Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.werden und der Sprengstoff eine wachsartige, plastische, zur Ladung in Bohrlöcher sehr geeignete Masse bildet. Im übrigen besitzt das Kieselgurdynamit die Eigenschaften des Nitroglyzerins; es friert bei 6-8°, muß also in diesem Fall vor Verwendung aufgetaut werden. Da aber der unverbrennliche Aufsaugestoff selbst keine Gase erzeugt, sondern den Sprenggasen noch Wärme zur Verschlackung der Kieselgur entzieht, hat man Nitroglyzerinsprengstoffe mit b) Verbrennlichen Aufsaugestoffen erzeugt. Als Aufsaugestoffe wurden verwendet Kohle, Holzfaser, nitrierte Strohfaser, Schießwolle, Kollodiumwolle u. s. w.; diese Sprengstoffe sind unter den Bezeichnungen Sebastine, Rhexit, Petrolit, Dualin, Palein, Titanit, Meganit, Dynammon, Sprenggelatine, Gelatinedynamite bekannt. Namentlich sind die Sprenggelatine und Gelatinedynamite in der Sprengtechnik zu ausgedehnter Verwendung gelangt; es sind dies wohl die gegenwärtig zu Sprengarbeiten im Erd- und Tunnelbau am meisten gebrauchten, sehr wirksamen Sprengstoffe, die bezüglich der Gefriertemperatur die gleiche Eigenschaft haben wie das Nitroglyzerin, also bei + 8° aufgetaut werden müssen. Sprenggelatine wird erhalten durch Auflösung von 8-10% Kollodiumwolle in 90-92% Nitroglyzerin; bei höherer Temperatur, als gummiartige, nicht plastische Masse von großer Wirksamkeit, sehr geringer Empfindlichkeit gegen Stoß und Schlag, so daß zur Zündung besondere Zündpatronen aus anderen, leichter entzündbaren Sprengstoffen verwendet werden müssen. Der hohe Preis, die nicht plastische Form und die Schwierigkeiten der Zündung haben das Verwendungsgebiet der Sprenggelatine eingeschränkt; immerhin wurde es bei großen Tunnelbauten im sehr festen Gebirge verwendet, wie z. B. im Gneis des Simplontunnels. Gelatinedynamite, zumeist aus 45% bis 75% gelatiniertem Nitroglyzerin (97·5% Nitroglyzerin, 2·5% Kollodiumwolle) und 55-25% Zumischpulver (Salpeter, Holzmehl u. s. w.). Um restliche Säuremengen im Nitroglyzerin unschädlich zu machen, werden noch kleine Mengen Alkalien, meist 1-2% Soda beigegeben. Es stellt eine gelblichbraune plastische Masse dar von 1·7 spezifischem Gewicht, die, wenn Salpeter beigegeben, vor Durchnässung gut zu schützen ist, und wird gegenwärtig in ausgedehntem Maße meist unter der Bezeichnung "Dynamit" zu Gesteinssprengungen verwendet. Die Gefriertemperatur kann durch besondere Zusätze herabgesetzt werden; so wurde z. B. beim Bau des Hauensteintunnels "Gamsit", der bei niedrigen Temperaturen nicht wie die Dynamite aufzutauen war, verwendet, bestehend aus 21% Nitroglyzerin, 19% Trinitrotoluol, 1% Dinitrobenzol, 1·5% Kollodiumwolle, 1·0% kohlensaurem Kalk. Die Dinitro-Glyzerin-Sprengstoffe können innerhalb der meist in Frage kommenden Temperaturgrenzen als nicht gefrierbar bezeichnet werden. 5. Trinitrotoluol erhält man durch Behandlung des Toluols (Destillationsprodukt des Steinkohlenteers) mit Salpetersäure; ein weißgelbes kristallinisches Pulver, das auch gegossen (spezifisches Gewicht 1·6) verwendet wird; es ist sehr wirksam und unempfindlich gegen Stoß und Schlag und wird in der Gesteinssprengung meist nur in Verbindung mit anderen Sprengstoffen (wie vorher bei Gamsit angegeben) auch zur Füllung von Sprengkapseln mit Knallquecksilber gebraucht. 6. Pikrinsäure (Trinitrophenol) wird aus Phenol durch Behandlung mit Salpetersäure hergestellt, sie wird rein, meist aber mit anderen Stoffen (Salpeter, Kaliumchlorat, Holzmehl u. s. w.) vermengt oder mit 0·03 bis 0·05 Kollodiumwolle gelatiniert (Melinit, Lyddit) gebraucht. Auch werden die pikrinsauren Salze mit Salpeter, Kohle, Naphthalin vermengt als Pikratpulver verwendet. Die reine Pikrinsäure ist unempfindlich gegen Stöße und große andauernde Kälte; dagegen sind die pikrinsauren Salze weit empfindlicher gegen mechanische Einflüsse. Zu Gesteinssprengungen haben die Pikrinsäuresprengstoffe nur in wenigen Fällen Verwendung gefunden. B. Zündmittel. Die Sprengstoffe werden für Gesteinssprengungen in der Regel in Patronenform (Papierhülsen, auch mit wasserdichten Überzügen), nur ganz ausnahmsweise in sehr nassem Gebirge auch in Blechhülsen gebraucht. Auf die Ladung des Bohrloches wird die Zündpatrone gesetzt, die außer dem Sprengstoff eine Zündkapsel (Kupferhütchen mit Knallquecksilber, Kaliumchlorat, auch Mehlpulver oder auch Trinitrotoluol) enthält, in die die Zündleitung (Zündschnur oder elektrische Leitungsdrähte) eingeführt wird. Einige schwer explodierende Sprengstoffe (Rackarock, Sprenggelatine, Kampfergelatine, Trinitrotoluol) erfordern Zündpatronen aus einem leichter explosiblen Sprengstoff. werden und der Sprengstoff eine wachsartige, plastische, zur Ladung in Bohrlöcher sehr geeignete Masse bildet. Im übrigen besitzt das Kieselgurdynamit die Eigenschaften des Nitroglyzerins; es friert bei 6–8°, muß also in diesem Fall vor Verwendung aufgetaut werden. Da aber der unverbrennliche Aufsaugestoff selbst keine Gase erzeugt, sondern den Sprenggasen noch Wärme zur Verschlackung der Kieselgur entzieht, hat man Nitroglyzerinsprengstoffe mit b) Verbrennlichen Aufsaugestoffen erzeugt. Als Aufsaugestoffe wurden verwendet Kohle, Holzfaser, nitrierte Strohfaser, Schießwolle, Kollodiumwolle u. s. w.; diese Sprengstoffe sind unter den Bezeichnungen Sebastine, Rhexit, Petrolit, Dualin, Palein, Titanit, Meganit, Dynammon, Sprenggelatine, Gelatinedynamite bekannt. Namentlich sind die Sprenggelatine und Gelatinedynamite in der Sprengtechnik zu ausgedehnter Verwendung gelangt; es sind dies wohl die gegenwärtig zu Sprengarbeiten im Erd- und Tunnelbau am meisten gebrauchten, sehr wirksamen Sprengstoffe, die bezüglich der Gefriertemperatur die gleiche Eigenschaft haben wie das Nitroglyzerin, also bei + 8° aufgetaut werden müssen. Sprenggelatine wird erhalten durch Auflösung von 8–10% Kollodiumwolle in 90–92% Nitroglyzerin; bei höherer Temperatur, als gummiartige, nicht plastische Masse von großer Wirksamkeit, sehr geringer Empfindlichkeit gegen Stoß und Schlag, so daß zur Zündung besondere Zündpatronen aus anderen, leichter entzündbaren Sprengstoffen verwendet werden müssen. Der hohe Preis, die nicht plastische Form und die Schwierigkeiten der Zündung haben das Verwendungsgebiet der Sprenggelatine eingeschränkt; immerhin wurde es bei großen Tunnelbauten im sehr festen Gebirge verwendet, wie z. B. im Gneis des Simplontunnels. Gelatinedynamite, zumeist aus 45% bis 75% gelatiniertem Nitroglyzerin (97·5% Nitroglyzerin, 2·5% Kollodiumwolle) und 55–25% Zumischpulver (Salpeter, Holzmehl u. s. w.). Um restliche Säuremengen im Nitroglyzerin unschädlich zu machen, werden noch kleine Mengen Alkalien, meist 1–2% Soda beigegeben. Es stellt eine gelblichbraune plastische Masse dar von 1·7 spezifischem Gewicht, die, wenn Salpeter beigegeben, vor Durchnässung gut zu schützen ist, und wird gegenwärtig in ausgedehntem Maße meist unter der Bezeichnung „Dynamit“ zu Gesteinssprengungen verwendet. Die Gefriertemperatur kann durch besondere Zusätze herabgesetzt werden; so wurde z. B. beim Bau des Hauensteintunnels „Gamsit“, der bei niedrigen Temperaturen nicht wie die Dynamite aufzutauen war, verwendet, bestehend aus 21% Nitroglyzerin, 19% Trinitrotoluol, 1% Dinitrobenzol, 1·5% Kollodiumwolle, 1·0% kohlensaurem Kalk. Die Dinitro-Glyzerin-Sprengstoffe können innerhalb der meist in Frage kommenden Temperaturgrenzen als nicht gefrierbar bezeichnet werden. 5. Trinitrotoluol erhält man durch Behandlung des Toluols (Destillationsprodukt des Steinkohlenteers) mit Salpetersäure; ein weißgelbes kristallinisches Pulver, das auch gegossen (spezifisches Gewicht 1·6) verwendet wird; es ist sehr wirksam und unempfindlich gegen Stoß und Schlag und wird in der Gesteinssprengung meist nur in Verbindung mit anderen Sprengstoffen (wie vorher bei Gamsit angegeben) auch zur Füllung von Sprengkapseln mit Knallquecksilber gebraucht. 6. Pikrinsäure (Trinitrophenol) wird aus Phenol durch Behandlung mit Salpetersäure hergestellt, sie wird rein, meist aber mit anderen Stoffen (Salpeter, Kaliumchlorat, Holzmehl u. s. w.) vermengt oder mit 0·03 bis 0·05 Kollodiumwolle gelatiniert (Melinit, Lyddit) gebraucht. Auch werden die pikrinsauren Salze mit Salpeter, Kohle, Naphthalin vermengt als Pikratpulver verwendet. Die reine Pikrinsäure ist unempfindlich gegen Stöße und große andauernde Kälte; dagegen sind die pikrinsauren Salze weit empfindlicher gegen mechanische Einflüsse. Zu Gesteinssprengungen haben die Pikrinsäuresprengstoffe nur in wenigen Fällen Verwendung gefunden. B. Zündmittel. Die Sprengstoffe werden für Gesteinssprengungen in der Regel in Patronenform (Papierhülsen, auch mit wasserdichten Überzügen), nur ganz ausnahmsweise in sehr nassem Gebirge auch in Blechhülsen gebraucht. Auf die Ladung des Bohrloches wird die Zündpatrone gesetzt, die außer dem Sprengstoff eine Zündkapsel (Kupferhütchen mit Knallquecksilber, Kaliumchlorat, auch Mehlpulver oder auch Trinitrotoluol) enthält, in die die Zündleitung (Zündschnur oder elektrische Leitungsdrähte) eingeführt wird. 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Auch werden die pikrinsauren Salze mit Salpeter, Kohle, Naphthalin vermengt als Pikratpulver verwendet. Die reine Pikrinsäure ist unempfindlich gegen Stöße und große andauernde Kälte; dagegen sind die pikrinsauren Salze weit empfindlicher gegen mechanische Einflüsse. 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werden und der Sprengstoff eine wachsartige, plastische, zur Ladung in Bohrlöcher sehr geeignete Masse bildet.
Im übrigen besitzt das Kieselgurdynamit die Eigenschaften des Nitroglyzerins; es friert bei 6–8°, muß also in diesem Fall vor Verwendung aufgetaut werden.
Da aber der unverbrennliche Aufsaugestoff selbst keine Gase erzeugt, sondern den Sprenggasen noch Wärme zur Verschlackung der Kieselgur entzieht, hat man Nitroglyzerinsprengstoffe mit
b) Verbrennlichen Aufsaugestoffen erzeugt.
Als Aufsaugestoffe wurden verwendet Kohle, Holzfaser, nitrierte Strohfaser, Schießwolle, Kollodiumwolle u. s. w.; diese Sprengstoffe sind unter den Bezeichnungen Sebastine, Rhexit, Petrolit, Dualin, Palein, Titanit, Meganit, Dynammon, Sprenggelatine, Gelatinedynamite bekannt.
Namentlich sind die Sprenggelatine und Gelatinedynamite in der Sprengtechnik zu ausgedehnter Verwendung gelangt; es sind dies wohl die gegenwärtig zu Sprengarbeiten im Erd- und Tunnelbau am meisten gebrauchten, sehr wirksamen Sprengstoffe, die bezüglich der Gefriertemperatur die gleiche Eigenschaft haben wie das Nitroglyzerin, also bei + 8° aufgetaut werden müssen.
Sprenggelatine wird erhalten durch Auflösung von 8–10% Kollodiumwolle in 90–92% Nitroglyzerin; bei höherer Temperatur, als gummiartige, nicht plastische Masse von großer Wirksamkeit, sehr geringer Empfindlichkeit gegen Stoß und Schlag, so daß zur Zündung besondere Zündpatronen aus anderen, leichter entzündbaren Sprengstoffen verwendet werden müssen.
Der hohe Preis, die nicht plastische Form und die Schwierigkeiten der Zündung haben das Verwendungsgebiet der Sprenggelatine eingeschränkt; immerhin wurde es bei großen Tunnelbauten im sehr festen Gebirge verwendet, wie z. B. im Gneis des Simplontunnels.
Gelatinedynamite, zumeist aus 45% bis 75% gelatiniertem Nitroglyzerin (97·5% Nitroglyzerin, 2·5% Kollodiumwolle) und 55–25% Zumischpulver (Salpeter, Holzmehl u. s. w.).
Um restliche Säuremengen im Nitroglyzerin unschädlich zu machen, werden noch kleine Mengen Alkalien, meist 1–2% Soda beigegeben. Es stellt eine gelblichbraune plastische Masse dar von 1·7 spezifischem Gewicht, die, wenn Salpeter beigegeben, vor Durchnässung gut zu schützen ist, und wird gegenwärtig in ausgedehntem Maße meist unter der Bezeichnung „Dynamit“ zu Gesteinssprengungen verwendet.
Die Gefriertemperatur kann durch besondere Zusätze herabgesetzt werden; so wurde z. B. beim Bau des Hauensteintunnels „Gamsit“, der bei niedrigen Temperaturen nicht wie die Dynamite aufzutauen war, verwendet, bestehend aus 21% Nitroglyzerin, 19% Trinitrotoluol, 1% Dinitrobenzol, 1·5% Kollodiumwolle, 1·0% kohlensaurem Kalk.
Die Dinitro-Glyzerin-Sprengstoffe können innerhalb der meist in Frage kommenden Temperaturgrenzen als nicht gefrierbar bezeichnet werden.
5. Trinitrotoluol erhält man durch Behandlung des Toluols (Destillationsprodukt des Steinkohlenteers) mit Salpetersäure; ein weißgelbes kristallinisches Pulver, das auch gegossen (spezifisches Gewicht 1·6) verwendet wird; es ist sehr wirksam und unempfindlich gegen Stoß und Schlag und wird in der Gesteinssprengung meist nur in Verbindung mit anderen Sprengstoffen (wie vorher bei Gamsit angegeben) auch zur Füllung von Sprengkapseln mit Knallquecksilber gebraucht.
6. Pikrinsäure (Trinitrophenol) wird aus Phenol durch Behandlung mit Salpetersäure hergestellt, sie wird rein, meist aber mit anderen Stoffen (Salpeter, Kaliumchlorat, Holzmehl u. s. w.) vermengt oder mit 0·03 bis 0·05 Kollodiumwolle gelatiniert (Melinit, Lyddit) gebraucht. Auch werden die pikrinsauren Salze mit Salpeter, Kohle, Naphthalin vermengt als Pikratpulver verwendet. Die reine Pikrinsäure ist unempfindlich gegen Stöße und große andauernde Kälte; dagegen sind die pikrinsauren Salze weit empfindlicher gegen mechanische Einflüsse. Zu Gesteinssprengungen haben die Pikrinsäuresprengstoffe nur in wenigen Fällen Verwendung gefunden.
B. Zündmittel.
Die Sprengstoffe werden für Gesteinssprengungen in der Regel in Patronenform (Papierhülsen, auch mit wasserdichten Überzügen), nur ganz ausnahmsweise in sehr nassem Gebirge auch in Blechhülsen gebraucht.
Auf die Ladung des Bohrloches wird die Zündpatrone gesetzt, die außer dem Sprengstoff eine Zündkapsel (Kupferhütchen mit Knallquecksilber, Kaliumchlorat, auch Mehlpulver oder auch Trinitrotoluol) enthält, in die die Zündleitung (Zündschnur oder elektrische Leitungsdrähte) eingeführt wird.
Einige schwer explodierende Sprengstoffe (Rackarock, Sprenggelatine, Kampfergelatine, Trinitrotoluol) erfordern Zündpatronen aus einem leichter explosiblen Sprengstoff.
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