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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung.

Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden.

In Baden wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586).

In Ungarn wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine Eisenbahnschule in Budapest gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen "Verkehrskurs" organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben.

Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt.

Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140).

In Italien besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in Rom. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen.

Einer zweiten Privatschule, in Neapel (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber.

Fortbildungskurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden.

Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen.

Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen.

In Rußland besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht.

Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den unteren

Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung.

Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden.

In Baden wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586).

In Ungarn wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine Eisenbahnschule in Budapest gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen „Verkehrskurs“ organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben.

Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt.

Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140).

In Italien besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in Rom. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen.

Einer zweiten Privatschule, in Neapel (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber.

Fortbildungskurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden.

Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen.

Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen.

In Rußland besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht.

Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den unteren

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[126/0135] Eisenbahnkunde, Telegraphie, Buchführung. Die Zöglinge der Anstalt haben nach bestandener Prüfung zwar keinen Anspruch auf Anstellung im Eisenbahndienst, tatsächlich pflegen sie aber von der Staatsbahnverwaltung eingestellt zu werden. In Baden wurde 1908 eine Eisenbahnschule als Übungskurs für Gehilfen des mittleren, nichttechnischen Dienstes eingerichtet. Dieser Kurs wird im Winter für die genannten Gehilfen während der Vorbereitungszeit und vor der Zulassung zur Assistentenprüfung abgehalten und umfaßt den Lehrstoff aller für die Assistentenprüfung in Betracht kommenden Gegenstände (vgl. Ztg. d. VDEV. 1908, S. 1586). In Ungarn wurde im Jahre 1887 von der Regierung im Einverständnis mit den Eisenbahnverwaltungen eine Eisenbahnschule in Budapest gegründet, die neuerdings mit den gleichfalls bestehenden Post- und Telegraphie- und Schiffahrtsschulen unter dem gemeinsamen Namen „Verkehrskurs“ organisatorisch verschmolzen worden ist. Die Schule steht unter Aufsicht des Handelsministeriums und wird durch eine Überwachungskommission ständig beaufsichtigt. Die Kurse dauern zehn Monate und umfassen folgende Fächer: Eisenbahntechnologie, Telegraphie, Verkehrsdienst, kommerzieller Dienst, Eisenbahngeographie, Eisenbahngeschichte, Eisenbahnrecht, Buchführung und Warenkunde. Daneben wird fakultativer Unterricht in der deutschen und französischen Sprache erteilt. Von einigen Fächern abgesehen, wird der Unterricht von aktiven Eisenbahnbeamten gegeben. Wenn auch der Charakter der Fachschule im allgemeinen derselbe geblieben ist, so sind doch im Laufe der Jahrzehnte einige Veränderungen eingetreten. In der ersten Zeit wurden zu Eisenbahnschülern junge Leute von 18 Jahren und darüber angenommen, die ein Obergymnasium, eine Oberrealschule oder eine gleichartige Mittelschule mit Erfolg durchgemacht hatten. Sie mußten den Nachweis körperlicher Tauglichkeit führen, nicht aber eine praktische Diensttätigkeit hinter sich haben. Nach Ablauf des zehnmonatigen Kurses fand eine erste Prüfung statt, worauf eine dreimonatige praktische Ausbildung im Verkehrsdienst, kommerziellen Dienst und in der Telegraphie folgte. Dann wurde die zweite Prüfung abgelegt, durch deren Bestehen der Schüler das Recht auf Anstellung bei einer ungarischen Eisenbahn erhielt. Wer die Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, erhielt Preise und wurde unmittelbar zum Beamten ernannt. Seit einiger Zeit werden die Schüler nicht mehr sofort nach Abschluß der Mittelschule angenommen, sondern erst nach Ablauf eines mindestens einjährigen praktischen Vorbereitungsdienstes und nach Ablegung einer Prüfung im Telegraphen-, Verkehrs- und kommerziellen Dienst. Erst dann werden sie dem Verkehrskurs überwiesen. Zum praktischen Vorbereitungsdienst werden auch jetzt noch nur die Absolventen einer der genannten Mittelschulen angenommen. Die Anzahl der von den einzelnen Eisenbahnverwaltungen zu präsentierenden Schüler wird auf Grund des voraussichtlichen Personalbedarfes bemessen (vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 140). In Italien besteht nur eine von der Staatseisenbahnverwaltung anerkannte Fachschule zur Vorbildung von Eisenbahnbeamten in Rom. Es ist eine Privatanstalt; die Verwaltung sendet aber zwei Beamte zu den jeweiligen Abschlußprüfungen. Einer zweiten Privatschule, in Neapel (sog. abendliche Eisenbahnvolksschule), steht die Eisenbahnverwaltung ganz fremd gegenüber. Fortbildungskurse für Eisenbahnbeamte sind in Italien erst im Jahre 1912 eingerichtet worden. Die jungen Techniker, die als Inspektoratseleven in den Eisenbahndienst treten, wurden bisher sofort bestimmten Dienststellen zugeteilt und blieben in diesem speziellen Fache jahrelang, ohne Gelegenheit zu haben, mit den übrigen Zweigen der Verwaltung bekannt zu werden. Der Generaldirektor der Staatsbahnen hat nunmehr bestimmt, daß diese Beamten sämtlich zunächst einen dreimonatigen Kurs durchmachen müssen, in dem von erfahrenen Beamten Vorlesungen über alle Zweige des Eisenbahnwesens, einschließlich der administrativen Fächer, gehalten werden. Der erste Kurs hat am 1. März 1912 begonnen. Ferner sind ebenfalls im Jahre 1912 zuerst Fortbildungskurse für die technischen Subalternbeamten des Betriebs- und Bahnunterhaltungsdienstes eingeführt worden, die später als Aufsichts- und Kontrollbeamte fungieren rollen. In Rußland besteht seit 1883 in Wyschno-Wolotschok eine E., die dem Ministerium der Verkehrswege unterstellt ist und die Aufgabe hat, Gehülfen der höheren technischen Eisenbahnbeamten (technische Eisenbahnsekretäre) auszubilden. Aus ihr sind seit ihrem Bestehen 770 Eisenbahnangestellte hervorgegangen. Im Schuljahr 1910/11 wurde sie von 96 Schülern besucht. Ferner dienen der Ausbildung mittlerer Beamten die weiter unten (bei den unteren

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/135>, abgerufen am 21.11.2024.