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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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hat sich als eine hervorragende Eigenschaft des Drehstromsystems beim Betrieb der Giovi-Linie, die 36%0 Gefälle hat, seit einem Jahr zur vollen Zufriedenheit bewährt.

Die Speisung der Motoren der Lokomotive erfolgt in nachstehend angeführter Weise.

Der aus der Fahrleitung entnommene Strom gelangt durch den Stromabnehmer in die Lokomotive, woselbst sich der Stromkreis in der Primärwickelung der Lokomotivmotoren schließt.

Der in dem rotierenden Teil der Motoren induzierte Strom, der gewöhnlich eine Spannung von 400 bis 500 Volt hat, wird beim Anfahren durch Kohlenbürsten von den Schleifringen abgenommen und dem Wasserrheostat zugeführt, der allmählich abgeschaltet wird. Beim Erreichen der synchronen Geschwindigkeit wirkt automatisch ein Kurzschließapparat, der die drei Schleifringe kurz schließt und somit den Wasserrheostat ausschaltet.

Bei Kaskadenschaltung wird der niedrig gespannte induzierte Strom des Rotors vom ersten Motor nicht dem Wasserrheostat, sondern dem primären Teil des zweiten Motors zugeführt, wo sich der Stromkreis schließt. Der induzierte Strom vom zweiten Motor wird aber in ähnlicher Weise wie früher beschrieben, dem Wasserrheostat zugeführt. Bei dieser Schaltungsweise wird die synchrone Geschwindigkeit der beiden Motoren schon früher erreicht, u. zw. wenn die Polzahl der beiden Motoren gleich groß ist, bei der Hälfte der synchronen Geschwindigkeit der Parallelschaltung. Ist die Polzahl der Motoren verschieden, so entspricht die synchrone Geschwindigkeit der Kaskadenschaltung jener Umdrehungsanzahl, die die Periodenzahl und die Summe der Polzahl beider Motoren ergibt.

Auf diese Weise können verschiedene Geschwindigkeitsstufen erreicht werden. Sämtliche Schaltungen des Primär- und Sekundärstromes werden pneumatisch oder elektropneumatisch verrichtet.

Zur Herstellung der hierzu benötigten komprimierten Luft ist jede Lokomotive mit einem oder zwei elektrisch betriebenen Luftkompressoren versehen, die auch die zur Betätigung der Westinghouse-Bremsen nötige komprimierte Luft liefern. Der Strom für die Motoren der Luftkompressoren sowie für die Beleuchtung der Lokomotive, endlich für die Betätigung der Relais des erwähnten Kontrollsystems wird von den sekundären Klemmen eines kleinen Transformators entnommen, dessen Primärklemmen mit der Luftleitung in Verbindung stehen.

Die Bauart der für Drehstrom eingerichteten Triebfahrzeuge ist am übersichtlichsten aus der Betrachtung der bisher ausgeführten Typen zu ersehen.

a) Veltlinbahn (Valtellinabahn). Die Triebfahrzeuge der Veltlinbahn bestehen aus 10 Motorwagen und 9 Lokomotiven dreier verschiedener Konstruktionen.

Nachdem Motorwagen bei den heutigen Erfahrungen für Vollbahnzwecke im allgemeinen nicht mehr verwendet werden, sei hier nur kurz erwähnt, daß die vierachsigen Wagen mit vier direkt gekuppelten Dreiphasenmotoren versehen sind, von denen 2 als Primärmotoren für 3000 Volt Spannung und 2 als Niederspannungsmotoren gewickelt sind. Letztere werden nur bei Kaskadenschaltung verwendet. Die Leistung eines Motorwagens beträgt rund 500 PS. und das Gewicht der gesamten elektrischen Ausrüstung 21·5 t. Es entfallen somit etwa 43 kg auf eine Pferdekraft.

Apparate, Kontrollsystem und Sicherheitsvorkehrungen sind ähnlich wie bei den später beschriebenen Giovi-Lokomotiven ausgebildet.

Die Stromabnehmerapparate sind eine Kombination von Rolle und Bügel. Sie bestehen aus zwei Kupferzylindern von je 80 mm Durchmesser und 650 mm Länge, die auf einer Längsachse aus Holz montiert sind. Die Zylinder drehen sich in isolierten Kugellagern, der Strom wird von ringförmigen Kohlenkontakten den die Rolle tragenden Mannesmannröhren zugeführt. Das Heben und Senken der Stromabnehmer geschieht durch komprimierte Luft.

Die rollende Berührung zwischen Stromabnehmer und Arbeitsdraht ist besonders bei hohen Geschwindigkeiten von großer Bedeutung, weil die Lebensdauer der Arbeitsleitung dadurch bedeutend erhöht wird. Eine Rolle oder Walze kann bis 20.000 km Fahrt zurücklegen.

Die Motorwagen sind mit gewöhnlichen Westinghouse-Bremsen versehen, zu deren Speisung die komprimierte Luft von einem kleinen Motorkompressor geliefert wird.

Die Lokomotiven erster Lieferung haben 4 direkt gekuppelte Dreiphasenmotoren von je 225 PS. Leistung. Alle 4 Motoren sind für Hochspannung gewickelt, ohne Benützung der Kaskadenschaltung. Diese Lokomotiven können mithin nur mit einer Geschwindigkeit fahren, die hier 30 km in der Stunde beträgt.

Das Gewicht der gesamten elektrischen Ausrüstung beträgt ca. 26 t. Bei 900 PS. effektiver Leistung entfallen somit etwa 30 kg pro Pferdekraft.

Die elektrische Einrichtung und Bremsen sowie Sicherheitsvorkehrungen sind in ähnlicher, wenn auch weniger vollständigen Form angewendet, wie bei den später beschriebenen Giovi-Lokomotiven.

Die Lokomotiven zweiter Lieferung (siehe Taf. V. Abb. 1 u. 2.) unterscheiden sich von jenen der ersten Ausführung dadurch, daß die Motoren die Triebachsen nicht direkt antreiben, sondern in den Lokomotivrahmen eingebaut sind und den Antrieb der zwei gekuppelten Achsen mittels Trieb- und Kuppelstangen bewirken.

Diese Lokomotiven haben 5 Achsen, von denen 3 Triebachsen und 2 Laufachsen sind. Jede Lokomotive besitzt 2 Doppelmotoren von je 400/600 PS. Leistung.

Diese Doppelmotoren sind in je einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht und bestehen aus 2 separaten Motoren, von denen der eine für Hochspannung, der zweite für Niederspannung gewickelt

hat sich als eine hervorragende Eigenschaft des Drehstromsystems beim Betrieb der Giovi-Linie, die 36 Gefälle hat, seit einem Jahr zur vollen Zufriedenheit bewährt.

Die Speisung der Motoren der Lokomotive erfolgt in nachstehend angeführter Weise.

Der aus der Fahrleitung entnommene Strom gelangt durch den Stromabnehmer in die Lokomotive, woselbst sich der Stromkreis in der Primärwickelung der Lokomotivmotoren schließt.

Der in dem rotierenden Teil der Motoren induzierte Strom, der gewöhnlich eine Spannung von 400 bis 500 Volt hat, wird beim Anfahren durch Kohlenbürsten von den Schleifringen abgenommen und dem Wasserrheostat zugeführt, der allmählich abgeschaltet wird. Beim Erreichen der synchronen Geschwindigkeit wirkt automatisch ein Kurzschließapparat, der die drei Schleifringe kurz schließt und somit den Wasserrheostat ausschaltet.

Bei Kaskadenschaltung wird der niedrig gespannte induzierte Strom des Rotors vom ersten Motor nicht dem Wasserrheostat, sondern dem primären Teil des zweiten Motors zugeführt, wo sich der Stromkreis schließt. Der induzierte Strom vom zweiten Motor wird aber in ähnlicher Weise wie früher beschrieben, dem Wasserrheostat zugeführt. Bei dieser Schaltungsweise wird die synchrone Geschwindigkeit der beiden Motoren schon früher erreicht, u. zw. wenn die Polzahl der beiden Motoren gleich groß ist, bei der Hälfte der synchronen Geschwindigkeit der Parallelschaltung. Ist die Polzahl der Motoren verschieden, so entspricht die synchrone Geschwindigkeit der Kaskadenschaltung jener Umdrehungsanzahl, die die Periodenzahl und die Summe der Polzahl beider Motoren ergibt.

Auf diese Weise können verschiedene Geschwindigkeitsstufen erreicht werden. Sämtliche Schaltungen des Primär- und Sekundärstromes werden pneumatisch oder elektropneumatisch verrichtet.

Zur Herstellung der hierzu benötigten komprimierten Luft ist jede Lokomotive mit einem oder zwei elektrisch betriebenen Luftkompressoren versehen, die auch die zur Betätigung der Westinghouse-Bremsen nötige komprimierte Luft liefern. Der Strom für die Motoren der Luftkompressoren sowie für die Beleuchtung der Lokomotive, endlich für die Betätigung der Relais des erwähnten Kontrollsystems wird von den sekundären Klemmen eines kleinen Transformators entnommen, dessen Primärklemmen mit der Luftleitung in Verbindung stehen.

Die Bauart der für Drehstrom eingerichteten Triebfahrzeuge ist am übersichtlichsten aus der Betrachtung der bisher ausgeführten Typen zu ersehen.

a) Veltlinbahn (Valtellinabahn). Die Triebfahrzeuge der Veltlinbahn bestehen aus 10 Motorwagen und 9 Lokomotiven dreier verschiedener Konstruktionen.

Nachdem Motorwagen bei den heutigen Erfahrungen für Vollbahnzwecke im allgemeinen nicht mehr verwendet werden, sei hier nur kurz erwähnt, daß die vierachsigen Wagen mit vier direkt gekuppelten Dreiphasenmotoren versehen sind, von denen 2 als Primärmotoren für 3000 Volt Spannung und 2 als Niederspannungsmotoren gewickelt sind. Letztere werden nur bei Kaskadenschaltung verwendet. Die Leistung eines Motorwagens beträgt rund 500 PS. und das Gewicht der gesamten elektrischen Ausrüstung 21·5 t. Es entfallen somit etwa 43 kg auf eine Pferdekraft.

Apparate, Kontrollsystem und Sicherheitsvorkehrungen sind ähnlich wie bei den später beschriebenen Giovi-Lokomotiven ausgebildet.

Die Stromabnehmerapparate sind eine Kombination von Rolle und Bügel. Sie bestehen aus zwei Kupferzylindern von je 80 mm Durchmesser und 650 mm Länge, die auf einer Längsachse aus Holz montiert sind. Die Zylinder drehen sich in isolierten Kugellagern, der Strom wird von ringförmigen Kohlenkontakten den die Rolle tragenden Mannesmannröhren zugeführt. Das Heben und Senken der Stromabnehmer geschieht durch komprimierte Luft.

Die rollende Berührung zwischen Stromabnehmer und Arbeitsdraht ist besonders bei hohen Geschwindigkeiten von großer Bedeutung, weil die Lebensdauer der Arbeitsleitung dadurch bedeutend erhöht wird. Eine Rolle oder Walze kann bis 20.000 km Fahrt zurücklegen.

Die Motorwagen sind mit gewöhnlichen Westinghouse-Bremsen versehen, zu deren Speisung die komprimierte Luft von einem kleinen Motorkompressor geliefert wird.

Die Lokomotiven erster Lieferung haben 4 direkt gekuppelte Dreiphasenmotoren von je 225 PS. Leistung. Alle 4 Motoren sind für Hochspannung gewickelt, ohne Benützung der Kaskadenschaltung. Diese Lokomotiven können mithin nur mit einer Geschwindigkeit fahren, die hier 30 km in der Stunde beträgt.

Das Gewicht der gesamten elektrischen Ausrüstung beträgt ca. 26 t. Bei 900 PS. effektiver Leistung entfallen somit etwa 30 kg pro Pferdekraft.

Die elektrische Einrichtung und Bremsen sowie Sicherheitsvorkehrungen sind in ähnlicher, wenn auch weniger vollständigen Form angewendet, wie bei den später beschriebenen Giovi-Lokomotiven.

Die Lokomotiven zweiter Lieferung (siehe Taf. V. Abb. 1 u. 2.) unterscheiden sich von jenen der ersten Ausführung dadurch, daß die Motoren die Triebachsen nicht direkt antreiben, sondern in den Lokomotivrahmen eingebaut sind und den Antrieb der zwei gekuppelten Achsen mittels Trieb- und Kuppelstangen bewirken.

Diese Lokomotiven haben 5 Achsen, von denen 3 Triebachsen und 2 Laufachsen sind. Jede Lokomotive besitzt 2 Doppelmotoren von je 400/600 PS. Leistung.

Diese Doppelmotoren sind in je einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht und bestehen aus 2 separaten Motoren, von denen der eine für Hochspannung, der zweite für Niederspannung gewickelt

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[259/0271] hat sich als eine hervorragende Eigenschaft des Drehstromsystems beim Betrieb der Giovi-Linie, die 36‰ Gefälle hat, seit einem Jahr zur vollen Zufriedenheit bewährt. Die Speisung der Motoren der Lokomotive erfolgt in nachstehend angeführter Weise. Der aus der Fahrleitung entnommene Strom gelangt durch den Stromabnehmer in die Lokomotive, woselbst sich der Stromkreis in der Primärwickelung der Lokomotivmotoren schließt. Der in dem rotierenden Teil der Motoren induzierte Strom, der gewöhnlich eine Spannung von 400 bis 500 Volt hat, wird beim Anfahren durch Kohlenbürsten von den Schleifringen abgenommen und dem Wasserrheostat zugeführt, der allmählich abgeschaltet wird. Beim Erreichen der synchronen Geschwindigkeit wirkt automatisch ein Kurzschließapparat, der die drei Schleifringe kurz schließt und somit den Wasserrheostat ausschaltet. 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Zur Herstellung der hierzu benötigten komprimierten Luft ist jede Lokomotive mit einem oder zwei elektrisch betriebenen Luftkompressoren versehen, die auch die zur Betätigung der Westinghouse-Bremsen nötige komprimierte Luft liefern. Der Strom für die Motoren der Luftkompressoren sowie für die Beleuchtung der Lokomotive, endlich für die Betätigung der Relais des erwähnten Kontrollsystems wird von den sekundären Klemmen eines kleinen Transformators entnommen, dessen Primärklemmen mit der Luftleitung in Verbindung stehen. Die Bauart der für Drehstrom eingerichteten Triebfahrzeuge ist am übersichtlichsten aus der Betrachtung der bisher ausgeführten Typen zu ersehen. a) Veltlinbahn (Valtellinabahn). Die Triebfahrzeuge der Veltlinbahn bestehen aus 10 Motorwagen und 9 Lokomotiven dreier verschiedener Konstruktionen. Nachdem Motorwagen bei den heutigen Erfahrungen für Vollbahnzwecke im allgemeinen nicht mehr verwendet werden, sei hier nur kurz erwähnt, daß die vierachsigen Wagen mit vier direkt gekuppelten Dreiphasenmotoren versehen sind, von denen 2 als Primärmotoren für 3000 Volt Spannung und 2 als Niederspannungsmotoren gewickelt sind. Letztere werden nur bei Kaskadenschaltung verwendet. Die Leistung eines Motorwagens beträgt rund 500 PS. und das Gewicht der gesamten elektrischen Ausrüstung 21·5 t. Es entfallen somit etwa 43 kg auf eine Pferdekraft. Apparate, Kontrollsystem und Sicherheitsvorkehrungen sind ähnlich wie bei den später beschriebenen Giovi-Lokomotiven ausgebildet. Die Stromabnehmerapparate sind eine Kombination von Rolle und Bügel. Sie bestehen aus zwei Kupferzylindern von je 80 mm Durchmesser und 650 mm Länge, die auf einer Längsachse aus Holz montiert sind. Die Zylinder drehen sich in isolierten Kugellagern, der Strom wird von ringförmigen Kohlenkontakten den die Rolle tragenden Mannesmannröhren zugeführt. Das Heben und Senken der Stromabnehmer geschieht durch komprimierte Luft. Die rollende Berührung zwischen Stromabnehmer und Arbeitsdraht ist besonders bei hohen Geschwindigkeiten von großer Bedeutung, weil die Lebensdauer der Arbeitsleitung dadurch bedeutend erhöht wird. Eine Rolle oder Walze kann bis 20.000 km Fahrt zurücklegen. Die Motorwagen sind mit gewöhnlichen Westinghouse-Bremsen versehen, zu deren Speisung die komprimierte Luft von einem kleinen Motorkompressor geliefert wird. Die Lokomotiven erster Lieferung haben 4 direkt gekuppelte Dreiphasenmotoren von je 225 PS. Leistung. Alle 4 Motoren sind für Hochspannung gewickelt, ohne Benützung der Kaskadenschaltung. Diese Lokomotiven können mithin nur mit einer Geschwindigkeit fahren, die hier 30 km in der Stunde beträgt. Das Gewicht der gesamten elektrischen Ausrüstung beträgt ca. 26 t. Bei 900 PS. effektiver Leistung entfallen somit etwa 30 kg pro Pferdekraft. Die elektrische Einrichtung und Bremsen sowie Sicherheitsvorkehrungen sind in ähnlicher, wenn auch weniger vollständigen Form angewendet, wie bei den später beschriebenen Giovi-Lokomotiven. Die Lokomotiven zweiter Lieferung (siehe Taf. V. Abb. 1 u. 2.) unterscheiden sich von jenen der ersten Ausführung dadurch, daß die Motoren die Triebachsen nicht direkt antreiben, sondern in den Lokomotivrahmen eingebaut sind und den Antrieb der zwei gekuppelten Achsen mittels Trieb- und Kuppelstangen bewirken. Diese Lokomotiven haben 5 Achsen, von denen 3 Triebachsen und 2 Laufachsen sind. Jede Lokomotive besitzt 2 Doppelmotoren von je 400/600 PS. Leistung. Diese Doppelmotoren sind in je einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht und bestehen aus 2 separaten Motoren, von denen der eine für Hochspannung, der zweite für Niederspannung gewickelt

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/271>, abgerufen am 01.11.2024.