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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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Literatur: Lambert, Monographie du Reseau de l'Est. Paris 1912.


Französische Staatsbahnen (chemins de fer de l'Etat). Durch Beschluß der Kammer vom 22. März 1877, wurde die Regierung aufgefordert, auf Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes vom 23. März 1874 (loi Montgolfier) der Kammer über den Ankauf von Eisenbahnlinien und deren Betrieb von Staats wegen Vorschläge zu machen.

Auf Grund dieser Vorschläge, die durch die Gesetze vom 18. Mai und 11. Juni 1878 ihre Genehmigung fanden, erwarb die Regierung ein Netz von 2615 km meist notleidender Bahnen. Das Gesetz vom 11. Juni 1878 räumte dem Minister der öffentlichen Arbeiten für den Ankauf der Bahnen einen Kredit von 331 Mill. Fr. ein, und ermächtigte den Finanzminister, für diesen Betrag eine 3%ige, in 75 Jahren amortisierbare Rente auszugeben.

Das Netz der F. war bis zu der im Jahre 1909 erfolgten Verstaatlichung der Linien der Westbahn von verhältnismäßig geringer wirtschaftlicher Bedeutung.

Es wurde aus den Linien von zehn Eisenbahngesellschaften zusammengefügt, die sich über ein Drittel des Staatsgebietes erstreckten und ohne Zusammenhang untereinander standen. Die größten der Bahnen waren die der Charente, der Vendee und die Bahn von Orleans nach Chalons, letztere in unfertigem Zustande. Von den verstaatlichten Bahnen waren 1575 km im Betrieb. In den folgenden Jahren wurden die gekauften Strecken ausgebaut und neue Strecken in Angriff genommen. Eine wesentliche Umgestaltung erfuhr das Netz in den ersten Monaten 1884 infolge der Verträge mit den großen Privatbahnen. In diesen verpflichtete sich der Staat 17 ihm gehörige Strecken im Gesamtumfange von 1215 km an die Orleansbahn und an die anderen Gesellschaften abzutreten, Strecken, die außerhalb des für die Staatsbahnen in Anspruch genommenen Gebietes und zum Teil außer Zusammenhang mit ihren Linien lagen. Der Staat übernahm dagegen von der Orleansbahn 449 km ihrer, innerhalb des Staatsbahngebietes gelegenen Strecken, wodurch die Staatsbahnen besser abgerundet, in Schienenverbindung untereinander gebracht und unabhängig von der Orleansbahn und ihrem bis dahin rücksichtslosen Wettbetrieb gestellt wurden. Seit 1884 bestand das Staatsbahnnetz aus zwei nebeneinanderliegenden Gruppen, die eine (südliche) mit dem Mittelpunkt Tours, die andere (nördliche) mit dem Mittelpunkt Chartres. Ende 1884 waren 2112 km im Betrieb. Seinen gleichfalls durch die Verträge von 1884 vorbereiteten einstweiligen Abschluß hat das Staatsbahn netz erst am 11. Juli 1886 erhalten. An diesem Tage wurde den Staatsbahnen durch Eröffnung der mit der Westbahn gemeinschaftlich benutzten Strecke Paris-Chartres (88 km) der Zugang zur Landeshauptstadt, durch Eröffnung der Strecke Grave d'Ambares-Bordeaux (14 km) der Zugang nach Bordeaux eröffnet und damit gleichzeitig eine Verbindung zwischen der nördlichen und südlichen Gruppe und eine durchgehende, selbständige Linie von Paris nach Bordeaux geschaffen. Über die Teilung des Verkehres Paris-Bordeaux mit der angrenzenden Orleansbahn waren in den Verträgen von 1883 die nötigen Vereinbarungen getroffen. Erst seit dieser Zeit kann man also von einem abgerundeten Staatsbahnnetz sprechen, dessen äußere Gestaltung der der großen Eisenbahnen einigermaßen ebenbürtig ist. In dem Dreieck, das nördlich von der Linie St. Nazaire-Tours, im Westen von der Küste des atlantischen Ozeans mit den Hafenplätzen St. Nazaire, Les Sables d'Olonne, La Rochelle und der Mündung der Loire, im Osten von der Orleansbahnlinie Tours-Bordeaux begrenzt wird, steht das Staatsbahnnetz, selbständig und ohne anderen Mitbewerb als dem der Küstenschiffahrt, da; das nördliche Netz mit der Hauptlinie Paris Chartres-Saumur ist gleichfalls in sich abgeschlossen, hat aber mit dem Wettbewerbe der Orleans- und der Westbahn zu kämpfen. Die Gesamtlänge des Staatsbahnnetzes betrug Ende 1885 2253 km, Ende 1886 2504 km. Ende 1887 beschäftigte sich die Budgetkommission anläßlich der ungünstigen Ergebnisse der Staatsbahnen mit der Frage, ob es sich nicht empfehle, das Staatseisenbahnnetz einer Privatgesellschaft zu verpachten. Diese Frage wurde nach eingehender Erörterung unter Hinweis auf die Vorteile des Staatsbahnsystems für Handel und Industrie, sowie auf das durch die Staatsbahnen den großen Privatbahnen gebotene Gegengewicht mit Entschiedenheit verneint.

Eine wesentliche Ausgestaltung erhielt das Staatsbahnnetz erst durch die auf Grund des Gesetzes vom 18. Dezember 1908 erfolgte Verstaatlichung des Netzes der Westbahn (s. d.). Hiermit hat sich die Lage der F. vollständig verändert und sind sie in die Reihe der großen Eisenbahngesellschaften Frankreichs getreten. Das gesamte Staatsbahnnetz wird auf Rechnung des Staates von einer einheitlichen Verwaltung betrieben und steht unter der Oberaufsicht des Ministers der öffentlichen Arbeiten.

Das alte Netz der F. (ohne Westbahn s. d.) umfaßt außer den Lokalbahnen folgende Hauptbahnstrecken:

Literatur: Lambert, Monographie du Réseau de l'Est. Paris 1912.


Französische Staatsbahnen (chemins de fer de l'État). Durch Beschluß der Kammer vom 22. März 1877, wurde die Regierung aufgefordert, auf Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes vom 23. März 1874 (loi Montgolfier) der Kammer über den Ankauf von Eisenbahnlinien und deren Betrieb von Staats wegen Vorschläge zu machen.

Auf Grund dieser Vorschläge, die durch die Gesetze vom 18. Mai und 11. Juni 1878 ihre Genehmigung fanden, erwarb die Regierung ein Netz von 2615 km meist notleidender Bahnen. Das Gesetz vom 11. Juni 1878 räumte dem Minister der öffentlichen Arbeiten für den Ankauf der Bahnen einen Kredit von 331 Mill. Fr. ein, und ermächtigte den Finanzminister, für diesen Betrag eine 3%ige, in 75 Jahren amortisierbare Rente auszugeben.

Das Netz der F. war bis zu der im Jahre 1909 erfolgten Verstaatlichung der Linien der Westbahn von verhältnismäßig geringer wirtschaftlicher Bedeutung.

Es wurde aus den Linien von zehn Eisenbahngesellschaften zusammengefügt, die sich über ein Drittel des Staatsgebietes erstreckten und ohne Zusammenhang untereinander standen. Die größten der Bahnen waren die der Charente, der Vendée und die Bahn von Orléans nach Châlons, letztere in unfertigem Zustande. Von den verstaatlichten Bahnen waren 1575 km im Betrieb. In den folgenden Jahren wurden die gekauften Strecken ausgebaut und neue Strecken in Angriff genommen. Eine wesentliche Umgestaltung erfuhr das Netz in den ersten Monaten 1884 infolge der Verträge mit den großen Privatbahnen. In diesen verpflichtete sich der Staat 17 ihm gehörige Strecken im Gesamtumfange von 1215 km an die Orléansbahn und an die anderen Gesellschaften abzutreten, Strecken, die außerhalb des für die Staatsbahnen in Anspruch genommenen Gebietes und zum Teil außer Zusammenhang mit ihren Linien lagen. Der Staat übernahm dagegen von der Orléansbahn 449 km ihrer, innerhalb des Staatsbahngebietes gelegenen Strecken, wodurch die Staatsbahnen besser abgerundet, in Schienenverbindung untereinander gebracht und unabhängig von der Orléansbahn und ihrem bis dahin rücksichtslosen Wettbetrieb gestellt wurden. Seit 1884 bestand das Staatsbahnnetz aus zwei nebeneinanderliegenden Gruppen, die eine (südliche) mit dem Mittelpunkt Tours, die andere (nördliche) mit dem Mittelpunkt Chartres. Ende 1884 waren 2112 km im Betrieb. Seinen gleichfalls durch die Verträge von 1884 vorbereiteten einstweiligen Abschluß hat das Staatsbahn netz erst am 11. Juli 1886 erhalten. An diesem Tage wurde den Staatsbahnen durch Eröffnung der mit der Westbahn gemeinschaftlich benutzten Strecke Paris-Chartres (88 km) der Zugang zur Landeshauptstadt, durch Eröffnung der Strecke Grave d'Ambarès-Bordeaux (14 km) der Zugang nach Bordeaux eröffnet und damit gleichzeitig eine Verbindung zwischen der nördlichen und südlichen Gruppe und eine durchgehende, selbständige Linie von Paris nach Bordeaux geschaffen. Über die Teilung des Verkehres Paris-Bordeaux mit der angrenzenden Orléansbahn waren in den Verträgen von 1883 die nötigen Vereinbarungen getroffen. Erst seit dieser Zeit kann man also von einem abgerundeten Staatsbahnnetz sprechen, dessen äußere Gestaltung der der großen Eisenbahnen einigermaßen ebenbürtig ist. In dem Dreieck, das nördlich von der Linie St. Nazaire-Tours, im Westen von der Küste des atlantischen Ozeans mit den Hafenplätzen St. Nazaire, Les Sables d'Olonne, La Rochelle und der Mündung der Loire, im Osten von der Orléansbahnlinie Tours-Bordeaux begrenzt wird, steht das Staatsbahnnetz, selbständig und ohne anderen Mitbewerb als dem der Küstenschiffahrt, da; das nördliche Netz mit der Hauptlinie Paris Chartres-Saumur ist gleichfalls in sich abgeschlossen, hat aber mit dem Wettbewerbe der Orléans- und der Westbahn zu kämpfen. Die Gesamtlänge des Staatsbahnnetzes betrug Ende 1885 2253 km, Ende 1886 2504 km. Ende 1887 beschäftigte sich die Budgetkommission anläßlich der ungünstigen Ergebnisse der Staatsbahnen mit der Frage, ob es sich nicht empfehle, das Staatseisenbahnnetz einer Privatgesellschaft zu verpachten. Diese Frage wurde nach eingehender Erörterung unter Hinweis auf die Vorteile des Staatsbahnsystems für Handel und Industrie, sowie auf das durch die Staatsbahnen den großen Privatbahnen gebotene Gegengewicht mit Entschiedenheit verneint.

Eine wesentliche Ausgestaltung erhielt das Staatsbahnnetz erst durch die auf Grund des Gesetzes vom 18. Dezember 1908 erfolgte Verstaatlichung des Netzes der Westbahn (s. d.). Hiermit hat sich die Lage der F. vollständig verändert und sind sie in die Reihe der großen Eisenbahngesellschaften Frankreichs getreten. Das gesamte Staatsbahnnetz wird auf Rechnung des Staates von einer einheitlichen Verwaltung betrieben und steht unter der Oberaufsicht des Ministers der öffentlichen Arbeiten.

Das alte Netz der F. (ohne Westbahn s. d.) umfaßt außer den Lokalbahnen folgende Hauptbahnstrecken:

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[193/0202] Literatur: Lambert, Monographie du Réseau de l'Est. Paris 1912. Französische Staatsbahnen (chemins de fer de l'État). Durch Beschluß der Kammer vom 22. März 1877, wurde die Regierung aufgefordert, auf Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes vom 23. März 1874 (loi Montgolfier) der Kammer über den Ankauf von Eisenbahnlinien und deren Betrieb von Staats wegen Vorschläge zu machen. Auf Grund dieser Vorschläge, die durch die Gesetze vom 18. Mai und 11. Juni 1878 ihre Genehmigung fanden, erwarb die Regierung ein Netz von 2615 km meist notleidender Bahnen. Das Gesetz vom 11. Juni 1878 räumte dem Minister der öffentlichen Arbeiten für den Ankauf der Bahnen einen Kredit von 331 Mill. Fr. ein, und ermächtigte den Finanzminister, für diesen Betrag eine 3%ige, in 75 Jahren amortisierbare Rente auszugeben. Das Netz der F. war bis zu der im Jahre 1909 erfolgten Verstaatlichung der Linien der Westbahn von verhältnismäßig geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Es wurde aus den Linien von zehn Eisenbahngesellschaften zusammengefügt, die sich über ein Drittel des Staatsgebietes erstreckten und ohne Zusammenhang untereinander standen. Die größten der Bahnen waren die der Charente, der Vendée und die Bahn von Orléans nach Châlons, letztere in unfertigem Zustande. Von den verstaatlichten Bahnen waren 1575 km im Betrieb. In den folgenden Jahren wurden die gekauften Strecken ausgebaut und neue Strecken in Angriff genommen. Eine wesentliche Umgestaltung erfuhr das Netz in den ersten Monaten 1884 infolge der Verträge mit den großen Privatbahnen. In diesen verpflichtete sich der Staat 17 ihm gehörige Strecken im Gesamtumfange von 1215 km an die Orléansbahn und an die anderen Gesellschaften abzutreten, Strecken, die außerhalb des für die Staatsbahnen in Anspruch genommenen Gebietes und zum Teil außer Zusammenhang mit ihren Linien lagen. Der Staat übernahm dagegen von der Orléansbahn 449 km ihrer, innerhalb des Staatsbahngebietes gelegenen Strecken, wodurch die Staatsbahnen besser abgerundet, in Schienenverbindung untereinander gebracht und unabhängig von der Orléansbahn und ihrem bis dahin rücksichtslosen Wettbetrieb gestellt wurden. Seit 1884 bestand das Staatsbahnnetz aus zwei nebeneinanderliegenden Gruppen, die eine (südliche) mit dem Mittelpunkt Tours, die andere (nördliche) mit dem Mittelpunkt Chartres. Ende 1884 waren 2112 km im Betrieb. Seinen gleichfalls durch die Verträge von 1884 vorbereiteten einstweiligen Abschluß hat das Staatsbahn netz erst am 11. Juli 1886 erhalten. An diesem Tage wurde den Staatsbahnen durch Eröffnung der mit der Westbahn gemeinschaftlich benutzten Strecke Paris-Chartres (88 km) der Zugang zur Landeshauptstadt, durch Eröffnung der Strecke Grave d'Ambarès-Bordeaux (14 km) der Zugang nach Bordeaux eröffnet und damit gleichzeitig eine Verbindung zwischen der nördlichen und südlichen Gruppe und eine durchgehende, selbständige Linie von Paris nach Bordeaux geschaffen. Über die Teilung des Verkehres Paris-Bordeaux mit der angrenzenden Orléansbahn waren in den Verträgen von 1883 die nötigen Vereinbarungen getroffen. Erst seit dieser Zeit kann man also von einem abgerundeten Staatsbahnnetz sprechen, dessen äußere Gestaltung der der großen Eisenbahnen einigermaßen ebenbürtig ist. In dem Dreieck, das nördlich von der Linie St. Nazaire-Tours, im Westen von der Küste des atlantischen Ozeans mit den Hafenplätzen St. Nazaire, Les Sables d'Olonne, La Rochelle und der Mündung der Loire, im Osten von der Orléansbahnlinie Tours-Bordeaux begrenzt wird, steht das Staatsbahnnetz, selbständig und ohne anderen Mitbewerb als dem der Küstenschiffahrt, da; das nördliche Netz mit der Hauptlinie Paris Chartres-Saumur ist gleichfalls in sich abgeschlossen, hat aber mit dem Wettbewerbe der Orléans- und der Westbahn zu kämpfen. Die Gesamtlänge des Staatsbahnnetzes betrug Ende 1885 2253 km, Ende 1886 2504 km. Ende 1887 beschäftigte sich die Budgetkommission anläßlich der ungünstigen Ergebnisse der Staatsbahnen mit der Frage, ob es sich nicht empfehle, das Staatseisenbahnnetz einer Privatgesellschaft zu verpachten. Diese Frage wurde nach eingehender Erörterung unter Hinweis auf die Vorteile des Staatsbahnsystems für Handel und Industrie, sowie auf das durch die Staatsbahnen den großen Privatbahnen gebotene Gegengewicht mit Entschiedenheit verneint. Eine wesentliche Ausgestaltung erhielt das Staatsbahnnetz erst durch die auf Grund des Gesetzes vom 18. Dezember 1908 erfolgte Verstaatlichung des Netzes der Westbahn (s. d.). Hiermit hat sich die Lage der F. vollständig verändert und sind sie in die Reihe der großen Eisenbahngesellschaften Frankreichs getreten. Das gesamte Staatsbahnnetz wird auf Rechnung des Staates von einer einheitlichen Verwaltung betrieben und steht unter der Oberaufsicht des Ministers der öffentlichen Arbeiten. Das alte Netz der F. (ohne Westbahn s. d.) umfaßt außer den Lokalbahnen folgende Hauptbahnstrecken:

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/202>, abgerufen am 21.11.2024.