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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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vor, indem diese die Selbstkosten nicht unterbieten dürfen; sie begrenzt anderseits die Beförderungspreise nach oben, denn das Out kann vermöge seines Wertes und seiner Absatzmöglichkeit - man spricht hier vom Verkehrswerte eines Gutes - nur eine bestimmte Fracht tragen; die Wirtschaftlichkeit des Ganzen, die Volkswohlfahrt erzwingt durch den Staat die Festsetzung angemessener Preise, begrenzt also auf diese Weise ebenfalls die Tarifsätze nach oben (vgl. § 29 des Preußischen Gesetzes vom 3. November 1838 und § 14 des Preußischen Gesetzes vom 28. Juli 1892).

Die Arbeitsleistung der Eisenbahn bei der Beförderung der einzelnen Güter ist naturgemäß eine verschiedene. Die Rückwirkung dieser Erscheinung zeigt sich bei den Selbstkosten. Wesentlich beeinflußt wird die Arbeitsleistung der Bahnen durch die vom Gute zurückzulegende Entfernung. Die Tarifentfernungen werden bei Hauptbahnen in der Regel über den kürzesten fahrbaren Schienenweg berechnet. Über Nebenbahnen werden die Tarife nicht durchgerechnet, sofern diese für einen Durchgangsverkehr weder gebaut noch benutzt werden. Dieser Grundsatz zwingt beim Bau neuer Hauptbahnen zu einer Neuberechnung der Tarife; doch beschränkt sich diese auf die ordentlichen Tarifklassen und die allgemeinen Ausnahmetarife, denn aus diesem Anlaß kann ein Anspruch auf Verbilligung der durch besondere Ausnahmetarife geschaffenen ermäßigten Frachten nicht hergeleitet werden. Nur wenn die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse es verlangen, werden auch die besonderen Ausnahmetarife dem neugeschaffenen Tarifzustande folgen. Unter Tarifbildungsweg versteht man gegenüber der auf Grund des kürzesten Weges ermittelten Tarifentfernung den Weg, über den sich die billigste Fracht ergibt. Z. B. liegt die Tarifbildung dann nicht auf dem kürzesten fahrbaren Wege, wenn die an einem längeren Weg beteiligten Verwaltungen niedrigere Einheiten zur Verfügung stellen als die Verwaltungen des kürzesten Weges.

Gewicht, Menge, besondere Eigenschaften und Beförderungsarten des Gutes sind ebenfalls Faktoren, die die Fähigkeit haben, den Leistungsaufwand der Bahnen zu beeinflussen und damit die Selbstkosten zu steigern.

B. Die Selbstkosten der Eisenbahnen.

Die Wichtigkeit und der Wert der Ermittlung der Selbstkosten liegen auf der Hand. Es gehört diese Aufgabe an sich zu jedem Unternehmen, das Anspruch auf seine Verwaltung nach Art eines guten Kaufmannes, auf dauernden Bestand und auf die Erfüllung allgemein wirtschaftlicher Zwecke machen will. Bei den Bahnen, die als allgemeine Verkehrsanstalten der Öffentlichkeit gegenüber ihre besonderen Pflichten haben, kann auf die Feststellung der Selbstkosten umsoweniger verzichtet werden, weil hiervon die Möglichkeit, die Ertragsfähigkeit von Bahnen, deren Bau oder Erwerb in Aussicht genommen ist, und die Folgen einer Tarifmaßnahme zutreffend zu beurteilen, wesentlich abhängt. Die wissenschaftliche Behandlung der Selbstkosten bei den Bahnen hat zu den verschiedensten Zielen geführt. Zu einem praktischen Ergebnis, wenigstens was ihre Bedeutung für die Tarifbildung anbetrifft, kommt nur die anerkannte Unterscheidung in

1. Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und

2. Betriebskosten, die wieder in

a) Kosten für die Unterhaltung und Erneuerung der Anlagen und Betriebsmittel, in

b) Materialkosten und

g) Personalkosten

zu gliedern sind.

Ohne Einfluß bleibt im allgemeinen die Dichtigkeit des Verkehrs auf die Kosten, die für die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals aufzuwenden sind. Nur dann werden auch sie vom Verkehr ergriffen, wenn dieser so groß wird, daß der Betrieb ihm nicht mehr gerecht werden kann, wenn also die Betriebs- und Verkehrsanlagen unzulänglich werden und für ihre Erweiterung und Vergrößerung das Anlagekapital erhöht werden muß. Eine ähnliche Erscheinung kann auch bei den Betriebskosten festgestellt werden. Die Folgerung wäre eine Unterscheidung der Selbstkosten in solche, die immer unveränderlich bleiben, auf die Verkehr und Betrieb keine Rückwirkung auszuüben vermögen, und in solche, die in gleichem Maße wie der Verkehr wachsen und in solche schließlich, die in geringerem Maße als der Verkehr sich mehren. Eine derartige Unterscheidung ist praktisch nicht durchführbar; man begnügt sich daher mit einer Gliederung in feste und veränderliche Selbstkosten.

Zu den festen Selbstkosten, die unabhängig von dem Umfang des Verkehrs sich unter allen Umständen gleich bleiben, gehören die unter 1. erwähnten Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals ganz und etwa die Hälfte der zu 2. erwähnten Betriebskosten. Da ferner gegenwärtig bei den europäischen Eisenbahnen im großen Durchschnitt die Kosten der Verzinsung und Tilgung des

vor, indem diese die Selbstkosten nicht unterbieten dürfen; sie begrenzt anderseits die Beförderungspreise nach oben, denn das Out kann vermöge seines Wertes und seiner Absatzmöglichkeit – man spricht hier vom Verkehrswerte eines Gutes – nur eine bestimmte Fracht tragen; die Wirtschaftlichkeit des Ganzen, die Volkswohlfahrt erzwingt durch den Staat die Festsetzung angemessener Preise, begrenzt also auf diese Weise ebenfalls die Tarifsätze nach oben (vgl. § 29 des Preußischen Gesetzes vom 3. November 1838 und § 14 des Preußischen Gesetzes vom 28. Juli 1892).

Die Arbeitsleistung der Eisenbahn bei der Beförderung der einzelnen Güter ist naturgemäß eine verschiedene. Die Rückwirkung dieser Erscheinung zeigt sich bei den Selbstkosten. Wesentlich beeinflußt wird die Arbeitsleistung der Bahnen durch die vom Gute zurückzulegende Entfernung. Die Tarifentfernungen werden bei Hauptbahnen in der Regel über den kürzesten fahrbaren Schienenweg berechnet. Über Nebenbahnen werden die Tarife nicht durchgerechnet, sofern diese für einen Durchgangsverkehr weder gebaut noch benutzt werden. Dieser Grundsatz zwingt beim Bau neuer Hauptbahnen zu einer Neuberechnung der Tarife; doch beschränkt sich diese auf die ordentlichen Tarifklassen und die allgemeinen Ausnahmetarife, denn aus diesem Anlaß kann ein Anspruch auf Verbilligung der durch besondere Ausnahmetarife geschaffenen ermäßigten Frachten nicht hergeleitet werden. Nur wenn die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse es verlangen, werden auch die besonderen Ausnahmetarife dem neugeschaffenen Tarifzustande folgen. Unter Tarifbildungsweg versteht man gegenüber der auf Grund des kürzesten Weges ermittelten Tarifentfernung den Weg, über den sich die billigste Fracht ergibt. Z. B. liegt die Tarifbildung dann nicht auf dem kürzesten fahrbaren Wege, wenn die an einem längeren Weg beteiligten Verwaltungen niedrigere Einheiten zur Verfügung stellen als die Verwaltungen des kürzesten Weges.

Gewicht, Menge, besondere Eigenschaften und Beförderungsarten des Gutes sind ebenfalls Faktoren, die die Fähigkeit haben, den Leistungsaufwand der Bahnen zu beeinflussen und damit die Selbstkosten zu steigern.

B. Die Selbstkosten der Eisenbahnen.

Die Wichtigkeit und der Wert der Ermittlung der Selbstkosten liegen auf der Hand. Es gehört diese Aufgabe an sich zu jedem Unternehmen, das Anspruch auf seine Verwaltung nach Art eines guten Kaufmannes, auf dauernden Bestand und auf die Erfüllung allgemein wirtschaftlicher Zwecke machen will. Bei den Bahnen, die als allgemeine Verkehrsanstalten der Öffentlichkeit gegenüber ihre besonderen Pflichten haben, kann auf die Feststellung der Selbstkosten umsoweniger verzichtet werden, weil hiervon die Möglichkeit, die Ertragsfähigkeit von Bahnen, deren Bau oder Erwerb in Aussicht genommen ist, und die Folgen einer Tarifmaßnahme zutreffend zu beurteilen, wesentlich abhängt. Die wissenschaftliche Behandlung der Selbstkosten bei den Bahnen hat zu den verschiedensten Zielen geführt. Zu einem praktischen Ergebnis, wenigstens was ihre Bedeutung für die Tarifbildung anbetrifft, kommt nur die anerkannte Unterscheidung in

1. Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und

2. Betriebskosten, die wieder in

α) Kosten für die Unterhaltung und Erneuerung der Anlagen und Betriebsmittel, in

β) Materialkosten und

γ) Personalkosten

zu gliedern sind.

Ohne Einfluß bleibt im allgemeinen die Dichtigkeit des Verkehrs auf die Kosten, die für die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals aufzuwenden sind. Nur dann werden auch sie vom Verkehr ergriffen, wenn dieser so groß wird, daß der Betrieb ihm nicht mehr gerecht werden kann, wenn also die Betriebs- und Verkehrsanlagen unzulänglich werden und für ihre Erweiterung und Vergrößerung das Anlagekapital erhöht werden muß. Eine ähnliche Erscheinung kann auch bei den Betriebskosten festgestellt werden. Die Folgerung wäre eine Unterscheidung der Selbstkosten in solche, die immer unveränderlich bleiben, auf die Verkehr und Betrieb keine Rückwirkung auszuüben vermögen, und in solche, die in gleichem Maße wie der Verkehr wachsen und in solche schließlich, die in geringerem Maße als der Verkehr sich mehren. Eine derartige Unterscheidung ist praktisch nicht durchführbar; man begnügt sich daher mit einer Gliederung in feste und veränderliche Selbstkosten.

Zu den festen Selbstkosten, die unabhängig von dem Umfang des Verkehrs sich unter allen Umständen gleich bleiben, gehören die unter 1. erwähnten Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals ganz und etwa die Hälfte der zu 2. erwähnten Betriebskosten. Da ferner gegenwärtig bei den europäischen Eisenbahnen im großen Durchschnitt die Kosten der Verzinsung und Tilgung des

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[456/0468] vor, indem diese die Selbstkosten nicht unterbieten dürfen; sie begrenzt anderseits die Beförderungspreise nach oben, denn das Out kann vermöge seines Wertes und seiner Absatzmöglichkeit – man spricht hier vom Verkehrswerte eines Gutes – nur eine bestimmte Fracht tragen; die Wirtschaftlichkeit des Ganzen, die Volkswohlfahrt erzwingt durch den Staat die Festsetzung angemessener Preise, begrenzt also auf diese Weise ebenfalls die Tarifsätze nach oben (vgl. § 29 des Preußischen Gesetzes vom 3. November 1838 und § 14 des Preußischen Gesetzes vom 28. Juli 1892). Die Arbeitsleistung der Eisenbahn bei der Beförderung der einzelnen Güter ist naturgemäß eine verschiedene. Die Rückwirkung dieser Erscheinung zeigt sich bei den Selbstkosten. Wesentlich beeinflußt wird die Arbeitsleistung der Bahnen durch die vom Gute zurückzulegende Entfernung. Die Tarifentfernungen werden bei Hauptbahnen in der Regel über den kürzesten fahrbaren Schienenweg berechnet. Über Nebenbahnen werden die Tarife nicht durchgerechnet, sofern diese für einen Durchgangsverkehr weder gebaut noch benutzt werden. Dieser Grundsatz zwingt beim Bau neuer Hauptbahnen zu einer Neuberechnung der Tarife; doch beschränkt sich diese auf die ordentlichen Tarifklassen und die allgemeinen Ausnahmetarife, denn aus diesem Anlaß kann ein Anspruch auf Verbilligung der durch besondere Ausnahmetarife geschaffenen ermäßigten Frachten nicht hergeleitet werden. Nur wenn die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse es verlangen, werden auch die besonderen Ausnahmetarife dem neugeschaffenen Tarifzustande folgen. Unter Tarifbildungsweg versteht man gegenüber der auf Grund des kürzesten Weges ermittelten Tarifentfernung den Weg, über den sich die billigste Fracht ergibt. Z. B. liegt die Tarifbildung dann nicht auf dem kürzesten fahrbaren Wege, wenn die an einem längeren Weg beteiligten Verwaltungen niedrigere Einheiten zur Verfügung stellen als die Verwaltungen des kürzesten Weges. Gewicht, Menge, besondere Eigenschaften und Beförderungsarten des Gutes sind ebenfalls Faktoren, die die Fähigkeit haben, den Leistungsaufwand der Bahnen zu beeinflussen und damit die Selbstkosten zu steigern. B. Die Selbstkosten der Eisenbahnen. Die Wichtigkeit und der Wert der Ermittlung der Selbstkosten liegen auf der Hand. Es gehört diese Aufgabe an sich zu jedem Unternehmen, das Anspruch auf seine Verwaltung nach Art eines guten Kaufmannes, auf dauernden Bestand und auf die Erfüllung allgemein wirtschaftlicher Zwecke machen will. Bei den Bahnen, die als allgemeine Verkehrsanstalten der Öffentlichkeit gegenüber ihre besonderen Pflichten haben, kann auf die Feststellung der Selbstkosten umsoweniger verzichtet werden, weil hiervon die Möglichkeit, die Ertragsfähigkeit von Bahnen, deren Bau oder Erwerb in Aussicht genommen ist, und die Folgen einer Tarifmaßnahme zutreffend zu beurteilen, wesentlich abhängt. Die wissenschaftliche Behandlung der Selbstkosten bei den Bahnen hat zu den verschiedensten Zielen geführt. Zu einem praktischen Ergebnis, wenigstens was ihre Bedeutung für die Tarifbildung anbetrifft, kommt nur die anerkannte Unterscheidung in 1. Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und 2. Betriebskosten, die wieder in α) Kosten für die Unterhaltung und Erneuerung der Anlagen und Betriebsmittel, in β) Materialkosten und γ) Personalkosten zu gliedern sind. Ohne Einfluß bleibt im allgemeinen die Dichtigkeit des Verkehrs auf die Kosten, die für die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals aufzuwenden sind. Nur dann werden auch sie vom Verkehr ergriffen, wenn dieser so groß wird, daß der Betrieb ihm nicht mehr gerecht werden kann, wenn also die Betriebs- und Verkehrsanlagen unzulänglich werden und für ihre Erweiterung und Vergrößerung das Anlagekapital erhöht werden muß. Eine ähnliche Erscheinung kann auch bei den Betriebskosten festgestellt werden. Die Folgerung wäre eine Unterscheidung der Selbstkosten in solche, die immer unveränderlich bleiben, auf die Verkehr und Betrieb keine Rückwirkung auszuüben vermögen, und in solche, die in gleichem Maße wie der Verkehr wachsen und in solche schließlich, die in geringerem Maße als der Verkehr sich mehren. Eine derartige Unterscheidung ist praktisch nicht durchführbar; man begnügt sich daher mit einer Gliederung in feste und veränderliche Selbstkosten. Zu den festen Selbstkosten, die unabhängig von dem Umfang des Verkehrs sich unter allen Umständen gleich bleiben, gehören die unter 1. erwähnten Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals ganz und etwa die Hälfte der zu 2. erwähnten Betriebskosten. Da ferner gegenwärtig bei den europäischen Eisenbahnen im großen Durchschnitt die Kosten der Verzinsung und Tilgung des

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/468>, abgerufen am 26.11.2024.