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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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zu Ende des Jahres 1888 durch den Schiedsspruch des Dr. Gneist ihre Lösung fanden. Während die soeben berührten Verhandlungen zwischen Baron Hirsch und der Türkei noch in Schwebe waren, hatte die auf Grund des Berliner Vertrags (1878) in Wien zusammengetretene "Conference a quatre" durch die Eisenbahnkonvention vom 9. Mai 1883 die Frage über die Anschlüsse der türkischen Bahnen an das westliche Europa endgültig geregelt. Zufolge Art. 3 des Konferenzbeschlusses verpflichtete sich die kaiserlich ottomanische Regierung, die Anschlußstrecken Bellova-Vakarel (s. Art. "Bulgarische Eisenbahnen") und Üsküb-Sibeftsche an die bulgarisch-rumelische, bzw. serbische Grenze herstellen zu lassen und bis zum 15. Oktober 1886 gleichzeitig dem Betrieb zu übergeben.

Die Ausführung dieser beiden Strecken wurde einer unter Beihilfe des Comptoir National d'Escompte gebildeten Societe de construction des lignes de raccordement de Roumelie übertragen. Die Herstellungskosten wurden mit 175.000 Fr. f. d. km festgesetzt. Die Eröffnung der Linie Üsküb-Sibeftsche erfolgte am 25. Mai 1888, die der Linie Bellova-Vakarel gleichzeitig mit der Strecke Tsaribrod-Vakarel am 7. Juli 1888; damit war endlich der direkte Schienenweg zwischen Mitteleuropa einerseits, Salonik und Konstantinopel anderseits hergestellt.

Bis zur Austragung der zwischen Baron Hirsch und der Türkei obwaltenden Schwierigkeiten wurde der Betrieb auf der Linie Üsküb-Sibeftsche gemäß des Vertrags vom 25. Februar 1888 vorläufig der Societe des raccordements überlassen. Als dann Ende 1888 durch den früher erwähnten Schiedsspruch die letzten Streitpunkte mit Baron Hirsch beseitigt waren, wurde dieser Vertrag gekündigt; die Betriebsgesellschaft der Orientalischen Eisenbahnen (s. d.) übernahm nunmehr auch den Betrieb dieser Linie. Die Linie Bellova-Vakarel ist nach ihrer Fertigstellung sofort seitens Bulgariens okkupiert und dem bulgarischen Staatsbahnnetz einverleibt worden. Die finanzielle Seite dieser Angelegenheit wurde später einverständlich geregelt. Die Orientalischen Eisenbahnen hatten nunmehr, d. i. im Jahre 1888, eine Gesamtlänge von 1263·7 km.

Das rumelische oder Hauptnetz umfaßte die Hauptlinie Konstantinopel-Bellovo (561·1 km) sowie die Zweiglinien Adrianopel-Dedeagadsch (148·9 km) und Tirnovo-Semenli-Jamboli (105·7 km). Das mazedonische oder Saloniker Netz begriff in sich die Linie Salonik-Üsküb-Sibeftsche (328·5 km) und die Flügelbahn Üsküb-Mitrowitza (119·5 km).

Hiervon wurden schon im Jahre 1908 von der bulgarischen Regierung die sog. ostrumelischen Strecken (Ljubimetz (Grenze)-Bellova und Tirnovo-Semenli-Jamboli) in einer Länge von 309·6 km nach der Souveränitätserklärung Bulgariens besetzt. Die finanzielle Regelung erfolgte 1919 gleichzeitig mit der Schlichtung verschiedener Streitfragen zwischen der ottomanischen Regierung und der Betriebsgesellschaft.

Durch Vertrag vom 7./20. Juli 1910 wurde den orientalischen Eisenbahnen seitens der türkischen Regierung die Konzession zum Bau und Betrieb einer 45·62 km langen Zweiglinie von Babaeski nach Kirkkilisse erteilt, welche Strecke am 20. Juli 1912 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Außerdem wurde der Gesellschaft am 20. Juli/12. August 1912 die Konzession zum Bau und Betrieb einer Linie von Üsküb nach Gostivar über Kalkandelen übertragen. Der Bau wurde kurz vor Beginn der Balkankriege begonnen.

Infolge dieser Kriege, während deren Dauer der Betrieb der Gesellschaft auf 112 km gesunken war (Teile der Linien Salonik-Üsküb-Konstantinopel - Tschataldscha und Salonik-Monastir), gingen folgende Strecken in das Eigentum anderer Staaten über: an Bulgarien 856 km (Svilengrad-bulgarische Grenze und Grenze bei Demotika-Dedeagadsch), an Serbien 376·7 km (Gewgheli-Üsküb-Mitrowitza und Üsküb-Sibeftsche), an Griechenland 77·3 km (Salonik-Gewgheli).

In den Friedensverträgen der Türkei mit Bulgarien, Serbien und Griechenland sind diese Staaten in alle Rechte und Pflichten gegenüber der Betriebsgesellschaft eingetreten.

Der Betrieb der in Neuserbien gelegenen Linien wurde auch fernerhin von den serbischen Staatsbahnen weitergeführt. Die mit der serbischen Regierung geführten Ablösungsverhandlungen waren noch im Zuge, als der Weltkrieg ausbrach; sie konnten daher nicht zum Abschluß gebracht werden.

Die Linien auf bulgarischem und griechischem Gebiet sind von der Gesellschaft bis Oktober 1915 weiter betrieben worden.

Infolge einer freiwilligen Gebietsabtretung seitens der Türkei an Bulgarien sind weitere 142·5 km der gesellschaftlichen Linien (Svilengrad-Adrianopel-Küleli Burgas-Demotika) an Bulgarien übergegangen; die bulgarischen Staatsbahnen haben am 7. Oktober 1915 den Betrieb dieser 142·5 km und der infolge des Balkankriegs auf Bulgarien entfallenen 85·6 km an sich genommen. Die eingeleiteten Verhandlungen über die Ablösung des Betriebsrechtes der Gesellschaft an Bulgarien gelangten 1916 zum Abschluß.

zu Ende des Jahres 1888 durch den Schiedsspruch des Dr. Gneist ihre Lösung fanden. Während die soeben berührten Verhandlungen zwischen Baron Hirsch und der Türkei noch in Schwebe waren, hatte die auf Grund des Berliner Vertrags (1878) in Wien zusammengetretene „Conférence à quatre“ durch die Eisenbahnkonvention vom 9. Mai 1883 die Frage über die Anschlüsse der türkischen Bahnen an das westliche Europa endgültig geregelt. Zufolge Art. 3 des Konferenzbeschlusses verpflichtete sich die kaiserlich ottomanische Regierung, die Anschlußstrecken Bellova-Vakarel (s. Art. „Bulgarische Eisenbahnen“) und Üsküb-Sibeftsche an die bulgarisch-rumelische, bzw. serbische Grenze herstellen zu lassen und bis zum 15. Oktober 1886 gleichzeitig dem Betrieb zu übergeben.

Die Ausführung dieser beiden Strecken wurde einer unter Beihilfe des Comptoir National d'Escompte gebildeten Société de construction des lignes de raccordement de Roumélie übertragen. Die Herstellungskosten wurden mit 175.000 Fr. f. d. km festgesetzt. Die Eröffnung der Linie Üsküb-Sibeftsche erfolgte am 25. Mai 1888, die der Linie Bellova-Vakarel gleichzeitig mit der Strecke Tsaribrod-Vakarel am 7. Juli 1888; damit war endlich der direkte Schienenweg zwischen Mitteleuropa einerseits, Salonik und Konstantinopel anderseits hergestellt.

Bis zur Austragung der zwischen Baron Hirsch und der Türkei obwaltenden Schwierigkeiten wurde der Betrieb auf der Linie Üsküb-Sibeftsche gemäß des Vertrags vom 25. Februar 1888 vorläufig der Société des raccordements überlassen. Als dann Ende 1888 durch den früher erwähnten Schiedsspruch die letzten Streitpunkte mit Baron Hirsch beseitigt waren, wurde dieser Vertrag gekündigt; die Betriebsgesellschaft der Orientalischen Eisenbahnen (s. d.) übernahm nunmehr auch den Betrieb dieser Linie. Die Linie Bellova-Vakarel ist nach ihrer Fertigstellung sofort seitens Bulgariens okkupiert und dem bulgarischen Staatsbahnnetz einverleibt worden. Die finanzielle Seite dieser Angelegenheit wurde später einverständlich geregelt. Die Orientalischen Eisenbahnen hatten nunmehr, d. i. im Jahre 1888, eine Gesamtlänge von 1263·7 km.

Das rumelische oder Hauptnetz umfaßte die Hauptlinie Konstantinopel-Bellovo (561·1 km) sowie die Zweiglinien Adrianopel-Dedeagadsch (148·9 km) und Tirnovo-Semenli-Jamboli (105·7 km). Das mazedonische oder Saloniker Netz begriff in sich die Linie Salonik-Üsküb-Sibeftsche (328·5 km) und die Flügelbahn Üsküb-Mitrowitza (119·5 km).

Hiervon wurden schon im Jahre 1908 von der bulgarischen Regierung die sog. ostrumelischen Strecken (Ljubimetz (Grenze)-Bellova und Tirnovo-Semenli-Jamboli) in einer Länge von 309·6 km nach der Souveränitätserklärung Bulgariens besetzt. Die finanzielle Regelung erfolgte 1919 gleichzeitig mit der Schlichtung verschiedener Streitfragen zwischen der ottomanischen Regierung und der Betriebsgesellschaft.

Durch Vertrag vom 7./20. Juli 1910 wurde den orientalischen Eisenbahnen seitens der türkischen Regierung die Konzession zum Bau und Betrieb einer 45·62 km langen Zweiglinie von Babaeski nach Kirkkilisse erteilt, welche Strecke am 20. Juli 1912 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Außerdem wurde der Gesellschaft am 20. Juli/12. August 1912 die Konzession zum Bau und Betrieb einer Linie von Üsküb nach Gostivar über Kalkandelen übertragen. Der Bau wurde kurz vor Beginn der Balkankriege begonnen.

Infolge dieser Kriege, während deren Dauer der Betrieb der Gesellschaft auf 112 km gesunken war (Teile der Linien Salonik-Üsküb-Konstantinopel – Tschataldscha und Salonik-Monastir), gingen folgende Strecken in das Eigentum anderer Staaten über: an Bulgarien 856 km (Svilengrad-bulgarische Grenze und Grenze bei Demotika-Dedeagadsch), an Serbien 376·7 km (Gewgheli-Üsküb-Mitrowitza und Üsküb-Sibeftsche), an Griechenland 77·3 km (Salonik-Gewgheli).

In den Friedensverträgen der Türkei mit Bulgarien, Serbien und Griechenland sind diese Staaten in alle Rechte und Pflichten gegenüber der Betriebsgesellschaft eingetreten.

Der Betrieb der in Neuserbien gelegenen Linien wurde auch fernerhin von den serbischen Staatsbahnen weitergeführt. Die mit der serbischen Regierung geführten Ablösungsverhandlungen waren noch im Zuge, als der Weltkrieg ausbrach; sie konnten daher nicht zum Abschluß gebracht werden.

Die Linien auf bulgarischem und griechischem Gebiet sind von der Gesellschaft bis Oktober 1915 weiter betrieben worden.

Infolge einer freiwilligen Gebietsabtretung seitens der Türkei an Bulgarien sind weitere 142·5 km der gesellschaftlichen Linien (Svilengrad-Adrianopel-Küleli Burgas-Demotika) an Bulgarien übergegangen; die bulgarischen Staatsbahnen haben am 7. Oktober 1915 den Betrieb dieser 142·5 km und der infolge des Balkankriegs auf Bulgarien entfallenen 85·6 km an sich genommen. Die eingeleiteten Verhandlungen über die Ablösung des Betriebsrechtes der Gesellschaft an Bulgarien gelangten 1916 zum Abschluß.

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[376/0389] zu Ende des Jahres 1888 durch den Schiedsspruch des Dr. Gneist ihre Lösung fanden. Während die soeben berührten Verhandlungen zwischen Baron Hirsch und der Türkei noch in Schwebe waren, hatte die auf Grund des Berliner Vertrags (1878) in Wien zusammengetretene „Conférence à quatre“ durch die Eisenbahnkonvention vom 9. Mai 1883 die Frage über die Anschlüsse der türkischen Bahnen an das westliche Europa endgültig geregelt. Zufolge Art. 3 des Konferenzbeschlusses verpflichtete sich die kaiserlich ottomanische Regierung, die Anschlußstrecken Bellova-Vakarel (s. Art. „Bulgarische Eisenbahnen“) und Üsküb-Sibeftsche an die bulgarisch-rumelische, bzw. serbische Grenze herstellen zu lassen und bis zum 15. Oktober 1886 gleichzeitig dem Betrieb zu übergeben. Die Ausführung dieser beiden Strecken wurde einer unter Beihilfe des Comptoir National d'Escompte gebildeten Société de construction des lignes de raccordement de Roumélie übertragen. Die Herstellungskosten wurden mit 175.000 Fr. f. d. km festgesetzt. Die Eröffnung der Linie Üsküb-Sibeftsche erfolgte am 25. Mai 1888, die der Linie Bellova-Vakarel gleichzeitig mit der Strecke Tsaribrod-Vakarel am 7. Juli 1888; damit war endlich der direkte Schienenweg zwischen Mitteleuropa einerseits, Salonik und Konstantinopel anderseits hergestellt. Bis zur Austragung der zwischen Baron Hirsch und der Türkei obwaltenden Schwierigkeiten wurde der Betrieb auf der Linie Üsküb-Sibeftsche gemäß des Vertrags vom 25. Februar 1888 vorläufig der Société des raccordements überlassen. Als dann Ende 1888 durch den früher erwähnten Schiedsspruch die letzten Streitpunkte mit Baron Hirsch beseitigt waren, wurde dieser Vertrag gekündigt; die Betriebsgesellschaft der Orientalischen Eisenbahnen (s. d.) übernahm nunmehr auch den Betrieb dieser Linie. Die Linie Bellova-Vakarel ist nach ihrer Fertigstellung sofort seitens Bulgariens okkupiert und dem bulgarischen Staatsbahnnetz einverleibt worden. Die finanzielle Seite dieser Angelegenheit wurde später einverständlich geregelt. Die Orientalischen Eisenbahnen hatten nunmehr, d. i. im Jahre 1888, eine Gesamtlänge von 1263·7 km. Das rumelische oder Hauptnetz umfaßte die Hauptlinie Konstantinopel-Bellovo (561·1 km) sowie die Zweiglinien Adrianopel-Dedeagadsch (148·9 km) und Tirnovo-Semenli-Jamboli (105·7 km). Das mazedonische oder Saloniker Netz begriff in sich die Linie Salonik-Üsküb-Sibeftsche (328·5 km) und die Flügelbahn Üsküb-Mitrowitza (119·5 km). Hiervon wurden schon im Jahre 1908 von der bulgarischen Regierung die sog. ostrumelischen Strecken (Ljubimetz (Grenze)-Bellova und Tirnovo-Semenli-Jamboli) in einer Länge von 309·6 km nach der Souveränitätserklärung Bulgariens besetzt. Die finanzielle Regelung erfolgte 1919 gleichzeitig mit der Schlichtung verschiedener Streitfragen zwischen der ottomanischen Regierung und der Betriebsgesellschaft. Durch Vertrag vom 7./20. Juli 1910 wurde den orientalischen Eisenbahnen seitens der türkischen Regierung die Konzession zum Bau und Betrieb einer 45·62 km langen Zweiglinie von Babaeski nach Kirkkilisse erteilt, welche Strecke am 20. Juli 1912 dem öffentlichen Verkehr übergeben wurde. Außerdem wurde der Gesellschaft am 20. Juli/12. August 1912 die Konzession zum Bau und Betrieb einer Linie von Üsküb nach Gostivar über Kalkandelen übertragen. Der Bau wurde kurz vor Beginn der Balkankriege begonnen. Infolge dieser Kriege, während deren Dauer der Betrieb der Gesellschaft auf 112 km gesunken war (Teile der Linien Salonik-Üsküb-Konstantinopel – Tschataldscha und Salonik-Monastir), gingen folgende Strecken in das Eigentum anderer Staaten über: an Bulgarien 856 km (Svilengrad-bulgarische Grenze und Grenze bei Demotika-Dedeagadsch), an Serbien 376·7 km (Gewgheli-Üsküb-Mitrowitza und Üsküb-Sibeftsche), an Griechenland 77·3 km (Salonik-Gewgheli). In den Friedensverträgen der Türkei mit Bulgarien, Serbien und Griechenland sind diese Staaten in alle Rechte und Pflichten gegenüber der Betriebsgesellschaft eingetreten. Der Betrieb der in Neuserbien gelegenen Linien wurde auch fernerhin von den serbischen Staatsbahnen weitergeführt. Die mit der serbischen Regierung geführten Ablösungsverhandlungen waren noch im Zuge, als der Weltkrieg ausbrach; sie konnten daher nicht zum Abschluß gebracht werden. Die Linien auf bulgarischem und griechischem Gebiet sind von der Gesellschaft bis Oktober 1915 weiter betrieben worden. Infolge einer freiwilligen Gebietsabtretung seitens der Türkei an Bulgarien sind weitere 142·5 km der gesellschaftlichen Linien (Svilengrad-Adrianopel-Küleli Burgas-Demotika) an Bulgarien übergegangen; die bulgarischen Staatsbahnen haben am 7. Oktober 1915 den Betrieb dieser 142·5 km und der infolge des Balkankriegs auf Bulgarien entfallenen 85·6 km an sich genommen. Die eingeleiteten Verhandlungen über die Ablösung des Betriebsrechtes der Gesellschaft an Bulgarien gelangten 1916 zum Abschluß.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/389>, abgerufen am 23.11.2024.