Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.Dienstvorgesetzten freier Spielraum gelassen. Im allgemeinen wird aber an dem Grundsatze festgehalten, daß dem Beamten vor Verhängung einer Ordnungsstrafe Gelegenheit gegeben wird, sich über die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung zu verantworten (z. B. Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873/18. Mai 1907 [§ 82], Württembergisches Beamtengesetz vom 28. Juni 1876/23. Juli 1910 [Art. 78] Badisches Beamtengesetz vom 12. August 1908 [§ 87] u. s. w.). Gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen findet nur Beschwerde im vorgeschriebenen Instanzenzuge statt. Dagegen pflegt der Verhängung der eigentlichen Disziplinarstrafen zum mindesten bei den Staatseisenbahnverwaltungen und, soweit es sich um Staatsbeamte handelt, ein förmliches Disziplinarverfahren voranzugehen. Was die Form des Verfahrens betrifft, so wird zunächst die Voruntersuchung zur Feststellung des Tatbestandes eingeleitet. Nach geschlossener Voruntersuchung wird das Verfahren entweder eingestellt oder die Angelegenheit der entscheidenden Disziplinarbehörde vorgelegt, die nach mündlicher Verhandlung das Urteil nach freier Überzeugung schöpft. In Preußen (Disziplinargesetz, betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. Juli 1852) kann die Entfernung aus dem Amte bei den unkündbar angestellten Beamten nur nach vorgängigem förmlichem Disziplinarverfahren erfolgen. Beamte, die auf Probe, auf Kündigung oder sonst auf Widerruf angestellt sind, können ohne ein förmliches Disziplinarverfahren von der Behörde, die ihre Anstellung verfügt hat, entlassen werden. Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens setzt stets voraus, daß dem angeschuldigten Beamten eine Pflichtwidrigkeit oder sonst eine Handlung zur Last fällt, die nach dem pflichtmäßigen Ermessen der vorgesetzten Dienstbehörde nur mit Entfernung aus dem Amte - d. i. mit Strafversetzung oder Dienstentlassung - angemessen geahndet werden kann. Die Einleitung des förmlichen Verfahrens hat daher in der Regel zu unterbleiben, wenn die vorläufigen Verhandlungen eine sichere Unterlage für den Antrag auf Entfernung aus dem Amte nicht darbieten. Wenn dies nicht der Fall ist und die von einem Beamten begangene Dienstwidrigkeit durch Warnung, Verweis oder Ordnungsstrafe angemessen gerügt werden würde, ist das förmliche Disziplinarverfahren überhaupt nicht einzuleiten. Eine Ausnahme findet nur insofern statt, als letzteres auch dann einzuleiten ist, wenn ein Beamter, der sich ohne Urlaub von seinem Amte fernhält und deshalb für die Zeit der unerlaubten Entfernung des Diensteinkommens für verlustig erklärt wird, gegen die betreffende Verfügung Widerspruch erhebt und dadurch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens erforderlich macht. Das förmliche Disziplinarverfahren besteht in der von einem Kommissär zu führenden schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen Verhandlung. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wird verfügt und der Untersuchungskommissär ernannt: 1. wenn die Entscheidung der Sache vor den Disziplinarhof gehört, von dem Minister der öffentlichen Arbeiten; 2. in allen anderen Fällen von dem Vorsteher der Behörde, die die entscheidende Disziplinarbehörde bildet, d. h. von dem Präsidenten der Eisenbahndirektion, oder von dem Minister der öffentlichen Arbeiten. Die entscheidenden Disziplinarbehörden 1. Instanz sind: 1. der Disziplinarhof zu Berlin in Ansehung der Beamten, zu deren Anstellung nach den Bestimmungen, die zur Zeit der verfügten Einleitung der Untersuchung gelten, eine von dem Könige oder von den Ministern ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist; 2. die Eisenbahndirektionen in Ansehung aller Beamten, die bei ihnen angestellt oder ihnen untergeordnet und nicht vorstehend unter 1. begriffen sind. Der Untersuchungskommissär ist in allen Fällen aus den administrativ oder juristisch vorgebildeten Beamten zu entnehmen. Der Disziplinarhof besteht aus einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern, von denen wenigstens vier zu den Mitgliedern des Kammergerichts gehören müssen. Die Mitglieder des Disziplinarhofs werden vom Könige auf 3 Jahre ernannt. Ein Mitglied, das im Laufe dieser Periode ernannt wird, bleibt nur bis zu deren Ende in Tätigkeit. Die ausscheidenden Mitglieder können wieder ernannt werden. Bei den Eisenbahndirektionen werden die Disziplinarsachen in besonderen Plenarsitzungen erledigt, an denen mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen müssen. Stimmberechtigt sind nur die etatsmäßigen Mitglieder und die, die eine etatsmäßige Stelle versehen. In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, gehört; es werden die Zeugen eidlich vernommen und die zur Aufklärung der Sache dienenden sonstigen Beweise herbeigeschafft. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft werden durch einen gleichfalls aus den administrativ oder juristisch vorgebildeten Beamten zu entnehmenden Beamten wahrgenommen, den die Behörde ernennt, von der die Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügt wird. Bei der Vernehmung des Angeschuldigten und dem Verhör der Zeugen ist ein vereideter Protokollführer zuzuziehen. Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung das fernere Verfahren einzustellen und geeignetenfalls nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Diese Einstellung kann aber nur nach geschlossener Voruntersuchung vor der Mitteilung der. Anklageschrift an den Angeschuldigten und dessen Vorladung zur mündlichen Verhandlung verfügt werden. Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird nach Eingang einer von dem Beamten der Staatsanwaltschaft anzufertigenden Anschuldigungsschrift der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mitteilung dieser Anschuldigungsschrift zu einer von dem Vorsitzenden der Disziplinarbehörde zu bestimmenden Sitzung zur mündlichen Verhandlung geladen. Bei dieser Verhandlung, die in nichtöffentlicher Sitzung stattfindet, gibt zunächst ein von dem Vorsitzenden der Behörde aus der Zahl ihrer Mitglieder ernannter Referent eine Darstellung der Sache, wie sie aus Dienstvorgesetzten freier Spielraum gelassen. Im allgemeinen wird aber an dem Grundsatze festgehalten, daß dem Beamten vor Verhängung einer Ordnungsstrafe Gelegenheit gegeben wird, sich über die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung zu verantworten (z. B. Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873/18. Mai 1907 [§ 82], Württembergisches Beamtengesetz vom 28. Juni 1876/23. Juli 1910 [Art. 78] Badisches Beamtengesetz vom 12. August 1908 [§ 87] u. s. w.). Gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen findet nur Beschwerde im vorgeschriebenen Instanzenzuge statt. Dagegen pflegt der Verhängung der eigentlichen Disziplinarstrafen zum mindesten bei den Staatseisenbahnverwaltungen und, soweit es sich um Staatsbeamte handelt, ein förmliches Disziplinarverfahren voranzugehen. Was die Form des Verfahrens betrifft, so wird zunächst die Voruntersuchung zur Feststellung des Tatbestandes eingeleitet. Nach geschlossener Voruntersuchung wird das Verfahren entweder eingestellt oder die Angelegenheit der entscheidenden Disziplinarbehörde vorgelegt, die nach mündlicher Verhandlung das Urteil nach freier Überzeugung schöpft. In Preußen (Disziplinargesetz, betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. Juli 1852) kann die Entfernung aus dem Amte bei den unkündbar angestellten Beamten nur nach vorgängigem förmlichem Disziplinarverfahren erfolgen. Beamte, die auf Probe, auf Kündigung oder sonst auf Widerruf angestellt sind, können ohne ein förmliches Disziplinarverfahren von der Behörde, die ihre Anstellung verfügt hat, entlassen werden. Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens setzt stets voraus, daß dem angeschuldigten Beamten eine Pflichtwidrigkeit oder sonst eine Handlung zur Last fällt, die nach dem pflichtmäßigen Ermessen der vorgesetzten Dienstbehörde nur mit Entfernung aus dem Amte – d. i. mit Strafversetzung oder Dienstentlassung – angemessen geahndet werden kann. Die Einleitung des förmlichen Verfahrens hat daher in der Regel zu unterbleiben, wenn die vorläufigen Verhandlungen eine sichere Unterlage für den Antrag auf Entfernung aus dem Amte nicht darbieten. Wenn dies nicht der Fall ist und die von einem Beamten begangene Dienstwidrigkeit durch Warnung, Verweis oder Ordnungsstrafe angemessen gerügt werden würde, ist das förmliche Disziplinarverfahren überhaupt nicht einzuleiten. Eine Ausnahme findet nur insofern statt, als letzteres auch dann einzuleiten ist, wenn ein Beamter, der sich ohne Urlaub von seinem Amte fernhält und deshalb für die Zeit der unerlaubten Entfernung des Diensteinkommens für verlustig erklärt wird, gegen die betreffende Verfügung Widerspruch erhebt und dadurch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens erforderlich macht. Das förmliche Disziplinarverfahren besteht in der von einem Kommissär zu führenden schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen Verhandlung. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wird verfügt und der Untersuchungskommissär ernannt: 1. wenn die Entscheidung der Sache vor den Disziplinarhof gehört, von dem Minister der öffentlichen Arbeiten; 2. in allen anderen Fällen von dem Vorsteher der Behörde, die die entscheidende Disziplinarbehörde bildet, d. h. von dem Präsidenten der Eisenbahndirektion, oder von dem Minister der öffentlichen Arbeiten. Die entscheidenden Disziplinarbehörden 1. Instanz sind: 1. der Disziplinarhof zu Berlin in Ansehung der Beamten, zu deren Anstellung nach den Bestimmungen, die zur Zeit der verfügten Einleitung der Untersuchung gelten, eine von dem Könige oder von den Ministern ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist; 2. die Eisenbahndirektionen in Ansehung aller Beamten, die bei ihnen angestellt oder ihnen untergeordnet und nicht vorstehend unter 1. begriffen sind. Der Untersuchungskommissär ist in allen Fällen aus den administrativ oder juristisch vorgebildeten Beamten zu entnehmen. Der Disziplinarhof besteht aus einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern, von denen wenigstens vier zu den Mitgliedern des Kammergerichts gehören müssen. Die Mitglieder des Disziplinarhofs werden vom Könige auf 3 Jahre ernannt. Ein Mitglied, das im Laufe dieser Periode ernannt wird, bleibt nur bis zu deren Ende in Tätigkeit. Die ausscheidenden Mitglieder können wieder ernannt werden. Bei den Eisenbahndirektionen werden die Disziplinarsachen in besonderen Plenarsitzungen erledigt, an denen mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen müssen. Stimmberechtigt sind nur die etatsmäßigen Mitglieder und die, die eine etatsmäßige Stelle versehen. In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, gehört; es werden die Zeugen eidlich vernommen und die zur Aufklärung der Sache dienenden sonstigen Beweise herbeigeschafft. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft werden durch einen gleichfalls aus den administrativ oder juristisch vorgebildeten Beamten zu entnehmenden Beamten wahrgenommen, den die Behörde ernennt, von der die Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügt wird. Bei der Vernehmung des Angeschuldigten und dem Verhör der Zeugen ist ein vereideter Protokollführer zuzuziehen. Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung das fernere Verfahren einzustellen und geeignetenfalls nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Diese Einstellung kann aber nur nach geschlossener Voruntersuchung vor der Mitteilung der. Anklageschrift an den Angeschuldigten und dessen Vorladung zur mündlichen Verhandlung verfügt werden. Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird nach Eingang einer von dem Beamten der Staatsanwaltschaft anzufertigenden Anschuldigungsschrift der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mitteilung dieser Anschuldigungsschrift zu einer von dem Vorsitzenden der Disziplinarbehörde zu bestimmenden Sitzung zur mündlichen Verhandlung geladen. 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Eine Ausnahme findet nur insofern statt, als letzteres auch dann einzuleiten ist, wenn ein Beamter, der sich ohne Urlaub von seinem Amte fernhält und deshalb für die Zeit der unerlaubten Entfernung des Diensteinkommens für verlustig erklärt wird, gegen die betreffende Verfügung Widerspruch erhebt und dadurch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens erforderlich macht.</p><lb/> <p>Das förmliche Disziplinarverfahren besteht in der von einem Kommissär zu führenden schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen Verhandlung.</p><lb/> <p>Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wird verfügt und der Untersuchungskommissär ernannt:</p><lb/> <p>1. wenn die Entscheidung der Sache vor den Disziplinarhof gehört, von dem Minister der öffentlichen Arbeiten;</p><lb/> <p>2. in allen anderen Fällen von dem Vorsteher der Behörde, die die entscheidende Disziplinarbehörde bildet, d. h. von dem Präsidenten der Eisenbahndirektion, oder von dem Minister der öffentlichen Arbeiten.</p><lb/> <p>Die entscheidenden Disziplinarbehörden 1. 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Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung das fernere Verfahren einzustellen und geeignetenfalls nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Diese Einstellung kann aber nur nach geschlossener Voruntersuchung vor der Mitteilung der. Anklageschrift an den Angeschuldigten und dessen Vorladung zur mündlichen Verhandlung verfügt werden.</p><lb/> <p>Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird nach Eingang einer von dem Beamten der Staatsanwaltschaft anzufertigenden Anschuldigungsschrift der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mitteilung dieser Anschuldigungsschrift zu einer von dem Vorsitzenden der Disziplinarbehörde zu bestimmenden Sitzung zur mündlichen Verhandlung geladen. 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Dagegen pflegt der Verhängung der eigentlichen Disziplinarstrafen zum mindesten bei den Staatseisenbahnverwaltungen und, soweit es sich um Staatsbeamte handelt, ein förmliches Disziplinarverfahren voranzugehen.
Was die Form des Verfahrens betrifft, so wird zunächst die Voruntersuchung zur Feststellung des Tatbestandes eingeleitet. Nach geschlossener Voruntersuchung wird das Verfahren entweder eingestellt oder die Angelegenheit der entscheidenden Disziplinarbehörde vorgelegt, die nach mündlicher Verhandlung das Urteil nach freier Überzeugung schöpft.
In Preußen (Disziplinargesetz, betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten vom 21. Juli 1852) kann die Entfernung aus dem Amte bei den unkündbar angestellten Beamten nur nach vorgängigem förmlichem Disziplinarverfahren erfolgen. Beamte, die auf Probe, auf Kündigung oder sonst auf Widerruf angestellt sind, können ohne ein förmliches Disziplinarverfahren von der Behörde, die ihre Anstellung verfügt hat, entlassen werden.
Die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens setzt stets voraus, daß dem angeschuldigten Beamten eine Pflichtwidrigkeit oder sonst eine Handlung zur Last fällt, die nach dem pflichtmäßigen Ermessen der vorgesetzten Dienstbehörde nur mit Entfernung aus dem Amte – d. i. mit Strafversetzung oder Dienstentlassung – angemessen geahndet werden kann. Die Einleitung des förmlichen Verfahrens hat daher in der Regel zu unterbleiben, wenn die vorläufigen Verhandlungen eine sichere Unterlage für den Antrag auf Entfernung aus dem Amte nicht darbieten. Wenn dies nicht der Fall ist und die von einem Beamten begangene Dienstwidrigkeit durch Warnung, Verweis oder Ordnungsstrafe angemessen gerügt werden würde, ist das förmliche Disziplinarverfahren überhaupt nicht einzuleiten. Eine Ausnahme findet nur insofern statt, als letzteres auch dann einzuleiten ist, wenn ein Beamter, der sich ohne Urlaub von seinem Amte fernhält und deshalb für die Zeit der unerlaubten Entfernung des Diensteinkommens für verlustig erklärt wird, gegen die betreffende Verfügung Widerspruch erhebt und dadurch die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens erforderlich macht.
Das förmliche Disziplinarverfahren besteht in der von einem Kommissär zu führenden schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen Verhandlung.
Die Einleitung des Disziplinarverfahrens wird verfügt und der Untersuchungskommissär ernannt:
1. wenn die Entscheidung der Sache vor den Disziplinarhof gehört, von dem Minister der öffentlichen Arbeiten;
2. in allen anderen Fällen von dem Vorsteher der Behörde, die die entscheidende Disziplinarbehörde bildet, d. h. von dem Präsidenten der Eisenbahndirektion, oder von dem Minister der öffentlichen Arbeiten.
Die entscheidenden Disziplinarbehörden 1. Instanz sind:
1. der Disziplinarhof zu Berlin in Ansehung der Beamten, zu deren Anstellung nach den Bestimmungen, die zur Zeit der verfügten Einleitung der Untersuchung gelten, eine von dem Könige oder von den Ministern ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist;
2. die Eisenbahndirektionen in Ansehung aller Beamten, die bei ihnen angestellt oder ihnen untergeordnet und nicht vorstehend unter 1. begriffen sind.
Der Untersuchungskommissär ist in allen Fällen aus den administrativ oder juristisch vorgebildeten Beamten zu entnehmen.
Der Disziplinarhof besteht aus einem Präsidenten und zehn anderen Mitgliedern, von denen wenigstens vier zu den Mitgliedern des Kammergerichts gehören müssen. Die Mitglieder des Disziplinarhofs werden vom Könige auf 3 Jahre ernannt. Ein Mitglied, das im Laufe dieser Periode ernannt wird, bleibt nur bis zu deren Ende in Tätigkeit. Die ausscheidenden Mitglieder können wieder ernannt werden.
Bei den Eisenbahndirektionen werden die Disziplinarsachen in besonderen Plenarsitzungen erledigt, an denen mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen müssen. Stimmberechtigt sind nur die etatsmäßigen Mitglieder und die, die eine etatsmäßige Stelle versehen.
In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mitteilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, gehört; es werden die Zeugen eidlich vernommen und die zur Aufklärung der Sache dienenden sonstigen Beweise herbeigeschafft. Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft werden durch einen gleichfalls aus den administrativ oder juristisch vorgebildeten Beamten zu entnehmenden Beamten wahrgenommen, den die Behörde ernennt, von der die Einleitung des Disziplinarverfahrens verfügt wird. Bei der Vernehmung des Angeschuldigten und dem Verhör der Zeugen ist ein vereideter Protokollführer zuzuziehen. Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit Rücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung das fernere Verfahren einzustellen und geeignetenfalls nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Diese Einstellung kann aber nur nach geschlossener Voruntersuchung vor der Mitteilung der. Anklageschrift an den Angeschuldigten und dessen Vorladung zur mündlichen Verhandlung verfügt werden.
Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird nach Eingang einer von dem Beamten der Staatsanwaltschaft anzufertigenden Anschuldigungsschrift der Angeschuldigte unter abschriftlicher Mitteilung dieser Anschuldigungsschrift zu einer von dem Vorsitzenden der Disziplinarbehörde zu bestimmenden Sitzung zur mündlichen Verhandlung geladen. Bei dieser Verhandlung, die in nichtöffentlicher Sitzung stattfindet, gibt zunächst ein von dem Vorsitzenden der Behörde aus der Zahl ihrer Mitglieder ernannter Referent eine Darstellung der Sache, wie sie aus
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