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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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äußerstenfalls bereit wäre; sie kann, schon aus Betriebsrücksichten, nur wenige Klassen führen und muß im Interesse einer ausreichenden Platzausnutzung in den höheren Klassen Preise nehmen, die geringer sind, als sie manche Reisende gerne freiwillig bezahlen würden.

Der Einfluß des Wertsystems auf die Preisbildung zeigt sich übrigens auch darin, daß für den Schnellzugverkehr, der höhere Kosten erfordert und der für die Reisenden den Wert rascherer Beförderung hat, vielfach höhere Preise gefordert werden.

Unter Ausnahmetarifen versteht man im Personenverkehr im allgemeinen Fahrpreisermäßigungen. Doch gibt es auch Ausnahmetarife, die Verteuerungen gegenüber dem Normaltarif enthalten, z. B. die Tarife der Sonderzüge für Einzelbesteller, die Tarife für Salonwagen, Krankenwagen u. dgl. Auch die Bettkartenpreise der Schlafwagen und die Luxuszuschläge kann man dorthin rechnen. In allen Fällen entspricht hier den höheren Preisen eine höhere Leistung als die, die zu dem Normaltarif gefordert werden kann. Die Fahrpreisermäßigungen (s. d.) werden regelmäßig nicht deshalb gewährt, weil die Leistung der Bahn eine geringere ist, sondern aus anders gearteten Erwägungen, sei es deshalb, weil die Billigkeit oder soziale Rücksichten eine wohlfeilere Beförderung erwünscht machen, sei es deshalb, weil die Bahn von Ermäßigungen in besonderen Fällen eine Steigerung des Verkehrs und damit eine Vermehrung ihrer Einnahmen erhofft. Allzu viele Fahrpreisermäßigungen reizen zu Mißbrauch, erzeugen Berufungen von nicht begünstigter Seite und erschweren schließlich auch die Abfertigungsgeschäfte. Es ist bekannt, daß die deutsche Tarifreform dadurch mit hervorgerufen worden ist, daß zu viele und zu mannigfache Fahrpreisermäßigungen bestanden. Eine verständige Eisenbahnverwaltung wird daher bemüht sein, die Fahrpreisermäßigungen auf das unbedingt nötige Maß einzuschränken.

Fast allen Bahnunternehmen gemeinsam sind die Ermäßigungen für Zeitkarten (Abonnementkarten, s. daselbst) sowie diejenigen für Kinder, Soldaten, Schüler und Arbeiter. Die Ermäßigungen für Kinder und Soldaten, die sozialen und staatlichen Rücksichten entspringen, sind vielfach in den Konzessionen oder durch Gesetz (vgl. z. B. für Soldaten den Art. 47 der deutschen Reichsverfassung) vorgeschrieben. Die Ermäßigung für Zeitkarten beruht auf dem Grundsatz, daß, wer ein Beförderungsmittel häufiger benutzt, Anspruch auf eine Vergünstigung erheben kann. Es gibt auf manchen Bahnen (Schweiz, Belgien u. s. w.) Generalabonnements für das ganze Netz, dann fast überall Zeitkarten für einzelne Strecken auf mehr oder minder lange Dauer, meist nicht unter einem Kalendermonat. Auch die Schüler- und Arbeiterkarten beruhen z. T. auf dem Gedanken der Ermäßigung für häufige Benutzung, z. T. aber auch auf sozialen und volkswirtschaftlichen Erwägungen.

Über die Berechtigung der Preisermäßigung für Rückfahrkarten läßt sich streiten. Im innerdeutschen Verkehr z. B. sind sie seit der Tarifreform beseitigt, weil man sich sagte, daß etwa 3/4 aller Reisenden sowieso in kurzer Zeit nach dem Wohnort wieder zurückkehren, die stärkere Benutzung der Bahn in dieser Beziehung also nicht durch eine besondere Ermäßigung begünstigt zu werden braucht.

Sehr zahlreich sind die Ermäßigungen aus sozialen Rücksichten, z. B. für mittellose Kranke, Blinde, Taubstumme, im Interesse der Jugendpflege, für Ferienkolonien u. s. w. Auch die besonderen Stadt- und Vororttarife werden am richtigsten in diesem Zusammenhang genannt. Nur z. T. auf sozialen Erwägungen pflegen die Ermäßigungen für Sommer-, Bade- und Erholungsreisen, für Rundreisekarten und Sonntagskarten zu beruhen. Hier spricht wesentlich mit das Bestreben der Eisenbahnen, durch Förderung der Reiselust den Bahnverkehr zu beleben und die Einnahmen zu erhöhen. Betriebsrücksichten sind mitbestimmend bei den Ermäßigungen für Ferien- und Gesellschaftssonderzüge sowie für Gesellschafts- oder Gruppenfahrten. Durch die erstere ist es möglich, bei besonderen Anlässen (Ferienanfang, Festen, Pilgerfahrten, Paraden u. dgl.) den Strom der Reisenden auf bestimmte Züge zu lenken und zu verteilen; durch die letztere wird die Platzausnutzung in den Zügen in hohem Maße gefördert. Ausschließlich der Belebung des Reiseverkehrs dienen schließlich die Ermäßigungen für Meilen- oder Kilometerhefte sowie die Ermäßigungen, die manche Eisenbahnverwaltungen für die zusammenstellbaren Fahrscheinhefte des Vereinsreiseverkehrs und für die Fahrscheinhefte der Reiseunternehmer (Cook, Hamburg-Amerika-Linie, Union, Wiener Bankverein u. s. w.) gewähren.

Die Fahrpreisermäßigungen sind nicht selten Veränderungen unterworfen. Es wird daher bei der Besprechung der P. in den einzelnen Ländern darauf verzichtet, sie näher darzustellen. Nur für Deutschland und Österreich-Ungarn sind sie etwas ausführlicher behandelt; im übrigen werden sie in der Regel nur da besonders erwähnt, wo sie besondere Eigenheiten aufweisen.

äußerstenfalls bereit wäre; sie kann, schon aus Betriebsrücksichten, nur wenige Klassen führen und muß im Interesse einer ausreichenden Platzausnutzung in den höheren Klassen Preise nehmen, die geringer sind, als sie manche Reisende gerne freiwillig bezahlen würden.

Der Einfluß des Wertsystems auf die Preisbildung zeigt sich übrigens auch darin, daß für den Schnellzugverkehr, der höhere Kosten erfordert und der für die Reisenden den Wert rascherer Beförderung hat, vielfach höhere Preise gefordert werden.

Unter Ausnahmetarifen versteht man im Personenverkehr im allgemeinen Fahrpreisermäßigungen. Doch gibt es auch Ausnahmetarife, die Verteuerungen gegenüber dem Normaltarif enthalten, z. B. die Tarife der Sonderzüge für Einzelbesteller, die Tarife für Salonwagen, Krankenwagen u. dgl. Auch die Bettkartenpreise der Schlafwagen und die Luxuszuschläge kann man dorthin rechnen. In allen Fällen entspricht hier den höheren Preisen eine höhere Leistung als die, die zu dem Normaltarif gefordert werden kann. Die Fahrpreisermäßigungen (s. d.) werden regelmäßig nicht deshalb gewährt, weil die Leistung der Bahn eine geringere ist, sondern aus anders gearteten Erwägungen, sei es deshalb, weil die Billigkeit oder soziale Rücksichten eine wohlfeilere Beförderung erwünscht machen, sei es deshalb, weil die Bahn von Ermäßigungen in besonderen Fällen eine Steigerung des Verkehrs und damit eine Vermehrung ihrer Einnahmen erhofft. Allzu viele Fahrpreisermäßigungen reizen zu Mißbrauch, erzeugen Berufungen von nicht begünstigter Seite und erschweren schließlich auch die Abfertigungsgeschäfte. Es ist bekannt, daß die deutsche Tarifreform dadurch mit hervorgerufen worden ist, daß zu viele und zu mannigfache Fahrpreisermäßigungen bestanden. Eine verständige Eisenbahnverwaltung wird daher bemüht sein, die Fahrpreisermäßigungen auf das unbedingt nötige Maß einzuschränken.

Fast allen Bahnunternehmen gemeinsam sind die Ermäßigungen für Zeitkarten (Abonnementkarten, s. daselbst) sowie diejenigen für Kinder, Soldaten, Schüler und Arbeiter. Die Ermäßigungen für Kinder und Soldaten, die sozialen und staatlichen Rücksichten entspringen, sind vielfach in den Konzessionen oder durch Gesetz (vgl. z. B. für Soldaten den Art. 47 der deutschen Reichsverfassung) vorgeschrieben. Die Ermäßigung für Zeitkarten beruht auf dem Grundsatz, daß, wer ein Beförderungsmittel häufiger benutzt, Anspruch auf eine Vergünstigung erheben kann. Es gibt auf manchen Bahnen (Schweiz, Belgien u. s. w.) Generalabonnements für das ganze Netz, dann fast überall Zeitkarten für einzelne Strecken auf mehr oder minder lange Dauer, meist nicht unter einem Kalendermonat. Auch die Schüler- und Arbeiterkarten beruhen z. T. auf dem Gedanken der Ermäßigung für häufige Benutzung, z. T. aber auch auf sozialen und volkswirtschaftlichen Erwägungen.

Über die Berechtigung der Preisermäßigung für Rückfahrkarten läßt sich streiten. Im innerdeutschen Verkehr z. B. sind sie seit der Tarifreform beseitigt, weil man sich sagte, daß etwa 3/4 aller Reisenden sowieso in kurzer Zeit nach dem Wohnort wieder zurückkehren, die stärkere Benutzung der Bahn in dieser Beziehung also nicht durch eine besondere Ermäßigung begünstigt zu werden braucht.

Sehr zahlreich sind die Ermäßigungen aus sozialen Rücksichten, z. B. für mittellose Kranke, Blinde, Taubstumme, im Interesse der Jugendpflege, für Ferienkolonien u. s. w. Auch die besonderen Stadt- und Vororttarife werden am richtigsten in diesem Zusammenhang genannt. Nur z. T. auf sozialen Erwägungen pflegen die Ermäßigungen für Sommer-, Bade- und Erholungsreisen, für Rundreisekarten und Sonntagskarten zu beruhen. Hier spricht wesentlich mit das Bestreben der Eisenbahnen, durch Förderung der Reiselust den Bahnverkehr zu beleben und die Einnahmen zu erhöhen. Betriebsrücksichten sind mitbestimmend bei den Ermäßigungen für Ferien- und Gesellschaftssonderzüge sowie für Gesellschafts- oder Gruppenfahrten. Durch die erstere ist es möglich, bei besonderen Anlässen (Ferienanfang, Festen, Pilgerfahrten, Paraden u. dgl.) den Strom der Reisenden auf bestimmte Züge zu lenken und zu verteilen; durch die letztere wird die Platzausnutzung in den Zügen in hohem Maße gefördert. Ausschließlich der Belebung des Reiseverkehrs dienen schließlich die Ermäßigungen für Meilen- oder Kilometerhefte sowie die Ermäßigungen, die manche Eisenbahnverwaltungen für die zusammenstellbaren Fahrscheinhefte des Vereinsreiseverkehrs und für die Fahrscheinhefte der Reiseunternehmer (Cook, Hamburg-Amerika-Linie, Union, Wiener Bankverein u. s. w.) gewähren.

Die Fahrpreisermäßigungen sind nicht selten Veränderungen unterworfen. Es wird daher bei der Besprechung der P. in den einzelnen Ländern darauf verzichtet, sie näher darzustellen. Nur für Deutschland und Österreich-Ungarn sind sie etwas ausführlicher behandelt; im übrigen werden sie in der Regel nur da besonders erwähnt, wo sie besondere Eigenheiten aufweisen.

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[486/0504] äußerstenfalls bereit wäre; sie kann, schon aus Betriebsrücksichten, nur wenige Klassen führen und muß im Interesse einer ausreichenden Platzausnutzung in den höheren Klassen Preise nehmen, die geringer sind, als sie manche Reisende gerne freiwillig bezahlen würden. Der Einfluß des Wertsystems auf die Preisbildung zeigt sich übrigens auch darin, daß für den Schnellzugverkehr, der höhere Kosten erfordert und der für die Reisenden den Wert rascherer Beförderung hat, vielfach höhere Preise gefordert werden. Unter Ausnahmetarifen versteht man im Personenverkehr im allgemeinen Fahrpreisermäßigungen. Doch gibt es auch Ausnahmetarife, die Verteuerungen gegenüber dem Normaltarif enthalten, z. B. die Tarife der Sonderzüge für Einzelbesteller, die Tarife für Salonwagen, Krankenwagen u. dgl. Auch die Bettkartenpreise der Schlafwagen und die Luxuszuschläge kann man dorthin rechnen. In allen Fällen entspricht hier den höheren Preisen eine höhere Leistung als die, die zu dem Normaltarif gefordert werden kann. Die Fahrpreisermäßigungen (s. d.) werden regelmäßig nicht deshalb gewährt, weil die Leistung der Bahn eine geringere ist, sondern aus anders gearteten Erwägungen, sei es deshalb, weil die Billigkeit oder soziale Rücksichten eine wohlfeilere Beförderung erwünscht machen, sei es deshalb, weil die Bahn von Ermäßigungen in besonderen Fällen eine Steigerung des Verkehrs und damit eine Vermehrung ihrer Einnahmen erhofft. Allzu viele Fahrpreisermäßigungen reizen zu Mißbrauch, erzeugen Berufungen von nicht begünstigter Seite und erschweren schließlich auch die Abfertigungsgeschäfte. Es ist bekannt, daß die deutsche Tarifreform dadurch mit hervorgerufen worden ist, daß zu viele und zu mannigfache Fahrpreisermäßigungen bestanden. Eine verständige Eisenbahnverwaltung wird daher bemüht sein, die Fahrpreisermäßigungen auf das unbedingt nötige Maß einzuschränken. Fast allen Bahnunternehmen gemeinsam sind die Ermäßigungen für Zeitkarten (Abonnementkarten, s. daselbst) sowie diejenigen für Kinder, Soldaten, Schüler und Arbeiter. Die Ermäßigungen für Kinder und Soldaten, die sozialen und staatlichen Rücksichten entspringen, sind vielfach in den Konzessionen oder durch Gesetz (vgl. z. B. für Soldaten den Art. 47 der deutschen Reichsverfassung) vorgeschrieben. Die Ermäßigung für Zeitkarten beruht auf dem Grundsatz, daß, wer ein Beförderungsmittel häufiger benutzt, Anspruch auf eine Vergünstigung erheben kann. Es gibt auf manchen Bahnen (Schweiz, Belgien u. s. w.) Generalabonnements für das ganze Netz, dann fast überall Zeitkarten für einzelne Strecken auf mehr oder minder lange Dauer, meist nicht unter einem Kalendermonat. Auch die Schüler- und Arbeiterkarten beruhen z. T. auf dem Gedanken der Ermäßigung für häufige Benutzung, z. T. aber auch auf sozialen und volkswirtschaftlichen Erwägungen. Über die Berechtigung der Preisermäßigung für Rückfahrkarten läßt sich streiten. Im innerdeutschen Verkehr z. B. sind sie seit der Tarifreform beseitigt, weil man sich sagte, daß etwa 3/4 aller Reisenden sowieso in kurzer Zeit nach dem Wohnort wieder zurückkehren, die stärkere Benutzung der Bahn in dieser Beziehung also nicht durch eine besondere Ermäßigung begünstigt zu werden braucht. Sehr zahlreich sind die Ermäßigungen aus sozialen Rücksichten, z. B. für mittellose Kranke, Blinde, Taubstumme, im Interesse der Jugendpflege, für Ferienkolonien u. s. w. Auch die besonderen Stadt- und Vororttarife werden am richtigsten in diesem Zusammenhang genannt. Nur z. T. auf sozialen Erwägungen pflegen die Ermäßigungen für Sommer-, Bade- und Erholungsreisen, für Rundreisekarten und Sonntagskarten zu beruhen. Hier spricht wesentlich mit das Bestreben der Eisenbahnen, durch Förderung der Reiselust den Bahnverkehr zu beleben und die Einnahmen zu erhöhen. Betriebsrücksichten sind mitbestimmend bei den Ermäßigungen für Ferien- und Gesellschaftssonderzüge sowie für Gesellschafts- oder Gruppenfahrten. Durch die erstere ist es möglich, bei besonderen Anlässen (Ferienanfang, Festen, Pilgerfahrten, Paraden u. dgl.) den Strom der Reisenden auf bestimmte Züge zu lenken und zu verteilen; durch die letztere wird die Platzausnutzung in den Zügen in hohem Maße gefördert. Ausschließlich der Belebung des Reiseverkehrs dienen schließlich die Ermäßigungen für Meilen- oder Kilometerhefte sowie die Ermäßigungen, die manche Eisenbahnverwaltungen für die zusammenstellbaren Fahrscheinhefte des Vereinsreiseverkehrs und für die Fahrscheinhefte der Reiseunternehmer (Cook, Hamburg-Amerika-Linie, Union, Wiener Bankverein u. s. w.) gewähren. Die Fahrpreisermäßigungen sind nicht selten Veränderungen unterworfen. Es wird daher bei der Besprechung der P. in den einzelnen Ländern darauf verzichtet, sie näher darzustellen. Nur für Deutschland und Österreich-Ungarn sind sie etwas ausführlicher behandelt; im übrigen werden sie in der Regel nur da besonders erwähnt, wo sie besondere Eigenheiten aufweisen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/504>, abgerufen am 21.11.2024.