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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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Kesselstein (scale, incrustation; incrustation, tartre, sediments, calcin; incrostazione nella caldaia), mineralische Niederschläge, die sich in Dampfkesseln beim Betrieb aus dem Kesselwasser abscheiden. Diese Niederschläge, die sich in mehr oder weniger starken Schichten von härterer oder lockerer Beschaffenheit an die Wandungen der Dampfkessel anhängen, vermindern die Wärmeabgabe aus dem Feuerraum an das Kesselwasser und bewirken hierdurch einen Mehraufwand an Brennmaterial; sie erzeugen oft örtliche Überhitzungen, sowie Formveränderungen der Kesselbleche und daher Schäden, die zu Kesselausbesserungen und Kesselerneuerungen führen. Auch in Hinsicht auf die persönliche Sicherheit ist K. zu fürchten, indem die Fälle nicht vereinzelt sind, in denen Dampfkessel infolge von bedeutender Kesselsteinbildung explodierten.

Die Frage der Bildung und Verhütung des K. hat daher für den Dampfkesselbetrieb außerordentliche Wichtigkeit.

Inhalt: 1. Art der Verunreinigungen des Wassers. 2. Kesselsteinbildung. 3. Ablagerung des K. Sein Einfluß auf die Rostbildung. 4. Einfluß des K. auf die Wirtschaftlichkeit. 5. Verhütung der Bildung des K.

1. Art der Verunreinigungen des Wassers. Kein natürlich vorkommendes Wasser ist vollkommen rein. Die Verunreinigungen des natürlich vorkommenden Wassers können sowohl chemischer als mechanischer Natur sein.

Wässer aus atmosphärischen Niederschlägen (Regen, Hagel, Schnee, Eis), die über Felder, in Gräben, Bächen und Flüssen ablaufen, sog. Tagwässer, enthalten mehr mechanisch verteilte, vom Boden abgeschwemmte, Quell- und Grundwässer dagegen mehr chemische gelöste Bestandteile.

Tagwässer sind daher, namentlich nach heftigen Regengüssen trüb und klären sich langsam, weil die abgeschwemmten tonigen Bestandteile der Bodenoberfläche in fein verteiltem Zustande abgeschwemmt und mitgenommen werden.

Quell- und Grundwässer dagegen sind gewöhnlich klar und durchsichtig, weil diese Art von Verunreinigungen auf ihrem langen Wege im Boden, bei der großen Menge der Berührungsflächen, bei der geringen Geschwindigkeit und großen Ausbreitung in demselben im Boden zurückbleiben.

Sie enthalten meist Karbonate des Kalziums und der Magnesia, welche Stoffe sich durch Auflösung des im Boden enthaltenen kohlensauren Kalkes und der kohlensauren Magnesia bei Gegenwart von Kohlensäure bilden.

Die Kohlensäure entsteht bei der Verwesung der organischen, im Boden enthaltenen Stoffe und wird durch das in die Tiefe hinabführende atmosphärische Wasser aufgenommen.

Auf demselben Wege gelangen weitere an der Oberfläche des Bodens durch Verwitterung aufgeschlossene oder unmittelbar gelöste Stoffe in den Boden und beeinflussen den chemischen Gehalt des Wassers.

Alle diese Wässer werden unter dem Sammelnamen Süßwasser zusammengefaßt. Im Gegensatz zum Meerwasser, welches wenig Karbonate, aber viel schwefelsauren Kalk (Gips) und auch schwefelsaure Magnesia (Bittersalz), Chlormagnesium und Kochsalz in wenig wechselnder Menge enthält und erst nach Destillation zur Kesselspeisung geeignet ist, enthalten die Süßwässer je nach der Beschaffenheit der geologischen Formation, der sie entstammen, mehr oder weniger Karbonate, schwefelsaure Magnesia und Gips. Die reinsten Süßwässer in chemischer Beziehung sind die aus kristallinischem Boden (Gneis, Glimmerschiefer, Granit etc.) kommenden Wässer.

2. Kesselsteinbildung. Infolge des Erhitzens des Wassers im Kessel werden die im heißen Wasser nicht löslichen Stoffe abgeschieden. Diese Abscheidung geschieht als schlammiger, kristallinischer oder als voluminöser Niederschlag.

Der schlammige Niederschlag stammt meist von den im Tagwasser mitgeführten suspendierten tonigen Beimengungen, der kristallinische Niederschlag von den im Tag- und Grundwasser enthaltenen an Kohlensäure oder Schwefelsäure gebundenen Kalksalzen (den Bikarbonaten des Kalkes und dem Gipse), der voluminöse Niederschlag von den beim Sieden von ihrer Kohlensäure befreiten Magnesiasalzen. Alle diese Niederschläge durchsetzen das Kesselwasser, fallen zu Boden oder hängen sich an die Wandungen an oder steigen auch an die Oberfläche des Wassers auf, wenn sie sehr voluminös sind.

Die kristallinischen Ausscheidungen bilden den eigentlichen harten K., der zumeist aus einfach-kohlensaurem Kalk oder Gips besteht. Der Hauptbestandteil der voluminösen Niederschläge ist die Magnesia in der Form einfacher kohlensaurer Magnesia oder Magnesiumhydroxyd mit organischen Substanzen vermischt.

Das von diesen Stoffen befreite Kesselwasser, das noch lösliche Verbindungen des Kalkes und der Magnesia enthält, die an Chlor, Salpetersäure, Schwefelsäure gebunden sind, gelangt dabei zu immer größerer Konzentration, die mit dem Fortschreiten der Verdampfung zunimmt, den Siedepunkt erhöht und zum sog. Spucken und dem Wasserreißen führt.

Aus diesem Grunde ist es nötig, das Kesselwasser zeitweilig abzulassen und den Kessel auszuwaschen.

Die Länge der Zeitabschnitte, in denen dieses Auswaschen zu geschehen hat, hängt von der Natur des Speisewassers ab. Bei Lokomotiven ist das Auswaschen nach je 600 bis 2000 Fahrtkilometer vorzunehmen, bei Stabilkesseln je nach der Dienstbeanspruchung und

Kesselstein (scale, incrustation; incrustation, tartre, sediments, calcin; incrostazione nella caldaia), mineralische Niederschläge, die sich in Dampfkesseln beim Betrieb aus dem Kesselwasser abscheiden. Diese Niederschläge, die sich in mehr oder weniger starken Schichten von härterer oder lockerer Beschaffenheit an die Wandungen der Dampfkessel anhängen, vermindern die Wärmeabgabe aus dem Feuerraum an das Kesselwasser und bewirken hierdurch einen Mehraufwand an Brennmaterial; sie erzeugen oft örtliche Überhitzungen, sowie Formveränderungen der Kesselbleche und daher Schäden, die zu Kesselausbesserungen und Kesselerneuerungen führen. Auch in Hinsicht auf die persönliche Sicherheit ist K. zu fürchten, indem die Fälle nicht vereinzelt sind, in denen Dampfkessel infolge von bedeutender Kesselsteinbildung explodierten.

Die Frage der Bildung und Verhütung des K. hat daher für den Dampfkesselbetrieb außerordentliche Wichtigkeit.

Inhalt: 1. Art der Verunreinigungen des Wassers. 2. Kesselsteinbildung. 3. Ablagerung des K. Sein Einfluß auf die Rostbildung. 4. Einfluß des K. auf die Wirtschaftlichkeit. 5. Verhütung der Bildung des K.

1. Art der Verunreinigungen des Wassers. Kein natürlich vorkommendes Wasser ist vollkommen rein. Die Verunreinigungen des natürlich vorkommenden Wassers können sowohl chemischer als mechanischer Natur sein.

Wässer aus atmosphärischen Niederschlägen (Regen, Hagel, Schnee, Eis), die über Felder, in Gräben, Bächen und Flüssen ablaufen, sog. Tagwässer, enthalten mehr mechanisch verteilte, vom Boden abgeschwemmte, Quell- und Grundwässer dagegen mehr chemische gelöste Bestandteile.

Tagwässer sind daher, namentlich nach heftigen Regengüssen trüb und klären sich langsam, weil die abgeschwemmten tonigen Bestandteile der Bodenoberfläche in fein verteiltem Zustande abgeschwemmt und mitgenommen werden.

Quell- und Grundwässer dagegen sind gewöhnlich klar und durchsichtig, weil diese Art von Verunreinigungen auf ihrem langen Wege im Boden, bei der großen Menge der Berührungsflächen, bei der geringen Geschwindigkeit und großen Ausbreitung in demselben im Boden zurückbleiben.

Sie enthalten meist Karbonate des Kalziums und der Magnesia, welche Stoffe sich durch Auflösung des im Boden enthaltenen kohlensauren Kalkes und der kohlensauren Magnesia bei Gegenwart von Kohlensäure bilden.

Die Kohlensäure entsteht bei der Verwesung der organischen, im Boden enthaltenen Stoffe und wird durch das in die Tiefe hinabführende atmosphärische Wasser aufgenommen.

Auf demselben Wege gelangen weitere an der Oberfläche des Bodens durch Verwitterung aufgeschlossene oder unmittelbar gelöste Stoffe in den Boden und beeinflussen den chemischen Gehalt des Wassers.

Alle diese Wässer werden unter dem Sammelnamen Süßwasser zusammengefaßt. Im Gegensatz zum Meerwasser, welches wenig Karbonate, aber viel schwefelsauren Kalk (Gips) und auch schwefelsaure Magnesia (Bittersalz), Chlormagnesium und Kochsalz in wenig wechselnder Menge enthält und erst nach Destillation zur Kesselspeisung geeignet ist, enthalten die Süßwässer je nach der Beschaffenheit der geologischen Formation, der sie entstammen, mehr oder weniger Karbonate, schwefelsaure Magnesia und Gips. Die reinsten Süßwässer in chemischer Beziehung sind die aus kristallinischem Boden (Gneis, Glimmerschiefer, Granit etc.) kommenden Wässer.

2. Kesselsteinbildung. Infolge des Erhitzens des Wassers im Kessel werden die im heißen Wasser nicht löslichen Stoffe abgeschieden. Diese Abscheidung geschieht als schlammiger, kristallinischer oder als voluminöser Niederschlag.

Der schlammige Niederschlag stammt meist von den im Tagwasser mitgeführten suspendierten tonigen Beimengungen, der kristallinische Niederschlag von den im Tag- und Grundwasser enthaltenen an Kohlensäure oder Schwefelsäure gebundenen Kalksalzen (den Bikarbonaten des Kalkes und dem Gipse), der voluminöse Niederschlag von den beim Sieden von ihrer Kohlensäure befreiten Magnesiasalzen. Alle diese Niederschläge durchsetzen das Kesselwasser, fallen zu Boden oder hängen sich an die Wandungen an oder steigen auch an die Oberfläche des Wassers auf, wenn sie sehr voluminös sind.

Die kristallinischen Ausscheidungen bilden den eigentlichen harten K., der zumeist aus einfach-kohlensaurem Kalk oder Gips besteht. Der Hauptbestandteil der voluminösen Niederschläge ist die Magnesia in der Form einfacher kohlensaurer Magnesia oder Magnesiumhydroxyd mit organischen Substanzen vermischt.

Das von diesen Stoffen befreite Kesselwasser, das noch lösliche Verbindungen des Kalkes und der Magnesia enthält, die an Chlor, Salpetersäure, Schwefelsäure gebunden sind, gelangt dabei zu immer größerer Konzentration, die mit dem Fortschreiten der Verdampfung zunimmt, den Siedepunkt erhöht und zum sog. Spucken und dem Wasserreißen führt.

Aus diesem Grunde ist es nötig, das Kesselwasser zeitweilig abzulassen und den Kessel auszuwaschen.

Die Länge der Zeitabschnitte, in denen dieses Auswaschen zu geschehen hat, hängt von der Natur des Speisewassers ab. Bei Lokomotiven ist das Auswaschen nach je 600 bis 2000 Fahrtkilometer vorzunehmen, bei Stabilkesseln je nach der Dienstbeanspruchung und

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[339/0356] Kesselstein (scale, incrustation; incrustation, tartre, sediments, calcin; incrostazione nella caldaia), mineralische Niederschläge, die sich in Dampfkesseln beim Betrieb aus dem Kesselwasser abscheiden. Diese Niederschläge, die sich in mehr oder weniger starken Schichten von härterer oder lockerer Beschaffenheit an die Wandungen der Dampfkessel anhängen, vermindern die Wärmeabgabe aus dem Feuerraum an das Kesselwasser und bewirken hierdurch einen Mehraufwand an Brennmaterial; sie erzeugen oft örtliche Überhitzungen, sowie Formveränderungen der Kesselbleche und daher Schäden, die zu Kesselausbesserungen und Kesselerneuerungen führen. Auch in Hinsicht auf die persönliche Sicherheit ist K. zu fürchten, indem die Fälle nicht vereinzelt sind, in denen Dampfkessel infolge von bedeutender Kesselsteinbildung explodierten. Die Frage der Bildung und Verhütung des K. hat daher für den Dampfkesselbetrieb außerordentliche Wichtigkeit. Inhalt: 1. Art der Verunreinigungen des Wassers. 2. Kesselsteinbildung. 3. Ablagerung des K. Sein Einfluß auf die Rostbildung. 4. Einfluß des K. auf die Wirtschaftlichkeit. 5. Verhütung der Bildung des K. 1. Art der Verunreinigungen des Wassers. Kein natürlich vorkommendes Wasser ist vollkommen rein. Die Verunreinigungen des natürlich vorkommenden Wassers können sowohl chemischer als mechanischer Natur sein. Wässer aus atmosphärischen Niederschlägen (Regen, Hagel, Schnee, Eis), die über Felder, in Gräben, Bächen und Flüssen ablaufen, sog. Tagwässer, enthalten mehr mechanisch verteilte, vom Boden abgeschwemmte, Quell- und Grundwässer dagegen mehr chemische gelöste Bestandteile. Tagwässer sind daher, namentlich nach heftigen Regengüssen trüb und klären sich langsam, weil die abgeschwemmten tonigen Bestandteile der Bodenoberfläche in fein verteiltem Zustande abgeschwemmt und mitgenommen werden. Quell- und Grundwässer dagegen sind gewöhnlich klar und durchsichtig, weil diese Art von Verunreinigungen auf ihrem langen Wege im Boden, bei der großen Menge der Berührungsflächen, bei der geringen Geschwindigkeit und großen Ausbreitung in demselben im Boden zurückbleiben. Sie enthalten meist Karbonate des Kalziums und der Magnesia, welche Stoffe sich durch Auflösung des im Boden enthaltenen kohlensauren Kalkes und der kohlensauren Magnesia bei Gegenwart von Kohlensäure bilden. Die Kohlensäure entsteht bei der Verwesung der organischen, im Boden enthaltenen Stoffe und wird durch das in die Tiefe hinabführende atmosphärische Wasser aufgenommen. Auf demselben Wege gelangen weitere an der Oberfläche des Bodens durch Verwitterung aufgeschlossene oder unmittelbar gelöste Stoffe in den Boden und beeinflussen den chemischen Gehalt des Wassers. Alle diese Wässer werden unter dem Sammelnamen Süßwasser zusammengefaßt. Im Gegensatz zum Meerwasser, welches wenig Karbonate, aber viel schwefelsauren Kalk (Gips) und auch schwefelsaure Magnesia (Bittersalz), Chlormagnesium und Kochsalz in wenig wechselnder Menge enthält und erst nach Destillation zur Kesselspeisung geeignet ist, enthalten die Süßwässer je nach der Beschaffenheit der geologischen Formation, der sie entstammen, mehr oder weniger Karbonate, schwefelsaure Magnesia und Gips. Die reinsten Süßwässer in chemischer Beziehung sind die aus kristallinischem Boden (Gneis, Glimmerschiefer, Granit etc.) kommenden Wässer. 2. Kesselsteinbildung. Infolge des Erhitzens des Wassers im Kessel werden die im heißen Wasser nicht löslichen Stoffe abgeschieden. Diese Abscheidung geschieht als schlammiger, kristallinischer oder als voluminöser Niederschlag. Der schlammige Niederschlag stammt meist von den im Tagwasser mitgeführten suspendierten tonigen Beimengungen, der kristallinische Niederschlag von den im Tag- und Grundwasser enthaltenen an Kohlensäure oder Schwefelsäure gebundenen Kalksalzen (den Bikarbonaten des Kalkes und dem Gipse), der voluminöse Niederschlag von den beim Sieden von ihrer Kohlensäure befreiten Magnesiasalzen. Alle diese Niederschläge durchsetzen das Kesselwasser, fallen zu Boden oder hängen sich an die Wandungen an oder steigen auch an die Oberfläche des Wassers auf, wenn sie sehr voluminös sind. Die kristallinischen Ausscheidungen bilden den eigentlichen harten K., der zumeist aus einfach-kohlensaurem Kalk oder Gips besteht. Der Hauptbestandteil der voluminösen Niederschläge ist die Magnesia in der Form einfacher kohlensaurer Magnesia oder Magnesiumhydroxyd mit organischen Substanzen vermischt. Das von diesen Stoffen befreite Kesselwasser, das noch lösliche Verbindungen des Kalkes und der Magnesia enthält, die an Chlor, Salpetersäure, Schwefelsäure gebunden sind, gelangt dabei zu immer größerer Konzentration, die mit dem Fortschreiten der Verdampfung zunimmt, den Siedepunkt erhöht und zum sog. Spucken und dem Wasserreißen führt. Aus diesem Grunde ist es nötig, das Kesselwasser zeitweilig abzulassen und den Kessel auszuwaschen. Die Länge der Zeitabschnitte, in denen dieses Auswaschen zu geschehen hat, hängt von der Natur des Speisewassers ab. Bei Lokomotiven ist das Auswaschen nach je 600 bis 2000 Fahrtkilometer vorzunehmen, bei Stabilkesseln je nach der Dienstbeanspruchung und

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/356>, abgerufen am 22.11.2024.