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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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wird örtlicher, zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang der Verletzung mit einem "Betriebsvorgang" verlangt; während aber die früher in Theorie und Praxis herrschende Meinung als Betriebsvorgang nur ein Ereignis gelten ließ, das mit dem Beförderungszweck wesentlich zusammenhängt und gleichzeitig auf eine der dem Eisenbahnbetrieb (im Gegensatz zu sonstigen Transportgewerben) eigentümlichen Gefahren zurückgeführt werden kann, genügt nach der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts schon jeder Vorgang, der sich im Zusammenhang mit der Durchführung, unmittelbaren Vorbereitung oder unmittelbaren Abwicklung des Beförderungsgeschäftes abspielt und an sich mit den eigentümlichen Betriebsgefahren verbunden ist, auch wenn diese im Einzelfall nicht kausal gewesen sind.

Zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Tod (Verletzung) und Betriebsvorgang mag noch darauf hingewiesen werden, daß nach der von den Zivilsenaten des Reichsgerichts gebilligten "adäquaten Kausaltheorie" als Ursache im Rechtssinn nicht jedes "Ereignis" gilt, "ohne das die Wirkung nicht eingetreten wäre", sondern daß aus der Gesamtheit der Ereignisse ("Bedingungen") nur die in Betracht gezogen werden, deren Berücksichtigung im Hinblick auf den erfahrungsgemäßen Lauf der Dinge der Billigkeit nicht widerspricht; das Dazwischentreten eines dem normalen Verlauf fremden Moments unterbricht also den rechtlichen Kausalzusammenhang. Es ist aber nicht gerade erforderlich, daß die betreffende Bedingung die überwiegende Ursache war. Die Beweislast für sämtliche Begriffsmerkmale trifft den Kläger.

Die Bahn kann sich von der Haftung durch den Nachweis befreien, daß der Unfall entweder auf höhere Gewalt oder auf eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten als überwiegende Ursache zurückzuführen ist (§ 1). Unter "höherer Gewalt" (vis maior, im § 25 des preußischen Eisenbahngesetzes als "unabwendbarer äußerer Zufall" bezeichnet) ist jedes Ereignis zu verstehen, das von außen auf den Betrieb einwirkt und von dem Haftpflichtigen auch bei Anwendung der äußersten Vorsicht mit Mitteln, die ihm nach Lage der Sache, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Rentabilität des Unternehmens vernünftigerweise zugemutet werden können, weder abgewendet, noch in den Folgen unschädlich gemacht werden kann. Nicht unter den Begriff fallen sog. "innere Zufälle", d. h. solche Vorkommnisse, die sich ohne Verschulden aus Handlungen der Leute des Unternehmers in Ausübung ihres Dienstes oder aus Mängeln der Betriebsmittel ergeben, nach der Rechtsprechung auch solche Ereignisse, die beim Betrieb häufig vorkommen und nach seiner Natur und seinen Gefahren nicht vermeidbar sind. Im übrigen kann die höhere Gewalt sowohl in Naturereignissen als in Handlungen Dritter bestehen.

"Eigenes Verschulden" des Geschädigten besteht in bewußter oder fahrlässiger Außerachtlassung der von ihm vernünftigerweise zu erwartenden Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Dabei wird das Verhalten von Bahnbediensteten milder beurteilt als das Dritter, die mit dem Eisenbahnbetrieb wenig vertraut sind. Verschulden liegt nicht vor, wenn das Verhalten durch sittliche oder Berufspflichten gerechtfertigt oder geboten war. Auch bei zivilrechtlich unzurechnungsfähigen Personen (§§ 827, 828 BGB.) kann von Verschulden keine Rede sein. Das Verschulden seiner Leute oder Vertreter wird dem Verletzten nicht zugerechnet. Ist eigenes Verschulden zwar nicht die überwiegende, aber eine mitwirkende Ursache der Schädigung, so ist nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (wegen § 254 BGB.) die Ersatzleistung der Bahn entsprechend abzumindern.

2. Träger der H. ist der Betriebsunternehmer (§ 1). Als solchen bezeichnete die frühere Theorie und Praxis die (meist juristische) Person, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb erfolgt; neuerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts entscheidend, wem die selbständige Verfügungsgewalt über den Betrieb zusteht. Nach dieser Begriffsbestimmung bemißt sich also z. B. die Frage, wen bei Unfällen auf Anschlußgleisen, bei durchgehenden Zügen, bei gemeinschaftlichen Strecken und Bahnhöfen u. s. w. die Ersatzpflicht trifft. Kommen mehrere Betriebsunternehmer, z. B. beim Zusammenstoß von Zügen verschiedener Betriebsführer, in Frage, so haften sie nebeneinander.

Sowohl für diesen Fall als auch für das Verhältnis einer haftpflichtigen Bahnverwaltung zu sonstigen Ersatzpflichtigen gelten die im Artikel H. der Eisenbahnen unter I, 2 besprochenen Grundsätze.

In der Regreßnahme stellt das Reichsgericht die nach dem HPG. haftende Bahn, auch wenn sie kein Verschulden trifft, den ex delicto Haftenden gleich. Von der allgemeinen Regel, daß Versicherungssummen nicht auf die Leistungen der Bahn angerechnet werden, besteht nach § 4 HPG. folgende Ausnahme: War der Getötete oder Verletzte bei irgend einem auf Versicherung der Person

wird örtlicher, zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang der Verletzung mit einem „Betriebsvorgang“ verlangt; während aber die früher in Theorie und Praxis herrschende Meinung als Betriebsvorgang nur ein Ereignis gelten ließ, das mit dem Beförderungszweck wesentlich zusammenhängt und gleichzeitig auf eine der dem Eisenbahnbetrieb (im Gegensatz zu sonstigen Transportgewerben) eigentümlichen Gefahren zurückgeführt werden kann, genügt nach der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts schon jeder Vorgang, der sich im Zusammenhang mit der Durchführung, unmittelbaren Vorbereitung oder unmittelbaren Abwicklung des Beförderungsgeschäftes abspielt und an sich mit den eigentümlichen Betriebsgefahren verbunden ist, auch wenn diese im Einzelfall nicht kausal gewesen sind.

Zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Tod (Verletzung) und Betriebsvorgang mag noch darauf hingewiesen werden, daß nach der von den Zivilsenaten des Reichsgerichts gebilligten „adäquaten Kausaltheorie“ als Ursache im Rechtssinn nicht jedes „Ereignis“ gilt, „ohne das die Wirkung nicht eingetreten wäre“, sondern daß aus der Gesamtheit der Ereignisse („Bedingungen“) nur die in Betracht gezogen werden, deren Berücksichtigung im Hinblick auf den erfahrungsgemäßen Lauf der Dinge der Billigkeit nicht widerspricht; das Dazwischentreten eines dem normalen Verlauf fremden Moments unterbricht also den rechtlichen Kausalzusammenhang. Es ist aber nicht gerade erforderlich, daß die betreffende Bedingung die überwiegende Ursache war. Die Beweislast für sämtliche Begriffsmerkmale trifft den Kläger.

Die Bahn kann sich von der Haftung durch den Nachweis befreien, daß der Unfall entweder auf höhere Gewalt oder auf eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten als überwiegende Ursache zurückzuführen ist (§ 1). Unter „höherer Gewalt“ (vis maior, im § 25 des preußischen Eisenbahngesetzes als „unabwendbarer äußerer Zufall“ bezeichnet) ist jedes Ereignis zu verstehen, das von außen auf den Betrieb einwirkt und von dem Haftpflichtigen auch bei Anwendung der äußersten Vorsicht mit Mitteln, die ihm nach Lage der Sache, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Rentabilität des Unternehmens vernünftigerweise zugemutet werden können, weder abgewendet, noch in den Folgen unschädlich gemacht werden kann. Nicht unter den Begriff fallen sog. „innere Zufälle“, d. h. solche Vorkommnisse, die sich ohne Verschulden aus Handlungen der Leute des Unternehmers in Ausübung ihres Dienstes oder aus Mängeln der Betriebsmittel ergeben, nach der Rechtsprechung auch solche Ereignisse, die beim Betrieb häufig vorkommen und nach seiner Natur und seinen Gefahren nicht vermeidbar sind. Im übrigen kann die höhere Gewalt sowohl in Naturereignissen als in Handlungen Dritter bestehen.

„Eigenes Verschulden“ des Geschädigten besteht in bewußter oder fahrlässiger Außerachtlassung der von ihm vernünftigerweise zu erwartenden Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Dabei wird das Verhalten von Bahnbediensteten milder beurteilt als das Dritter, die mit dem Eisenbahnbetrieb wenig vertraut sind. Verschulden liegt nicht vor, wenn das Verhalten durch sittliche oder Berufspflichten gerechtfertigt oder geboten war. Auch bei zivilrechtlich unzurechnungsfähigen Personen (§§ 827, 828 BGB.) kann von Verschulden keine Rede sein. Das Verschulden seiner Leute oder Vertreter wird dem Verletzten nicht zugerechnet. Ist eigenes Verschulden zwar nicht die überwiegende, aber eine mitwirkende Ursache der Schädigung, so ist nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (wegen § 254 BGB.) die Ersatzleistung der Bahn entsprechend abzumindern.

2. Träger der H. ist der Betriebsunternehmer (§ 1). Als solchen bezeichnete die frühere Theorie und Praxis die (meist juristische) Person, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb erfolgt; neuerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts entscheidend, wem die selbständige Verfügungsgewalt über den Betrieb zusteht. Nach dieser Begriffsbestimmung bemißt sich also z. B. die Frage, wen bei Unfällen auf Anschlußgleisen, bei durchgehenden Zügen, bei gemeinschaftlichen Strecken und Bahnhöfen u. s. w. die Ersatzpflicht trifft. Kommen mehrere Betriebsunternehmer, z. B. beim Zusammenstoß von Zügen verschiedener Betriebsführer, in Frage, so haften sie nebeneinander.

Sowohl für diesen Fall als auch für das Verhältnis einer haftpflichtigen Bahnverwaltung zu sonstigen Ersatzpflichtigen gelten die im Artikel H. der Eisenbahnen unter I, 2 besprochenen Grundsätze.

In der Regreßnahme stellt das Reichsgericht die nach dem HPG. haftende Bahn, auch wenn sie kein Verschulden trifft, den ex delicto Haftenden gleich. Von der allgemeinen Regel, daß Versicherungssummen nicht auf die Leistungen der Bahn angerechnet werden, besteht nach § 4 HPG. folgende Ausnahme: War der Getötete oder Verletzte bei irgend einem auf Versicherung der Person

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[54/0065] wird örtlicher, zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang der Verletzung mit einem „Betriebsvorgang“ verlangt; während aber die früher in Theorie und Praxis herrschende Meinung als Betriebsvorgang nur ein Ereignis gelten ließ, das mit dem Beförderungszweck wesentlich zusammenhängt und gleichzeitig auf eine der dem Eisenbahnbetrieb (im Gegensatz zu sonstigen Transportgewerben) eigentümlichen Gefahren zurückgeführt werden kann, genügt nach der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts schon jeder Vorgang, der sich im Zusammenhang mit der Durchführung, unmittelbaren Vorbereitung oder unmittelbaren Abwicklung des Beförderungsgeschäftes abspielt und an sich mit den eigentümlichen Betriebsgefahren verbunden ist, auch wenn diese im Einzelfall nicht kausal gewesen sind. Zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Tod (Verletzung) und Betriebsvorgang mag noch darauf hingewiesen werden, daß nach der von den Zivilsenaten des Reichsgerichts gebilligten „adäquaten Kausaltheorie“ als Ursache im Rechtssinn nicht jedes „Ereignis“ gilt, „ohne das die Wirkung nicht eingetreten wäre“, sondern daß aus der Gesamtheit der Ereignisse („Bedingungen“) nur die in Betracht gezogen werden, deren Berücksichtigung im Hinblick auf den erfahrungsgemäßen Lauf der Dinge der Billigkeit nicht widerspricht; das Dazwischentreten eines dem normalen Verlauf fremden Moments unterbricht also den rechtlichen Kausalzusammenhang. Es ist aber nicht gerade erforderlich, daß die betreffende Bedingung die überwiegende Ursache war. Die Beweislast für sämtliche Begriffsmerkmale trifft den Kläger. Die Bahn kann sich von der Haftung durch den Nachweis befreien, daß der Unfall entweder auf höhere Gewalt oder auf eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten als überwiegende Ursache zurückzuführen ist (§ 1). Unter „höherer Gewalt“ (vis maior, im § 25 des preußischen Eisenbahngesetzes als „unabwendbarer äußerer Zufall“ bezeichnet) ist jedes Ereignis zu verstehen, das von außen auf den Betrieb einwirkt und von dem Haftpflichtigen auch bei Anwendung der äußersten Vorsicht mit Mitteln, die ihm nach Lage der Sache, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Rentabilität des Unternehmens vernünftigerweise zugemutet werden können, weder abgewendet, noch in den Folgen unschädlich gemacht werden kann. Nicht unter den Begriff fallen sog. „innere Zufälle“, d. h. solche Vorkommnisse, die sich ohne Verschulden aus Handlungen der Leute des Unternehmers in Ausübung ihres Dienstes oder aus Mängeln der Betriebsmittel ergeben, nach der Rechtsprechung auch solche Ereignisse, die beim Betrieb häufig vorkommen und nach seiner Natur und seinen Gefahren nicht vermeidbar sind. Im übrigen kann die höhere Gewalt sowohl in Naturereignissen als in Handlungen Dritter bestehen. „Eigenes Verschulden“ des Geschädigten besteht in bewußter oder fahrlässiger Außerachtlassung der von ihm vernünftigerweise zu erwartenden Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Dabei wird das Verhalten von Bahnbediensteten milder beurteilt als das Dritter, die mit dem Eisenbahnbetrieb wenig vertraut sind. Verschulden liegt nicht vor, wenn das Verhalten durch sittliche oder Berufspflichten gerechtfertigt oder geboten war. Auch bei zivilrechtlich unzurechnungsfähigen Personen (§§ 827, 828 BGB.) kann von Verschulden keine Rede sein. Das Verschulden seiner Leute oder Vertreter wird dem Verletzten nicht zugerechnet. Ist eigenes Verschulden zwar nicht die überwiegende, aber eine mitwirkende Ursache der Schädigung, so ist nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (wegen § 254 BGB.) die Ersatzleistung der Bahn entsprechend abzumindern. 2. Träger der H. ist der Betriebsunternehmer (§ 1). Als solchen bezeichnete die frühere Theorie und Praxis die (meist juristische) Person, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb erfolgt; neuerdings ist nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts entscheidend, wem die selbständige Verfügungsgewalt über den Betrieb zusteht. Nach dieser Begriffsbestimmung bemißt sich also z. B. die Frage, wen bei Unfällen auf Anschlußgleisen, bei durchgehenden Zügen, bei gemeinschaftlichen Strecken und Bahnhöfen u. s. w. die Ersatzpflicht trifft. Kommen mehrere Betriebsunternehmer, z. B. beim Zusammenstoß von Zügen verschiedener Betriebsführer, in Frage, so haften sie nebeneinander. Sowohl für diesen Fall als auch für das Verhältnis einer haftpflichtigen Bahnverwaltung zu sonstigen Ersatzpflichtigen gelten die im Artikel H. der Eisenbahnen unter I, 2 besprochenen Grundsätze. In der Regreßnahme stellt das Reichsgericht die nach dem HPG. haftende Bahn, auch wenn sie kein Verschulden trifft, den ex delicto Haftenden gleich. Von der allgemeinen Regel, daß Versicherungssummen nicht auf die Leistungen der Bahn angerechnet werden, besteht nach § 4 HPG. folgende Ausnahme: War der Getötete oder Verletzte bei irgend einem auf Versicherung der Person

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/65>, abgerufen am 02.11.2024.