Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.Verletzten erhaltenen Personen hierher zu rechnen. Eigene Ansprüche haben diese Personen zunächst nicht. Der Verletzte kann jedoch im Falle g anstatt der Zusprechung einer Gesamtrente die rechnerische Ausscheidung der Unterhaltsbeiträge für jedes Familienglied verlangen. In diesem Fall gehen die Beträge auf die einzelnen Angehörigen als eigene Rechte über, wenn der Verletzte zur Geltendmachung unfähig wird oder stirbt (s. unten unter b). War dagegen auf eine Gesamtrente erkannt, so sind die Rechte der Hinterbliebenen nach der Praxis der Gerichte dauernd verwirkt. Während des Prozesses kann von der Berechnung als Gesamtrente zu der in ausgeschiedenen Beträgen und umgekehrt übergegangen werden (Art. 660-664 BGB.). b) Im Falle der Tötung gehen zunächst a) die Rechte des Verstorbenen aus a, a und b auf die Erben über, außerdem erhalten diese Ersatz der Begräbniskosten; wegen des Falls a, g vgl. das eben Gesagte; b) ferner haben die vom Getöteten bisher durch eigene Arbeit erhaltenen mittellosen Familienglieder kraft eigenen Rechts Ansprüche auf einen ihrem Stande und dem Vermögen des Haftpflichtigen angemessenen Unterhalt bis zur Erlangung anderer Existenzmittel (die Witwe jedoch nicht über eine Wiederverheiratung, die Söhne nicht über die Volljährigkeit, die Tochter nicht über die Verheiratung hinaus Art. 683, Ziff. 1, 657 und 658 BGB.). Abgesehen von der Unterhaltsleistung unter a, g, die Stets in Rentenform zu leisten ist, haben die Berechtigten die Wahl zwischen Kapitalsabfindung oder Rentenzahlung; die Rente ist auf Antrag durch den zehnfachen Betrag sicherzustellen (Art. 273, ZPO.). Die Wahl kann noch im Prozeß geändert werden (Art. 676 BGB.). II. Spezialrecht für die Eisenbahnen. Obwohl das russische Recht durch seine allgemeine Schuldvermutung und die unbedingte Haftung der Bahn für ihre Angestellten dem Bedürfnis nach möglichst strenger Haftung bei Bahnunfällen bereits in hohem Maße gerecht geworden war, wurde doch zur Ergänzung der allgemeinen Normen ein dem deutschen HPG. nachgebildetes Spezialgesetz vom 25. Januar/6. Februar 1878 erlassen, das völlig auf dem Standpunkt der Kausalhaftung ex lege steht. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind bei der Neuredaktion des BGB. (1900) als Art. 683 in dieses ohne wesentliche Änderungen aufgenommen. Neben den Klagen aus diesem Artikel steht den Berechtigten gegebenenfalls auch die allgemeine Klage aus Art. 684 ff. BGB. offen, der in manchen Fällen weitergehende Rechte gewährt. Inhalt des Art. 683 BGB.: 1. Voraussetzung der Spezialhaftung ist die durch den Eisenbahnbetrieb verursachte Tötung oder körperliche Verletzung eines Menschen (Ziff. 1). Als Eisenbahnbetrieb gilt nach der Rechtsprechung jede Tätigkeit, die auf die Beförderung von Personen oder Gütern auf Eisenschienen zu Erwerbszwecken gerichtet ist; Linien, die sich noch nicht im Betriebe finden, fallen nicht unter den Art. 683 BGB. Die Beweislast trifft den Kläger. Die Bahn kann sich nur durch den Nachweis befreien, daß entweder a) unüberwindliche höhere Gewalt oder b) ein Verschulden des Verletzten oder anderer Personen, die zu der Bahnverwaltung in keinen dienstlichen Beziehungen stehen, die überwiegenden Ursachen des Unfalls sind. (Dies ist nach der Rechtsprechung der Sinn der sehr unklar gefaßten Ziff. 2 des Art. 683 BGB.). Der Nachweis nicht überwiegenden, sondern nur mitwirkenden Verschuldens genügt nicht. Unter unüberwindlicher höherer Gewalt sind Ereignisse zu verstehen, die, von außen auf den Bahnbetrieb einwirkend, durch kein Mittel zu verhüten sind, dessen Anwendung vernünftigerweise den Bahnen zugemutet werden kann. 2. Ersatzpflichtig sind die "Besitzer der Bahnunternehmung". Auf Privatanschlußgleisen gelten die Inhaber der angeschlossenen Be triebe als Bahnunternehmer. Neben den Bahnen haftet auch der eigentliche Schuldige auf das Ganze. Wird die Bahn in Anspruch genommen, so hat sie ihm gegenüber ein Regreßrecht (Ziff. 8). Die Ersatzleistungen der Bahnen an verunglückte Angestellte mindern sich um die Beträge, die der Angestellte als Angehöriger von Pensions-, Spar- oder Hilfskassen bezieht, zu denen der Bahnunternehmer Beiträge leistete (Ziff. 4). 3. Der Kreis der Ersatzberechtigten und der Inhalt ihrer Ansprüche bestimmt sich nach den oben zu I, Nr. 3 dargestellten allgemeinen Regeln (Ziff. 1 u. 5). 4. Die Klagen aus Art. 683 BGB. verjähren innerhalb eines Jahres vom Tage des Unfalls an oder, wenn es deswegen zu einer strafgerichtlichen Verfolgung gekommen ist, vom Tage der Rechtskraft des Strafurteils oder der Einstellung des Strafverfahrens an. Auf diese Verjährung finden die allgemeinen Bestimmungen über Hemmung keine Anwendung (Ziff. 7). 5. Einzelheiten: a) Die Haftpflicht der Bahn kann im voraus durch Vereinbarungen Verletzten erhaltenen Personen hierher zu rechnen. Eigene Ansprüche haben diese Personen zunächst nicht. Der Verletzte kann jedoch im Falle γ anstatt der Zusprechung einer Gesamtrente die rechnerische Ausscheidung der Unterhaltsbeiträge für jedes Familienglied verlangen. In diesem Fall gehen die Beträge auf die einzelnen Angehörigen als eigene Rechte über, wenn der Verletzte zur Geltendmachung unfähig wird oder stirbt (s. unten unter b). War dagegen auf eine Gesamtrente erkannt, so sind die Rechte der Hinterbliebenen nach der Praxis der Gerichte dauernd verwirkt. Während des Prozesses kann von der Berechnung als Gesamtrente zu der in ausgeschiedenen Beträgen und umgekehrt übergegangen werden (Art. 660–664 BGB.). b) Im Falle der Tötung gehen zunächst α) die Rechte des Verstorbenen aus a, α und β auf die Erben über, außerdem erhalten diese Ersatz der Begräbniskosten; wegen des Falls a, γ vgl. das eben Gesagte; β) ferner haben die vom Getöteten bisher durch eigene Arbeit erhaltenen mittellosen Familienglieder kraft eigenen Rechts Ansprüche auf einen ihrem Stande und dem Vermögen des Haftpflichtigen angemessenen Unterhalt bis zur Erlangung anderer Existenzmittel (die Witwe jedoch nicht über eine Wiederverheiratung, die Söhne nicht über die Volljährigkeit, die Tochter nicht über die Verheiratung hinaus Art. 683, Ziff. 1, 657 und 658 BGB.). Abgesehen von der Unterhaltsleistung unter a, γ, die Stets in Rentenform zu leisten ist, haben die Berechtigten die Wahl zwischen Kapitalsabfindung oder Rentenzahlung; die Rente ist auf Antrag durch den zehnfachen Betrag sicherzustellen (Art. 273, ZPO.). Die Wahl kann noch im Prozeß geändert werden (Art. 676 BGB.). II. Spezialrecht für die Eisenbahnen. Obwohl das russische Recht durch seine allgemeine Schuldvermutung und die unbedingte Haftung der Bahn für ihre Angestellten dem Bedürfnis nach möglichst strenger Haftung bei Bahnunfällen bereits in hohem Maße gerecht geworden war, wurde doch zur Ergänzung der allgemeinen Normen ein dem deutschen HPG. nachgebildetes Spezialgesetz vom 25. Januar/6. Februar 1878 erlassen, das völlig auf dem Standpunkt der Kausalhaftung ex lege steht. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind bei der Neuredaktion des BGB. (1900) als Art. 683 in dieses ohne wesentliche Änderungen aufgenommen. Neben den Klagen aus diesem Artikel steht den Berechtigten gegebenenfalls auch die allgemeine Klage aus Art. 684 ff. BGB. offen, der in manchen Fällen weitergehende Rechte gewährt. Inhalt des Art. 683 BGB.: 1. Voraussetzung der Spezialhaftung ist die durch den Eisenbahnbetrieb verursachte Tötung oder körperliche Verletzung eines Menschen (Ziff. 1). Als Eisenbahnbetrieb gilt nach der Rechtsprechung jede Tätigkeit, die auf die Beförderung von Personen oder Gütern auf Eisenschienen zu Erwerbszwecken gerichtet ist; Linien, die sich noch nicht im Betriebe finden, fallen nicht unter den Art. 683 BGB. Die Beweislast trifft den Kläger. Die Bahn kann sich nur durch den Nachweis befreien, daß entweder a) unüberwindliche höhere Gewalt oder b) ein Verschulden des Verletzten oder anderer Personen, die zu der Bahnverwaltung in keinen dienstlichen Beziehungen stehen, die überwiegenden Ursachen des Unfalls sind. (Dies ist nach der Rechtsprechung der Sinn der sehr unklar gefaßten Ziff. 2 des Art. 683 BGB.). Der Nachweis nicht überwiegenden, sondern nur mitwirkenden Verschuldens genügt nicht. Unter unüberwindlicher höherer Gewalt sind Ereignisse zu verstehen, die, von außen auf den Bahnbetrieb einwirkend, durch kein Mittel zu verhüten sind, dessen Anwendung vernünftigerweise den Bahnen zugemutet werden kann. 2. Ersatzpflichtig sind die „Besitzer der Bahnunternehmung“. Auf Privatanschlußgleisen gelten die Inhaber der angeschlossenen Be triebe als Bahnunternehmer. Neben den Bahnen haftet auch der eigentliche Schuldige auf das Ganze. Wird die Bahn in Anspruch genommen, so hat sie ihm gegenüber ein Regreßrecht (Ziff. 8). Die Ersatzleistungen der Bahnen an verunglückte Angestellte mindern sich um die Beträge, die der Angestellte als Angehöriger von Pensions-, Spar- oder Hilfskassen bezieht, zu denen der Bahnunternehmer Beiträge leistete (Ziff. 4). 3. Der Kreis der Ersatzberechtigten und der Inhalt ihrer Ansprüche bestimmt sich nach den oben zu I, Nr. 3 dargestellten allgemeinen Regeln (Ziff. 1 u. 5). 4. Die Klagen aus Art. 683 BGB. verjähren innerhalb eines Jahres vom Tage des Unfalls an oder, wenn es deswegen zu einer strafgerichtlichen Verfolgung gekommen ist, vom Tage der Rechtskraft des Strafurteils oder der Einstellung des Strafverfahrens an. Auf diese Verjährung finden die allgemeinen Bestimmungen über Hemmung keine Anwendung (Ziff. 7). 5. Einzelheiten: a) Die Haftpflicht der Bahn kann im voraus durch Vereinbarungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="69"/> Verletzten erhaltenen Personen hierher zu rechnen. Eigene Ansprüche haben diese Personen zunächst nicht. Der Verletzte kann jedoch im Falle γ anstatt der Zusprechung einer Gesamtrente die rechnerische Ausscheidung der Unterhaltsbeiträge für jedes Familienglied verlangen. 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b) Im Falle der Tötung gehen zunächst α) die Rechte des Verstorbenen aus a, α und β auf die Erben über, außerdem erhalten diese Ersatz der Begräbniskosten; wegen des Falls a, γ vgl. das eben Gesagte; β) ferner haben die vom Getöteten bisher durch eigene Arbeit erhaltenen mittellosen Familienglieder kraft eigenen Rechts Ansprüche auf einen ihrem Stande und dem Vermögen des Haftpflichtigen angemessenen Unterhalt bis zur Erlangung anderer Existenzmittel (die Witwe jedoch nicht über eine Wiederverheiratung, die Söhne nicht über die Volljährigkeit, die Tochter nicht über die Verheiratung hinaus Art. 683, Ziff. 1, 657 und 658 BGB.).
Abgesehen von der Unterhaltsleistung unter a, γ, die Stets in Rentenform zu leisten ist, haben die Berechtigten die Wahl zwischen Kapitalsabfindung oder Rentenzahlung; die Rente ist auf Antrag durch den zehnfachen Betrag sicherzustellen (Art. 273, ZPO.). Die Wahl kann noch im Prozeß geändert werden (Art. 676 BGB.).
II. Spezialrecht für die Eisenbahnen.
Obwohl das russische Recht durch seine allgemeine Schuldvermutung und die unbedingte Haftung der Bahn für ihre Angestellten dem Bedürfnis nach möglichst strenger Haftung bei Bahnunfällen bereits in hohem Maße gerecht geworden war, wurde doch zur Ergänzung der allgemeinen Normen ein dem deutschen HPG. nachgebildetes Spezialgesetz vom 25. Januar/6. Februar 1878 erlassen, das völlig auf dem Standpunkt der Kausalhaftung ex lege steht. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind bei der Neuredaktion des BGB. (1900) als Art. 683 in dieses ohne wesentliche Änderungen aufgenommen. Neben den Klagen aus diesem Artikel steht den Berechtigten gegebenenfalls auch die allgemeine Klage aus Art. 684 ff. BGB. offen, der in manchen Fällen weitergehende Rechte gewährt.
Inhalt des Art. 683 BGB.: 1. Voraussetzung der Spezialhaftung ist die durch den Eisenbahnbetrieb verursachte Tötung oder körperliche Verletzung eines Menschen (Ziff. 1). Als Eisenbahnbetrieb gilt nach der Rechtsprechung jede Tätigkeit, die auf die Beförderung von Personen oder Gütern auf Eisenschienen zu Erwerbszwecken gerichtet ist; Linien, die sich noch nicht im Betriebe finden, fallen nicht unter den Art. 683 BGB. Die Beweislast trifft den Kläger.
Die Bahn kann sich nur durch den Nachweis befreien, daß entweder a) unüberwindliche höhere Gewalt oder b) ein Verschulden des Verletzten oder anderer Personen, die zu der Bahnverwaltung in keinen dienstlichen Beziehungen stehen, die überwiegenden Ursachen des Unfalls sind. (Dies ist nach der Rechtsprechung der Sinn der sehr unklar gefaßten Ziff. 2 des Art. 683 BGB.). Der Nachweis nicht überwiegenden, sondern nur mitwirkenden Verschuldens genügt nicht. Unter unüberwindlicher höherer Gewalt sind Ereignisse zu verstehen, die, von außen auf den Bahnbetrieb einwirkend, durch kein Mittel zu verhüten sind, dessen Anwendung vernünftigerweise den Bahnen zugemutet werden kann.
2. Ersatzpflichtig sind die „Besitzer der Bahnunternehmung“. Auf Privatanschlußgleisen gelten die Inhaber der angeschlossenen Be triebe als Bahnunternehmer. Neben den Bahnen haftet auch der eigentliche Schuldige auf das Ganze. Wird die Bahn in Anspruch genommen, so hat sie ihm gegenüber ein Regreßrecht (Ziff. 8). Die Ersatzleistungen der Bahnen an verunglückte Angestellte mindern sich um die Beträge, die der Angestellte als Angehöriger von Pensions-, Spar- oder Hilfskassen bezieht, zu denen der Bahnunternehmer Beiträge leistete (Ziff. 4).
3. Der Kreis der Ersatzberechtigten und der Inhalt ihrer Ansprüche bestimmt sich nach den oben zu I, Nr. 3 dargestellten allgemeinen Regeln (Ziff. 1 u. 5).
4. Die Klagen aus Art. 683 BGB. verjähren innerhalb eines Jahres vom Tage des Unfalls an oder, wenn es deswegen zu einer strafgerichtlichen Verfolgung gekommen ist, vom Tage der Rechtskraft des Strafurteils oder der Einstellung des Strafverfahrens an. Auf diese Verjährung finden die allgemeinen Bestimmungen über Hemmung keine Anwendung (Ziff. 7).
5. Einzelheiten: a) Die Haftpflicht der Bahn kann im voraus durch Vereinbarungen
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