Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung.

Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden.

In Baden wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586).

In Ungarn wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine Eisenbahnschule in Budapest gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen "Verkehrskurs" organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben.

Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt.

Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140).

In Italien besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in Rom. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen.

Einer zweiten Privatschule, in Neapel (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber.

Fortbildungskurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden.

Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen.

Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen.

In Rußland besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht.

Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den unteren

Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung.

Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden.

In Baden wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586).

In Ungarn wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine Eisenbahnschule in Budapest gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen „Verkehrskurs“ organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben.

Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt.

Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140).

In Italien besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in Rom. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen.

Einer zweiten Privatschule, in Neapel (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber.

Fortbildungskurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden.

Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen.

Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen.

In Rußland besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht.

Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den unteren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="126"/>
Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung.</p><lb/>
          <p>Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Baden</hi> wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586).</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Ungarn</hi> wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine <hi rendition="#g">Eisenbahnschule</hi> in <hi rendition="#g">Budapest</hi> gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen &#x201E;<hi rendition="#g">Verkehrskurs</hi>&#x201C; organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben.</p><lb/>
          <p>Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt.</p><lb/>
          <p>Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140).</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Italien</hi> besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in <hi rendition="#g">Rom</hi>. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen.</p><lb/>
          <p>Einer zweiten Privatschule, in <hi rendition="#g">Neapel</hi> (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Fortbildungs</hi>kurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden.</p><lb/>
          <p>Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen.</p><lb/>
          <p>Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Rußland</hi> besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht.</p><lb/>
          <p>Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den <hi rendition="#g">unteren</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0135] Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung. Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden. In Baden wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586). In Ungarn wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine Eisenbahnschule in Budapest gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen „Verkehrskurs“ organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben. Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt. Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140). In Italien besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in Rom. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen. Einer zweiten Privatschule, in Neapel (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber. Fortbildungskurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden. Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen. Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen. In Rußland besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht. Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den unteren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:48Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/135
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/135>, abgerufen am 01.11.2024.