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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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erst nach deren allgemeiner Einführung die Anwendung von Heißdampf. Als typisches Beispiel zeigt Abb. 8, Taf. III, die bayrische L. S 3/5. Trotz alledem besaß Deutschland Ende 1911 erst etwa 1300 4zylindrige L., d. h. rd. 200 Stück weniger als eine einzige französische Bahn, die P-L-M-Bahn. Die 2 C 1-Lokomotiven der bayrischen, badischen (vgl. Abb. 9, Taf. III) und württembergischen Staatsbahn haben breite, auf den Rahmen gestellte, die der Reichseisenbahnen schmale, tiefe, zwischen den Rahmen liegende Feuerkisten. Für den schweren Güterzugverkehr dienen auch bereits verschiedentlich schon 4zylindrig ausgeführte (vgl. Abb. 10, Taf. III) 1 D- oder E-, in Elsaß-Lothringen auch 1 E-Lokomotiven, für den Vorortverkehr hauptsächlich die bayrische 1 B 2-Tenderlokomotive (Abb. 11, Taf. III), die auch in der Pfalz und in Elsaß-Lothringen Verwendung gefunden hat, die badische 1 C 1-, die pfälzische 1 C 2- und die lothringische 2 C 2- Tenderlokomotive; letztere ist 4zylindrig nach Bauart de Glehn; sie ähnelt der gleichen L. der Ostbahn (Abb. 13, Taf. II). Das Triebwerk der 4zylindrigen Verbundlokomotiven entspricht in Sachsen teilweise und in Elsaß-Lothringen durchweg der Bauart de Glehn, in Bayern, Baden, Württemberg und der Pfalz der Bauart v. Borries bzw. Courtin.

Die Kesselbauart weist nur in Sachsen und Elsaß-Lothringen die Belpaire-Feuerkiste auf, während im übrigen Deutschland die Feuerkiste mit zylindrischer Decke bevorzugt wird; bisweilen ist dann der letzte Kesselschuß kegelförmig erweitert. Die Dampfdrücke betragen bei 4zylindrigen L. meist 14-16 at, sonst meist 12 at.

Mehrteilige Triebwerke (Mallet-Rimrott, Meyer, Fairlie, Hagans u. s. w.) finden auf Hauptbahnen wenig Anwendung mehr; sie sind im allgemeinen auf krümmungsreiche Neben- und Kleinbahnstrecken zurückgedrängt. Als Ersatz dient die bei D- und E-Lokomotiven mit Erfolg angewendete Seitenverschiebbarkeit gekuppelter Achsen (8-30 mm), sog. Gölsdorf-Achsen. 1913 hat die bayrische Staatsbahn D-D-Tenderlokomotiven ( 15 at, R = 4·25, H = 270, Qd = 123) zum Nachschieben auf Strecken mit starken Steigungen eingeführt, vgl. Die Lokomotive, 1914, S. 117.

6. In Österreich1 war es zuerst die Maschinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Eisenbahngesellschaft in Wien, die, nachdem sie 1840 den Lokomotivbau unter Leitung Haswells aufgenommen hatte, einen bestimmenden Einfluß auf die Gestaltung der Bauformen nahm, dann die 1843 in eine Lokomotivbauanstalt verwandelte Maschinenfabrik von Prevenhuber, Günther und Armbruster in Wiener-Neustadt, welche in der allerersten Zeit nach amerikanischen Vorbildern gearbeitet hatte.

1850 ging von Österreich eine Anregung auf dem Gebiet des Lokomotivbaues aus, die für die Gestaltung der Gebirgslokomotiven beinahe von derselben hervorragenden Bedeutung war, wie der Wettkampf von Rainhill für die Einführung der L. überhaupt. Die Überschienung des Semmerings stellte auf der Strecke Gloggnitz-Mürzzuschlag mit 1 : 40 bis 1 : 45 Steigung auf 35 km Länge bei zahlreichen Krümmungen unter 300 m Halbmesser eine Aufgabe für den Lokomotivbetrieb, zu deren Lösung im März 1850 ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde.

Die Preislokomotive sollte bei günstiger Witterung auf 1 : 40 bei 284 m Krümmungshalbmesser eine Bruttolast von wenigstens 2500 q Gewicht ausschließlich Tender mit 14·2 km/Std. fortschaffen. Als Preisrichter walteten im August 1851 unter Vorsitz des k k. Hofrats Ritter v. Burg u. a. Kirchweger aus Hannover, Exter aus München und v. Engerth aus Wien. Vier L. erschienen zum Wettbewerb:

1. "Bavaria", von Maffei in München, 2 Außenzylinder von 508 x 769 mm, 4achsig, mit 2achsigem Tender;

2. "Wiener-Neustadt", von Günther in Wiener-Neustadt, 4 Außenzylinder von 330 x 632 mm; 2 2achsige Maschinen unter einem Kessel, Tendermaschine, später System Meyer genannt;

3. "Seraing", von Cockerill in Seraing. 4 Innenzylinder von 422 x 712 mm; 2 mit ihren Feuerkasten verbundene L.; 4 Achsen mit 1079 mm Raddurchmesser, je 2 Paar im beweglichen Untergestell (später System Fairlie);

4. "Vindobona", von der Wien-Gloggnitzer Maschinenfabrik; 2 Außenzylinder von 448 x 579 mm, 4 gekuppelte Achsen 1948 mm Raddurchmesser; 3 Achsen zwischen Dampfzylinder und Feuerkiste, 1 Achse hinter der letzteren.

Die L. "Bavaria" erhielt den ersten, "Wiener-Neustadt" den zweiten, "Seraing" den dritten und "Vindobona" den vierten Preis (20.000, 10.000, 7000 und 6000 Dukaten).

Da alle Preislokomotiven Einrichtungen hatten, die teils gewagt, teils nicht erprobt waren, so hielt man keine für die Einführung geeignet. Kirchweger entwarf darauf eine unter dem Namen System Fink bekannt gewordene Bauart, C. Krauß in Hannover eine solche, bei der die mittlere erhöhte Reibungsschiene von Vignoles und Ericson zu grunde gelegt war. Die Last des angehängten Wagenzugs wurde dazu benutzt, die wagrechten Räder an die Reibungsschiene anzupressen, wodurch die für die Zugkraft zur Verfügung stehende Reibung mit der angehängten Zuglast zu- oder abnehmen sollte.

1 Vgl. hierzu R. v. Littrow, Die geschichtlichen Lokomotiven der k. k. österreichischen Staatsbahnen. Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1914, Nr. 40 u. ff.

erst nach deren allgemeiner Einführung die Anwendung von Heißdampf. Als typisches Beispiel zeigt Abb. 8, Taf. III, die bayrische L. S 3/5. Trotz alledem besaß Deutschland Ende 1911 erst etwa 1300 4zylindrige L., d. h. rd. 200 Stück weniger als eine einzige französische Bahn, die P-L-M-Bahn. Die 2 C 1-Lokomotiven der bayrischen, badischen (vgl. Abb. 9, Taf. III) und württembergischen Staatsbahn haben breite, auf den Rahmen gestellte, die der Reichseisenbahnen schmale, tiefe, zwischen den Rahmen liegende Feuerkisten. Für den schweren Güterzugverkehr dienen auch bereits verschiedentlich schon 4zylindrig ausgeführte (vgl. Abb. 10, Taf. III) 1 D- oder E-, in Elsaß-Lothringen auch 1 E-Lokomotiven, für den Vorortverkehr hauptsächlich die bayrische 1 B 2-Tenderlokomotive (Abb. 11, Taf. III), die auch in der Pfalz und in Elsaß-Lothringen Verwendung gefunden hat, die badische 1 C 1-, die pfälzische 1 C 2- und die lothringische 2 C 2- Tenderlokomotive; letztere ist 4zylindrig nach Bauart de Glehn; sie ähnelt der gleichen L. der Ostbahn (Abb. 13, Taf. II). Das Triebwerk der 4zylindrigen Verbundlokomotiven entspricht in Sachsen teilweise und in Elsaß-Lothringen durchweg der Bauart de Glehn, in Bayern, Baden, Württemberg und der Pfalz der Bauart v. Borries bzw. Courtin.

Die Kesselbauart weist nur in Sachsen und Elsaß-Lothringen die Belpaire-Feuerkiste auf, während im übrigen Deutschland die Feuerkiste mit zylindrischer Decke bevorzugt wird; bisweilen ist dann der letzte Kesselschuß kegelförmig erweitert. Die Dampfdrücke betragen bei 4zylindrigen L. meist 14–16 at, sonst meist 12 at.

Mehrteilige Triebwerke (Mallet-Rimrott, Meyer, Fairlie, Hagans u. s. w.) finden auf Hauptbahnen wenig Anwendung mehr; sie sind im allgemeinen auf krümmungsreiche Neben- und Kleinbahnstrecken zurückgedrängt. Als Ersatz dient die bei D- und E-Lokomotiven mit Erfolg angewendete Seitenverschiebbarkeit gekuppelter Achsen (8–30 mm), sog. Gölsdorf-Achsen. 1913 hat die bayrische Staatsbahn D-D-Tenderlokomotiven ( 15 at, R = 4·25, H = 270, Qd = 123) zum Nachschieben auf Strecken mit starken Steigungen eingeführt, vgl. Die Lokomotive, 1914, S. 117.

6. In Österreich1 war es zuerst die Maschinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Eisenbahngesellschaft in Wien, die, nachdem sie 1840 den Lokomotivbau unter Leitung Haswells aufgenommen hatte, einen bestimmenden Einfluß auf die Gestaltung der Bauformen nahm, dann die 1843 in eine Lokomotivbauanstalt verwandelte Maschinenfabrik von Prevenhuber, Günther und Armbruster in Wiener-Neustadt, welche in der allerersten Zeit nach amerikanischen Vorbildern gearbeitet hatte.

1850 ging von Österreich eine Anregung auf dem Gebiet des Lokomotivbaues aus, die für die Gestaltung der Gebirgslokomotiven beinahe von derselben hervorragenden Bedeutung war, wie der Wettkampf von Rainhill für die Einführung der L. überhaupt. Die Überschienung des Semmerings stellte auf der Strecke Gloggnitz-Mürzzuschlag mit 1 : 40 bis 1 : 45 Steigung auf 35 km Länge bei zahlreichen Krümmungen unter 300 m Halbmesser eine Aufgabe für den Lokomotivbetrieb, zu deren Lösung im März 1850 ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde.

Die Preislokomotive sollte bei günstiger Witterung auf 1 : 40 bei 284 m Krümmungshalbmesser eine Bruttolast von wenigstens 2500 q Gewicht ausschließlich Tender mit 14·2 km/Std. fortschaffen. Als Preisrichter walteten im August 1851 unter Vorsitz des k k. Hofrats Ritter v. Burg u. a. Kirchweger aus Hannover, Exter aus München und v. Engerth aus Wien. Vier L. erschienen zum Wettbewerb:

1. „Bavaria“, von Maffei in München, 2 Außenzylinder von 508 × 769 mm, 4achsig, mit 2achsigem Tender;

2. „Wiener-Neustadt“, von Günther in Wiener-Neustadt, 4 Außenzylinder von 330 × 632 mm; 2 2achsige Maschinen unter einem Kessel, Tendermaschine, später System Meyer genannt;

3. „Seraing“, von Cockerill in Seraing. 4 Innenzylinder von 422 × 712 mm; 2 mit ihren Feuerkasten verbundene L.; 4 Achsen mit 1079 mm Raddurchmesser, je 2 Paar im beweglichen Untergestell (später System Fairlie);

4. „Vindobona“, von der Wien-Gloggnitzer Maschinenfabrik; 2 Außenzylinder von 448 × 579 mm, 4 gekuppelte Achsen 1948 mm Raddurchmesser; 3 Achsen zwischen Dampfzylinder und Feuerkiste, 1 Achse hinter der letzteren.

Die L. „Bavaria“ erhielt den ersten, „Wiener-Neustadt“ den zweiten, „Seraing“ den dritten und „Vindobona“ den vierten Preis (20.000, 10.000, 7000 und 6000 Dukaten).

Da alle Preislokomotiven Einrichtungen hatten, die teils gewagt, teils nicht erprobt waren, so hielt man keine für die Einführung geeignet. Kirchweger entwarf darauf eine unter dem Namen System Fink bekannt gewordene Bauart, C. Krauß in Hannover eine solche, bei der die mittlere erhöhte Reibungsschiene von Vignoles und Ericson zu grunde gelegt war. Die Last des angehängten Wagenzugs wurde dazu benutzt, die wagrechten Räder an die Reibungsschiene anzupressen, wodurch die für die Zugkraft zur Verfügung stehende Reibung mit der angehängten Zuglast zu- oder abnehmen sollte.

1 Vgl. hierzu R. v. Littrow, Die geschichtlichen Lokomotiven der k. k. österreichischen Staatsbahnen. Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1914, Nr. 40 u. ff.
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erst nach deren allgemeiner Einführung die Anwendung von Heißdampf. Als typisches Beispiel zeigt Abb. 8, Taf. III, die bayrische L. S 3/5. Trotz alledem besaß Deutschland Ende 1911 erst etwa 1300 4zylindrige L., d. h. rd. 200 Stück weniger als eine einzige französische Bahn, die P-L-M-Bahn. Die 2 C 1-Lokomotiven der bayrischen, badischen (vgl. Abb. 9, Taf. III) und württembergischen Staatsbahn haben breite, auf den Rahmen gestellte, die der Reichseisenbahnen schmale, tiefe, zwischen den Rahmen liegende Feuerkisten. Für den schweren Güterzugverkehr dienen auch bereits verschiedentlich schon 4zylindrig ausgeführte (vgl. Abb. 10, Taf. III) 1 D- oder E-, in Elsaß-Lothringen auch 1 E-Lokomotiven, für den Vorortverkehr hauptsächlich die bayrische 1 B 2-Tenderlokomotive (Abb. 11, Taf. III), die auch in der Pfalz und in Elsaß-Lothringen Verwendung gefunden hat, die badische 1 C 1-, die pfälzische 1 C 2- und die lothringische 2 C 2- Tenderlokomotive; letztere ist 4zylindrig nach Bauart de Glehn; sie ähnelt der gleichen L. der Ostbahn (Abb. 13, Taf. II). Das Triebwerk der 4zylindrigen Verbundlokomotiven entspricht in Sachsen teilweise und in Elsaß-Lothringen durchweg der Bauart de Glehn, in Bayern, Baden, Württemberg und der Pfalz der Bauart v. Borries bzw. Courtin.</p><lb/>
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[165/0176] erst nach deren allgemeiner Einführung die Anwendung von Heißdampf. Als typisches Beispiel zeigt Abb. 8, Taf. III, die bayrische L. S 3/5. Trotz alledem besaß Deutschland Ende 1911 erst etwa 1300 4zylindrige L., d. h. rd. 200 Stück weniger als eine einzige französische Bahn, die P-L-M-Bahn. Die 2 C 1-Lokomotiven der bayrischen, badischen (vgl. Abb. 9, Taf. III) und württembergischen Staatsbahn haben breite, auf den Rahmen gestellte, die der Reichseisenbahnen schmale, tiefe, zwischen den Rahmen liegende Feuerkisten. Für den schweren Güterzugverkehr dienen auch bereits verschiedentlich schon 4zylindrig ausgeführte (vgl. Abb. 10, Taf. III) 1 D- oder E-, in Elsaß-Lothringen auch 1 E-Lokomotiven, für den Vorortverkehr hauptsächlich die bayrische 1 B 2-Tenderlokomotive (Abb. 11, Taf. 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Mehrteilige Triebwerke (Mallet-Rimrott, Meyer, Fairlie, Hagans u. s. w.) finden auf Hauptbahnen wenig Anwendung mehr; sie sind im allgemeinen auf krümmungsreiche Neben- und Kleinbahnstrecken zurückgedrängt. Als Ersatz dient die bei D- und E-Lokomotiven mit Erfolg angewendete Seitenverschiebbarkeit gekuppelter Achsen (8–30 mm), sog. Gölsdorf-Achsen. 1913 hat die bayrische Staatsbahn D-D-Tenderlokomotiven ([FORMEL] 15 at, R = 4·25, H = 270, Qd = 123) zum Nachschieben auf Strecken mit starken Steigungen eingeführt, vgl. Die Lokomotive, 1914, S. 117. 6. In Österreich 1 war es zuerst die Maschinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Eisenbahngesellschaft in Wien, die, nachdem sie 1840 den Lokomotivbau unter Leitung Haswells aufgenommen hatte, einen bestimmenden Einfluß auf die Gestaltung der Bauformen nahm, dann die 1843 in eine Lokomotivbauanstalt verwandelte Maschinenfabrik von Prevenhuber, Günther und Armbruster in Wiener-Neustadt, welche in der allerersten Zeit nach amerikanischen Vorbildern gearbeitet hatte. 1850 ging von Österreich eine Anregung auf dem Gebiet des Lokomotivbaues aus, die für die Gestaltung der Gebirgslokomotiven beinahe von derselben hervorragenden Bedeutung war, wie der Wettkampf von Rainhill für die Einführung der L. überhaupt. Die Überschienung des Semmerings stellte auf der Strecke Gloggnitz-Mürzzuschlag mit 1 : 40 bis 1 : 45 Steigung auf 35 km Länge bei zahlreichen Krümmungen unter 300 m Halbmesser eine Aufgabe für den Lokomotivbetrieb, zu deren Lösung im März 1850 ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde. Die Preislokomotive sollte bei günstiger Witterung auf 1 : 40 bei 284 m Krümmungshalbmesser eine Bruttolast von wenigstens 2500 q Gewicht ausschließlich Tender mit 14·2 km/Std. fortschaffen. Als Preisrichter walteten im August 1851 unter Vorsitz des k k. Hofrats Ritter v. Burg u. a. Kirchweger aus Hannover, Exter aus München und v. Engerth aus Wien. Vier L. erschienen zum Wettbewerb: 1. „Bavaria“, von Maffei in München, 2 Außenzylinder von 508 × 769 mm, 4achsig, mit 2achsigem Tender; 2. „Wiener-Neustadt“, von Günther in Wiener-Neustadt, 4 Außenzylinder von 330 × 632 mm; 2 2achsige Maschinen unter einem Kessel, Tendermaschine, später System Meyer genannt; 3. „Seraing“, von Cockerill in Seraing. 4 Innenzylinder von 422 × 712 mm; 2 mit ihren Feuerkasten verbundene L.; 4 Achsen mit 1079 mm Raddurchmesser, je 2 Paar im beweglichen Untergestell (später System Fairlie); 4. „Vindobona“, von der Wien-Gloggnitzer Maschinenfabrik; 2 Außenzylinder von 448 × 579 mm, 4 gekuppelte Achsen 1948 mm Raddurchmesser; 3 Achsen zwischen Dampfzylinder und Feuerkiste, 1 Achse hinter der letzteren. Die L. „Bavaria“ erhielt den ersten, „Wiener-Neustadt“ den zweiten, „Seraing“ den dritten und „Vindobona“ den vierten Preis (20.000, 10.000, 7000 und 6000 Dukaten). Da alle Preislokomotiven Einrichtungen hatten, die teils gewagt, teils nicht erprobt waren, so hielt man keine für die Einführung geeignet. Kirchweger entwarf darauf eine unter dem Namen System Fink bekannt gewordene Bauart, C. Krauß in Hannover eine solche, bei der die mittlere erhöhte Reibungsschiene von Vignoles und Ericson zu grunde gelegt war. Die Last des angehängten Wagenzugs wurde dazu benutzt, die wagrechten Räder an die Reibungsschiene anzupressen, wodurch die für die Zugkraft zur Verfügung stehende Reibung mit der angehängten Zuglast zu- oder abnehmen sollte. 1 Vgl. hierzu R. v. Littrow, Die geschichtlichen Lokomotiven der k. k. österreichischen Staatsbahnen. Ztschr. d. Österr. Ing.-V. 1914, Nr. 40 u. ff.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/176>, abgerufen am 27.09.2024.