Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Landstraßen- und Wasserverkehr entlehnten Anschauung aus, daß zwar die Herstellung und Unterhaltung der Bahnanlage nur in der Hand eines einzigen Unternehmens liegen, aber der eigentliche Bahnbetrieb (Fuhrgeschäft), d. i. die Bewegung der Züge und die Beförderung von Personen und Sachen, neben dem Konzessionär als M. auch anderen konzessioniert werden könne. Das Gesetz unterscheidet 2 Arten von Vergütungen für Benutzung der Bahnanlage zur Beförderung:

1. Das Bahngeld, d. i. die Vergütung, die mangels besonderer Vereinbarung von dem Mitbetriebskonzessionär an den Hauptkonzessionär zu entrichten ist;

2. den Fuhrlohn, den der Unternehmer für die Beförderung erhält.

Konzessionen für den M. sind indessen auf Grund des Gesetzes nicht erteilt worden, die Festsetzung des Bahngeldes hat also keine unmittelbar praktische Bedeutung erlangt. Wo tatsächlich (für kurze Strecken) ein gemeinsamer Betrieb derselben Bahnlinie durch den Konzessionär und einen andern Unternehmer eingerichtet worden ist, hat eine gütliche Einigung - unter Zustimmung des Ministeriums - stattgefunden.

In Österreich wurde 1883 der Versuch gemacht, im Gesetzgebungsweg einen zwangsweisen M. einzuführen, indem durch die Gesetze vom 1. Juni und 25. November 1883, betreffend die Herstellung einer Abzweigung der Istrianer Staatsbahn von. Herpelje nach Triest, bzw. den Bau der böhmisch-mährischen Transversalbahn die Staatsverwaltung ermächtigt wurde, mit der Südbahn bezüglich der Strecke Laibach-Divacca und mit den in die Hauptrichtung der böhmisch-mährischen Transversalbahn fallenden Bahnen bezüglich der fremden zwischenliegenden Strecken ein Abkommen zu treffen und in Ermanglung eines solchen die Einräumung dieser Mitbenutzung als ein dingliches Recht im Enteignungsweg in Anspruch zu nehmen. Dieser erzwungene M. kam nicht zur Durchführung und hat sich die Staatsbahnverwaltung den M. im Wege gütlicher Vereinbarung mit der Südbahn gesichert.

Durch das Ges. vom 6. Juni 1901 betreffend den Bau der neuen Alpenbahnen wurde angeordnet, daß behufs Verbindung der durch die Südbahnstrecke Spittal-Villach getrennten Staatsbahnstrecken mit der Südbahngesellschaft eine Vereinbarung zu treffen ist, durch die der Staatsbahnverwaltung das Recht eingeräumt wird, unter freier Feststellung der Tarife gegen Entrichtung einer fixen Entschädigung (Bahngeld) entweder ganze Züge der Staatsbahnen mit eigener Zugkraft über die mitbenutzte Strecke der Südbahn zu befördern oder über dieselbe einzelne Wagen für Rechnung des Staatsbetriebs befördern zu lassen.

Eine ähnliche Bestimmung enthält auch das Lokalbahngesetz vom 8. August 1910 (Art. XXV), bezüglich der Mitbenutzung der Lokalbahnunternehmungen für den Verkehr bereits bestehender oder noch zu erbauender, vom Staat betriebener Bahnen. Die Festsetzung der Vergütung hat mangels einer Vereinbarung nach den früher besprochenen Bestimmungen der Nordbahnkonzession vom Jahre 1885 zu erfolgen.

Die Mitbenutzung der Lokalbahn darf nicht in Konkurrenz gegen dieselbe und nur insoweit stattfinden, als hierdurch nicht der regelmäßige Betrieb der Lokalbahn gestört wird.

Aus dem Gesagten erhellt, daß die durch Gesetze vorgesehene Zulassung des M. nirgend praktische Bedeutung erlangt hat. Dagegen ist vor allem in England, wo der Bahnbau äußerst kostspielig ist, der M. von Bahnstrecken in zahlreichen Fällen auf Grund vertragsmäßiger Vereinbarungen zu stände gekommen.

Die Art und Weise, in der der M. in England stattfindet, ist sehr verschieden. In vielen Fällen gehört die mitbenutzte Bahn den benutzenden Teilen gemeinsam. Am häufigsten kommt es vor, daß eine Bahn die Strecke der andern mit eigenen Zügen (Maschinen, Wagen und Personal) befährt. In einigen Fällen beschränkt sich die Mitbenutzung der fremden Bahn auf bestimmte Verkehrsarten, z. B. nur auf den Personenverkehr oder nur auf den Güterverkehr oder auch ausschließlich auf den Kohlentransport.

In dem gewöhnlichen Fall, daß eine Bahn auf einer fremden Strecke das Recht zur vollen Mitbenutzung hat, ist dieselbe im Betrieb in der Regel ebenso unbeschränkt, wie die Eigentumsbahn; sie kann namentlich die Tarife durchaus frei bilden. Die Eigentumsbahn erhält als Vergütung eine feste Miete (rent or toll) oder einen prozentualen Anteil der Einnahme, der zwischen 65 und 75% schwankt.

Die großen englischen Bahnen haben rund 3000 km Bahnen im M., darunter die Midlandbahn allein gegen 1100 km.

In Frankreich haben die Staatsbahnen (Westbahn) den M. u. a. auf der Strecke der Nordbahn Amiens-Rouen (114 km).

In den Niederlanden hat die holländische Eisenbahngesellschaft auf Grund des Vertrags vom 22. Juli 1890 das Mitbenutzungsrecht auf mehreren Staatsbahnlinien und anderseits die Betriebsgesellschaft der Staatseisenbahnen den M. auf einigen im Betrieb der holländischen Eisenbahngesellschaft befindlichen Bahnstrecken

Landstraßen- und Wasserverkehr entlehnten Anschauung aus, daß zwar die Herstellung und Unterhaltung der Bahnanlage nur in der Hand eines einzigen Unternehmens liegen, aber der eigentliche Bahnbetrieb (Fuhrgeschäft), d. i. die Bewegung der Züge und die Beförderung von Personen und Sachen, neben dem Konzessionär als M. auch anderen konzessioniert werden könne. Das Gesetz unterscheidet 2 Arten von Vergütungen für Benutzung der Bahnanlage zur Beförderung:

1. Das Bahngeld, d. i. die Vergütung, die mangels besonderer Vereinbarung von dem Mitbetriebskonzessionär an den Hauptkonzessionär zu entrichten ist;

2. den Fuhrlohn, den der Unternehmer für die Beförderung erhält.

Konzessionen für den M. sind indessen auf Grund des Gesetzes nicht erteilt worden, die Festsetzung des Bahngeldes hat also keine unmittelbar praktische Bedeutung erlangt. Wo tatsächlich (für kurze Strecken) ein gemeinsamer Betrieb derselben Bahnlinie durch den Konzessionär und einen andern Unternehmer eingerichtet worden ist, hat eine gütliche Einigung – unter Zustimmung des Ministeriums – stattgefunden.

In Österreich wurde 1883 der Versuch gemacht, im Gesetzgebungsweg einen zwangsweisen M. einzuführen, indem durch die Gesetze vom 1. Juni und 25. November 1883, betreffend die Herstellung einer Abzweigung der Istrianer Staatsbahn von. Herpelje nach Triest, bzw. den Bau der böhmisch-mährischen Transversalbahn die Staatsverwaltung ermächtigt wurde, mit der Südbahn bezüglich der Strecke Laibach-Divacca und mit den in die Hauptrichtung der böhmisch-mährischen Transversalbahn fallenden Bahnen bezüglich der fremden zwischenliegenden Strecken ein Abkommen zu treffen und in Ermanglung eines solchen die Einräumung dieser Mitbenutzung als ein dingliches Recht im Enteignungsweg in Anspruch zu nehmen. Dieser erzwungene M. kam nicht zur Durchführung und hat sich die Staatsbahnverwaltung den M. im Wege gütlicher Vereinbarung mit der Südbahn gesichert.

Durch das Ges. vom 6. Juni 1901 betreffend den Bau der neuen Alpenbahnen wurde angeordnet, daß behufs Verbindung der durch die Südbahnstrecke Spittal-Villach getrennten Staatsbahnstrecken mit der Südbahngesellschaft eine Vereinbarung zu treffen ist, durch die der Staatsbahnverwaltung das Recht eingeräumt wird, unter freier Feststellung der Tarife gegen Entrichtung einer fixen Entschädigung (Bahngeld) entweder ganze Züge der Staatsbahnen mit eigener Zugkraft über die mitbenutzte Strecke der Südbahn zu befördern oder über dieselbe einzelne Wagen für Rechnung des Staatsbetriebs befördern zu lassen.

Eine ähnliche Bestimmung enthält auch das Lokalbahngesetz vom 8. August 1910 (Art. XXV), bezüglich der Mitbenutzung der Lokalbahnunternehmungen für den Verkehr bereits bestehender oder noch zu erbauender, vom Staat betriebener Bahnen. Die Festsetzung der Vergütung hat mangels einer Vereinbarung nach den früher besprochenen Bestimmungen der Nordbahnkonzession vom Jahre 1885 zu erfolgen.

Die Mitbenutzung der Lokalbahn darf nicht in Konkurrenz gegen dieselbe und nur insoweit stattfinden, als hierdurch nicht der regelmäßige Betrieb der Lokalbahn gestört wird.

Aus dem Gesagten erhellt, daß die durch Gesetze vorgesehene Zulassung des M. nirgend praktische Bedeutung erlangt hat. Dagegen ist vor allem in England, wo der Bahnbau äußerst kostspielig ist, der M. von Bahnstrecken in zahlreichen Fällen auf Grund vertragsmäßiger Vereinbarungen zu stände gekommen.

Die Art und Weise, in der der M. in England stattfindet, ist sehr verschieden. In vielen Fällen gehört die mitbenutzte Bahn den benutzenden Teilen gemeinsam. Am häufigsten kommt es vor, daß eine Bahn die Strecke der andern mit eigenen Zügen (Maschinen, Wagen und Personal) befährt. In einigen Fällen beschränkt sich die Mitbenutzung der fremden Bahn auf bestimmte Verkehrsarten, z. B. nur auf den Personenverkehr oder nur auf den Güterverkehr oder auch ausschließlich auf den Kohlentransport.

In dem gewöhnlichen Fall, daß eine Bahn auf einer fremden Strecke das Recht zur vollen Mitbenutzung hat, ist dieselbe im Betrieb in der Regel ebenso unbeschränkt, wie die Eigentumsbahn; sie kann namentlich die Tarife durchaus frei bilden. Die Eigentumsbahn erhält als Vergütung eine feste Miete (rent or toll) oder einen prozentualen Anteil der Einnahme, der zwischen 65 und 75% schwankt.

Die großen englischen Bahnen haben rund 3000 km Bahnen im M., darunter die Midlandbahn allein gegen 1100 km.

In Frankreich haben die Staatsbahnen (Westbahn) den M. u. a. auf der Strecke der Nordbahn Amiens-Rouen (114 km).

In den Niederlanden hat die holländische Eisenbahngesellschaft auf Grund des Vertrags vom 22. Juli 1890 das Mitbenutzungsrecht auf mehreren Staatsbahnlinien und anderseits die Betriebsgesellschaft der Staatseisenbahnen den M. auf einigen im Betrieb der holländischen Eisenbahngesellschaft befindlichen Bahnstrecken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0309" n="294"/>
Landstraßen- und Wasserverkehr entlehnten Anschauung aus, daß zwar die Herstellung und Unterhaltung der Bahnanlage nur in der Hand eines einzigen Unternehmens liegen, aber der eigentliche Bahnbetrieb (Fuhrgeschäft), d. i. die Bewegung der Züge und die Beförderung von Personen und Sachen, neben dem Konzessionär als M. auch anderen konzessioniert werden könne. Das Gesetz unterscheidet 2 Arten von Vergütungen für Benutzung der Bahnanlage zur Beförderung:</p><lb/>
          <p>1. Das Bahngeld, d. i. die Vergütung, die mangels besonderer Vereinbarung von dem Mitbetriebskonzessionär an den Hauptkonzessionär zu entrichten ist;</p><lb/>
          <p>2. den Fuhrlohn, den der Unternehmer für die Beförderung erhält.</p><lb/>
          <p>Konzessionen für den M. sind indessen auf Grund des Gesetzes <hi rendition="#g">nicht</hi> erteilt worden, die Festsetzung des Bahngeldes hat also keine unmittelbar praktische Bedeutung erlangt. Wo tatsächlich (für kurze Strecken) ein gemeinsamer Betrieb derselben Bahnlinie durch den Konzessionär und einen andern Unternehmer eingerichtet worden ist, hat eine gütliche Einigung &#x2013; unter Zustimmung des Ministeriums &#x2013; stattgefunden.</p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Österreich</hi> wurde 1883 der Versuch gemacht, im Gesetzgebungsweg einen zwangsweisen M. einzuführen, indem durch die Gesetze vom 1. Juni und 25. November 1883, betreffend die Herstellung einer Abzweigung der Istrianer Staatsbahn von. Herpelje nach Triest, bzw. den Bau der böhmisch-mährischen Transversalbahn die Staatsverwaltung ermächtigt wurde, mit der Südbahn bezüglich der Strecke Laibach-Divacca und mit den in die Hauptrichtung der böhmisch-mährischen Transversalbahn fallenden Bahnen bezüglich der fremden zwischenliegenden Strecken ein Abkommen zu treffen und in Ermanglung eines solchen die Einräumung dieser Mitbenutzung als ein dingliches Recht im Enteignungsweg in Anspruch zu nehmen. Dieser erzwungene M. kam nicht zur Durchführung und hat sich die Staatsbahnverwaltung den M. im Wege gütlicher Vereinbarung mit der Südbahn gesichert.</p><lb/>
          <p>Durch das Ges. vom 6. Juni 1901 betreffend den Bau der neuen Alpenbahnen wurde angeordnet, daß behufs Verbindung der durch die Südbahnstrecke Spittal-Villach getrennten Staatsbahnstrecken mit der Südbahngesellschaft eine Vereinbarung zu treffen ist, durch die der Staatsbahnverwaltung das Recht eingeräumt wird, unter freier Feststellung der Tarife gegen Entrichtung einer fixen Entschädigung (Bahngeld) entweder ganze Züge der Staatsbahnen mit eigener Zugkraft über die mitbenutzte Strecke der Südbahn zu befördern oder über dieselbe einzelne Wagen für Rechnung des Staatsbetriebs befördern zu lassen.</p><lb/>
          <p>Eine ähnliche Bestimmung enthält auch das Lokalbahngesetz vom 8. August 1910 (Art. XXV), bezüglich der Mitbenutzung der Lokalbahnunternehmungen für den Verkehr bereits bestehender oder noch zu erbauender, vom Staat betriebener Bahnen. Die Festsetzung der Vergütung hat mangels einer Vereinbarung nach den früher besprochenen Bestimmungen der Nordbahnkonzession vom Jahre 1885 zu erfolgen.</p><lb/>
          <p>Die Mitbenutzung der Lokalbahn darf nicht in Konkurrenz gegen dieselbe und nur insoweit stattfinden, als hierdurch nicht der regelmäßige Betrieb der Lokalbahn gestört wird.</p><lb/>
          <p>Aus dem Gesagten erhellt, daß die durch Gesetze vorgesehene Zulassung des M. nirgend praktische Bedeutung erlangt hat. Dagegen ist vor allem in England, wo der Bahnbau äußerst kostspielig ist, der M. von Bahnstrecken in zahlreichen Fällen auf Grund vertragsmäßiger Vereinbarungen zu stände gekommen.</p><lb/>
          <p>Die Art und Weise, in der der M. in England stattfindet, ist sehr verschieden. In vielen Fällen gehört die mitbenutzte Bahn den benutzenden Teilen gemeinsam. Am häufigsten kommt es vor, daß eine Bahn die Strecke der andern mit eigenen Zügen (Maschinen, Wagen und Personal) befährt. In einigen Fällen beschränkt sich die Mitbenutzung der fremden Bahn auf bestimmte Verkehrsarten, z. B. nur auf den Personenverkehr oder nur auf den Güterverkehr oder auch ausschließlich auf den Kohlentransport.</p><lb/>
          <p>In dem gewöhnlichen Fall, daß eine Bahn auf einer fremden Strecke das Recht zur vollen Mitbenutzung hat, ist dieselbe im Betrieb in der Regel ebenso unbeschränkt, wie die Eigentumsbahn; sie kann namentlich die Tarife durchaus frei bilden. Die Eigentumsbahn erhält als Vergütung eine feste Miete (rent or toll) oder einen prozentualen Anteil der Einnahme, der zwischen 65 und 75<hi rendition="#i">%</hi> schwankt.</p><lb/>
          <p>Die großen englischen Bahnen haben rund 3000 <hi rendition="#i">km</hi> Bahnen im M., darunter die Midlandbahn allein gegen 1100 <hi rendition="#i">km.</hi></p><lb/>
          <p>In <hi rendition="#g">Frankreich</hi> haben die Staatsbahnen (Westbahn) den M. u. a. auf der Strecke der Nordbahn Amiens-Rouen (114 <hi rendition="#i">km</hi>).</p><lb/>
          <p>In den <hi rendition="#g">Niederlanden</hi> hat die holländische Eisenbahngesellschaft auf Grund des Vertrags vom 22. Juli 1890 das Mitbenutzungsrecht auf mehreren Staatsbahnlinien und anderseits die Betriebsgesellschaft der Staatseisenbahnen den M. auf einigen im Betrieb der holländischen Eisenbahngesellschaft befindlichen Bahnstrecken
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0309] Landstraßen- und Wasserverkehr entlehnten Anschauung aus, daß zwar die Herstellung und Unterhaltung der Bahnanlage nur in der Hand eines einzigen Unternehmens liegen, aber der eigentliche Bahnbetrieb (Fuhrgeschäft), d. i. die Bewegung der Züge und die Beförderung von Personen und Sachen, neben dem Konzessionär als M. auch anderen konzessioniert werden könne. Das Gesetz unterscheidet 2 Arten von Vergütungen für Benutzung der Bahnanlage zur Beförderung: 1. Das Bahngeld, d. i. die Vergütung, die mangels besonderer Vereinbarung von dem Mitbetriebskonzessionär an den Hauptkonzessionär zu entrichten ist; 2. den Fuhrlohn, den der Unternehmer für die Beförderung erhält. Konzessionen für den M. sind indessen auf Grund des Gesetzes nicht erteilt worden, die Festsetzung des Bahngeldes hat also keine unmittelbar praktische Bedeutung erlangt. Wo tatsächlich (für kurze Strecken) ein gemeinsamer Betrieb derselben Bahnlinie durch den Konzessionär und einen andern Unternehmer eingerichtet worden ist, hat eine gütliche Einigung – unter Zustimmung des Ministeriums – stattgefunden. In Österreich wurde 1883 der Versuch gemacht, im Gesetzgebungsweg einen zwangsweisen M. einzuführen, indem durch die Gesetze vom 1. Juni und 25. November 1883, betreffend die Herstellung einer Abzweigung der Istrianer Staatsbahn von. Herpelje nach Triest, bzw. den Bau der böhmisch-mährischen Transversalbahn die Staatsverwaltung ermächtigt wurde, mit der Südbahn bezüglich der Strecke Laibach-Divacca und mit den in die Hauptrichtung der böhmisch-mährischen Transversalbahn fallenden Bahnen bezüglich der fremden zwischenliegenden Strecken ein Abkommen zu treffen und in Ermanglung eines solchen die Einräumung dieser Mitbenutzung als ein dingliches Recht im Enteignungsweg in Anspruch zu nehmen. Dieser erzwungene M. kam nicht zur Durchführung und hat sich die Staatsbahnverwaltung den M. im Wege gütlicher Vereinbarung mit der Südbahn gesichert. Durch das Ges. vom 6. Juni 1901 betreffend den Bau der neuen Alpenbahnen wurde angeordnet, daß behufs Verbindung der durch die Südbahnstrecke Spittal-Villach getrennten Staatsbahnstrecken mit der Südbahngesellschaft eine Vereinbarung zu treffen ist, durch die der Staatsbahnverwaltung das Recht eingeräumt wird, unter freier Feststellung der Tarife gegen Entrichtung einer fixen Entschädigung (Bahngeld) entweder ganze Züge der Staatsbahnen mit eigener Zugkraft über die mitbenutzte Strecke der Südbahn zu befördern oder über dieselbe einzelne Wagen für Rechnung des Staatsbetriebs befördern zu lassen. Eine ähnliche Bestimmung enthält auch das Lokalbahngesetz vom 8. August 1910 (Art. XXV), bezüglich der Mitbenutzung der Lokalbahnunternehmungen für den Verkehr bereits bestehender oder noch zu erbauender, vom Staat betriebener Bahnen. Die Festsetzung der Vergütung hat mangels einer Vereinbarung nach den früher besprochenen Bestimmungen der Nordbahnkonzession vom Jahre 1885 zu erfolgen. Die Mitbenutzung der Lokalbahn darf nicht in Konkurrenz gegen dieselbe und nur insoweit stattfinden, als hierdurch nicht der regelmäßige Betrieb der Lokalbahn gestört wird. Aus dem Gesagten erhellt, daß die durch Gesetze vorgesehene Zulassung des M. nirgend praktische Bedeutung erlangt hat. Dagegen ist vor allem in England, wo der Bahnbau äußerst kostspielig ist, der M. von Bahnstrecken in zahlreichen Fällen auf Grund vertragsmäßiger Vereinbarungen zu stände gekommen. Die Art und Weise, in der der M. in England stattfindet, ist sehr verschieden. In vielen Fällen gehört die mitbenutzte Bahn den benutzenden Teilen gemeinsam. Am häufigsten kommt es vor, daß eine Bahn die Strecke der andern mit eigenen Zügen (Maschinen, Wagen und Personal) befährt. In einigen Fällen beschränkt sich die Mitbenutzung der fremden Bahn auf bestimmte Verkehrsarten, z. B. nur auf den Personenverkehr oder nur auf den Güterverkehr oder auch ausschließlich auf den Kohlentransport. In dem gewöhnlichen Fall, daß eine Bahn auf einer fremden Strecke das Recht zur vollen Mitbenutzung hat, ist dieselbe im Betrieb in der Regel ebenso unbeschränkt, wie die Eigentumsbahn; sie kann namentlich die Tarife durchaus frei bilden. Die Eigentumsbahn erhält als Vergütung eine feste Miete (rent or toll) oder einen prozentualen Anteil der Einnahme, der zwischen 65 und 75% schwankt. Die großen englischen Bahnen haben rund 3000 km Bahnen im M., darunter die Midlandbahn allein gegen 1100 km. In Frankreich haben die Staatsbahnen (Westbahn) den M. u. a. auf der Strecke der Nordbahn Amiens-Rouen (114 km). In den Niederlanden hat die holländische Eisenbahngesellschaft auf Grund des Vertrags vom 22. Juli 1890 das Mitbenutzungsrecht auf mehreren Staatsbahnlinien und anderseits die Betriebsgesellschaft der Staatseisenbahnen den M. auf einigen im Betrieb der holländischen Eisenbahngesellschaft befindlichen Bahnstrecken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:42Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/309
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/309>, abgerufen am 21.11.2024.