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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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des vergangenen Jahrhunderts für die Wagen der Linz-Budweiser Bahn ausgeführt.

Die Härte der Lauffläche an diesen R. wird dadurch erzielt, daß der Teil der Gußform, der die Lauffläche samt Spurkranz bildet, nicht aus Formsand, sondern aus einem entsprechend dicken Ring aus Gußeisen besteht. Im Gegensatz zu dem schlecht die Wärme leitenden Formsand, der die anderen Teile der Radform bildet, wird die Wärme durch den Gußeisenring - die Coquille - so rasch abgeleitet, daß sich an diesen Stellen der Kohlenstoff nicht in Form von Graphit ausscheidet, sondern chemisch gebunden bleibt: es bildet sich dort eine allmählich in das gewöhnliche Gefüge des Graugusses übergehende harte Schichte mit strahligem Gefüge, die der Abnutzung einen großen Widerstand entgegensetzt.

Ein Nachdrehen der durch Abnutzung, Ausbröcklung, flache Stellen u. s. w. korrekturbedürftigen Lauffläche ist der Härte der Lauffläche wegen nicht möglich; das R. ist nur mehr als Altmaterial zum Umschmelzen verwendbar (Abb. 81 a).

Trotzdem diese Hartgußräder in Amerika selbst unter Personenwagen und auch bei Lokomotiven als Laufräder viel verwendet werden, ist ihr Gebrauch auf dem Festland in gewisser Hinsicht eingeschränkt: man verwendet sie nur unter nicht gebremsten Güterwagen und bis zu Geschwindigkeiten von 50-60 km in der Stunde.

Frei von dieser Einschränkung sind die noch vor kurzem in Deutschland viel ausgeführten Vollräder aus Martinflußeisenguß (Abb. 85). Die Lauffläche ist nicht so hart wie die der vorerwähnten Hartgußräder, bietet aber bei Abnutzung durch den Betrieb die Möglichkeit des Nachdrehens. Nach Eintritt einer gewissen Geringststärke des mit dem Spurkranz vereinigten Radkranzes kann nach Abdrehen des Spurkranzes ein normaler Radreifen aufgezogen werden, so daß diese R. weiter als Scheibenräder in Verwendung bleiben können.

Die feste Verbindung zwischen dem Radkörper und der Achse wird heute bei Wagenrädern nur mehr durch Aufpressen, bei Lokomotivrädern durch Aufpressen und Keil bewirkt. Das Aufpressen erfolgt auf besonders für diesen Zweck entworfenen hydraulischen Pressen (Räderpresse). Bei Wagenrädern aus basischem Martinmaterial beträgt der Aufpreßdruck in der Regel 50.000 kg, bei Hartgußrädern 40.000 kg. Wesentlich höhere Aufpreßdrücke finden Anwendung bei Lokomotivrädern: z. B. bei den österreichischen Staatsbahnen, je nach dem Durchmesser 100.000 bis 140.000 kg.

Nach dem Aufpressen der R. auf die Achse erfolgt bei Reifenrädern das Aufziehen der Radreifen.

Die Radreifen (Tyres, Bandagen) bilden den Bestandteil der R., dem im Betrieb die größte Wichtigkeit zukommt, da von seiner tadellosen Beschaffenheit bezüglich Form und Güte die Betriebssicherheit und von seiner Widerstandsfähigkeit gegen Verschleiß die Wirtschaftlichkeit abhängt.

Die erstmalige Anwendung von Radreifen reicht zurück bis 1827, ausgeführt von G. Stephenson an Lokomotiven für die Killingworth-Grubenbahn. Diese Radreifen bestanden aus nach dem Querschnittprofil des Reifens gewalzten Schmiedeeisenbarren, die dann auf Kreisformen gebogen und an den Enden verschweißt wurden. Statt des Biegens und Schweißens wurde bald der Vorgang des Auswalzens eines gelochten kreisrunden Paketes eingeführt.

An Stelle des wenig widerstandsfähigen Schweißeisens kam etwa 1850 Puddelstahl in Anwendung, der aber bald durch Bessemerstahl (um 1857) und später (1865) durch Martinstahl verdrängt wurde. Für besonders hoch beanspruchte Radreifen kam und kommt noch Tiegelstahl zur Verwendung. Entsprechend den stetigen Fortschritten in der Erzeugung zähesten Martinstahls sind im Verlauf der Jahre auch die Qualitätsziffern erhöht worden, so daß heute für Radreifen unter Wagen für Zerreißfestigkeit 55-65 kg, für Lokomotivradreifen 70-85 kg f. d. mm2 als Regel gelten können. Die in den Bedingnissen der einzelnen Verwaltungen überdies vorkommenden, oft recht gelehrt aussehenden Bestimmungen betreffend Dehnung, Querschnittverminderung und Summenwerte aus Festigkeit und irgend einem der beiden letzteren Werte geben, vorurteilsfrei betrachtet, keinen wirklichen Einblick in die wahre Beschaffenheit des Materials: eine Klärung dieser brennenden Frage wird erst eintreten, wenn die chemisch-mikroskopische Untersuchung und die Druck- und Kerbproben eine einheitliche Ausgestaltung erfahren haben werden.

Die Querschnittform der Radreifen (Abb. 80 u. 81) ist seit Einführung der Kegelform der Lauffläche (um 1830) keinen großen Änderungen unterworfen gewesen. Die Unterschiede in den von den einzelnen Verwaltungen gewählten Abmessungen waren so geringfügig, daß ab 1890 für alle Bahnen des VDEV. ein einheitliches Profil angenommen wurde (Abb. 79 u. 86). Dieses Profil fand seither auch Eingang bei fast allen anderen europäischen Bahnverwaltungen.

des vergangenen Jahrhunderts für die Wagen der Linz-Budweiser Bahn ausgeführt.

Die Härte der Lauffläche an diesen R. wird dadurch erzielt, daß der Teil der Gußform, der die Lauffläche samt Spurkranz bildet, nicht aus Formsand, sondern aus einem entsprechend dicken Ring aus Gußeisen besteht. Im Gegensatz zu dem schlecht die Wärme leitenden Formsand, der die anderen Teile der Radform bildet, wird die Wärme durch den Gußeisenring – die Coquille – so rasch abgeleitet, daß sich an diesen Stellen der Kohlenstoff nicht in Form von Graphit ausscheidet, sondern chemisch gebunden bleibt: es bildet sich dort eine allmählich in das gewöhnliche Gefüge des Graugusses übergehende harte Schichte mit strahligem Gefüge, die der Abnutzung einen großen Widerstand entgegensetzt.

Ein Nachdrehen der durch Abnutzung, Ausbröcklung, flache Stellen u. s. w. korrekturbedürftigen Lauffläche ist der Härte der Lauffläche wegen nicht möglich; das R. ist nur mehr als Altmaterial zum Umschmelzen verwendbar (Abb. 81 a).

Trotzdem diese Hartgußräder in Amerika selbst unter Personenwagen und auch bei Lokomotiven als Laufräder viel verwendet werden, ist ihr Gebrauch auf dem Festland in gewisser Hinsicht eingeschränkt: man verwendet sie nur unter nicht gebremsten Güterwagen und bis zu Geschwindigkeiten von 50–60 km in der Stunde.

Frei von dieser Einschränkung sind die noch vor kurzem in Deutschland viel ausgeführten Vollräder aus Martinflußeisenguß (Abb. 85). Die Lauffläche ist nicht so hart wie die der vorerwähnten Hartgußräder, bietet aber bei Abnutzung durch den Betrieb die Möglichkeit des Nachdrehens. Nach Eintritt einer gewissen Geringststärke des mit dem Spurkranz vereinigten Radkranzes kann nach Abdrehen des Spurkranzes ein normaler Radreifen aufgezogen werden, so daß diese R. weiter als Scheibenräder in Verwendung bleiben können.

Die feste Verbindung zwischen dem Radkörper und der Achse wird heute bei Wagenrädern nur mehr durch Aufpressen, bei Lokomotivrädern durch Aufpressen und Keil bewirkt. Das Aufpressen erfolgt auf besonders für diesen Zweck entworfenen hydraulischen Pressen (Räderpresse). Bei Wagenrädern aus basischem Martinmaterial beträgt der Aufpreßdruck in der Regel 50.000 kg, bei Hartgußrädern 40.000 kg. Wesentlich höhere Aufpreßdrücke finden Anwendung bei Lokomotivrädern: z. B. bei den österreichischen Staatsbahnen, je nach dem Durchmesser 100.000 bis 140.000 kg.

Nach dem Aufpressen der R. auf die Achse erfolgt bei Reifenrädern das Aufziehen der Radreifen.

Die Radreifen (Tyres, Bandagen) bilden den Bestandteil der R., dem im Betrieb die größte Wichtigkeit zukommt, da von seiner tadellosen Beschaffenheit bezüglich Form und Güte die Betriebssicherheit und von seiner Widerstandsfähigkeit gegen Verschleiß die Wirtschaftlichkeit abhängt.

Die erstmalige Anwendung von Radreifen reicht zurück bis 1827, ausgeführt von G. Stephenson an Lokomotiven für die Killingworth-Grubenbahn. Diese Radreifen bestanden aus nach dem Querschnittprofil des Reifens gewalzten Schmiedeeisenbarren, die dann auf Kreisformen gebogen und an den Enden verschweißt wurden. Statt des Biegens und Schweißens wurde bald der Vorgang des Auswalzens eines gelochten kreisrunden Paketes eingeführt.

An Stelle des wenig widerstandsfähigen Schweißeisens kam etwa 1850 Puddelstahl in Anwendung, der aber bald durch Bessemerstahl (um 1857) und später (1865) durch Martinstahl verdrängt wurde. Für besonders hoch beanspruchte Radreifen kam und kommt noch Tiegelstahl zur Verwendung. Entsprechend den stetigen Fortschritten in der Erzeugung zähesten Martinstahls sind im Verlauf der Jahre auch die Qualitätsziffern erhöht worden, so daß heute für Radreifen unter Wagen für Zerreißfestigkeit 55–65 kg, für Lokomotivradreifen 70–85 kg f. d. mm2 als Regel gelten können. Die in den Bedingnissen der einzelnen Verwaltungen überdies vorkommenden, oft recht gelehrt aussehenden Bestimmungen betreffend Dehnung, Querschnittverminderung und Summenwerte aus Festigkeit und irgend einem der beiden letzteren Werte geben, vorurteilsfrei betrachtet, keinen wirklichen Einblick in die wahre Beschaffenheit des Materials: eine Klärung dieser brennenden Frage wird erst eintreten, wenn die chemisch-mikroskopische Untersuchung und die Druck- und Kerbproben eine einheitliche Ausgestaltung erfahren haben werden.

Die Querschnittform der Radreifen (Abb. 80 u. 81) ist seit Einführung der Kegelform der Lauffläche (um 1830) keinen großen Änderungen unterworfen gewesen. Die Unterschiede in den von den einzelnen Verwaltungen gewählten Abmessungen waren so geringfügig, daß ab 1890 für alle Bahnen des VDEV. ein einheitliches Profil angenommen wurde (Abb. 79 u. 86). Dieses Profil fand seither auch Eingang bei fast allen anderen europäischen Bahnverwaltungen.

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[160/0174] des vergangenen Jahrhunderts für die Wagen der Linz-Budweiser Bahn ausgeführt. Die Härte der Lauffläche an diesen R. wird dadurch erzielt, daß der Teil der Gußform, der die Lauffläche samt Spurkranz bildet, nicht aus Formsand, sondern aus einem entsprechend dicken Ring aus Gußeisen besteht. Im Gegensatz zu dem schlecht die Wärme leitenden Formsand, der die anderen Teile der Radform bildet, wird die Wärme durch den Gußeisenring – die Coquille – so rasch abgeleitet, daß sich an diesen Stellen der Kohlenstoff nicht in Form von Graphit ausscheidet, sondern chemisch gebunden bleibt: es bildet sich dort eine allmählich in das gewöhnliche Gefüge des Graugusses übergehende harte Schichte mit strahligem Gefüge, die der Abnutzung einen großen Widerstand entgegensetzt. Ein Nachdrehen der durch Abnutzung, Ausbröcklung, flache Stellen u. s. w. korrekturbedürftigen Lauffläche ist der Härte der Lauffläche wegen nicht möglich; das R. ist nur mehr als Altmaterial zum Umschmelzen verwendbar (Abb. 81 a). Trotzdem diese Hartgußräder in Amerika selbst unter Personenwagen und auch bei Lokomotiven als Laufräder viel verwendet werden, ist ihr Gebrauch auf dem Festland in gewisser Hinsicht eingeschränkt: man verwendet sie nur unter nicht gebremsten Güterwagen und bis zu Geschwindigkeiten von 50–60 km in der Stunde. Frei von dieser Einschränkung sind die noch vor kurzem in Deutschland viel ausgeführten Vollräder aus Martinflußeisenguß (Abb. 85). Die Lauffläche ist nicht so hart wie die der vorerwähnten Hartgußräder, bietet aber bei Abnutzung durch den Betrieb die Möglichkeit des Nachdrehens. Nach Eintritt einer gewissen Geringststärke des mit dem Spurkranz vereinigten Radkranzes kann nach Abdrehen des Spurkranzes ein normaler Radreifen aufgezogen werden, so daß diese R. weiter als Scheibenräder in Verwendung bleiben können. Die feste Verbindung zwischen dem Radkörper und der Achse wird heute bei Wagenrädern nur mehr durch Aufpressen, bei Lokomotivrädern durch Aufpressen und Keil bewirkt. Das Aufpressen erfolgt auf besonders für diesen Zweck entworfenen hydraulischen Pressen (Räderpresse). Bei Wagenrädern aus basischem Martinmaterial beträgt der Aufpreßdruck in der Regel 50.000 kg, bei Hartgußrädern 40.000 kg. Wesentlich höhere Aufpreßdrücke finden Anwendung bei Lokomotivrädern: z. B. bei den österreichischen Staatsbahnen, je nach dem Durchmesser 100.000 bis 140.000 kg. Nach dem Aufpressen der R. auf die Achse erfolgt bei Reifenrädern das Aufziehen der Radreifen. Die Radreifen (Tyres, Bandagen) bilden den Bestandteil der R., dem im Betrieb die größte Wichtigkeit zukommt, da von seiner tadellosen Beschaffenheit bezüglich Form und Güte die Betriebssicherheit und von seiner Widerstandsfähigkeit gegen Verschleiß die Wirtschaftlichkeit abhängt. Die erstmalige Anwendung von Radreifen reicht zurück bis 1827, ausgeführt von G. Stephenson an Lokomotiven für die Killingworth-Grubenbahn. Diese Radreifen bestanden aus nach dem Querschnittprofil des Reifens gewalzten Schmiedeeisenbarren, die dann auf Kreisformen gebogen und an den Enden verschweißt wurden. Statt des Biegens und Schweißens wurde bald der Vorgang des Auswalzens eines gelochten kreisrunden Paketes eingeführt. An Stelle des wenig widerstandsfähigen Schweißeisens kam etwa 1850 Puddelstahl in Anwendung, der aber bald durch Bessemerstahl (um 1857) und später (1865) durch Martinstahl verdrängt wurde. Für besonders hoch beanspruchte Radreifen kam und kommt noch Tiegelstahl zur Verwendung. Entsprechend den stetigen Fortschritten in der Erzeugung zähesten Martinstahls sind im Verlauf der Jahre auch die Qualitätsziffern erhöht worden, so daß heute für Radreifen unter Wagen für Zerreißfestigkeit 55–65 kg, für Lokomotivradreifen 70–85 kg f. d. mm2 als Regel gelten können. Die in den Bedingnissen der einzelnen Verwaltungen überdies vorkommenden, oft recht gelehrt aussehenden Bestimmungen betreffend Dehnung, Querschnittverminderung und Summenwerte aus Festigkeit und irgend einem der beiden letzteren Werte geben, vorurteilsfrei betrachtet, keinen wirklichen Einblick in die wahre Beschaffenheit des Materials: eine Klärung dieser brennenden Frage wird erst eintreten, wenn die chemisch-mikroskopische Untersuchung und die Druck- und Kerbproben eine einheitliche Ausgestaltung erfahren haben werden. Die Querschnittform der Radreifen (Abb. 80 u. 81) ist seit Einführung der Kegelform der Lauffläche (um 1830) keinen großen Änderungen unterworfen gewesen. Die Unterschiede in den von den einzelnen Verwaltungen gewählten Abmessungen waren so geringfügig, daß ab 1890 für alle Bahnen des VDEV. ein einheitliches Profil angenommen wurde (Abb. 79 u. 86). Dieses Profil fand seither auch Eingang bei fast allen anderen europäischen Bahnverwaltungen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/174>, abgerufen am 01.11.2024.