, da sie hauptsächlich durch die inzwischen erfolgte Regulierung der Donaumündungen, die das Eindringen überseeischer Schiffe in die Donau erleichterte, im Güterverkehr geschädigt war.
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