Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.den bisherigen Verhandlungen hervorgeht. Der Angeschuldigte wird alsdann vernommen. Im Anschluß daran wird der Beamte der Staatsanwaltschaft mit seinem Vor- und Antrage, und der Angeschuldigte in seiner Verteidigung gehört. Dem Angeschuldigten steht das letzte Wort zu. Wenn die Behörde auf den Antrag des Angeschuldigten oder des Beamten der Staatsanwaltschaft oder auch von Amts wegen die Vernehmung eines oder mehrerer Zeugen, sei es durch einen Kommissär oder mündlich vor der Behörde selbst, oder die Herbeischaffung anderer Mittel zur Aufklärung der Sache für angemessen erachtet, so erläßt sie die erforderliche Verfügung und verlegt nötigenfalls die Fortsetzung der Sache auf einen anderen Tag, der dem Angeschuldigten bekanntzugeben ist. Der Angeschuldigte, der erscheint, kann sich des Beistandes eines Rechtsanwalts als Verteidigers bedienen. Der nicht erscheinende Angeschuldigte kann sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Disziplinarbehörde steht es jedoch jederzeit zu, das persönliche Erscheinen des Angeschuldigten unter der Warnung anzuordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht werde zugelassen werden. Bei der Entscheidung hat die Disziplinarbehörde, ohne an positive Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem ganzen Inbegriffe, der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten ist. Die Entscheidung kann auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten. Die Entscheidung, die mit Gründen versehen sein muß, wird in der Sitzung, in der die mündliche Verhandlung beendet worden ist, oder in einer der nächsten Sitzungen verkündigt und eine Ausfertigung dem Angeschuldigten auf sein Verlangen erteilt. Gegen die Entscheidung steht sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft wie auch dem Angeschuldigten die Berufung an das Staatsministerium offen. Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Protokoll oder schriftlich bei der Behörde, die die anzugreifende Entscheidung erlassen hat. Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchige, die mit dem Ablaufe des Tages, an dem die Entscheidung verkündigt worden ist, und für den Angeschuldigten, der hierhei nicht zugegen war, mit dem Ablaufe des Tages beginnt, an dem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist. Zur schriftlichen Rechtfertigung steht dem, der sie rechtzeitig angemeldet hat, eine fernere vierzehntägige Frist offen, die auf Antrag angemessen verlängert werden kann. Nach Ablauf dieser Fristen werden die Akten an das Staatsministerium eingesandt. Dieses beschließt auf den Vortrag eines von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, in Sachen jedoch, in denen der Disziplinarhof in erster Instanz geurteilt hat, auf den Vortrag zweier von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, von denen einer dem Justizministerium angehören muß. Ist die Berufung gegen die Entscheidung einer Eisenbahndirektion eingelegt, so kann das Staatsministerium keinen Beschluß fassen, bevor das Gutachten des Disziplinarhofs eingeholt worden ist. Dieser kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforderlichen Verfügungen erlassen. Er kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen, zu der der Angeschuldigte vorzuladen und ein Beamter der Staatsanwaltschaft beizuziehen ist. Der letztere wird in diesem Falle vom Ressortminister bezeichnet. Lautet die Entscheidung oder das Gutachten des Disziplinarhofs auf Freisprechung des Angeschuldigten oder nur auf Warnung oder Verweis, so kann das Staatsministerium, wenn es den Angeschuldigten strafbar findet, nicht die Strafe der Dienstentlassung, sondern nur eine geringere Disziplinarstrafe verhängen oder die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Wartegeld verfügen. Jede Entscheidung der Disziplinarbehörde, gegen die kein Rechtsmittel mehr stattfindet und durch die die Dienstentlassung ausgesprochen ist, bedarf der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom König ernannt oder bestätigt worden ist. In Bayern richtet sich das Ordnungsstrafverfahren nach den Bestimmungen der "Dienstordnung für die Staatseisenbahnverwaltung" vom 1. Mai 1911. Sobald ein Dienstvorstand von einem Dienstvergehen eines Untergebenen entweder infolge unmittelbarer Wahrnehmung oder durch mündliche oder schriftliche Meldung, durch den Auftrag einer vorgesetzten Dienststelle oder durch Anzeigen oder Anträge Dritter Kenntnis erhält, hat er den Beschuldigten zur Äußerung über die ihm zur Last gelegte Verletzung der Dienstpflicht zu veranlassen und die etwa weiter erforderlichen Feststellungen zu machen. Nur bei erheblicheren Verfehlungen ist eine kurze Niederschrift anzufertigen. Ist ein Dienstvergehen festgestellt und erscheinen Ermahnung oder Warnung des Schuldigen nicht als hinreichend, so ist eine Ordnungsstrafe zu verhängen, sofern nicht das förmliche Disziplinarverfahren einzuleiten ist. Bei Bemessung der Ordnungsstrafe ist insbesondere zu berücksichtigen: a) der Grad des Verschuldens, b) die Gefährlichkeit der Handlung oder Unterlassung, c) die bisherige Führung des Schuldigen sowie d) besondere Erschwerungen bei Wahrnehmung des Dienstes. Die zuständige Dienststelle hat die Verhängung einer Ordnungsstrafe unter kurzer Angabe der Gründe durch eine Strafverfügung auszusprechen. Die Verfügung ist dem Schuldigen durch seine vorgesetzte Dienststelle, unter Belehrung über sein Beschwerderecht, in der Regel mündlich gegen Unterschrift zu eröffnen. Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe steht dem Bestraften das Recht der Beschwerde nur an die nächsthöhere Dienststelle, wenn die Strafverfügung von dem Ministerium erlassen wurde, an den Staatsrat zu. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Sie muß binnen 2 Wochen, vom Tage der Eröffnung der Strafverfügung an und, diesen Tag mitgerechnet, bei der Dienststelle, die die Strafverfügung erlassen hat, eingereicht werden. Für die Einleitung und Durchführung des förmlichen Disziplinarverfahrens sind die Bestimmungen des Beamtengesetzes vom 16. August 1908 maßgebend (Art. 118 ff.). Zuständig zur Stellung des Antrages auf Einleitung des Disziplinarverfahrens sind: a) das Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten gegenüber den Beamten bis Klasse XIII der Gehaltsordnung einschließlich und dem übrigen, dem Ministerium unterstellten oder unterstellt gewesenen Personale; b) die Eisenbahndirektionen gegenüber dem unterstellten oder unterstellt gewesenen Personale, gegenüber Beamten, die der Gehaltsordnung unterliegen, von Klasse XIV-XXX dieser Ordnung; c) das Personalamt gegenüber dem. unter b) erwähnten Personale, soweit es den Ämtern unterstellt ist oder war. Disziplinargerichte sind: 1. In erster Instanz die Disziplinarkammern, von denen je eine am Sitze jedes Oberlandesgerichts besteht; 2. in zweiter Instanz der Disziplinarhof. Die Disziplinarkammer besteht aus einem Präsidenten, den Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern der bei demselben Oberlandesgericht den bisherigen Verhandlungen hervorgeht. Der Angeschuldigte wird alsdann vernommen. Im Anschluß daran wird der Beamte der Staatsanwaltschaft mit seinem Vor- und Antrage, und der Angeschuldigte in seiner Verteidigung gehört. Dem Angeschuldigten steht das letzte Wort zu. Wenn die Behörde auf den Antrag des Angeschuldigten oder des Beamten der Staatsanwaltschaft oder auch von Amts wegen die Vernehmung eines oder mehrerer Zeugen, sei es durch einen Kommissär oder mündlich vor der Behörde selbst, oder die Herbeischaffung anderer Mittel zur Aufklärung der Sache für angemessen erachtet, so erläßt sie die erforderliche Verfügung und verlegt nötigenfalls die Fortsetzung der Sache auf einen anderen Tag, der dem Angeschuldigten bekanntzugeben ist. Der Angeschuldigte, der erscheint, kann sich des Beistandes eines Rechtsanwalts als Verteidigers bedienen. Der nicht erscheinende Angeschuldigte kann sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Disziplinarbehörde steht es jedoch jederzeit zu, das persönliche Erscheinen des Angeschuldigten unter der Warnung anzuordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht werde zugelassen werden. Bei der Entscheidung hat die Disziplinarbehörde, ohne an positive Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem ganzen Inbegriffe, der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten ist. Die Entscheidung kann auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten. Die Entscheidung, die mit Gründen versehen sein muß, wird in der Sitzung, in der die mündliche Verhandlung beendet worden ist, oder in einer der nächsten Sitzungen verkündigt und eine Ausfertigung dem Angeschuldigten auf sein Verlangen erteilt. Gegen die Entscheidung steht sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft wie auch dem Angeschuldigten die Berufung an das Staatsministerium offen. Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Protokoll oder schriftlich bei der Behörde, die die anzugreifende Entscheidung erlassen hat. Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchige, die mit dem Ablaufe des Tages, an dem die Entscheidung verkündigt worden ist, und für den Angeschuldigten, der hierhei nicht zugegen war, mit dem Ablaufe des Tages beginnt, an dem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist. Zur schriftlichen Rechtfertigung steht dem, der sie rechtzeitig angemeldet hat, eine fernere vierzehntägige Frist offen, die auf Antrag angemessen verlängert werden kann. Nach Ablauf dieser Fristen werden die Akten an das Staatsministerium eingesandt. Dieses beschließt auf den Vortrag eines von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, in Sachen jedoch, in denen der Disziplinarhof in erster Instanz geurteilt hat, auf den Vortrag zweier von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, von denen einer dem Justizministerium angehören muß. Ist die Berufung gegen die Entscheidung einer Eisenbahndirektion eingelegt, so kann das Staatsministerium keinen Beschluß fassen, bevor das Gutachten des Disziplinarhofs eingeholt worden ist. Dieser kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforderlichen Verfügungen erlassen. Er kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen, zu der der Angeschuldigte vorzuladen und ein Beamter der Staatsanwaltschaft beizuziehen ist. Der letztere wird in diesem Falle vom Ressortminister bezeichnet. Lautet die Entscheidung oder das Gutachten des Disziplinarhofs auf Freisprechung des Angeschuldigten oder nur auf Warnung oder Verweis, so kann das Staatsministerium, wenn es den Angeschuldigten strafbar findet, nicht die Strafe der Dienstentlassung, sondern nur eine geringere Disziplinarstrafe verhängen oder die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Wartegeld verfügen. Jede Entscheidung der Disziplinarbehörde, gegen die kein Rechtsmittel mehr stattfindet und durch die die Dienstentlassung ausgesprochen ist, bedarf der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom König ernannt oder bestätigt worden ist. In Bayern richtet sich das Ordnungsstrafverfahren nach den Bestimmungen der „Dienstordnung für die Staatseisenbahnverwaltung“ vom 1. Mai 1911. Sobald ein Dienstvorstand von einem Dienstvergehen eines Untergebenen entweder infolge unmittelbarer Wahrnehmung oder durch mündliche oder schriftliche Meldung, durch den Auftrag einer vorgesetzten Dienststelle oder durch Anzeigen oder Anträge Dritter Kenntnis erhält, hat er den Beschuldigten zur Äußerung über die ihm zur Last gelegte Verletzung der Dienstpflicht zu veranlassen und die etwa weiter erforderlichen Feststellungen zu machen. Nur bei erheblicheren Verfehlungen ist eine kurze Niederschrift anzufertigen. Ist ein Dienstvergehen festgestellt und erscheinen Ermahnung oder Warnung des Schuldigen nicht als hinreichend, so ist eine Ordnungsstrafe zu verhängen, sofern nicht das förmliche Disziplinarverfahren einzuleiten ist. Bei Bemessung der Ordnungsstrafe ist insbesondere zu berücksichtigen: a) der Grad des Verschuldens, b) die Gefährlichkeit der Handlung oder Unterlassung, c) die bisherige Führung des Schuldigen sowie d) besondere Erschwerungen bei Wahrnehmung des Dienstes. Die zuständige Dienststelle hat die Verhängung einer Ordnungsstrafe unter kurzer Angabe der Gründe durch eine Strafverfügung auszusprechen. Die Verfügung ist dem Schuldigen durch seine vorgesetzte Dienststelle, unter Belehrung über sein Beschwerderecht, in der Regel mündlich gegen Unterschrift zu eröffnen. Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe steht dem Bestraften das Recht der Beschwerde nur an die nächsthöhere Dienststelle, wenn die Strafverfügung von dem Ministerium erlassen wurde, an den Staatsrat zu. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Sie muß binnen 2 Wochen, vom Tage der Eröffnung der Strafverfügung an und, diesen Tag mitgerechnet, bei der Dienststelle, die die Strafverfügung erlassen hat, eingereicht werden. Für die Einleitung und Durchführung des förmlichen Disziplinarverfahrens sind die Bestimmungen des Beamtengesetzes vom 16. August 1908 maßgebend (Art. 118 ff.). Zuständig zur Stellung des Antrages auf Einleitung des Disziplinarverfahrens sind: a) das Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten gegenüber den Beamten bis Klasse XIII der Gehaltsordnung einschließlich und dem übrigen, dem Ministerium unterstellten oder unterstellt gewesenen Personale; b) die Eisenbahndirektionen gegenüber dem unterstellten oder unterstellt gewesenen Personale, gegenüber Beamten, die der Gehaltsordnung unterliegen, von Klasse XIV–XXX dieser Ordnung; c) das Personalamt gegenüber dem. unter b) erwähnten Personale, soweit es den Ämtern unterstellt ist oder war. Disziplinargerichte sind: 1. 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Ist die Berufung gegen die Entscheidung einer Eisenbahndirektion eingelegt, so kann das Staatsministerium keinen Beschluß fassen, bevor das Gutachten des Disziplinarhofs eingeholt worden ist. Dieser kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforderlichen Verfügungen erlassen. Er kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen, zu der der Angeschuldigte vorzuladen und ein Beamter der Staatsanwaltschaft beizuziehen ist. Der letztere wird in diesem Falle vom Ressortminister bezeichnet. Lautet die Entscheidung oder das Gutachten des Disziplinarhofs auf Freisprechung des Angeschuldigten oder nur auf Warnung oder Verweis, so kann das Staatsministerium, wenn es den Angeschuldigten strafbar findet, nicht die Strafe der Dienstentlassung, sondern nur eine geringere Disziplinarstrafe verhängen oder die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Wartegeld verfügen.</p><lb/> <p>Jede Entscheidung der Disziplinarbehörde, gegen die kein Rechtsmittel mehr stattfindet und durch die die Dienstentlassung ausgesprochen ist, bedarf der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom König ernannt oder bestätigt worden ist.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">Bayern</hi> richtet sich das Ordnungsstrafverfahren nach den Bestimmungen der „Dienstordnung für die Staatseisenbahnverwaltung“ vom 1. Mai 1911. 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den bisherigen Verhandlungen hervorgeht. Der Angeschuldigte wird alsdann vernommen. Im Anschluß daran wird der Beamte der Staatsanwaltschaft mit seinem Vor- und Antrage, und der Angeschuldigte in seiner Verteidigung gehört. Dem Angeschuldigten steht das letzte Wort zu. Wenn die Behörde auf den Antrag des Angeschuldigten oder des Beamten der Staatsanwaltschaft oder auch von Amts wegen die Vernehmung eines oder mehrerer Zeugen, sei es durch einen Kommissär oder mündlich vor der Behörde selbst, oder die Herbeischaffung anderer Mittel zur Aufklärung der Sache für angemessen erachtet, so erläßt sie die erforderliche Verfügung und verlegt nötigenfalls die Fortsetzung der Sache auf einen anderen Tag, der dem Angeschuldigten bekanntzugeben ist.
Der Angeschuldigte, der erscheint, kann sich des Beistandes eines Rechtsanwalts als Verteidigers bedienen. Der nicht erscheinende Angeschuldigte kann sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Disziplinarbehörde steht es jedoch jederzeit zu, das persönliche Erscheinen des Angeschuldigten unter der Warnung anzuordnen, daß bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht werde zugelassen werden.
Bei der Entscheidung hat die Disziplinarbehörde, ohne an positive Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem ganzen Inbegriffe, der Verhandlungen und Beweise geschöpften Überzeugung zu beurteilen, inwieweit die Anschuldigung für begründet zu erachten ist. Die Entscheidung kann auch auf eine bloße Ordnungsstrafe lauten. Die Entscheidung, die mit Gründen versehen sein muß, wird in der Sitzung, in der die mündliche Verhandlung beendet worden ist, oder in einer der nächsten Sitzungen verkündigt und eine Ausfertigung dem Angeschuldigten auf sein Verlangen erteilt.
Gegen die Entscheidung steht sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft wie auch dem Angeschuldigten die Berufung an das Staatsministerium offen. Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Protokoll oder schriftlich bei der Behörde, die die anzugreifende Entscheidung erlassen hat. Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchige, die mit dem Ablaufe des Tages, an dem die Entscheidung verkündigt worden ist, und für den Angeschuldigten, der hierhei nicht zugegen war, mit dem Ablaufe des Tages beginnt, an dem ihm die Entscheidung zugestellt worden ist. Zur schriftlichen Rechtfertigung steht dem, der sie rechtzeitig angemeldet hat, eine fernere vierzehntägige Frist offen, die auf Antrag angemessen verlängert werden kann. Nach Ablauf dieser Fristen werden die Akten an das Staatsministerium eingesandt. Dieses beschließt auf den Vortrag eines von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, in Sachen jedoch, in denen der Disziplinarhof in erster Instanz geurteilt hat, auf den Vortrag zweier von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, von denen einer dem Justizministerium angehören muß. Ist die Berufung gegen die Entscheidung einer Eisenbahndirektion eingelegt, so kann das Staatsministerium keinen Beschluß fassen, bevor das Gutachten des Disziplinarhofs eingeholt worden ist. Dieser kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforderlichen Verfügungen erlassen. Er kann auch eine mündliche Verhandlung anordnen, zu der der Angeschuldigte vorzuladen und ein Beamter der Staatsanwaltschaft beizuziehen ist. Der letztere wird in diesem Falle vom Ressortminister bezeichnet. Lautet die Entscheidung oder das Gutachten des Disziplinarhofs auf Freisprechung des Angeschuldigten oder nur auf Warnung oder Verweis, so kann das Staatsministerium, wenn es den Angeschuldigten strafbar findet, nicht die Strafe der Dienstentlassung, sondern nur eine geringere Disziplinarstrafe verhängen oder die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Wartegeld verfügen.
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In Bayern richtet sich das Ordnungsstrafverfahren nach den Bestimmungen der „Dienstordnung für die Staatseisenbahnverwaltung“ vom 1. Mai 1911. Sobald ein Dienstvorstand von einem Dienstvergehen eines Untergebenen entweder infolge unmittelbarer Wahrnehmung oder durch mündliche oder schriftliche Meldung, durch den Auftrag einer vorgesetzten Dienststelle oder durch Anzeigen oder Anträge Dritter Kenntnis erhält, hat er den Beschuldigten zur Äußerung über die ihm zur Last gelegte Verletzung der Dienstpflicht zu veranlassen und die etwa weiter erforderlichen Feststellungen zu machen. Nur bei erheblicheren Verfehlungen ist eine kurze Niederschrift anzufertigen. Ist ein Dienstvergehen festgestellt und erscheinen Ermahnung oder Warnung des Schuldigen nicht als hinreichend, so ist eine Ordnungsstrafe zu verhängen, sofern nicht das förmliche Disziplinarverfahren einzuleiten ist. Bei Bemessung der Ordnungsstrafe ist insbesondere zu berücksichtigen: a) der Grad des Verschuldens, b) die Gefährlichkeit der Handlung oder Unterlassung, c) die bisherige Führung des Schuldigen sowie d) besondere Erschwerungen bei Wahrnehmung des Dienstes. Die zuständige Dienststelle hat die Verhängung einer Ordnungsstrafe unter kurzer Angabe der Gründe durch eine Strafverfügung auszusprechen. Die Verfügung ist dem Schuldigen durch seine vorgesetzte Dienststelle, unter Belehrung über sein Beschwerderecht, in der Regel mündlich gegen Unterschrift zu eröffnen. Gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe steht dem Bestraften das Recht der Beschwerde nur an die nächsthöhere Dienststelle, wenn die Strafverfügung von dem Ministerium erlassen wurde, an den Staatsrat zu. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Sie muß binnen 2 Wochen, vom Tage der Eröffnung der Strafverfügung an und, diesen Tag mitgerechnet, bei der Dienststelle, die die Strafverfügung erlassen hat, eingereicht werden.
Für die Einleitung und Durchführung des förmlichen Disziplinarverfahrens sind die Bestimmungen des Beamtengesetzes vom 16. August 1908 maßgebend (Art. 118 ff.). Zuständig zur Stellung des Antrages auf Einleitung des Disziplinarverfahrens sind:
a) das Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten gegenüber den Beamten bis Klasse XIII der Gehaltsordnung einschließlich und dem übrigen, dem Ministerium unterstellten oder unterstellt gewesenen Personale;
b) die Eisenbahndirektionen gegenüber dem unterstellten oder unterstellt gewesenen Personale, gegenüber Beamten, die der Gehaltsordnung unterliegen, von Klasse XIV–XXX dieser Ordnung;
c) das Personalamt gegenüber dem. unter b) erwähnten Personale, soweit es den Ämtern unterstellt ist oder war.
Disziplinargerichte sind: 1. In erster Instanz die Disziplinarkammern, von denen je eine am Sitze jedes Oberlandesgerichts besteht; 2. in zweiter Instanz der Disziplinarhof. Die Disziplinarkammer besteht aus einem Präsidenten, den Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern der bei demselben Oberlandesgericht
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