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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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Anlagekapitals etwa 50% der Selbstkosten betragen, so ergibt sich, daß nahezu 75% der Selbstkosten feste, von dem Verkehrsumfang nicht beeinflußte Kosten sind, 25% dagegen auf veränderliche, entsprechend dem Verkehrsumfang zunehmende Kosten entfallen.

Den auf eine gewisse Beförderungsleistung, z. B. auf 1 tkm, entfallenden Anteil an den festen Selbstkosten erhält man, indem man mit der Gesamtsumme der t/km in den Betrag der festen Selbstkosten teilt. Demgemäß wird der aus den festen Selbstkosten sich ergebende Anteil je nach dem Umfang des Verkehrs sich verändern; je größer der Verkehr und hiernach der Divisor ist, um so kleiner wird der Quotient, der Anteil der einzelnen Beförderungsleistung an den festen Selbstkosten sein. Aus den festen Selbstkosten ergibt sich also ein je nach dem Umfang des Verkehrs sich verschieden hoch stellender Betrag für die einzelne Beförderungsleistung, ein veränderlicher Tarifteil, umgekehrt aber aus den mit jeder Transporteinheit entsprechend wachsenden veränderlichen Selbstkosten ein sich stets gleichbleibender Kostenbetrag der einzelnen Beförderungsleistung, ein fester Tarifteil. Da aber der veränderliche Tarifteil oder die festen Selbstkosten etwa 75% der Gesamtkosten, der feste Tarifteil oder die veränderlichen Selbstkosten nur etwa 25% betragen, so ist der erstere ausschlaggebend und dies hat zur Folge, daß die Gesamtselbstkosten der einzelnen Beförderungsleistung mit der Zunahme der Zahl der Beförderungsleistungen abnehmen, oder wie man es auch ausgedrückt hat, die Kosten des Verkehrs im umgekehrten Verhältnis zu der Dichtigkeit des Verkehrs stehen.

Diese Erscheinung nennt man das Preisgesetz des Verkehrs oder das Gesetz der Massennutzung.

Hieraus erklärt es sich, weshalb die Selbstkosten einer Beförderungseinheit, eines P/km oder t/km bei den einzelnen Eisenbahnen außerordentlich verschieden sind, und weshalb in der Regel die Bahnen mit starkem Verkehr weit geringere Selbstkosten für die Beförderungseinheit aufweisen, als die Bahnen mit schwachem Verkehr. Die Vermehrung der Beförderungsleistungen, die Entwicklung des Verkehrs hängt aber wieder sehr wesentlich von der Höhe oder der möglichst niedrigen Festsetzung der Beförderungspreise ab: so entsteht eine Wechselwirkung; während einerseits die Vermehrung von der niedrigen Festsetzung der Frachtsätze abhängig ist, ermöglicht anderseits die Zunahme des Verkehrs eine niedrige Frachtfestsetzung, ja macht sie sogar unter Umständen vorteilhaft, weil oft der Verkehr infolge derselben sich derartig vermehrt, daß der Reinertrag höher wird, als er bei höheren Frachtsätzen war.

Deshalb hat man wohl den Satz aufgestellt, daß bei den Eisenbahnen nicht die Selbstkosten den Frachtsatz bestimmen, sondern umgekehrt der Frachtsatz die Selbstkosten. Dieser Satz ist jedoch nur mit folgenden Einschränkungen richtig:

1. Außer von niedrigen Tarifen hängt eine Verkehrszunahme noch von verschiedenen anderen Umständen ab, bei deren Nichtvorhandensein eine Tarifherabsetzung ganz oder großenteils ohne Wirkung bleibt. Vor allem muß nach den natürlichen Verhältnissen des betreffenden Verkehrsgebiets eine Verkehrszunahme überhaupt möglich sein, z. B. kann in einer schwach bevölkerten, lediglich Landwirtschaft treibenden Gegend ohne Bergbau, Industrie und wesentlichen Handel eine erhebliche Verkehrssteigerung durch Tarifherabsetzungen nicht erzielt werden; solche würden vielmehr nur den Reinertrag der Eisenbahn vermindern.

2. Ferner wird es sich fragen, ob die Verkehrsvermehrung, die durch eine Tarifherabsetzung erreicht wird, nicht auch eine erhebliche Vermehrung der Selbstkosten zur Folge hat. Ist dies der Fall, wird z. B. die Einführung des Nachtdienstes oder die Anlage eines zweiten Gleises nötig, so können leicht die hierdurch entstehenden Mehrkosten so groß sein, daß zunächst trotz der Verkehrsvermehrung eine Verminderung des Reinertrages eintritt und es erst einer weiteren Verkehrszunahme bedarf, um den früheren Reinertrag oder eine Steigerung zu erzielen.

3. Endlich muß der Erfolg einer Tarifherabsetzung um so zweifelhafter werden, je größer der Verkehr und je niedriger die Beförderungspreise sind, weil dann naturgemäß die Frachtermäßigung auch nur eine geringe sein kann und der Reinertrag für die Beförderungseinheit auch für die schon vorhandene Beförderungsmenge geringer wird. Deshalb wird es in solchen Fällen oft wirtschaftlicher sein, die vorhandene Beförderungsmenge zu den bisherigen Sätzen zu fahren, als durch eine Tarifherabsetzung eine in der Regel nicht erhebliche Verkehrszunahme herbeizuführen neben einer sicheren Verminderung des Reinertrags für die bereits vorhandene Beförderungsmenge. Dieser Umstand ist von außerordentlicher Wichtigkeit; es liegt hierin der letzte Grund, weshalb die privatwirtschaftliche Eisenbahnverwaltung, die die Erzielung eines möglichst hohen Reinertrags anstrebt, nicht in

Anlagekapitals etwa 50% der Selbstkosten betragen, so ergibt sich, daß nahezu 75% der Selbstkosten feste, von dem Verkehrsumfang nicht beeinflußte Kosten sind, 25% dagegen auf veränderliche, entsprechend dem Verkehrsumfang zunehmende Kosten entfallen.

Den auf eine gewisse Beförderungsleistung, z. B. auf 1 tkm, entfallenden Anteil an den festen Selbstkosten erhält man, indem man mit der Gesamtsumme der t/km in den Betrag der festen Selbstkosten teilt. Demgemäß wird der aus den festen Selbstkosten sich ergebende Anteil je nach dem Umfang des Verkehrs sich verändern; je größer der Verkehr und hiernach der Divisor ist, um so kleiner wird der Quotient, der Anteil der einzelnen Beförderungsleistung an den festen Selbstkosten sein. Aus den festen Selbstkosten ergibt sich also ein je nach dem Umfang des Verkehrs sich verschieden hoch stellender Betrag für die einzelne Beförderungsleistung, ein veränderlicher Tarifteil, umgekehrt aber aus den mit jeder Transporteinheit entsprechend wachsenden veränderlichen Selbstkosten ein sich stets gleichbleibender Kostenbetrag der einzelnen Beförderungsleistung, ein fester Tarifteil. Da aber der veränderliche Tarifteil oder die festen Selbstkosten etwa 75% der Gesamtkosten, der feste Tarifteil oder die veränderlichen Selbstkosten nur etwa 25% betragen, so ist der erstere ausschlaggebend und dies hat zur Folge, daß die Gesamtselbstkosten der einzelnen Beförderungsleistung mit der Zunahme der Zahl der Beförderungsleistungen abnehmen, oder wie man es auch ausgedrückt hat, die Kosten des Verkehrs im umgekehrten Verhältnis zu der Dichtigkeit des Verkehrs stehen.

Diese Erscheinung nennt man das Preisgesetz des Verkehrs oder das Gesetz der Massennutzung.

Hieraus erklärt es sich, weshalb die Selbstkosten einer Beförderungseinheit, eines P/km oder t/km bei den einzelnen Eisenbahnen außerordentlich verschieden sind, und weshalb in der Regel die Bahnen mit starkem Verkehr weit geringere Selbstkosten für die Beförderungseinheit aufweisen, als die Bahnen mit schwachem Verkehr. Die Vermehrung der Beförderungsleistungen, die Entwicklung des Verkehrs hängt aber wieder sehr wesentlich von der Höhe oder der möglichst niedrigen Festsetzung der Beförderungspreise ab: so entsteht eine Wechselwirkung; während einerseits die Vermehrung von der niedrigen Festsetzung der Frachtsätze abhängig ist, ermöglicht anderseits die Zunahme des Verkehrs eine niedrige Frachtfestsetzung, ja macht sie sogar unter Umständen vorteilhaft, weil oft der Verkehr infolge derselben sich derartig vermehrt, daß der Reinertrag höher wird, als er bei höheren Frachtsätzen war.

Deshalb hat man wohl den Satz aufgestellt, daß bei den Eisenbahnen nicht die Selbstkosten den Frachtsatz bestimmen, sondern umgekehrt der Frachtsatz die Selbstkosten. Dieser Satz ist jedoch nur mit folgenden Einschränkungen richtig:

1. Außer von niedrigen Tarifen hängt eine Verkehrszunahme noch von verschiedenen anderen Umständen ab, bei deren Nichtvorhandensein eine Tarifherabsetzung ganz oder großenteils ohne Wirkung bleibt. Vor allem muß nach den natürlichen Verhältnissen des betreffenden Verkehrsgebiets eine Verkehrszunahme überhaupt möglich sein, z. B. kann in einer schwach bevölkerten, lediglich Landwirtschaft treibenden Gegend ohne Bergbau, Industrie und wesentlichen Handel eine erhebliche Verkehrssteigerung durch Tarifherabsetzungen nicht erzielt werden; solche würden vielmehr nur den Reinertrag der Eisenbahn vermindern.

2. Ferner wird es sich fragen, ob die Verkehrsvermehrung, die durch eine Tarifherabsetzung erreicht wird, nicht auch eine erhebliche Vermehrung der Selbstkosten zur Folge hat. Ist dies der Fall, wird z. B. die Einführung des Nachtdienstes oder die Anlage eines zweiten Gleises nötig, so können leicht die hierdurch entstehenden Mehrkosten so groß sein, daß zunächst trotz der Verkehrsvermehrung eine Verminderung des Reinertrages eintritt und es erst einer weiteren Verkehrszunahme bedarf, um den früheren Reinertrag oder eine Steigerung zu erzielen.

3. Endlich muß der Erfolg einer Tarifherabsetzung um so zweifelhafter werden, je größer der Verkehr und je niedriger die Beförderungspreise sind, weil dann naturgemäß die Frachtermäßigung auch nur eine geringe sein kann und der Reinertrag für die Beförderungseinheit auch für die schon vorhandene Beförderungsmenge geringer wird. Deshalb wird es in solchen Fällen oft wirtschaftlicher sein, die vorhandene Beförderungsmenge zu den bisherigen Sätzen zu fahren, als durch eine Tarifherabsetzung eine in der Regel nicht erhebliche Verkehrszunahme herbeizuführen neben einer sicheren Verminderung des Reinertrags für die bereits vorhandene Beförderungsmenge. Dieser Umstand ist von außerordentlicher Wichtigkeit; es liegt hierin der letzte Grund, weshalb die privatwirtschaftliche Eisenbahnverwaltung, die die Erzielung eines möglichst hohen Reinertrags anstrebt, nicht in

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[457/0469] Anlagekapitals etwa 50% der Selbstkosten betragen, so ergibt sich, daß nahezu 75% der Selbstkosten feste, von dem Verkehrsumfang nicht beeinflußte Kosten sind, 25% dagegen auf veränderliche, entsprechend dem Verkehrsumfang zunehmende Kosten entfallen. Den auf eine gewisse Beförderungsleistung, z. B. auf 1 tkm, entfallenden Anteil an den festen Selbstkosten erhält man, indem man mit der Gesamtsumme der t/km in den Betrag der festen Selbstkosten teilt. Demgemäß wird der aus den festen Selbstkosten sich ergebende Anteil je nach dem Umfang des Verkehrs sich verändern; je größer der Verkehr und hiernach der Divisor ist, um so kleiner wird der Quotient, der Anteil der einzelnen Beförderungsleistung an den festen Selbstkosten sein. Aus den festen Selbstkosten ergibt sich also ein je nach dem Umfang des Verkehrs sich verschieden hoch stellender Betrag für die einzelne Beförderungsleistung, ein veränderlicher Tarifteil, umgekehrt aber aus den mit jeder Transporteinheit entsprechend wachsenden veränderlichen Selbstkosten ein sich stets gleichbleibender Kostenbetrag der einzelnen Beförderungsleistung, ein fester Tarifteil. Da aber der veränderliche Tarifteil oder die festen Selbstkosten etwa 75% der Gesamtkosten, der feste Tarifteil oder die veränderlichen Selbstkosten nur etwa 25% betragen, so ist der erstere ausschlaggebend und dies hat zur Folge, daß die Gesamtselbstkosten der einzelnen Beförderungsleistung mit der Zunahme der Zahl der Beförderungsleistungen abnehmen, oder wie man es auch ausgedrückt hat, die Kosten des Verkehrs im umgekehrten Verhältnis zu der Dichtigkeit des Verkehrs stehen. Diese Erscheinung nennt man das Preisgesetz des Verkehrs oder das Gesetz der Massennutzung. Hieraus erklärt es sich, weshalb die Selbstkosten einer Beförderungseinheit, eines P/km oder t/km bei den einzelnen Eisenbahnen außerordentlich verschieden sind, und weshalb in der Regel die Bahnen mit starkem Verkehr weit geringere Selbstkosten für die Beförderungseinheit aufweisen, als die Bahnen mit schwachem Verkehr. Die Vermehrung der Beförderungsleistungen, die Entwicklung des Verkehrs hängt aber wieder sehr wesentlich von der Höhe oder der möglichst niedrigen Festsetzung der Beförderungspreise ab: so entsteht eine Wechselwirkung; während einerseits die Vermehrung von der niedrigen Festsetzung der Frachtsätze abhängig ist, ermöglicht anderseits die Zunahme des Verkehrs eine niedrige Frachtfestsetzung, ja macht sie sogar unter Umständen vorteilhaft, weil oft der Verkehr infolge derselben sich derartig vermehrt, daß der Reinertrag höher wird, als er bei höheren Frachtsätzen war. Deshalb hat man wohl den Satz aufgestellt, daß bei den Eisenbahnen nicht die Selbstkosten den Frachtsatz bestimmen, sondern umgekehrt der Frachtsatz die Selbstkosten. Dieser Satz ist jedoch nur mit folgenden Einschränkungen richtig: 1. Außer von niedrigen Tarifen hängt eine Verkehrszunahme noch von verschiedenen anderen Umständen ab, bei deren Nichtvorhandensein eine Tarifherabsetzung ganz oder großenteils ohne Wirkung bleibt. Vor allem muß nach den natürlichen Verhältnissen des betreffenden Verkehrsgebiets eine Verkehrszunahme überhaupt möglich sein, z. B. kann in einer schwach bevölkerten, lediglich Landwirtschaft treibenden Gegend ohne Bergbau, Industrie und wesentlichen Handel eine erhebliche Verkehrssteigerung durch Tarifherabsetzungen nicht erzielt werden; solche würden vielmehr nur den Reinertrag der Eisenbahn vermindern. 2. Ferner wird es sich fragen, ob die Verkehrsvermehrung, die durch eine Tarifherabsetzung erreicht wird, nicht auch eine erhebliche Vermehrung der Selbstkosten zur Folge hat. Ist dies der Fall, wird z. B. die Einführung des Nachtdienstes oder die Anlage eines zweiten Gleises nötig, so können leicht die hierdurch entstehenden Mehrkosten so groß sein, daß zunächst trotz der Verkehrsvermehrung eine Verminderung des Reinertrages eintritt und es erst einer weiteren Verkehrszunahme bedarf, um den früheren Reinertrag oder eine Steigerung zu erzielen. 3. Endlich muß der Erfolg einer Tarifherabsetzung um so zweifelhafter werden, je größer der Verkehr und je niedriger die Beförderungspreise sind, weil dann naturgemäß die Frachtermäßigung auch nur eine geringe sein kann und der Reinertrag für die Beförderungseinheit auch für die schon vorhandene Beförderungsmenge geringer wird. Deshalb wird es in solchen Fällen oft wirtschaftlicher sein, die vorhandene Beförderungsmenge zu den bisherigen Sätzen zu fahren, als durch eine Tarifherabsetzung eine in der Regel nicht erhebliche Verkehrszunahme herbeizuführen neben einer sicheren Verminderung des Reinertrags für die bereits vorhandene Beförderungsmenge. Dieser Umstand ist von außerordentlicher Wichtigkeit; es liegt hierin der letzte Grund, weshalb die privatwirtschaftliche Eisenbahnverwaltung, die die Erzielung eines möglichst hohen Reinertrags anstrebt, nicht in

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/469>, abgerufen am 25.11.2024.