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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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Wenn sich also mit den geschilderten geringen Ausnahmen bis zum Jahre 1885 in ganz Deutschland das Staatsbahnsystem zur Herrschaft durchgerungen hatte, so gab es hiervon doch fast überall eine Ausnahme: die Bahnen untergeordneter Bedeutung, die schon erwähnten Nebenbahnen überließ man vielfach dem privaten Unternehmungsgeist. Sie hatten sich mit dem fortschreitenden Ausbau des Eisenbahnnetzes und der damit zusammenhängenden Herausbildung verschiedener Arten von Eisenbahnen je nach Stärke des Betriebs und Verkehrs, Bauart und Ausrüstung schon längst als eine besondere Gattung von Eisenbahnen entwickelt. Bereits im Jahre 1865 war der Gedanke aufgetaucht, Eisenbahnen für geringen, meist örtlichen Verkehr und hauptsächlich zur wirtschaftlichen Hebung der durchzogenen Gegenden nach besonderen erleichternden Regeln und Bestimmungen zu bauen.

Der VDEV. hatte schon im Jahre 1869 Grundzüge für solche Bahnen aufgestellt. Fürst Bismarck griff diese Anregung im Jahre 1870 vor dem Kriege lebhaft auf, aber erst im Jahre 1878 kam es zur Einführung einer besonderen vom Reichskanzler erlassenen "Bahnordnung für deutsche Bahnen untergeordneter Bedeutung", durch die für den Bau und Betrieb solcher Bahnen besondere Vorschriften gegeben wurden, die namentlich von der Notwendigkeit einer ständigen Bewachung und Absperrung der Bahnübergänge beim Vorbeifahren der Züge absahen, die höchste Fahrgeschwindigkeit auf 30 km in der Stunde festsetzten und nach allen Richtungen mildere sicherheitspolizeiliche Bestimmungen trafen. Den ausgiebigsten Gebrauch von diesen Erleichterungen machten natürlich die Staatsverwaltungen selbst, da es auf Grund dieser Bahnordnung möglich war, mit verhältnismäßig geringen Kosten Bahnen zu bauen und deren Wohltaten Gegenden zuzuwenden, für die der höhere Aufwand eines Hauptbahnbaues unwirtschaftlich gewesen wäre. Ein besonderes System von Nebenbahnen schuf Sachsen, indem es eine Anzahl von Schmalspurbahnen mit 75 cm Spurbreite baute, die sich für die gewundenen Flußtäler des Landes mit ihren rechen Industrien besonders eigneten.

Nach der Reichsstatistik für 1885 gab es am Schlüsse dieses Jahres in Deutschland bereits 6659 km Nebenbahnen, von denen sich 5145 km in Staatsbetrieb und 1514 km in Privatbetrieb befanden. Über Bayerns Vorgehen mit dem Bau von sog. Vizinalbahnen und Lokalbahnen s. Näheres in dem Art. "Bayerische Eisenbahnen".

1886-1900. Mit dem Jahre 1886 trat das deutsche Eisenbahnwesen in einen Zeitabschnitt ein, der in der Hauptsache der inneren Ausgestaltung gewidmet war. Seit jenem Jahre bis zum Ablauf des 19. Jahrhunderts sind im Eisenbahnwesen nur wenige Ereignisse von geschichtlicher Bedeutung zu verzeichnen, umso größer waren aber die steten Fortschritte der äußeren und inneren Entwicklung, in der Verwaltung, im Verkehr, Betrieb und Bau, in der finanziellen Bedeutung und der technischen Vervollkommnung. Die Verstaatlichungen setzten sich auch in den nächsten Jahren in der Ausdehnung auf kleinere Bahnen noch fort, in Preußen wurden bis 1890 noch rund 1000 km Privatbahnen (u. a. Berlin-Dresden, Nordhausen-Erfurt, Oberlausitzer, Unterelbesche, westholsteinische Marschbahn), im übrigen Deutschland rund 678 km verstaatlicht, darunter namentlich das mecklenburgische Eisenbahnnetz mit rund 610 km.

Am Beginn des neuen Jahrhunderts - im Jahre 1900 - betrug die Länge der D. mit Vollspur 49.930 km, davon waren Hauptbahnen 32.278 km, Nebenbahnen 17.652 km, Staatsbahnen einschl. der Privatbahnen unter Staatsverwaltung 45.886 km, Privatbahnen mit eigener Verwaltung 4044 km. Das verwendete Anlagekapital betrug 12.749 Mill. M., auf das km Eigentumslänge 255.605 M. Die Gesamteinnahmen bezifferten sich auf 2034 Mill., auf 1 km Betriebslänge 40.846 M., wovon auf den Personenverkehr 11.308 M., auf den Güterverkehr 25.642 M. entfielen. Die Einnahme auf das Personen/km belief sich auf 2·75 Pf. (im Jahre 1886 noch 3·29 Pf.), die Einnahme auf das Güter/tkm auf 3·66 Pf. (im Jahre 1886 noch 4·08 Pf.). Der Betriebsüberschuß betrug 741 Mill. M., auf das Betriebs/km 14.908 M., die Betriebszahl (der sog. Betriebskoeffizient) war 63·52 (im Jahre 1886 nur 54·95!). Die Verzinsung des Anlagekapitals betrug 5·91% (im Jahr 1886 nur 4·66%!). Im Jahre 1900 erreichte Länge der Schmalspurbahnen 1800 km.

Neben dem hier behandelten eigentlichen Eisenbahnnetz hatte sich seit dem Jahre 1892 noch eine andere Art von Eisenbahnen geringeren Grades entwickelt, die man in dem sie behandelnden preußischen Gesetz vom 28. Juli 1892 als Kleinbahnen bezeichnete. Dieses Gesetz gab den Anstoß zu der Entwicklung einer ganz neuen Art von Verkehrsunternehmungen. Sie hatten mit den Eisenbahnen zwar die Fortbewegung von Fahrzeugen auf metallener Spur gemeinsam, aber im übrigen unterschieden sie sich durch ihre geringe Bedeutung für den allgemeinen Eisenbahnverkehr, ihre geringere Ausstattung und Leistung von jenen so wesentlich, daß es untunlich erschien, die reichsgesetzlichen Bestimmungen über das Eisenbahnwesen und das preußische Gesetz vom 3. November 1838 auf sie anzuwenden. Auch die Straßenbahnen fallen unter diesen Begriff.

Bis zum Jahre 1900 waren allein in Preußen nicht weniger als 8083 km Kleinbahnen erbaut oder doch genehmigt, die 333 verschiedenen meist rein örtlichen Unternehmungen gehörten. (Näheres s. im Art. "Kleinbahnen".)

Auch einige andere deutschen Staaten folgten in der Regelung des Kleinbahnwesens dem preußischen Beispiele, so Württemberg,

Wenn sich also mit den geschilderten geringen Ausnahmen bis zum Jahre 1885 in ganz Deutschland das Staatsbahnsystem zur Herrschaft durchgerungen hatte, so gab es hiervon doch fast überall eine Ausnahme: die Bahnen untergeordneter Bedeutung, die schon erwähnten Nebenbahnen überließ man vielfach dem privaten Unternehmungsgeist. Sie hatten sich mit dem fortschreitenden Ausbau des Eisenbahnnetzes und der damit zusammenhängenden Herausbildung verschiedener Arten von Eisenbahnen je nach Stärke des Betriebs und Verkehrs, Bauart und Ausrüstung schon längst als eine besondere Gattung von Eisenbahnen entwickelt. Bereits im Jahre 1865 war der Gedanke aufgetaucht, Eisenbahnen für geringen, meist örtlichen Verkehr und hauptsächlich zur wirtschaftlichen Hebung der durchzogenen Gegenden nach besonderen erleichternden Regeln und Bestimmungen zu bauen.

Der VDEV. hatte schon im Jahre 1869 Grundzüge für solche Bahnen aufgestellt. Fürst Bismarck griff diese Anregung im Jahre 1870 vor dem Kriege lebhaft auf, aber erst im Jahre 1878 kam es zur Einführung einer besonderen vom Reichskanzler erlassenen „Bahnordnung für deutsche Bahnen untergeordneter Bedeutung“, durch die für den Bau und Betrieb solcher Bahnen besondere Vorschriften gegeben wurden, die namentlich von der Notwendigkeit einer ständigen Bewachung und Absperrung der Bahnübergänge beim Vorbeifahren der Züge absahen, die höchste Fahrgeschwindigkeit auf 30 km in der Stunde festsetzten und nach allen Richtungen mildere sicherheitspolizeiliche Bestimmungen trafen. Den ausgiebigsten Gebrauch von diesen Erleichterungen machten natürlich die Staatsverwaltungen selbst, da es auf Grund dieser Bahnordnung möglich war, mit verhältnismäßig geringen Kosten Bahnen zu bauen und deren Wohltaten Gegenden zuzuwenden, für die der höhere Aufwand eines Hauptbahnbaues unwirtschaftlich gewesen wäre. Ein besonderes System von Nebenbahnen schuf Sachsen, indem es eine Anzahl von Schmalspurbahnen mit 75 cm Spurbreite baute, die sich für die gewundenen Flußtäler des Landes mit ihren rechen Industrien besonders eigneten.

Nach der Reichsstatistik für 1885 gab es am Schlüsse dieses Jahres in Deutschland bereits 6659 km Nebenbahnen, von denen sich 5145 km in Staatsbetrieb und 1514 km in Privatbetrieb befanden. Über Bayerns Vorgehen mit dem Bau von sog. Vizinalbahnen und Lokalbahnen s. Näheres in dem Art. „Bayerische Eisenbahnen“.

1886–1900. Mit dem Jahre 1886 trat das deutsche Eisenbahnwesen in einen Zeitabschnitt ein, der in der Hauptsache der inneren Ausgestaltung gewidmet war. Seit jenem Jahre bis zum Ablauf des 19. Jahrhunderts sind im Eisenbahnwesen nur wenige Ereignisse von geschichtlicher Bedeutung zu verzeichnen, umso größer waren aber die steten Fortschritte der äußeren und inneren Entwicklung, in der Verwaltung, im Verkehr, Betrieb und Bau, in der finanziellen Bedeutung und der technischen Vervollkommnung. Die Verstaatlichungen setzten sich auch in den nächsten Jahren in der Ausdehnung auf kleinere Bahnen noch fort, in Preußen wurden bis 1890 noch rund 1000 km Privatbahnen (u. a. Berlin-Dresden, Nordhausen-Erfurt, Oberlausitzer, Unterelbesche, westholsteinische Marschbahn), im übrigen Deutschland rund 678 km verstaatlicht, darunter namentlich das mecklenburgische Eisenbahnnetz mit rund 610 km.

Am Beginn des neuen Jahrhunderts – im Jahre 1900 – betrug die Länge der D. mit Vollspur 49.930 km, davon waren Hauptbahnen 32.278 km, Nebenbahnen 17.652 km, Staatsbahnen einschl. der Privatbahnen unter Staatsverwaltung 45.886 km, Privatbahnen mit eigener Verwaltung 4044 km. Das verwendete Anlagekapital betrug 12.749 Mill. M., auf das km Eigentumslänge 255.605 M. Die Gesamteinnahmen bezifferten sich auf 2034 Mill., auf 1 km Betriebslänge 40.846 M., wovon auf den Personenverkehr 11.308 M., auf den Güterverkehr 25.642 M. entfielen. Die Einnahme auf das Personen/km belief sich auf 2·75 Pf. (im Jahre 1886 noch 3·29 Pf.), die Einnahme auf das Güter/tkm auf 3·66 Pf. (im Jahre 1886 noch 4·08 Pf.). Der Betriebsüberschuß betrug 741 Mill. M., auf das Betriebs/km 14.908 M., die Betriebszahl (der sog. Betriebskoeffizient) war 63·52 (im Jahre 1886 nur 54·95!). Die Verzinsung des Anlagekapitals betrug 5·91% (im Jahr 1886 nur 4·66%!). Im Jahre 1900 erreichte Länge der Schmalspurbahnen 1800 km.

Neben dem hier behandelten eigentlichen Eisenbahnnetz hatte sich seit dem Jahre 1892 noch eine andere Art von Eisenbahnen geringeren Grades entwickelt, die man in dem sie behandelnden preußischen Gesetz vom 28. Juli 1892 als Kleinbahnen bezeichnete. Dieses Gesetz gab den Anstoß zu der Entwicklung einer ganz neuen Art von Verkehrsunternehmungen. Sie hatten mit den Eisenbahnen zwar die Fortbewegung von Fahrzeugen auf metallener Spur gemeinsam, aber im übrigen unterschieden sie sich durch ihre geringe Bedeutung für den allgemeinen Eisenbahnverkehr, ihre geringere Ausstattung und Leistung von jenen so wesentlich, daß es untunlich erschien, die reichsgesetzlichen Bestimmungen über das Eisenbahnwesen und das preußische Gesetz vom 3. November 1838 auf sie anzuwenden. Auch die Straßenbahnen fallen unter diesen Begriff.

Bis zum Jahre 1900 waren allein in Preußen nicht weniger als 8083 km Kleinbahnen erbaut oder doch genehmigt, die 333 verschiedenen meist rein örtlichen Unternehmungen gehörten. (Näheres s. im Art. „Kleinbahnen“.)

Auch einige andere deutschen Staaten folgten in der Regelung des Kleinbahnwesens dem preußischen Beispiele, so Württemberg,

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[296/0310] Wenn sich also mit den geschilderten geringen Ausnahmen bis zum Jahre 1885 in ganz Deutschland das Staatsbahnsystem zur Herrschaft durchgerungen hatte, so gab es hiervon doch fast überall eine Ausnahme: die Bahnen untergeordneter Bedeutung, die schon erwähnten Nebenbahnen überließ man vielfach dem privaten Unternehmungsgeist. Sie hatten sich mit dem fortschreitenden Ausbau des Eisenbahnnetzes und der damit zusammenhängenden Herausbildung verschiedener Arten von Eisenbahnen je nach Stärke des Betriebs und Verkehrs, Bauart und Ausrüstung schon längst als eine besondere Gattung von Eisenbahnen entwickelt. Bereits im Jahre 1865 war der Gedanke aufgetaucht, Eisenbahnen für geringen, meist örtlichen Verkehr und hauptsächlich zur wirtschaftlichen Hebung der durchzogenen Gegenden nach besonderen erleichternden Regeln und Bestimmungen zu bauen. Der VDEV. hatte schon im Jahre 1869 Grundzüge für solche Bahnen aufgestellt. 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Ein besonderes System von Nebenbahnen schuf Sachsen, indem es eine Anzahl von Schmalspurbahnen mit 75 cm Spurbreite baute, die sich für die gewundenen Flußtäler des Landes mit ihren rechen Industrien besonders eigneten. Nach der Reichsstatistik für 1885 gab es am Schlüsse dieses Jahres in Deutschland bereits 6659 km Nebenbahnen, von denen sich 5145 km in Staatsbetrieb und 1514 km in Privatbetrieb befanden. Über Bayerns Vorgehen mit dem Bau von sog. Vizinalbahnen und Lokalbahnen s. Näheres in dem Art. „Bayerische Eisenbahnen“. 1886–1900. Mit dem Jahre 1886 trat das deutsche Eisenbahnwesen in einen Zeitabschnitt ein, der in der Hauptsache der inneren Ausgestaltung gewidmet war. Seit jenem Jahre bis zum Ablauf des 19. Jahrhunderts sind im Eisenbahnwesen nur wenige Ereignisse von geschichtlicher Bedeutung zu verzeichnen, umso größer waren aber die steten Fortschritte der äußeren und inneren Entwicklung, in der Verwaltung, im Verkehr, Betrieb und Bau, in der finanziellen Bedeutung und der technischen Vervollkommnung. Die Verstaatlichungen setzten sich auch in den nächsten Jahren in der Ausdehnung auf kleinere Bahnen noch fort, in Preußen wurden bis 1890 noch rund 1000 km Privatbahnen (u. a. Berlin-Dresden, Nordhausen-Erfurt, Oberlausitzer, Unterelbesche, westholsteinische Marschbahn), im übrigen Deutschland rund 678 km verstaatlicht, darunter namentlich das mecklenburgische Eisenbahnnetz mit rund 610 km. Am Beginn des neuen Jahrhunderts – im Jahre 1900 – betrug die Länge der D. mit Vollspur 49.930 km, davon waren Hauptbahnen 32.278 km, Nebenbahnen 17.652 km, Staatsbahnen einschl. der Privatbahnen unter Staatsverwaltung 45.886 km, Privatbahnen mit eigener Verwaltung 4044 km. Das verwendete Anlagekapital betrug 12.749 Mill. M., auf das km Eigentumslänge 255.605 M. Die Gesamteinnahmen bezifferten sich auf 2034 Mill., auf 1 km Betriebslänge 40.846 M., wovon auf den Personenverkehr 11.308 M., auf den Güterverkehr 25.642 M. entfielen. Die Einnahme auf das Personen/km belief sich auf 2·75 Pf. (im Jahre 1886 noch 3·29 Pf.), die Einnahme auf das Güter/tkm auf 3·66 Pf. (im Jahre 1886 noch 4·08 Pf.). Der Betriebsüberschuß betrug 741 Mill. M., auf das Betriebs/km 14.908 M., die Betriebszahl (der sog. Betriebskoeffizient) war 63·52 (im Jahre 1886 nur 54·95!). Die Verzinsung des Anlagekapitals betrug 5·91% (im Jahr 1886 nur 4·66%!). Im Jahre 1900 erreichte Länge der Schmalspurbahnen 1800 km. Neben dem hier behandelten eigentlichen Eisenbahnnetz hatte sich seit dem Jahre 1892 noch eine andere Art von Eisenbahnen geringeren Grades entwickelt, die man in dem sie behandelnden preußischen Gesetz vom 28. Juli 1892 als Kleinbahnen bezeichnete. Dieses Gesetz gab den Anstoß zu der Entwicklung einer ganz neuen Art von Verkehrsunternehmungen. Sie hatten mit den Eisenbahnen zwar die Fortbewegung von Fahrzeugen auf metallener Spur gemeinsam, aber im übrigen unterschieden sie sich durch ihre geringe Bedeutung für den allgemeinen Eisenbahnverkehr, ihre geringere Ausstattung und Leistung von jenen so wesentlich, daß es untunlich erschien, die reichsgesetzlichen Bestimmungen über das Eisenbahnwesen und das preußische Gesetz vom 3. November 1838 auf sie anzuwenden. Auch die Straßenbahnen fallen unter diesen Begriff. Bis zum Jahre 1900 waren allein in Preußen nicht weniger als 8083 km Kleinbahnen erbaut oder doch genehmigt, die 333 verschiedenen meist rein örtlichen Unternehmungen gehörten. (Näheres s. im Art. „Kleinbahnen“.) Auch einige andere deutschen Staaten folgten in der Regelung des Kleinbahnwesens dem preußischen Beispiele, so Württemberg,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/310>, abgerufen am 22.11.2024.