Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.12. Spanien. Nach einem im Jahre 1891 ergangenen Erlaß sind die spanischen Eisenbahnen gehalten, für den Postdienst auf allen in Betrieb befindlichen Linien täglich einen Zug in jeder Richtung zur Verfügung zu stellen; alle Postzüge müssen die für den Dienst erforderliche Wagenzahl enthalten, die die Generaldirektion der Posten den Gesellschaften rechtzeitig bekannt gibt. Die Wagen sind Eigentum des Staates, dem auch die Beleuchtung und Heizung obliegt. Abgesehen von den gewöhnlichen Postzügen ist in jedem fahrplanmäßigen Zug der Gesellschaften eine Wagenabteilung dem Postdienst vorzubehalten. Der Staat kann verlangen, daß gegen eine vorher vereinbarte Entschädigung Tages- und Nachtsonderzüge für den Postdienst eingelegt werden. Den im Dienst befindlichen Postbeamten sind Freifahrtscheine zu bewilligen. Die Gesellschaften haben für Postzwecke in den Stationen einen Raum zur Verfügung zu stellen und müssen nötigenfalls zum Bau eines Dienstraums, in dem die Postsendungen und die zu ihrer Bewachung bestellten Beamten Sicherheit finden, in jeder Station den erforderlichen Grund und Boden abtreten. 13. Belgien. Nach Art. 45, 46 des Lastenhefts sind die Hauptbahnen (Staats- und Privatbahnen) verpflichtet, in jedem Zug einen Postwagen zur Beförderung von Briefen sowie des Postbegleitpersonals unentgeltlich zu stellen. Wenn ein solcher Postwagen nicht verlangt wird, ist den Postbeamten ein Abteil II. Klasse unentgeltlich zu überweisen. Ferner ist auf allen Stationen, wo die Post es verlangt, dieser unentgeltlich ein Platz zur Anlage von Postdiensträumen zur Verfügung zu stellen. Die Paketbeförderung erfolgt durch die Eisenbahnen nach einem besonderen Tarif (vgl. Bd. V, S. 480/81). Die Kleinbahnen (chemins de fer vicinaux) haben verschlossene Briefbeutel und das Postbegleitpersonal in besonderen Postabteilen unentgeltlich zu befördern. Die Eisenbahnbediensteten haben den Postbeamten bei Entleerung der in den Zügen befindlichen Briefkasten und Weitergeben ihres Inhalts an die Postämter zu unterstützen. 14. England. Die englischen Eisenbahnkonzessionen enthalten keine Bestimmungen über die Verpflichtung der Eisenbahnen zu Leistungen für die Post. Wenn die Post also die Eisenbahn benutzen wollte, so mußte sie sich von Fall zu Fall über die Beförderungsbedingungen verständigen und die Eisenbahnen verlangten vielfach höhere Preise von der Post, als von den Privatpersonen. Die hieraus sich ergebenden Mißstände führten zu dem Ges. vom 14. August 1838 (1 und 2 Vict. cap. 98), wonach fortan der Generalpostmeister von allen vorhandenen und allen künftigen Eisenbahnen zu fordern berechtigt ist, daß die Briefsäcke mit einer Geschwindigkeit, die nicht über die höchste auf der Linie übliche Geschwindigkeit hinausgeht, und in solchen Wagen, die er wünscht, befördert werden und daß die Eisenbahnen alle billigen Anforderungen des Generalpostmeisters für die Briefsäcke zu beachten haben. Die Beförderung sollte entweder mit den gewöhnlichen oder mit besonderen Zügen erfolgen. Die Eisenbahnen sollen eine billige Entschädigung für alle von ihnen geleisteten Dienste erhalten, worüber ein besonderes Abkommen mit dem Generalpostmeister getroffen oder, wenn solches nicht gelingt, ein Schiedsgericht entscheiden sollte. Durch Ges. vom 9. August 1844 (7 und 8 Vict. cap. 85) wird zur Beseitigung hervorgetretener Zweifel bestimmt, es solle der Generalpostmeister verlangen können, daß auf jeder Eisenbahn Briefsäcke befördert werden mit einer Geschwindigkeit von höchstens 27 Meilen in der Stunde, und er solle ferner einen Beamten mit Briefsäcken, für die nach den Bestimmungen des Reisegepäcks Überfracht zu berechnen ist, mit allen Zügen außer den Schnellzügen senden können, ohne Verantwortung der Eisenbahn für den Schaden durch schlechte Überwachung u. dgl. Ein weiteres Gesetz von 1873 bestimmt, daß jede Eisenbahn mit jedem Zug alle Briefsäcke befördern muß, die ihr übergeben werden, mit oder ohne Begleitung eines Postbeamten und auch ohne daß eine vorherige Anzeige gemacht ist. Dafür erhält sie eine billige Entschädigung und bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet ein Schiedsgericht oder die Railway Commissioners. Die Beförderung der Pakete erfolgte ursprünglich lediglich durch die Eisenbahnen. Erst 1882 gelang es, wohl infolge der Anregung des Weltpostvereins für die Einrichtung eines internationalen Paketaustausches und nach dem Ges. vom 18. August 1882 (45 und 46 Vict. cap. 74), auch die Grundlage für einen binnenländischen Verkehr zu schaffen. Hiernach sind die Eisenbahnen verpflichtet, Postpakete bis zum Gewicht von ursprünglich 7 (seit 1885 11) engl. Pfund zu befördern. Die Einnahmen daraus fallen der Post zu, die Eisenbahnen erhalten jedoch 11/20 des Bruttoertrags der auf den Eisenbahnen beförderten Postpakete; wird der Posttarif abgeändert, so dürfen die Bahnen einen andern Anteil verlangen. Über die Berechnung dieser Beträge und ihre Verteilung an die Eisenbahnen enthält das Gesetz genaue Bestimmungen. Außer der Verpflichtung zur billigen Sorgfalt (reasonable care) tragen die Eisenbahnen keine Haftung für Verlust oder Beschädigung der Pakete, es steht ihnen auch frei, im Wettbewerb mit der Post eine Eisenbahnpaketbeförderung einzurichten. Streitigkeiten werden durch ein Schiedsgericht entschieden. Das Gesetz ist zunächst auf 21 Jahre erlassen, aber später verlängert worden. Diese Bedingungen sind für die Post so ungünstig, daß sie auf vielen großen Verkehrsstraßen zwischen bedeutenden Handelsplätzen einen eigenen Automobildienst für die Paketbeförderung eingerichtet hat1. 15. Vereinigte Staaten von Amerika. a) Briefpost. Vor Auftreten der Eisenbahnen wurden Postsachen von der Regierung mit eigenem Fuhrwerk auf den Landstraßen und auf den Wasserstraßen befördert. Diese Art der Beförderung blieb auch in den ersten Jahrzehnten des Eisenbahnzeitalters bestehen. Den (Privat-) Eisenbahnen waren in den Konzessionen keinerlei 1 Über weitere Einzelheiten dieser englischen Verhältnisse und deren geschichtliche Entwicklung vgl. Cohn, Englische Eisenbahnpolitik, I, S. 66 ff., II, S. 150-173, III, S. 183/84.
12. Spanien. Nach einem im Jahre 1891 ergangenen Erlaß sind die spanischen Eisenbahnen gehalten, für den Postdienst auf allen in Betrieb befindlichen Linien täglich einen Zug in jeder Richtung zur Verfügung zu stellen; alle Postzüge müssen die für den Dienst erforderliche Wagenzahl enthalten, die die Generaldirektion der Posten den Gesellschaften rechtzeitig bekannt gibt. Die Wagen sind Eigentum des Staates, dem auch die Beleuchtung und Heizung obliegt. Abgesehen von den gewöhnlichen Postzügen ist in jedem fahrplanmäßigen Zug der Gesellschaften eine Wagenabteilung dem Postdienst vorzubehalten. Der Staat kann verlangen, daß gegen eine vorher vereinbarte Entschädigung Tages- und Nachtsonderzüge für den Postdienst eingelegt werden. Den im Dienst befindlichen Postbeamten sind Freifahrtscheine zu bewilligen. Die Gesellschaften haben für Postzwecke in den Stationen einen Raum zur Verfügung zu stellen und müssen nötigenfalls zum Bau eines Dienstraums, in dem die Postsendungen und die zu ihrer Bewachung bestellten Beamten Sicherheit finden, in jeder Station den erforderlichen Grund und Boden abtreten. 13. Belgien. Nach Art. 45, 46 des Lastenhefts sind die Hauptbahnen (Staats- und Privatbahnen) verpflichtet, in jedem Zug einen Postwagen zur Beförderung von Briefen sowie des Postbegleitpersonals unentgeltlich zu stellen. Wenn ein solcher Postwagen nicht verlangt wird, ist den Postbeamten ein Abteil II. Klasse unentgeltlich zu überweisen. Ferner ist auf allen Stationen, wo die Post es verlangt, dieser unentgeltlich ein Platz zur Anlage von Postdiensträumen zur Verfügung zu stellen. Die Paketbeförderung erfolgt durch die Eisenbahnen nach einem besonderen Tarif (vgl. Bd. V, S. 480/81). Die Kleinbahnen (chemins de fer vicinaux) haben verschlossene Briefbeutel und das Postbegleitpersonal in besonderen Postabteilen unentgeltlich zu befördern. Die Eisenbahnbediensteten haben den Postbeamten bei Entleerung der in den Zügen befindlichen Briefkasten und Weitergeben ihres Inhalts an die Postämter zu unterstützen. 14. England. Die englischen Eisenbahnkonzessionen enthalten keine Bestimmungen über die Verpflichtung der Eisenbahnen zu Leistungen für die Post. Wenn die Post also die Eisenbahn benutzen wollte, so mußte sie sich von Fall zu Fall über die Beförderungsbedingungen verständigen und die Eisenbahnen verlangten vielfach höhere Preise von der Post, als von den Privatpersonen. Die hieraus sich ergebenden Mißstände führten zu dem Ges. vom 14. August 1838 (1 und 2 Vict. cap. 98), wonach fortan der Generalpostmeister von allen vorhandenen und allen künftigen Eisenbahnen zu fordern berechtigt ist, daß die Briefsäcke mit einer Geschwindigkeit, die nicht über die höchste auf der Linie übliche Geschwindigkeit hinausgeht, und in solchen Wagen, die er wünscht, befördert werden und daß die Eisenbahnen alle billigen Anforderungen des Generalpostmeisters für die Briefsäcke zu beachten haben. Die Beförderung sollte entweder mit den gewöhnlichen oder mit besonderen Zügen erfolgen. Die Eisenbahnen sollen eine billige Entschädigung für alle von ihnen geleisteten Dienste erhalten, worüber ein besonderes Abkommen mit dem Generalpostmeister getroffen oder, wenn solches nicht gelingt, ein Schiedsgericht entscheiden sollte. Durch Ges. vom 9. August 1844 (7 und 8 Vict. cap. 85) wird zur Beseitigung hervorgetretener Zweifel bestimmt, es solle der Generalpostmeister verlangen können, daß auf jeder Eisenbahn Briefsäcke befördert werden mit einer Geschwindigkeit von höchstens 27 Meilen in der Stunde, und er solle ferner einen Beamten mit Briefsäcken, für die nach den Bestimmungen des Reisegepäcks Überfracht zu berechnen ist, mit allen Zügen außer den Schnellzügen senden können, ohne Verantwortung der Eisenbahn für den Schaden durch schlechte Überwachung u. dgl. Ein weiteres Gesetz von 1873 bestimmt, daß jede Eisenbahn mit jedem Zug alle Briefsäcke befördern muß, die ihr übergeben werden, mit oder ohne Begleitung eines Postbeamten und auch ohne daß eine vorherige Anzeige gemacht ist. Dafür erhält sie eine billige Entschädigung und bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet ein Schiedsgericht oder die Railway Commissioners. Die Beförderung der Pakete erfolgte ursprünglich lediglich durch die Eisenbahnen. Erst 1882 gelang es, wohl infolge der Anregung des Weltpostvereins für die Einrichtung eines internationalen Paketaustausches und nach dem Ges. vom 18. August 1882 (45 und 46 Vict. cap. 74), auch die Grundlage für einen binnenländischen Verkehr zu schaffen. Hiernach sind die Eisenbahnen verpflichtet, Postpakete bis zum Gewicht von ursprünglich 7 (seit 1885 11) engl. Pfund zu befördern. Die Einnahmen daraus fallen der Post zu, die Eisenbahnen erhalten jedoch 11/20 des Bruttoertrags der auf den Eisenbahnen beförderten Postpakete; wird der Posttarif abgeändert, so dürfen die Bahnen einen andern Anteil verlangen. Über die Berechnung dieser Beträge und ihre Verteilung an die Eisenbahnen enthält das Gesetz genaue Bestimmungen. Außer der Verpflichtung zur billigen Sorgfalt (reasonable care) tragen die Eisenbahnen keine Haftung für Verlust oder Beschädigung der Pakete, es steht ihnen auch frei, im Wettbewerb mit der Post eine Eisenbahnpaketbeförderung einzurichten. Streitigkeiten werden durch ein Schiedsgericht entschieden. Das Gesetz ist zunächst auf 21 Jahre erlassen, aber später verlängert worden. Diese Bedingungen sind für die Post so ungünstig, daß sie auf vielen großen Verkehrsstraßen zwischen bedeutenden Handelsplätzen einen eigenen Automobildienst für die Paketbeförderung eingerichtet hat1. 15. Vereinigte Staaten von Amerika. a) Briefpost. Vor Auftreten der Eisenbahnen wurden Postsachen von der Regierung mit eigenem Fuhrwerk auf den Landstraßen und auf den Wasserstraßen befördert. Diese Art der Beförderung blieb auch in den ersten Jahrzehnten des Eisenbahnzeitalters bestehen. Den (Privat-) Eisenbahnen waren in den Konzessionen keinerlei 1 Über weitere Einzelheiten dieser englischen Verhältnisse und deren geschichtliche Entwicklung vgl. Cohn, Englische Eisenbahnpolitik, I, S. 66 ff., II, S. 150–173, III, S. 183/84.
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August 1838 (1 und 2 Vict. cap. 98), wonach fortan der Generalpostmeister von allen vorhandenen und allen künftigen Eisenbahnen zu fordern berechtigt ist, daß die Briefsäcke mit einer Geschwindigkeit, die nicht über die höchste auf der Linie übliche Geschwindigkeit hinausgeht, und in solchen Wagen, die er wünscht, befördert werden und daß die Eisenbahnen alle billigen Anforderungen des Generalpostmeisters für die Briefsäcke zu beachten haben. Die Beförderung sollte entweder mit den gewöhnlichen oder mit besonderen Zügen erfolgen. Die Eisenbahnen sollen eine billige Entschädigung für alle von ihnen geleisteten Dienste erhalten, worüber ein besonderes Abkommen mit dem Generalpostmeister getroffen oder, wenn solches nicht gelingt, ein Schiedsgericht entscheiden sollte. Durch Ges. vom 9. August 1844 (7 und 8 Vict. cap. 85) wird zur Beseitigung hervorgetretener Zweifel bestimmt, es solle der Generalpostmeister verlangen können, daß auf jeder Eisenbahn Briefsäcke befördert werden mit einer Geschwindigkeit von höchstens 27 Meilen in der Stunde, und er solle ferner einen Beamten mit Briefsäcken, für die nach den Bestimmungen des Reisegepäcks Überfracht zu berechnen ist, mit allen Zügen außer den Schnellzügen senden können, ohne Verantwortung der Eisenbahn für den Schaden durch schlechte Überwachung u. dgl. Ein weiteres Gesetz von 1873 bestimmt, daß jede Eisenbahn mit jedem Zug alle Briefsäcke befördern muß, die ihr übergeben werden, mit oder ohne Begleitung eines Postbeamten und auch ohne daß eine vorherige Anzeige gemacht ist. 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12. Spanien.
Nach einem im Jahre 1891 ergangenen Erlaß sind die spanischen Eisenbahnen gehalten, für den Postdienst auf allen in Betrieb befindlichen Linien täglich einen Zug in jeder Richtung zur Verfügung zu stellen; alle Postzüge müssen die für den Dienst erforderliche Wagenzahl enthalten, die die Generaldirektion der Posten den Gesellschaften rechtzeitig bekannt gibt. Die Wagen sind Eigentum des Staates, dem auch die Beleuchtung und Heizung obliegt. Abgesehen von den gewöhnlichen Postzügen ist in jedem fahrplanmäßigen Zug der Gesellschaften eine Wagenabteilung dem Postdienst vorzubehalten.
Der Staat kann verlangen, daß gegen eine vorher vereinbarte Entschädigung Tages- und Nachtsonderzüge für den Postdienst eingelegt werden. Den im Dienst befindlichen Postbeamten sind Freifahrtscheine zu bewilligen. Die Gesellschaften haben für Postzwecke in den Stationen einen Raum zur Verfügung zu stellen und müssen nötigenfalls zum Bau eines Dienstraums, in dem die Postsendungen und die zu ihrer Bewachung bestellten Beamten Sicherheit finden, in jeder Station den erforderlichen Grund und Boden abtreten.
13. Belgien.
Nach Art. 45, 46 des Lastenhefts sind die Hauptbahnen (Staats- und Privatbahnen) verpflichtet, in jedem Zug einen Postwagen zur Beförderung von Briefen sowie des Postbegleitpersonals unentgeltlich zu stellen.
Wenn ein solcher Postwagen nicht verlangt wird, ist den Postbeamten ein Abteil II. Klasse unentgeltlich zu überweisen. Ferner ist auf allen Stationen, wo die Post es verlangt, dieser unentgeltlich ein Platz zur Anlage von Postdiensträumen zur Verfügung zu stellen.
Die Paketbeförderung erfolgt durch die Eisenbahnen nach einem besonderen Tarif (vgl. Bd. V, S. 480/81).
Die Kleinbahnen (chemins de fer vicinaux) haben verschlossene Briefbeutel und das Postbegleitpersonal in besonderen Postabteilen unentgeltlich zu befördern. Die Eisenbahnbediensteten haben den Postbeamten bei Entleerung der in den Zügen befindlichen Briefkasten und Weitergeben ihres Inhalts an die Postämter zu unterstützen.
14. England.
Die englischen Eisenbahnkonzessionen enthalten keine Bestimmungen über die Verpflichtung der Eisenbahnen zu Leistungen für die Post. Wenn die Post also die Eisenbahn benutzen wollte, so mußte sie sich von Fall zu Fall über die Beförderungsbedingungen verständigen und die Eisenbahnen verlangten vielfach höhere Preise von der Post, als von den Privatpersonen.
Die hieraus sich ergebenden Mißstände führten zu dem Ges. vom 14. August 1838 (1 und 2 Vict. cap. 98), wonach fortan der Generalpostmeister von allen vorhandenen und allen künftigen Eisenbahnen zu fordern berechtigt ist, daß die Briefsäcke mit einer Geschwindigkeit, die nicht über die höchste auf der Linie übliche Geschwindigkeit hinausgeht, und in solchen Wagen, die er wünscht, befördert werden und daß die Eisenbahnen alle billigen Anforderungen des Generalpostmeisters für die Briefsäcke zu beachten haben. Die Beförderung sollte entweder mit den gewöhnlichen oder mit besonderen Zügen erfolgen. Die Eisenbahnen sollen eine billige Entschädigung für alle von ihnen geleisteten Dienste erhalten, worüber ein besonderes Abkommen mit dem Generalpostmeister getroffen oder, wenn solches nicht gelingt, ein Schiedsgericht entscheiden sollte. Durch Ges. vom 9. August 1844 (7 und 8 Vict. cap. 85) wird zur Beseitigung hervorgetretener Zweifel bestimmt, es solle der Generalpostmeister verlangen können, daß auf jeder Eisenbahn Briefsäcke befördert werden mit einer Geschwindigkeit von höchstens 27 Meilen in der Stunde, und er solle ferner einen Beamten mit Briefsäcken, für die nach den Bestimmungen des Reisegepäcks Überfracht zu berechnen ist, mit allen Zügen außer den Schnellzügen senden können, ohne Verantwortung der Eisenbahn für den Schaden durch schlechte Überwachung u. dgl. Ein weiteres Gesetz von 1873 bestimmt, daß jede Eisenbahn mit jedem Zug alle Briefsäcke befördern muß, die ihr übergeben werden, mit oder ohne Begleitung eines Postbeamten und auch ohne daß eine vorherige Anzeige gemacht ist. Dafür erhält sie eine billige Entschädigung und bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet ein Schiedsgericht oder die Railway Commissioners.
Die Beförderung der Pakete erfolgte ursprünglich lediglich durch die Eisenbahnen. Erst 1882 gelang es, wohl infolge der Anregung des Weltpostvereins für die Einrichtung eines internationalen Paketaustausches und nach dem Ges. vom 18. August 1882 (45 und 46 Vict. cap. 74), auch die Grundlage für einen binnenländischen Verkehr zu schaffen. Hiernach sind die Eisenbahnen verpflichtet, Postpakete bis zum Gewicht von ursprünglich 7 (seit 1885 11) engl. Pfund zu befördern. Die Einnahmen daraus fallen der Post zu, die Eisenbahnen erhalten jedoch 11/20 des Bruttoertrags der auf den Eisenbahnen beförderten Postpakete; wird der Posttarif abgeändert, so dürfen die Bahnen einen andern Anteil verlangen. Über die Berechnung dieser Beträge und ihre Verteilung an die Eisenbahnen enthält das Gesetz genaue Bestimmungen.
Außer der Verpflichtung zur billigen Sorgfalt (reasonable care) tragen die Eisenbahnen keine Haftung für Verlust oder Beschädigung der Pakete, es steht ihnen auch frei, im Wettbewerb mit der Post eine Eisenbahnpaketbeförderung einzurichten. Streitigkeiten werden durch ein Schiedsgericht entschieden.
Das Gesetz ist zunächst auf 21 Jahre erlassen, aber später verlängert worden. Diese Bedingungen sind für die Post so ungünstig, daß sie auf vielen großen Verkehrsstraßen zwischen bedeutenden Handelsplätzen einen eigenen Automobildienst für die Paketbeförderung eingerichtet hat 1.
15. Vereinigte Staaten von Amerika.
a) Briefpost.
Vor Auftreten der Eisenbahnen wurden Postsachen von der Regierung mit eigenem Fuhrwerk auf den Landstraßen und auf den Wasserstraßen befördert. Diese Art der Beförderung blieb auch in den ersten Jahrzehnten des Eisenbahnzeitalters bestehen. Den (Privat-) Eisenbahnen waren in den Konzessionen keinerlei
1 Über weitere Einzelheiten dieser englischen Verhältnisse und deren geschichtliche Entwicklung vgl. Cohn, Englische Eisenbahnpolitik, I, S. 66 ff., II, S. 150–173, III, S. 183/84.
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