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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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zur Seite steht, das der Staat Privatunternehmern nicht unbeschränkt einräumen darf.

Ein weiterer Bestimmungsgrund für die erhöhte Einflußnahme des Staates auf die Eisenbahnen liegt in der gewaltigen Größe der mit ihnen verknüpften materiellen Interessen, deren Vertretung eine unter Umständen gemeingefährliche Machtstellung in den Händen einzelner Privatpersonen vereinigen kann. (Amerikanische Eisenbahnkönige!) Die Riesensummen des Anlagekapitals, deren Beschaffung und Verwendung, der Umsatz im Betrieb, dessen Einwirkung auf das Wirtschaftsleben des Bahngebiets, die Beherrschung eines nach vielen Tausenden zählenden Personals von Beamten, Bediensteten und Arbeitern, alle diese Momente erheischen die sorgsame und unablässige Achtsamkeit des Staates, sollen ihm nicht im eigenen Hause wettstreitende Mächte erwachsen, die die Staatspolitik ohne gesetzliche Verantwortlichkeit maßgebend beeinflussen können. Nach den neuesten Ermittlungen betrug das Anlagekapital der Eisenbahnen der Erde Ende 1910 227 Milliarden Mark = 267 Milliarden Kronen. (Vgl. im übrigen über die Länge der Eisenbahnen der Erde und deren Anlagekosten den Artikel: Eisenbahn am Schluß.)

Die Geld- und Kreditgebarung der Eisenbahnen, ihr Erträgnis, an dem der Staat auch bei Privatbahnen häufig durch Garantieleistung und Steuern unmittelbar beteiligt ist, berühren die staatsfinanziellen Interessen sehr nahe. Die mit den Kreditoperationen der Eisenbahnen und dem Kursstande ihrer Wertpapiere zusammenhängenden Börsengeschäfte bieten einen reichlichen Nährboden für Spekulation und Börsenspiel dar.

Einer der stärksten Gründe für die Einflußnahme des Staates auf das Eisenbahnwesen liegt in seiner Wichtigkeit für militärische Zwecke. Die Eisenbahnen haben auch auf die Kriegführung durch die Beschleunigung der Heerestransporte und die Möglichkeit rascher Zusammenziehung großer Truppenmassen, die erleichterte und gesicherte Zufuhr der Kriegs- und Lebensbedürfnisse umgestaltend gewirkt. Die Handlungsfähigkeit der Heeresleitung und die räumliche Ausdehnung der Kriegsoperationen sind dadurch auf das höchste gesteigert. So haben denn auch alle Staaten dafür Vorsorge getroffen, sich die militärische Benutzbarkeit der Bahnen im Ernstfalle unbedingt zu sichern.

Aber auch im friedlichen wirtschaftlichen Wettkampfe der Staaten sind die Eisenbahnen ein wertvolles Werkzeug der Staatspolitik. Sie sind befähigt, durch ihre Verkehrseinrichtungen, die Aufstellung ihrer Beförderungstarife die Maßnahmen der staatlichen Handels- und Zollpolitik in wirksamer Weise zu unterstützen und die Zwecke der staatlichen Wirtschaftspolitik zu fördern. Das Bedürfnis tritt immer stärker hervor, die Eisenbahnen mit ihren Tarifen in den Dienst der heimischen Handels- und Wirtschaftspolitik zu stellen und sie in dieser Hinsicht, mögen sie Staats- oder Privatbahnen sein, als Instrumenta regni zu benutzen.

Nicht ohne Bedeutung ist schließlich für den maßgebenden Einfluß des Staates auf die Eisenbahnen der aus ihrer Entstehung auf Grund eines Aktes der Staatshoheit und der Verleihung des Enteignungsrechtes hervorgehende juristische und Billigkeitsgesichtspunkt, daß die Einschränkung der Privatrechte nur dann gerechtfertigt sei, wenn die hierdurch geschaffene Verkehrsanstalt dem Interesse der Allgemeinheit dauernd gewidmet bleibt.

In der unausgesetzt und planmäßig zur Geltung gelangenden Betätigung des Staates im Interesse der Allgemeinheit wird allgemein der Kern und das Wesen der E. erkannt. Mit Gewährleistung der öffentlichen Interessen bei den Eisenbahnen ist aber das Problem der E. nicht erschöpft. Eine vollständig befriedigende Lösung ist nur dann zu gewinnen, wenn neben den öffentlichen Interessen die Wahrung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Eisenbahnen, d. i. die Erzielung einer gewissen Rentabilität gleichfalls als anzustrebendes Ziel einer richtigen E. im Auge behalten wird. Die Bedachtnahme auf die Rentabilität des Bahnbetriebs, die Pflege des Ertrages, tritt nicht selten in Gegensatz zu der Wahrnehmung der öffentlichen Rücksichten. In dieser Hinsicht vorkommende Fälle des Widerstreits können nur dadurch gelöst werden, daß das minder belangreiche Interesse sich dem höheren unterordnet. Hierbei hängt viel davon ab, von wem und in welcher Weise die widerstreitenden Interessen geltend gemacht werden. Es entspricht der allgemeinen Auffassung und der Natur der Sache, daß bei Bahnen, die von öffentlichen Gewalten, dem Staate, den Ländern oder Gemeinden verwaltet werden, die Bedachtnahme auf öffentliche Rücksichten, bei Bahnen in Händen von Privatunternehmern die Berücksichtigung des Ertrages überwiegen wird.

Aus diesem Gegenspiel der wirkenden Kräfte ergibt sich ein Einblick in die Ursachen der Verschiedenheit und der Wandlungen der E. in den einzelnen Staaten (vgl. unter C. Geschichte der E.). Neben mannigfachen

zur Seite steht, das der Staat Privatunternehmern nicht unbeschränkt einräumen darf.

Ein weiterer Bestimmungsgrund für die erhöhte Einflußnahme des Staates auf die Eisenbahnen liegt in der gewaltigen Größe der mit ihnen verknüpften materiellen Interessen, deren Vertretung eine unter Umständen gemeingefährliche Machtstellung in den Händen einzelner Privatpersonen vereinigen kann. (Amerikanische Eisenbahnkönige!) Die Riesensummen des Anlagekapitals, deren Beschaffung und Verwendung, der Umsatz im Betrieb, dessen Einwirkung auf das Wirtschaftsleben des Bahngebiets, die Beherrschung eines nach vielen Tausenden zählenden Personals von Beamten, Bediensteten und Arbeitern, alle diese Momente erheischen die sorgsame und unablässige Achtsamkeit des Staates, sollen ihm nicht im eigenen Hause wettstreitende Mächte erwachsen, die die Staatspolitik ohne gesetzliche Verantwortlichkeit maßgebend beeinflussen können. Nach den neuesten Ermittlungen betrug das Anlagekapital der Eisenbahnen der Erde Ende 1910 227 Milliarden Mark = 267 Milliarden Kronen. (Vgl. im übrigen über die Länge der Eisenbahnen der Erde und deren Anlagekosten den Artikel: Eisenbahn am Schluß.)

Die Geld- und Kreditgebarung der Eisenbahnen, ihr Erträgnis, an dem der Staat auch bei Privatbahnen häufig durch Garantieleistung und Steuern unmittelbar beteiligt ist, berühren die staatsfinanziellen Interessen sehr nahe. Die mit den Kreditoperationen der Eisenbahnen und dem Kursstande ihrer Wertpapiere zusammenhängenden Börsengeschäfte bieten einen reichlichen Nährboden für Spekulation und Börsenspiel dar.

Einer der stärksten Gründe für die Einflußnahme des Staates auf das Eisenbahnwesen liegt in seiner Wichtigkeit für militärische Zwecke. Die Eisenbahnen haben auch auf die Kriegführung durch die Beschleunigung der Heerestransporte und die Möglichkeit rascher Zusammenziehung großer Truppenmassen, die erleichterte und gesicherte Zufuhr der Kriegs- und Lebensbedürfnisse umgestaltend gewirkt. Die Handlungsfähigkeit der Heeresleitung und die räumliche Ausdehnung der Kriegsoperationen sind dadurch auf das höchste gesteigert. So haben denn auch alle Staaten dafür Vorsorge getroffen, sich die militärische Benutzbarkeit der Bahnen im Ernstfalle unbedingt zu sichern.

Aber auch im friedlichen wirtschaftlichen Wettkampfe der Staaten sind die Eisenbahnen ein wertvolles Werkzeug der Staatspolitik. Sie sind befähigt, durch ihre Verkehrseinrichtungen, die Aufstellung ihrer Beförderungstarife die Maßnahmen der staatlichen Handels- und Zollpolitik in wirksamer Weise zu unterstützen und die Zwecke der staatlichen Wirtschaftspolitik zu fördern. Das Bedürfnis tritt immer stärker hervor, die Eisenbahnen mit ihren Tarifen in den Dienst der heimischen Handels- und Wirtschaftspolitik zu stellen und sie in dieser Hinsicht, mögen sie Staats- oder Privatbahnen sein, als Instrumenta regni zu benutzen.

Nicht ohne Bedeutung ist schließlich für den maßgebenden Einfluß des Staates auf die Eisenbahnen der aus ihrer Entstehung auf Grund eines Aktes der Staatshoheit und der Verleihung des Enteignungsrechtes hervorgehende juristische und Billigkeitsgesichtspunkt, daß die Einschränkung der Privatrechte nur dann gerechtfertigt sei, wenn die hierdurch geschaffene Verkehrsanstalt dem Interesse der Allgemeinheit dauernd gewidmet bleibt.

In der unausgesetzt und planmäßig zur Geltung gelangenden Betätigung des Staates im Interesse der Allgemeinheit wird allgemein der Kern und das Wesen der E. erkannt. Mit Gewährleistung der öffentlichen Interessen bei den Eisenbahnen ist aber das Problem der E. nicht erschöpft. Eine vollständig befriedigende Lösung ist nur dann zu gewinnen, wenn neben den öffentlichen Interessen die Wahrung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Eisenbahnen, d. i. die Erzielung einer gewissen Rentabilität gleichfalls als anzustrebendes Ziel einer richtigen E. im Auge behalten wird. Die Bedachtnahme auf die Rentabilität des Bahnbetriebs, die Pflege des Ertrages, tritt nicht selten in Gegensatz zu der Wahrnehmung der öffentlichen Rücksichten. In dieser Hinsicht vorkommende Fälle des Widerstreits können nur dadurch gelöst werden, daß das minder belangreiche Interesse sich dem höheren unterordnet. Hierbei hängt viel davon ab, von wem und in welcher Weise die widerstreitenden Interessen geltend gemacht werden. Es entspricht der allgemeinen Auffassung und der Natur der Sache, daß bei Bahnen, die von öffentlichen Gewalten, dem Staate, den Ländern oder Gemeinden verwaltet werden, die Bedachtnahme auf öffentliche Rücksichten, bei Bahnen in Händen von Privatunternehmern die Berücksichtigung des Ertrages überwiegen wird.

Aus diesem Gegenspiel der wirkenden Kräfte ergibt sich ein Einblick in die Ursachen der Verschiedenheit und der Wandlungen der E. in den einzelnen Staaten (vgl. unter C. Geschichte der E.). Neben mannigfachen

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[94/0103] zur Seite steht, das der Staat Privatunternehmern nicht unbeschränkt einräumen darf. Ein weiterer Bestimmungsgrund für die erhöhte Einflußnahme des Staates auf die Eisenbahnen liegt in der gewaltigen Größe der mit ihnen verknüpften materiellen Interessen, deren Vertretung eine unter Umständen gemeingefährliche Machtstellung in den Händen einzelner Privatpersonen vereinigen kann. (Amerikanische Eisenbahnkönige!) Die Riesensummen des Anlagekapitals, deren Beschaffung und Verwendung, der Umsatz im Betrieb, dessen Einwirkung auf das Wirtschaftsleben des Bahngebiets, die Beherrschung eines nach vielen Tausenden zählenden Personals von Beamten, Bediensteten und Arbeitern, alle diese Momente erheischen die sorgsame und unablässige Achtsamkeit des Staates, sollen ihm nicht im eigenen Hause wettstreitende Mächte erwachsen, die die Staatspolitik ohne gesetzliche Verantwortlichkeit maßgebend beeinflussen können. Nach den neuesten Ermittlungen betrug das Anlagekapital der Eisenbahnen der Erde Ende 1910 227 Milliarden Mark = 267 Milliarden Kronen. (Vgl. im übrigen über die Länge der Eisenbahnen der Erde und deren Anlagekosten den Artikel: Eisenbahn am Schluß.) Die Geld- und Kreditgebarung der Eisenbahnen, ihr Erträgnis, an dem der Staat auch bei Privatbahnen häufig durch Garantieleistung und Steuern unmittelbar beteiligt ist, berühren die staatsfinanziellen Interessen sehr nahe. Die mit den Kreditoperationen der Eisenbahnen und dem Kursstande ihrer Wertpapiere zusammenhängenden Börsengeschäfte bieten einen reichlichen Nährboden für Spekulation und Börsenspiel dar. Einer der stärksten Gründe für die Einflußnahme des Staates auf das Eisenbahnwesen liegt in seiner Wichtigkeit für militärische Zwecke. Die Eisenbahnen haben auch auf die Kriegführung durch die Beschleunigung der Heerestransporte und die Möglichkeit rascher Zusammenziehung großer Truppenmassen, die erleichterte und gesicherte Zufuhr der Kriegs- und Lebensbedürfnisse umgestaltend gewirkt. Die Handlungsfähigkeit der Heeresleitung und die räumliche Ausdehnung der Kriegsoperationen sind dadurch auf das höchste gesteigert. So haben denn auch alle Staaten dafür Vorsorge getroffen, sich die militärische Benutzbarkeit der Bahnen im Ernstfalle unbedingt zu sichern. Aber auch im friedlichen wirtschaftlichen Wettkampfe der Staaten sind die Eisenbahnen ein wertvolles Werkzeug der Staatspolitik. Sie sind befähigt, durch ihre Verkehrseinrichtungen, die Aufstellung ihrer Beförderungstarife die Maßnahmen der staatlichen Handels- und Zollpolitik in wirksamer Weise zu unterstützen und die Zwecke der staatlichen Wirtschaftspolitik zu fördern. Das Bedürfnis tritt immer stärker hervor, die Eisenbahnen mit ihren Tarifen in den Dienst der heimischen Handels- und Wirtschaftspolitik zu stellen und sie in dieser Hinsicht, mögen sie Staats- oder Privatbahnen sein, als Instrumenta regni zu benutzen. Nicht ohne Bedeutung ist schließlich für den maßgebenden Einfluß des Staates auf die Eisenbahnen der aus ihrer Entstehung auf Grund eines Aktes der Staatshoheit und der Verleihung des Enteignungsrechtes hervorgehende juristische und Billigkeitsgesichtspunkt, daß die Einschränkung der Privatrechte nur dann gerechtfertigt sei, wenn die hierdurch geschaffene Verkehrsanstalt dem Interesse der Allgemeinheit dauernd gewidmet bleibt. In der unausgesetzt und planmäßig zur Geltung gelangenden Betätigung des Staates im Interesse der Allgemeinheit wird allgemein der Kern und das Wesen der E. erkannt. Mit Gewährleistung der öffentlichen Interessen bei den Eisenbahnen ist aber das Problem der E. nicht erschöpft. Eine vollständig befriedigende Lösung ist nur dann zu gewinnen, wenn neben den öffentlichen Interessen die Wahrung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Eisenbahnen, d. i. die Erzielung einer gewissen Rentabilität gleichfalls als anzustrebendes Ziel einer richtigen E. im Auge behalten wird. Die Bedachtnahme auf die Rentabilität des Bahnbetriebs, die Pflege des Ertrages, tritt nicht selten in Gegensatz zu der Wahrnehmung der öffentlichen Rücksichten. In dieser Hinsicht vorkommende Fälle des Widerstreits können nur dadurch gelöst werden, daß das minder belangreiche Interesse sich dem höheren unterordnet. Hierbei hängt viel davon ab, von wem und in welcher Weise die widerstreitenden Interessen geltend gemacht werden. Es entspricht der allgemeinen Auffassung und der Natur der Sache, daß bei Bahnen, die von öffentlichen Gewalten, dem Staate, den Ländern oder Gemeinden verwaltet werden, die Bedachtnahme auf öffentliche Rücksichten, bei Bahnen in Händen von Privatunternehmern die Berücksichtigung des Ertrages überwiegen wird. Aus diesem Gegenspiel der wirkenden Kräfte ergibt sich ein Einblick in die Ursachen der Verschiedenheit und der Wandlungen der E. in den einzelnen Staaten (vgl. unter C. Geschichte der E.). Neben mannigfachen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/103>, abgerufen am 24.11.2024.