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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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durch gesetzlich eingerichtete Beiräte eine wenn auch nur gutachtliche Mitwirkung in allen Verkehrsfragen zugelassen haben. Soviel steht aber fest, daß alle Verkehrsanstalten als öffentliche Unternehmungen, auch wenn sie sich von einem ausgesprochenen Dividendeninteresse leiten lassen, die allgemeinen volkswirtschaftlichen Rücksichten nicht vernachlässigen dürfen. Sind sie Staatsanstalten, dann versteht sich dies von selbst; die Exekutive liegt schließlich bei der verfassungsmäßigen Volksvertretung; sind sie Privatbahnen, dann sorgt der Staat kraft seiner gesetzlichen Aufsichtsbefugnis für all gemein nützliche T. Hierin liegt eine der Aufgaben der öffentlichen Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. Der Staat soll eingreifen dürfen, um die Ausbeutung der Allgemeinheit zu gunsten der Einzelinteressen zu beseitigen und zu verhüten. Er hat die Tarifhoheit, vermöge deren er die T. und ihre Anwendungsbedingungen beaufsichtigt und genehmigt und auf ihre Höhe einwirkt. Er bestimmt, daß die T. rechtzeitig veröffentlicht werden müssen, und verhindert so geheime Tarif Vergünstigungen; er verlangt, daß die T. jedermann zu gleichen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, und versucht so, den Einzelnen gegen Refaktien und differentielle Tarifbildungen zu schützen. Allerdings läßt sich nicht verhehlen, daß das Interesse der Privatbahnen an möglichster Steigerung ihrer Einnahmen oftmals Wege fand, die staatlichen Anordnungen zu umgehen. Unstreitig ist aber das staatliche Eingreifen auf die äußere Gestaltung der T., also auf das einheitliche Tarifschema von großem Erfolg gewesen (s. auch Differentialtarife, Gepäcktarife, Gütertarife u. Personentarife).

Grunow.


Tarifbildung. Hierunter versteht man im allgemeinen die Grundsätze, wonach die Beförderungspreise gebildet werden. Bei der T. kann man entweder von dem privatwirtschaftlichen Verwaltungsgrundsatz ausgehen, um einen möglichst hohen Betriebsüberschuß zu erzielen oder man kann den gemeinwirtschaftlichen Verwaltungsgrundsatz annehmen, wobei durch die Eisenbahnen für die Gemeinwirtschaft der höchste Nutzen erreicht wird (s. Gütertarife, insbesondere Bd. V, S. 464). Der Umstand, daß die Verwaltungen der Privateisenbahnen oft durch gesetzliche Vorschriften oder durch den Wettbewerb an der unbeschränkten Durchführung der privatwirtschaftlich günstigsten T. gehindert werden, oder daß bei den Staatsbahnen mit Rücksicht auf den Geldhaushalt des Staates aus Gründen der Steuerpolitik die gemeinwirtschaftlich beste T. nicht durchgeführt wird, ergibt keine neuen Verwaltungsgrundsätze, sondern nur eine unvollständige Durchführung eines oder des andern der beiden genannten allein möglichen Verwaltungsgrundsätze.

Für die T. kommen von den beiden Gruppen der Betriebsausgaben, den festen und den veränderlichen (s. Gütertarife, Bd. V, S. 455), nur die veränderlichen Betriebskosten in Betracht, die in gleichem Verhältnis mit der Zahl der Verkehrseinheiten wachsen. Die festen Betriebskosten bilden eine von der Art der T. ganz unberührt bleibende Ausgabe. Die mit der Verkehrsmenge wachsenden Betriebskosten, die Betriebskosten im eigentlichen Sinn, setzen sich aus den Ausgaben für Aufnahme und Abgabe des Verkehrs a und den mit der Fahrlänge x wachsenden Transportkosten f0x zusammen, sind also für die auf die Entfernung x beförderte Einheit = a + f0x. Dieser Betrag, der die Mehrkosten darstellt, die aus der Beförderung einer neu hinzukommenden Einheit entstehen, ist natürlich von Fall zu Fall nicht der gleiche, sondern ändert sich oft sprungweise, wenn die Einstellung eines neuen Wagens in einen Zug oder die Einrichtung eines neuen Zuges u. s. w. durch den Verkehrszuwachs nötig wird. Für den Betrieb einer größeren Bahnstrecke ergeben sich indessen für die Zahlenwerte a und f0 gleichbleibende Durchschnittswerte, die aber verschieden für die einzelnen Verkehrsgattungen sind, wie beispielsweise für die Personen der verschiedenen Wagenklassen, für Stückgüter, Wagenladungsgüter, Eilgüter u. s. w. Die Schwierigkeit, diese Zahlenwerte in einer für die praktische Benutzung genügend scharfen Weise festzustellen, beeinträchtigt den Wert der Theorie der T. nicht, denn diese Theorie hat nicht die Aufgabe, für die zweckmäßigste Art der T. unmittelbar verwendbare Zahlenwerte festzustellen, sondern soll zunächst die Gesetze entwickeln, die für eine zweckmäßige Art der T. maßgebend sind.

Als einfachste und deshalb auch am weitesten verbreitete Gesetzmäßigkeit der T. erscheint die Erhebung eines gleichmäßig mit der Beförderungsweite zunehmenden Beförderungspreises; es ist dies der einfache Entfernungstarif. Wird zur Vereinfachung der Betrachtung zunächst angenommen, daß die Kosten der Aufnahme und Abgabe des Verkehrs durch Erhebung einer den Selbstkosten gleichkommenden Abfertigungsgebühr (Expeditionsgebühr) a gedeckt werden, so wird bei einem Tarifsatz f an einer auf die Entfernung x beförderten Einheit ein Betriebsüberschuß u = (f - f0) x gewonnen.

Wird ein Gut an seinem Ursprungsort zu einem Preis p abgegeben und findet es zum Preis m noch Abnehmer, so ist sein Versendungswert

durch gesetzlich eingerichtete Beiräte eine wenn auch nur gutachtliche Mitwirkung in allen Verkehrsfragen zugelassen haben. Soviel steht aber fest, daß alle Verkehrsanstalten als öffentliche Unternehmungen, auch wenn sie sich von einem ausgesprochenen Dividendeninteresse leiten lassen, die allgemeinen volkswirtschaftlichen Rücksichten nicht vernachlässigen dürfen. Sind sie Staatsanstalten, dann versteht sich dies von selbst; die Exekutive liegt schließlich bei der verfassungsmäßigen Volksvertretung; sind sie Privatbahnen, dann sorgt der Staat kraft seiner gesetzlichen Aufsichtsbefugnis für all gemein nützliche T. Hierin liegt eine der Aufgaben der öffentlichen Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. Der Staat soll eingreifen dürfen, um die Ausbeutung der Allgemeinheit zu gunsten der Einzelinteressen zu beseitigen und zu verhüten. Er hat die Tarifhoheit, vermöge deren er die T. und ihre Anwendungsbedingungen beaufsichtigt und genehmigt und auf ihre Höhe einwirkt. Er bestimmt, daß die T. rechtzeitig veröffentlicht werden müssen, und verhindert so geheime Tarif Vergünstigungen; er verlangt, daß die T. jedermann zu gleichen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, und versucht so, den Einzelnen gegen Refaktien und differentielle Tarifbildungen zu schützen. Allerdings läßt sich nicht verhehlen, daß das Interesse der Privatbahnen an möglichster Steigerung ihrer Einnahmen oftmals Wege fand, die staatlichen Anordnungen zu umgehen. Unstreitig ist aber das staatliche Eingreifen auf die äußere Gestaltung der T., also auf das einheitliche Tarifschema von großem Erfolg gewesen (s. auch Differentialtarife, Gepäcktarife, Gütertarife u. Personentarife).

Grunow.


Tarifbildung. Hierunter versteht man im allgemeinen die Grundsätze, wonach die Beförderungspreise gebildet werden. Bei der T. kann man entweder von dem privatwirtschaftlichen Verwaltungsgrundsatz ausgehen, um einen möglichst hohen Betriebsüberschuß zu erzielen oder man kann den gemeinwirtschaftlichen Verwaltungsgrundsatz annehmen, wobei durch die Eisenbahnen für die Gemeinwirtschaft der höchste Nutzen erreicht wird (s. Gütertarife, insbesondere Bd. V, S. 464). Der Umstand, daß die Verwaltungen der Privateisenbahnen oft durch gesetzliche Vorschriften oder durch den Wettbewerb an der unbeschränkten Durchführung der privatwirtschaftlich günstigsten T. gehindert werden, oder daß bei den Staatsbahnen mit Rücksicht auf den Geldhaushalt des Staates aus Gründen der Steuerpolitik die gemeinwirtschaftlich beste T. nicht durchgeführt wird, ergibt keine neuen Verwaltungsgrundsätze, sondern nur eine unvollständige Durchführung eines oder des andern der beiden genannten allein möglichen Verwaltungsgrundsätze.

Für die T. kommen von den beiden Gruppen der Betriebsausgaben, den festen und den veränderlichen (s. Gütertarife, Bd. V, S. 455), nur die veränderlichen Betriebskosten in Betracht, die in gleichem Verhältnis mit der Zahl der Verkehrseinheiten wachsen. Die festen Betriebskosten bilden eine von der Art der T. ganz unberührt bleibende Ausgabe. Die mit der Verkehrsmenge wachsenden Betriebskosten, die Betriebskosten im eigentlichen Sinn, setzen sich aus den Ausgaben für Aufnahme und Abgabe des Verkehrs a und den mit der Fahrlänge x wachsenden Transportkosten f0x zusammen, sind also für die auf die Entfernung x beförderte Einheit = a + f0x. Dieser Betrag, der die Mehrkosten darstellt, die aus der Beförderung einer neu hinzukommenden Einheit entstehen, ist natürlich von Fall zu Fall nicht der gleiche, sondern ändert sich oft sprungweise, wenn die Einstellung eines neuen Wagens in einen Zug oder die Einrichtung eines neuen Zuges u. s. w. durch den Verkehrszuwachs nötig wird. Für den Betrieb einer größeren Bahnstrecke ergeben sich indessen für die Zahlenwerte a und f0 gleichbleibende Durchschnittswerte, die aber verschieden für die einzelnen Verkehrsgattungen sind, wie beispielsweise für die Personen der verschiedenen Wagenklassen, für Stückgüter, Wagenladungsgüter, Eilgüter u. s. w. Die Schwierigkeit, diese Zahlenwerte in einer für die praktische Benutzung genügend scharfen Weise festzustellen, beeinträchtigt den Wert der Theorie der T. nicht, denn diese Theorie hat nicht die Aufgabe, für die zweckmäßigste Art der T. unmittelbar verwendbare Zahlenwerte festzustellen, sondern soll zunächst die Gesetze entwickeln, die für eine zweckmäßige Art der T. maßgebend sind.

Als einfachste und deshalb auch am weitesten verbreitete Gesetzmäßigkeit der T. erscheint die Erhebung eines gleichmäßig mit der Beförderungsweite zunehmenden Beförderungspreises; es ist dies der einfache Entfernungstarif. Wird zur Vereinfachung der Betrachtung zunächst angenommen, daß die Kosten der Aufnahme und Abgabe des Verkehrs durch Erhebung einer den Selbstkosten gleichkommenden Abfertigungsgebühr (Expeditionsgebühr) a gedeckt werden, so wird bei einem Tarifsatz f an einer auf die Entfernung x beförderten Einheit ein Betriebsüberschuß u = (f – f0) x gewonnen.

Wird ein Gut an seinem Ursprungsort zu einem Preis p abgegeben und findet es zum Preis m noch Abnehmer, so ist sein Versendungswert

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[265/0277] durch gesetzlich eingerichtete Beiräte eine wenn auch nur gutachtliche Mitwirkung in allen Verkehrsfragen zugelassen haben. Soviel steht aber fest, daß alle Verkehrsanstalten als öffentliche Unternehmungen, auch wenn sie sich von einem ausgesprochenen Dividendeninteresse leiten lassen, die allgemeinen volkswirtschaftlichen Rücksichten nicht vernachlässigen dürfen. Sind sie Staatsanstalten, dann versteht sich dies von selbst; die Exekutive liegt schließlich bei der verfassungsmäßigen Volksvertretung; sind sie Privatbahnen, dann sorgt der Staat kraft seiner gesetzlichen Aufsichtsbefugnis für all gemein nützliche T. Hierin liegt eine der Aufgaben der öffentlichen Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. Der Staat soll eingreifen dürfen, um die Ausbeutung der Allgemeinheit zu gunsten der Einzelinteressen zu beseitigen und zu verhüten. Er hat die Tarifhoheit, vermöge deren er die T. und ihre Anwendungsbedingungen beaufsichtigt und genehmigt und auf ihre Höhe einwirkt. Er bestimmt, daß die T. rechtzeitig veröffentlicht werden müssen, und verhindert so geheime Tarif Vergünstigungen; er verlangt, daß die T. jedermann zu gleichen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, und versucht so, den Einzelnen gegen Refaktien und differentielle Tarifbildungen zu schützen. Allerdings läßt sich nicht verhehlen, daß das Interesse der Privatbahnen an möglichster Steigerung ihrer Einnahmen oftmals Wege fand, die staatlichen Anordnungen zu umgehen. Unstreitig ist aber das staatliche Eingreifen auf die äußere Gestaltung der T., also auf das einheitliche Tarifschema von großem Erfolg gewesen (s. auch Differentialtarife, Gepäcktarife, Gütertarife u. Personentarife). Grunow. Tarifbildung. Hierunter versteht man im allgemeinen die Grundsätze, wonach die Beförderungspreise gebildet werden. Bei der T. kann man entweder von dem privatwirtschaftlichen Verwaltungsgrundsatz ausgehen, um einen möglichst hohen Betriebsüberschuß zu erzielen oder man kann den gemeinwirtschaftlichen Verwaltungsgrundsatz annehmen, wobei durch die Eisenbahnen für die Gemeinwirtschaft der höchste Nutzen erreicht wird (s. Gütertarife, insbesondere Bd. V, S. 464). Der Umstand, daß die Verwaltungen der Privateisenbahnen oft durch gesetzliche Vorschriften oder durch den Wettbewerb an der unbeschränkten Durchführung der privatwirtschaftlich günstigsten T. gehindert werden, oder daß bei den Staatsbahnen mit Rücksicht auf den Geldhaushalt des Staates aus Gründen der Steuerpolitik die gemeinwirtschaftlich beste T. nicht durchgeführt wird, ergibt keine neuen Verwaltungsgrundsätze, sondern nur eine unvollständige Durchführung eines oder des andern der beiden genannten allein möglichen Verwaltungsgrundsätze. Für die T. kommen von den beiden Gruppen der Betriebsausgaben, den festen und den veränderlichen (s. Gütertarife, Bd. V, S. 455), nur die veränderlichen Betriebskosten in Betracht, die in gleichem Verhältnis mit der Zahl der Verkehrseinheiten wachsen. Die festen Betriebskosten bilden eine von der Art der T. ganz unberührt bleibende Ausgabe. Die mit der Verkehrsmenge wachsenden Betriebskosten, die Betriebskosten im eigentlichen Sinn, setzen sich aus den Ausgaben für Aufnahme und Abgabe des Verkehrs a und den mit der Fahrlänge x wachsenden Transportkosten f0x zusammen, sind also für die auf die Entfernung x beförderte Einheit = a + f0x. Dieser Betrag, der die Mehrkosten darstellt, die aus der Beförderung einer neu hinzukommenden Einheit entstehen, ist natürlich von Fall zu Fall nicht der gleiche, sondern ändert sich oft sprungweise, wenn die Einstellung eines neuen Wagens in einen Zug oder die Einrichtung eines neuen Zuges u. s. w. durch den Verkehrszuwachs nötig wird. Für den Betrieb einer größeren Bahnstrecke ergeben sich indessen für die Zahlenwerte a und f0 gleichbleibende Durchschnittswerte, die aber verschieden für die einzelnen Verkehrsgattungen sind, wie beispielsweise für die Personen der verschiedenen Wagenklassen, für Stückgüter, Wagenladungsgüter, Eilgüter u. s. w. Die Schwierigkeit, diese Zahlenwerte in einer für die praktische Benutzung genügend scharfen Weise festzustellen, beeinträchtigt den Wert der Theorie der T. nicht, denn diese Theorie hat nicht die Aufgabe, für die zweckmäßigste Art der T. unmittelbar verwendbare Zahlenwerte festzustellen, sondern soll zunächst die Gesetze entwickeln, die für eine zweckmäßige Art der T. maßgebend sind. Als einfachste und deshalb auch am weitesten verbreitete Gesetzmäßigkeit der T. erscheint die Erhebung eines gleichmäßig mit der Beförderungsweite zunehmenden Beförderungspreises; es ist dies der einfache Entfernungstarif. Wird zur Vereinfachung der Betrachtung zunächst angenommen, daß die Kosten der Aufnahme und Abgabe des Verkehrs durch Erhebung einer den Selbstkosten gleichkommenden Abfertigungsgebühr (Expeditionsgebühr) a gedeckt werden, so wird bei einem Tarifsatz f an einer auf die Entfernung x beförderten Einheit ein Betriebsüberschuß u = (f – f0) x gewonnen. Wird ein Gut an seinem Ursprungsort zu einem Preis p abgegeben und findet es zum Preis m noch Abnehmer, so ist sein Versendungswert

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/277>, abgerufen am 01.11.2024.