Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.in Oberschlesien (das Maß 785 mm ist aus 2'6'' rheinländisch entstanden), daneben auch noch einzelne Bahnen mit abweichenden Spuren, z. B. 720, 800, 900, 915, 1100 mm. Baubahnen haben in Deutschland fast ausschließlich 600 oder 900 mm Spur. Schmalspurige Werkbahnen haben S. von 600, 750, 1000 mm, doch finden sich hier vielfache Abweichungen. Größere S. als Regelspur weisen nur einige Straßenbahnen auf (Danzig, Dresden, Hannover, Leipzig, München). Dem preußischen Beispiel folgten auch die übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Baden, wo zuerst - bei Mannheim-Basel - eine S. von 51/4' englisch (= 1600 mm) zur Anwendung kam. Die aus der Anwendung dieser abweichenden S. für den durchgehenden Verkehr entstandenen Schwierigkeiten veranlaßten den Umbau der mit derselben gebauten Strecken auf die S. von 1435 mm, der im Jahre 1854/55 stattfand (s. Art. Badische Staatsbahnen). In Österreich-Ungarn kam bei allen Hauptbahnen die Regelspur zur Anwendung, für Nebenbahnen, aber auch das große bosnische Netz, die niederösterreichischen Landesbahnen u. a. m. 760 mm. In Frankreich und Italien wurde ebenfalls die Regelspur von vornherein zur Anwendung gebracht; man nahm jedoch zuerst als Leitmaß nicht die Entfernung zwischen den Innenkanten der Schienenköpfe, sondern das Maß zwischen den Mitten der beiden Schienen und bestimmte es zu 1500 mm. Hierdurch ergab sich je nach der Dicke des Schienenkopfs eine verschiedene S. Später wurde in den Konzessionen der Eisenbahngesellschaften zu grunde gelegten Baubedingungen für die S. das Maß von 1440 bis 1450 mm vorgeschrieben. Die S. der französischen Eisenbahnen weicht demnach von der Regelspur zwar etwas ab, es ergeben sich jedoch beim Durchgang der Fahrzeuge infolge des unbedeutenden Unterschieds keine Anstände. Die französischen Provinzialbahnen sind fast ausschließlich mit 1000 mm S. ausgeführt. In Italien findet 1000 mm S. hauptsächlich nur für elektrische Straßenbahnen Anwendung, dagegen werden die Nebenbahnnetze fast ausschließlich mit 950 mm S. (eingeführt 1883 bei der Bahn Sassuolo-Mirandola) gebaut. Das Sardinische Bahnnetz hat übrigens 954 mm S. Zugelassen, aber nicht angewendet ist für italienische Kleinbahnen auch 700 mm S. In den Niederlanden wurden die holländische sowie die Rheineisenbahn mit einer S. von 1930 mm angelegt, später aber auf die Regelspur umgebaut. Die übrigen Eisenbahnen der Niederlande wurden von vornherein mit der letzteren S. hergestellt. Die zahlreichen Straßenbahnen (meist Dampfbetrieb) weisen S. von 1067, 1000 und 750 auf. In der Schweiz wurde zwar die Strecke Zürich-Baden in Breitspur hergestellt, aber bald auf Regelspur umgebaut. Alle Hauptbahnen wurden dann nur mit dieser ausgeführt. Das Rhätische Bahnnetz ist schmalspurig. In Dänemark haben alle Hauptbahnen die Regelspur erhalten, dergleichen in Belgien. Schmalspurbahnen weisen in beiden Ländern fast ausnahmslos 1000 mm S. auf. In Norwegen wurden die Hauptbahnen teils mit 1435 mm, teils mit 1067 mm S. ausgeführt, doch sind in den Jahren 1898-1915 verschiedene größere Linien von letzterer auf Regelspur umgebaut worden. Schweden hat für Hauptbahnen stets die Regelspur verwendet. Eine große Anzahl Kleinbahnen ist jedoch mit 891 mm S. ausgeführt. In Rußland wurde die erste Eisenbahn - die am 30. Oktober 1838 eröffnete, 27 km lange Linie St. Petersburg-Zarskoje Selo - mit einer S. von 6' englisch (= 1829 mm) ausgeführt. Der Leiter dieses Bahnbaues, der österreichische Ingenieur v. Gerstner, wählte diese große S., weil bei ihr leistungsfähigere und standfestere Lokomotiven gebaut werden konnten und auch für die Wagen ein günstigeres Verhältnis der Nutz- zur toten Last sich erzielen ließ. Als im Jahre 1842 der Bau der zweiten russischen Eisenbahn - der Linie St. Petersburg-Moskau (Nicolaibahn) - in Angriff genommen wurde, beabsichtigte der vom Zaren Nikolaus mit der oberen Bauleitung betraute Ausschuß, auch diese Bahn mit der bei der Zarskoje Seloer Eisenbahn zur Anwendung gekommenen großen S. auszuführen. Diesem widersetzte sich aber der für den Bau der Nicolaibahn als "beratender Ingenieur" vom Zaren berufene; amerikanische Major Whistler. Er war ebenfalls der Ansicht, daß die Stephensonsche S. zu klein sei, um dabei genügend leistungsfähige und standfeste Lokomotiven bauen zu können, er hielt aber eine so bedeutende Vergrößerung, wie sie von Gerstner angenommen wurde, nicht für nötig und wegen der dadurch hervorgerufenen Verteuerung der gesamten Bahnanlage auch nicht für zweckmäßig. Auf Whistlers Rat wurde demnach die S. der Nicolaibahn auf 5' englisch (= 1524 mm) festgesetzt. Dieses Maß wurde demnächst als russische Regelspur beibehalten, mit der der überwiegende Teil der Russischen Eisenbahnen, einschließlich der transkaspischen und sibirischen Strecke, gebaut worden ist. Abweichende S. haben außer der erwähnten Zarskoje-Seloer Eisenbahn nur die im Jahre 1843 auf Staatskosten in Angriff genommenen, später an Privatgesellschaften in Oberschlesien (das Maß 785 mm ist aus 2'6'' rheinländisch entstanden), daneben auch noch einzelne Bahnen mit abweichenden Spuren, z. B. 720, 800, 900, 915, 1100 mm. Baubahnen haben in Deutschland fast ausschließlich 600 oder 900 mm Spur. Schmalspurige Werkbahnen haben S. von 600, 750, 1000 mm, doch finden sich hier vielfache Abweichungen. Größere S. als Regelspur weisen nur einige Straßenbahnen auf (Danzig, Dresden, Hannover, Leipzig, München). Dem preußischen Beispiel folgten auch die übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Baden, wo zuerst – bei Mannheim-Basel – eine S. von 51/4' englisch (= 1600 mm) zur Anwendung kam. 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Gerstner, wählte diese große S., weil bei ihr leistungsfähigere und standfestere Lokomotiven gebaut werden konnten und auch für die Wagen ein günstigeres Verhältnis der Nutz- zur toten Last sich erzielen ließ. Als im Jahre 1842 der Bau der zweiten russischen Eisenbahn – der Linie St. Petersburg-Moskau (Nicolaibahn) – in Angriff genommen wurde, beabsichtigte der vom Zaren Nikolaus mit der oberen Bauleitung betraute Ausschuß, auch diese Bahn mit der bei der Zarskoje Seloer Eisenbahn zur Anwendung gekommenen großen S. auszuführen. Diesem widersetzte sich aber der für den Bau der Nicolaibahn als „beratender Ingenieur“ vom Zaren berufene; amerikanische Major Whistler. 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Er war ebenfalls der Ansicht, daß die Stephensonsche S. zu klein sei, um dabei genügend leistungsfähige und standfeste Lokomotiven bauen zu können, er hielt aber eine so bedeutende Vergrößerung, wie sie von Gerstner angenommen wurde, nicht für nötig und wegen der dadurch hervorgerufenen Verteuerung der gesamten Bahnanlage auch nicht für zweckmäßig.</p><lb/> <p>Auf Whistlers Rat wurde demnach die S. der Nicolaibahn auf 5<hi rendition="#i">'</hi> englisch (= 1524 <hi rendition="#i">mm</hi>) festgesetzt. Dieses Maß wurde demnächst als russische Regelspur beibehalten, mit der der überwiegende Teil der Russischen Eisenbahnen, einschließlich der transkaspischen und sibirischen Strecke, gebaut worden ist. Abweichende S. haben außer der erwähnten Zarskoje-Seloer Eisenbahn nur die im Jahre 1843 auf Staatskosten in Angriff genommenen, später an Privatgesellschaften </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0128]
in Oberschlesien (das Maß 785 mm ist aus 2'6'' rheinländisch entstanden), daneben auch noch einzelne Bahnen mit abweichenden Spuren, z. B. 720, 800, 900, 915, 1100 mm. Baubahnen haben in Deutschland fast ausschließlich 600 oder 900 mm Spur. Schmalspurige Werkbahnen haben S. von 600, 750, 1000 mm, doch finden sich hier vielfache Abweichungen.
Größere S. als Regelspur weisen nur einige Straßenbahnen auf (Danzig, Dresden, Hannover, Leipzig, München).
Dem preußischen Beispiel folgten auch die übrigen deutschen Staaten mit Ausnahme von Baden, wo zuerst – bei Mannheim-Basel – eine S. von 51/4' englisch (= 1600 mm) zur Anwendung kam. Die aus der Anwendung dieser abweichenden S. für den durchgehenden Verkehr entstandenen Schwierigkeiten veranlaßten den Umbau der mit derselben gebauten Strecken auf die S. von 1435 mm, der im Jahre 1854/55 stattfand (s. Art. Badische Staatsbahnen).
In Österreich-Ungarn kam bei allen Hauptbahnen die Regelspur zur Anwendung, für Nebenbahnen, aber auch das große bosnische Netz, die niederösterreichischen Landesbahnen u. a. m. 760 mm.
In Frankreich und Italien wurde ebenfalls die Regelspur von vornherein zur Anwendung gebracht; man nahm jedoch zuerst als Leitmaß nicht die Entfernung zwischen den Innenkanten der Schienenköpfe, sondern das Maß zwischen den Mitten der beiden Schienen und bestimmte es zu 1500 mm. Hierdurch ergab sich je nach der Dicke des Schienenkopfs eine verschiedene S. Später wurde in den Konzessionen der Eisenbahngesellschaften zu grunde gelegten Baubedingungen für die S. das Maß von 1440 bis 1450 mm vorgeschrieben. Die S. der französischen Eisenbahnen weicht demnach von der Regelspur zwar etwas ab, es ergeben sich jedoch beim Durchgang der Fahrzeuge infolge des unbedeutenden Unterschieds keine Anstände.
Die französischen Provinzialbahnen sind fast ausschließlich mit 1000 mm S. ausgeführt. In Italien findet 1000 mm S. hauptsächlich nur für elektrische Straßenbahnen Anwendung, dagegen werden die Nebenbahnnetze fast ausschließlich mit 950 mm S. (eingeführt 1883 bei der Bahn Sassuolo-Mirandola) gebaut. Das Sardinische Bahnnetz hat übrigens 954 mm S. Zugelassen, aber nicht angewendet ist für italienische Kleinbahnen auch 700 mm S.
In den Niederlanden wurden die holländische sowie die Rheineisenbahn mit einer S. von 1930 mm angelegt, später aber auf die Regelspur umgebaut. Die übrigen Eisenbahnen der Niederlande wurden von vornherein mit der letzteren S. hergestellt. Die zahlreichen Straßenbahnen (meist Dampfbetrieb) weisen S. von 1067, 1000 und 750 auf.
In der Schweiz wurde zwar die Strecke Zürich-Baden in Breitspur hergestellt, aber bald auf Regelspur umgebaut. Alle Hauptbahnen wurden dann nur mit dieser ausgeführt. Das Rhätische Bahnnetz ist schmalspurig.
In Dänemark haben alle Hauptbahnen die Regelspur erhalten, dergleichen in Belgien. Schmalspurbahnen weisen in beiden Ländern fast ausnahmslos 1000 mm S. auf.
In Norwegen wurden die Hauptbahnen teils mit 1435 mm, teils mit 1067 mm S. ausgeführt, doch sind in den Jahren 1898–1915 verschiedene größere Linien von letzterer auf Regelspur umgebaut worden.
Schweden hat für Hauptbahnen stets die Regelspur verwendet. Eine große Anzahl Kleinbahnen ist jedoch mit 891 mm S. ausgeführt.
In Rußland wurde die erste Eisenbahn – die am 30. Oktober 1838 eröffnete, 27 km lange Linie St. Petersburg-Zarskoje Selo – mit einer S. von 6' englisch (= 1829 mm) ausgeführt. Der Leiter dieses Bahnbaues, der österreichische Ingenieur v. Gerstner, wählte diese große S., weil bei ihr leistungsfähigere und standfestere Lokomotiven gebaut werden konnten und auch für die Wagen ein günstigeres Verhältnis der Nutz- zur toten Last sich erzielen ließ. Als im Jahre 1842 der Bau der zweiten russischen Eisenbahn – der Linie St. Petersburg-Moskau (Nicolaibahn) – in Angriff genommen wurde, beabsichtigte der vom Zaren Nikolaus mit der oberen Bauleitung betraute Ausschuß, auch diese Bahn mit der bei der Zarskoje Seloer Eisenbahn zur Anwendung gekommenen großen S. auszuführen. Diesem widersetzte sich aber der für den Bau der Nicolaibahn als „beratender Ingenieur“ vom Zaren berufene; amerikanische Major Whistler. Er war ebenfalls der Ansicht, daß die Stephensonsche S. zu klein sei, um dabei genügend leistungsfähige und standfeste Lokomotiven bauen zu können, er hielt aber eine so bedeutende Vergrößerung, wie sie von Gerstner angenommen wurde, nicht für nötig und wegen der dadurch hervorgerufenen Verteuerung der gesamten Bahnanlage auch nicht für zweckmäßig.
Auf Whistlers Rat wurde demnach die S. der Nicolaibahn auf 5' englisch (= 1524 mm) festgesetzt. Dieses Maß wurde demnächst als russische Regelspur beibehalten, mit der der überwiegende Teil der Russischen Eisenbahnen, einschließlich der transkaspischen und sibirischen Strecke, gebaut worden ist. Abweichende S. haben außer der erwähnten Zarskoje-Seloer Eisenbahn nur die im Jahre 1843 auf Staatskosten in Angriff genommenen, später an Privatgesellschaften
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