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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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2. die leichtere Kreditbenutzung bei öffentlichen Anleihen;

3. eine volkswirtschaftlich richtige Tarifpolitik in organischer Verbindung mit der Zoll- und Handelspolitik, daher gleiche Aktionsfähigkeit wie die Auslandsstaaten, die Staatsbahnen besitzen;

4. Vermeidung der rechtlichen und tatsächlichen Monopolsstellung von Privatunternehmungen;

5. ökonomisch-technische Vorteile bei der Betriebsführung infolge der Vereinigung der Oberaufsicht, des Bahneigentums und des Betriebes in einer Hand, Vereinfachung des Tarifwesens, Ausgleichung der Fehlbeträge passiver mit den Überschüssen aktiver Linien und Kurse;

6. Einheitlichkeit der Verwaltung der Bahnen und übrigen Verkehrszweige (Post und Telegraph, Schiffahrtskanäle, soweit sie öffentlich sind, unterstützte Schiffahrtsbetriebe);

7. Öffentliche Kontrolle der Verwaltung durch die Vertretungskörper.

Die dem Staatsbahnsystem eigenen theoretischen Vorzüge, besonders aber auch die überaus günstigen Ergebnisse in Preußen, haben zur Folge gehabt, daß die E. der meisten Kulturstaaten des europäischen Festlands sich mehr und mehr dem Staatsbahnsystem zugewendet hat und bestrebt bleibt, durch Rückkauf oder freihändige Erwerbung der großen Privatbahnen dem reinen Staatsbahnsystem möglichst nahezukommen. Auch in Österreich ist die Eisenbahnverstaatlichung soweit vorgeschritten, daß außer den beiden mit Ungarn gemeinsamen Bahnen, der Südbahn und Kaschau-Oderberger Bahn und zwei böhmischen Kohlenbahnen (Buschtehrader und Außig-Teplitzer Bahn) alle Hauptbahnen sich nunmehr im Besitz und Betrieb des Staates befinden.

Dabei haben sich manche Bedenken, die ursprünglich gegen die Verwaltung der Bahnen durch den Staat erhoben wurden, mit der Wandlung der sozialökonomischen Anschauungen als grundlos erwiesen oder doch sehr abgeschwächt. So Zweifel, ob der Staat im stände sein werde, ein ausgedehntes Bahnnetz zweckmäßig zu verwalten; Abneigung gegen die Ausdehnung des staatlichen Machtkreises im Verkehrs- und Tarifwesen, insbesondere auch auf das Bahnpersonal; Besorgnisse wegen Hereinziehung des Staates als Dienstgeber von vielen Tausenden Bahnbediensteter in die sozialen Gegensätze und Verwicklungen. Auch das Schlagwort des "Bureaukratismus" vermag von der staatlichen Verwaltung der Bahnen nicht abzuschrecken. Man findet engherzige und formalistische Geschäftsführung auch bei Privatverwaltungen. Richtig ist soviel, daß die Staatsbahnverwaltung sich wegen der dem Staate eigenen organischen oder herkömmlichen Einrichtungen (beschränkte Befugnisse der ausführenden Organe, Instanzenzug, vervielfältigte Kontrollen, Abhängigkeit von parlamentarischen Kreditbewilligungen u. s. w.) in geschäftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht weniger frei bewegen kann als eine Privatgesellschaft. Es ist nun aber eben die Aufgabe einer zweckmäßigen Organisation und Geschäftsführung der Staatsbahnverwaltung, der Eigenart dieses Dienstzweiges und seinen besonderen Bedürfnissen durch vereinfachte, wenn auch von denen der sonstigen Staatsdienstzweige abweichende Einrichtungen und Normen Rechnung zu tragen. Ebenso werden diese Bedürfnisse von den parlamentarischen Vertretungskörpern berücksichtigt werden müssen und für den Fall des Versagens, ihrer normalen Tätigkeit sind verfassungsmäßige Vorsorgen zum unbehinderten Fortgang der Eisenbahnwirtschaft zu treffen. Etwaigen Versuchen obiger Körperschaften und ihrer Mitglieder mit Überschreitung ihrer Zuständigkeitsbefugnisse die Eisenbahnverwaltung in ungehöriger und fachwidriger Weise zu beeinflussen, muß die Regierung nachdrücklichst entgegentreten.

Ein Hauptbedenken gegen das Staatsbahnsystem ist die Größe der wirtschaftlichen und finanziellen Verantwortlichkeit, die dem Staate durch die Übernahme der Milliardenwerte des Bahnanlagekapitals auf seine Rechnung mit den Verzinsungs- und Tilgungslasten erwächst, deren Aufbringung aus dem Betriebe wegen der Schwankungen, denen der Verkehr nach den wechselnden Konjunkturen des Wirtschafts- und Geschäftslebens unterliegt, ein Element der Unsicherheit in die Gebarung des Staatshaushalts hineinträgt. Zwar vermindert sich dieses aleatorische Element dort, wo der Staat an dem Ertrage der Bahnen, wie durch Staatsgarantie des Reinerträgnisses, durch Gewinnanteile oder Ertragssteuern mehr oder weniger direkt finanziell beteiligt ist; immerhin ist die finanzielle Verantwortlichkeit des Staates für die gesamte Eisenbahngebarung einschließlich der Vorsorge für Neubau und Erweiterungen eine die Staatsfinanzen unter Umständen empfindlich belastende Verpflichtung. Ihre Erfüllung setzt die sorgfältigste Bedachtnahme auf die Pflege des Ertrages voraus und erfordert einerseits die Handhabung einer vorsichtigen, die eisenbahnfiskalischen Rücksichten

2. die leichtere Kreditbenutzung bei öffentlichen Anleihen;

3. eine volkswirtschaftlich richtige Tarifpolitik in organischer Verbindung mit der Zoll- und Handelspolitik, daher gleiche Aktionsfähigkeit wie die Auslandsstaaten, die Staatsbahnen besitzen;

4. Vermeidung der rechtlichen und tatsächlichen Monopolsstellung von Privatunternehmungen;

5. ökonomisch-technische Vorteile bei der Betriebsführung infolge der Vereinigung der Oberaufsicht, des Bahneigentums und des Betriebes in einer Hand, Vereinfachung des Tarifwesens, Ausgleichung der Fehlbeträge passiver mit den Überschüssen aktiver Linien und Kurse;

6. Einheitlichkeit der Verwaltung der Bahnen und übrigen Verkehrszweige (Post und Telegraph, Schiffahrtskanäle, soweit sie öffentlich sind, unterstützte Schiffahrtsbetriebe);

7. Öffentliche Kontrolle der Verwaltung durch die Vertretungskörper.

Die dem Staatsbahnsystem eigenen theoretischen Vorzüge, besonders aber auch die überaus günstigen Ergebnisse in Preußen, haben zur Folge gehabt, daß die E. der meisten Kulturstaaten des europäischen Festlands sich mehr und mehr dem Staatsbahnsystem zugewendet hat und bestrebt bleibt, durch Rückkauf oder freihändige Erwerbung der großen Privatbahnen dem reinen Staatsbahnsystem möglichst nahezukommen. Auch in Österreich ist die Eisenbahnverstaatlichung soweit vorgeschritten, daß außer den beiden mit Ungarn gemeinsamen Bahnen, der Südbahn und Kaschau-Oderberger Bahn und zwei böhmischen Kohlenbahnen (Buschtěhrader und Außig-Teplitzer Bahn) alle Hauptbahnen sich nunmehr im Besitz und Betrieb des Staates befinden.

Dabei haben sich manche Bedenken, die ursprünglich gegen die Verwaltung der Bahnen durch den Staat erhoben wurden, mit der Wandlung der sozialökonomischen Anschauungen als grundlos erwiesen oder doch sehr abgeschwächt. So Zweifel, ob der Staat im stände sein werde, ein ausgedehntes Bahnnetz zweckmäßig zu verwalten; Abneigung gegen die Ausdehnung des staatlichen Machtkreises im Verkehrs- und Tarifwesen, insbesondere auch auf das Bahnpersonal; Besorgnisse wegen Hereinziehung des Staates als Dienstgeber von vielen Tausenden Bahnbediensteter in die sozialen Gegensätze und Verwicklungen. Auch das Schlagwort des „Bureaukratismus“ vermag von der staatlichen Verwaltung der Bahnen nicht abzuschrecken. Man findet engherzige und formalistische Geschäftsführung auch bei Privatverwaltungen. Richtig ist soviel, daß die Staatsbahnverwaltung sich wegen der dem Staate eigenen organischen oder herkömmlichen Einrichtungen (beschränkte Befugnisse der ausführenden Organe, Instanzenzug, vervielfältigte Kontrollen, Abhängigkeit von parlamentarischen Kreditbewilligungen u. s. w.) in geschäftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht weniger frei bewegen kann als eine Privatgesellschaft. Es ist nun aber eben die Aufgabe einer zweckmäßigen Organisation und Geschäftsführung der Staatsbahnverwaltung, der Eigenart dieses Dienstzweiges und seinen besonderen Bedürfnissen durch vereinfachte, wenn auch von denen der sonstigen Staatsdienstzweige abweichende Einrichtungen und Normen Rechnung zu tragen. Ebenso werden diese Bedürfnisse von den parlamentarischen Vertretungskörpern berücksichtigt werden müssen und für den Fall des Versagens, ihrer normalen Tätigkeit sind verfassungsmäßige Vorsorgen zum unbehinderten Fortgang der Eisenbahnwirtschaft zu treffen. Etwaigen Versuchen obiger Körperschaften und ihrer Mitglieder mit Überschreitung ihrer Zuständigkeitsbefugnisse die Eisenbahnverwaltung in ungehöriger und fachwidriger Weise zu beeinflussen, muß die Regierung nachdrücklichst entgegentreten.

Ein Hauptbedenken gegen das Staatsbahnsystem ist die Größe der wirtschaftlichen und finanziellen Verantwortlichkeit, die dem Staate durch die Übernahme der Milliardenwerte des Bahnanlagekapitals auf seine Rechnung mit den Verzinsungs- und Tilgungslasten erwächst, deren Aufbringung aus dem Betriebe wegen der Schwankungen, denen der Verkehr nach den wechselnden Konjunkturen des Wirtschafts- und Geschäftslebens unterliegt, ein Element der Unsicherheit in die Gebarung des Staatshaushalts hineinträgt. Zwar vermindert sich dieses aleatorische Element dort, wo der Staat an dem Ertrage der Bahnen, wie durch Staatsgarantie des Reinerträgnisses, durch Gewinnanteile oder Ertragssteuern mehr oder weniger direkt finanziell beteiligt ist; immerhin ist die finanzielle Verantwortlichkeit des Staates für die gesamte Eisenbahngebarung einschließlich der Vorsorge für Neubau und Erweiterungen eine die Staatsfinanzen unter Umständen empfindlich belastende Verpflichtung. Ihre Erfüllung setzt die sorgfältigste Bedachtnahme auf die Pflege des Ertrages voraus und erfordert einerseits die Handhabung einer vorsichtigen, die eisenbahnfiskalischen Rücksichten

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[99/0108] 2. die leichtere Kreditbenutzung bei öffentlichen Anleihen; 3. eine volkswirtschaftlich richtige Tarifpolitik in organischer Verbindung mit der Zoll- und Handelspolitik, daher gleiche Aktionsfähigkeit wie die Auslandsstaaten, die Staatsbahnen besitzen; 4. Vermeidung der rechtlichen und tatsächlichen Monopolsstellung von Privatunternehmungen; 5. ökonomisch-technische Vorteile bei der Betriebsführung infolge der Vereinigung der Oberaufsicht, des Bahneigentums und des Betriebes in einer Hand, Vereinfachung des Tarifwesens, Ausgleichung der Fehlbeträge passiver mit den Überschüssen aktiver Linien und Kurse; 6. Einheitlichkeit der Verwaltung der Bahnen und übrigen Verkehrszweige (Post und Telegraph, Schiffahrtskanäle, soweit sie öffentlich sind, unterstützte Schiffahrtsbetriebe); 7. Öffentliche Kontrolle der Verwaltung durch die Vertretungskörper. Die dem Staatsbahnsystem eigenen theoretischen Vorzüge, besonders aber auch die überaus günstigen Ergebnisse in Preußen, haben zur Folge gehabt, daß die E. der meisten Kulturstaaten des europäischen Festlands sich mehr und mehr dem Staatsbahnsystem zugewendet hat und bestrebt bleibt, durch Rückkauf oder freihändige Erwerbung der großen Privatbahnen dem reinen Staatsbahnsystem möglichst nahezukommen. Auch in Österreich ist die Eisenbahnverstaatlichung soweit vorgeschritten, daß außer den beiden mit Ungarn gemeinsamen Bahnen, der Südbahn und Kaschau-Oderberger Bahn und zwei böhmischen Kohlenbahnen (Buschtěhrader und Außig-Teplitzer Bahn) alle Hauptbahnen sich nunmehr im Besitz und Betrieb des Staates befinden. Dabei haben sich manche Bedenken, die ursprünglich gegen die Verwaltung der Bahnen durch den Staat erhoben wurden, mit der Wandlung der sozialökonomischen Anschauungen als grundlos erwiesen oder doch sehr abgeschwächt. So Zweifel, ob der Staat im stände sein werde, ein ausgedehntes Bahnnetz zweckmäßig zu verwalten; Abneigung gegen die Ausdehnung des staatlichen Machtkreises im Verkehrs- und Tarifwesen, insbesondere auch auf das Bahnpersonal; Besorgnisse wegen Hereinziehung des Staates als Dienstgeber von vielen Tausenden Bahnbediensteter in die sozialen Gegensätze und Verwicklungen. Auch das Schlagwort des „Bureaukratismus“ vermag von der staatlichen Verwaltung der Bahnen nicht abzuschrecken. Man findet engherzige und formalistische Geschäftsführung auch bei Privatverwaltungen. Richtig ist soviel, daß die Staatsbahnverwaltung sich wegen der dem Staate eigenen organischen oder herkömmlichen Einrichtungen (beschränkte Befugnisse der ausführenden Organe, Instanzenzug, vervielfältigte Kontrollen, Abhängigkeit von parlamentarischen Kreditbewilligungen u. s. w.) in geschäftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht weniger frei bewegen kann als eine Privatgesellschaft. Es ist nun aber eben die Aufgabe einer zweckmäßigen Organisation und Geschäftsführung der Staatsbahnverwaltung, der Eigenart dieses Dienstzweiges und seinen besonderen Bedürfnissen durch vereinfachte, wenn auch von denen der sonstigen Staatsdienstzweige abweichende Einrichtungen und Normen Rechnung zu tragen. Ebenso werden diese Bedürfnisse von den parlamentarischen Vertretungskörpern berücksichtigt werden müssen und für den Fall des Versagens, ihrer normalen Tätigkeit sind verfassungsmäßige Vorsorgen zum unbehinderten Fortgang der Eisenbahnwirtschaft zu treffen. Etwaigen Versuchen obiger Körperschaften und ihrer Mitglieder mit Überschreitung ihrer Zuständigkeitsbefugnisse die Eisenbahnverwaltung in ungehöriger und fachwidriger Weise zu beeinflussen, muß die Regierung nachdrücklichst entgegentreten. Ein Hauptbedenken gegen das Staatsbahnsystem ist die Größe der wirtschaftlichen und finanziellen Verantwortlichkeit, die dem Staate durch die Übernahme der Milliardenwerte des Bahnanlagekapitals auf seine Rechnung mit den Verzinsungs- und Tilgungslasten erwächst, deren Aufbringung aus dem Betriebe wegen der Schwankungen, denen der Verkehr nach den wechselnden Konjunkturen des Wirtschafts- und Geschäftslebens unterliegt, ein Element der Unsicherheit in die Gebarung des Staatshaushalts hineinträgt. Zwar vermindert sich dieses aleatorische Element dort, wo der Staat an dem Ertrage der Bahnen, wie durch Staatsgarantie des Reinerträgnisses, durch Gewinnanteile oder Ertragssteuern mehr oder weniger direkt finanziell beteiligt ist; immerhin ist die finanzielle Verantwortlichkeit des Staates für die gesamte Eisenbahngebarung einschließlich der Vorsorge für Neubau und Erweiterungen eine die Staatsfinanzen unter Umständen empfindlich belastende Verpflichtung. Ihre Erfüllung setzt die sorgfältigste Bedachtnahme auf die Pflege des Ertrages voraus und erfordert einerseits die Handhabung einer vorsichtigen, die eisenbahnfiskalischen Rücksichten

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/108>, abgerufen am 24.11.2024.