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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921.

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Jahre 1874, Banjaluka-Doberlin im Jahre 1872 eröffnet.

Der Betrieb der bereits fertiggestellten und noch fertigzustellenden Linien wurde an die durch Baron Hirsch mit einem Aktienkapital von 50 Mill. Fr. begründete Betriebsgesellschaft (Compagnie generale pour l'exploitation des chemins de fer de la Turquie d'Europe) pachtweise übertragen. Dieses Pachtverhältnis wurde auf die Dauer von 50 Jahren abgeschlossen, gerechnet vom Zeitpunkt der Betriebsübergabe aller im Vertrag bezeichneten sowie der von der Regierung herzustellenden Linien (an Stelle dieses Zeitpunkts wurde durch Vertrag vom April 1893 das Jahr 1958 festgesetzt). Mit Ablauf eines Jahres nach erfolgter Inbetriebsetzung sämtlicher Strecken hatte die Betriebsgesellschaft eine jährliche Rente von 8000 Fr. f. d. km an den Staat zu entrichten. In der Zwischenzeit sollte ein Pachtschilling nur dann bezahlt werden, wenn die Durchschnittseinnahmen der in Betrieb befindlichen Strecken 12.000 Fr. f. d. km übersteigen und sollte er dann 80% des Überschusses über 12.000 Fr., bis die Höchstrente 8000 Fr. erreicht, betragen.

Infolge des Staatsbankrotts, der Unzulänglichkeit der damaligen Verwaltungsbehörden, und in nicht geringem Maß auch infolge der Kriegsereignisse der Jahre 1877 und 1878, durch die die Türkei über Gebiete, auf denen die von ihr auszuführenden Verbindungsstrecken zum Teil gelegen waren, die Verfügung verloren hatte, konnte die Pforte den ihrerseits durch die Verträge von 1872 übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen. Anderseits wurde aber auch der Bruttoertrag von 12.000 Fr. niemals überschritten (die in den Jahren 1877 und 1878 erzielten Überschüsse wurden vertragsmäßig zur Deckung früherer Abgänge verwendet); die Betriebsgesellschaft weigerte sich daher, mit Berufung auf den abgeschlossenen Vertrag für die von ihr tatsächlich betriebenen Linien eine Pachtsumme zu bezahlen.

Um sich aus diesen auf die Länge unhaltbaren Verhältnissen zu befreien, drohte die türkische Staatsverwaltung mit der Sequestrierung der Bahneinnahmen. Da dies aber einer Konfiskation von Privateigentum gleichgekommen wäre, legte sich Österreich ins Mittel, worauf man seitens der Türkei davon Abstand nahm, und die Sache schon damals vor das in den Verträgen von 1872 vorgesehene Schiedsgericht bringen wollte. Doch auch hier blieb es nur bei der Absicht, bis endlich die Betriebsgesellschaft, die sich gleichwie die Baugesellschaft in der Hand des Barons Hirsch befand, sich aus anderen Ursachen bewogen fand, diesem Zustand ein Ende zu machen.

Zu Beginn der Siebzigerjahre hatte die damals bestandene Societe imperiale für die planmäßige Fertigstellung der von ihr übernommenen Arbeiten eine Kaution von 25 Mill. Fr. geleistet, die nach erfolgter endgültiger Übernahme der Bahnen zurückgestellt werden sollte. Da aber nur eine vorläufige, niemals eine endgültige Übernahme erfolgte, so war auch trotz aller erhobenen Einsprüche nur ein Teil der Kaution zurückgezahlt worden. Solange der übrige Teil noch ausständig war, konnte jedoch die als Baugesellschaft fortbestandene Societße imperiale, die nach Fertigstellung der vertragsmäßigen Linien ihre Aufgabe beendet hatte, nicht in Liquidation treten und insolange auch nicht ihrer Verpflichtungen enthoben werden. War die Pforte nun auch gegenüber der Betriebsgesellschaft machtlos, so konnte sie doch der Baugesellschaft dadurch, daß sie eine endgültige Übernahme verweigerte, Schwierigkeiten bereiten. Mit Rücksicht darauf beschloß Baron Hirsch, sich mit der türkischen Regierung ins Einvernehmen zu setzen, und so wurde gelegentlich eines zu Ende des Jahres 1885 seitens der Betriebsgesellschaft mit der Türkei gegen 7% Verzinsung und 1% Amortisation abgeschlossenen Anlehens von 23 Mill. Fr. auch eine Regelung dieser Streitpunkte angebahnt. Die noch übrige Kautionssumme sollte zurückgezahlt werden, während die Betriebsgesellschaft die unbedingte Bürgschaft für die Erledigung jener Anstände auf sich nahm, die sich bei der endgültigen Übernahme ergeben sollten.

Außerdem wurde an Stelle des früheren Teilungsschlüssels festgesetzt, daß die Betriebsgesellschaft 7000 Fr. f. d. Jahr und km vorab zur Bestreitung der Betriebsauslagen erhalten solle, und der Rest des Bruttoertrags in der Weise zu teilen sei, daß die Betriebsgesellschaft 55%, die Regierung 45% bekomme, wobei erstere die Bürgschaft dafür übernahm, daß der Anteil der Regierung mindestens den Betrag von 1500 Fr. f. d. km erreiche. Diese Beteiligung des Staates diente nunmehr als Unterpfand für die Verzinsung und Tilgung der Anleihe.

Ferner wurde vereinbart, daß der vorläufige Betrieb nach erfolgter Untersuchung der einzelnen Strecken durch eine technische Kommission mit schiedsrichterlicher Gewalt in einen dauernden überzugehen habe.

Eine Reihe von anderen, meist vermögensrechtlichen Fragen, die sich auf Leistung einer Pachtsumme seitens der Betriebsgesellschaft an die Regierung, auf Bezahlung einer Entschädigung für Kriegsschäden, auf Schaffung eines Garantiefonds u. s. w. bezogen, wurde vorderhand unberührt gelassen, bis auch diese Fragen

Jahre 1874, Banjaluka-Doberlin im Jahre 1872 eröffnet.

Der Betrieb der bereits fertiggestellten und noch fertigzustellenden Linien wurde an die durch Baron Hirsch mit einem Aktienkapital von 50 Mill. Fr. begründete Betriebsgesellschaft (Compagnie générale pour l'exploitation des chemins de fer de la Turquie d'Europe) pachtweise übertragen. Dieses Pachtverhältnis wurde auf die Dauer von 50 Jahren abgeschlossen, gerechnet vom Zeitpunkt der Betriebsübergabe aller im Vertrag bezeichneten sowie der von der Regierung herzustellenden Linien (an Stelle dieses Zeitpunkts wurde durch Vertrag vom April 1893 das Jahr 1958 festgesetzt). Mit Ablauf eines Jahres nach erfolgter Inbetriebsetzung sämtlicher Strecken hatte die Betriebsgesellschaft eine jährliche Rente von 8000 Fr. f. d. km an den Staat zu entrichten. In der Zwischenzeit sollte ein Pachtschilling nur dann bezahlt werden, wenn die Durchschnittseinnahmen der in Betrieb befindlichen Strecken 12.000 Fr. f. d. km übersteigen und sollte er dann 80% des Überschusses über 12.000 Fr., bis die Höchstrente 8000 Fr. erreicht, betragen.

Infolge des Staatsbankrotts, der Unzulänglichkeit der damaligen Verwaltungsbehörden, und in nicht geringem Maß auch infolge der Kriegsereignisse der Jahre 1877 und 1878, durch die die Türkei über Gebiete, auf denen die von ihr auszuführenden Verbindungsstrecken zum Teil gelegen waren, die Verfügung verloren hatte, konnte die Pforte den ihrerseits durch die Verträge von 1872 übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen. Anderseits wurde aber auch der Bruttoertrag von 12.000 Fr. niemals überschritten (die in den Jahren 1877 und 1878 erzielten Überschüsse wurden vertragsmäßig zur Deckung früherer Abgänge verwendet); die Betriebsgesellschaft weigerte sich daher, mit Berufung auf den abgeschlossenen Vertrag für die von ihr tatsächlich betriebenen Linien eine Pachtsumme zu bezahlen.

Um sich aus diesen auf die Länge unhaltbaren Verhältnissen zu befreien, drohte die türkische Staatsverwaltung mit der Sequestrierung der Bahneinnahmen. Da dies aber einer Konfiskation von Privateigentum gleichgekommen wäre, legte sich Österreich ins Mittel, worauf man seitens der Türkei davon Abstand nahm, und die Sache schon damals vor das in den Verträgen von 1872 vorgesehene Schiedsgericht bringen wollte. Doch auch hier blieb es nur bei der Absicht, bis endlich die Betriebsgesellschaft, die sich gleichwie die Baugesellschaft in der Hand des Barons Hirsch befand, sich aus anderen Ursachen bewogen fand, diesem Zustand ein Ende zu machen.

Zu Beginn der Siebzigerjahre hatte die damals bestandene Société impériale für die planmäßige Fertigstellung der von ihr übernommenen Arbeiten eine Kaution von 25 Mill. Fr. geleistet, die nach erfolgter endgültiger Übernahme der Bahnen zurückgestellt werden sollte. Da aber nur eine vorläufige, niemals eine endgültige Übernahme erfolgte, so war auch trotz aller erhobenen Einsprüche nur ein Teil der Kaution zurückgezahlt worden. Solange der übrige Teil noch ausständig war, konnte jedoch die als Baugesellschaft fortbestandene Sociétßé impériale, die nach Fertigstellung der vertragsmäßigen Linien ihre Aufgabe beendet hatte, nicht in Liquidation treten und insolange auch nicht ihrer Verpflichtungen enthoben werden. War die Pforte nun auch gegenüber der Betriebsgesellschaft machtlos, so konnte sie doch der Baugesellschaft dadurch, daß sie eine endgültige Übernahme verweigerte, Schwierigkeiten bereiten. Mit Rücksicht darauf beschloß Baron Hirsch, sich mit der türkischen Regierung ins Einvernehmen zu setzen, und so wurde gelegentlich eines zu Ende des Jahres 1885 seitens der Betriebsgesellschaft mit der Türkei gegen 7% Verzinsung und 1% Amortisation abgeschlossenen Anlehens von 23 Mill. Fr. auch eine Regelung dieser Streitpunkte angebahnt. Die noch übrige Kautionssumme sollte zurückgezahlt werden, während die Betriebsgesellschaft die unbedingte Bürgschaft für die Erledigung jener Anstände auf sich nahm, die sich bei der endgültigen Übernahme ergeben sollten.

Außerdem wurde an Stelle des früheren Teilungsschlüssels festgesetzt, daß die Betriebsgesellschaft 7000 Fr. f. d. Jahr und km vorab zur Bestreitung der Betriebsauslagen erhalten solle, und der Rest des Bruttoertrags in der Weise zu teilen sei, daß die Betriebsgesellschaft 55%, die Regierung 45% bekomme, wobei erstere die Bürgschaft dafür übernahm, daß der Anteil der Regierung mindestens den Betrag von 1500 Fr. f. d. km erreiche. Diese Beteiligung des Staates diente nunmehr als Unterpfand für die Verzinsung und Tilgung der Anleihe.

Ferner wurde vereinbart, daß der vorläufige Betrieb nach erfolgter Untersuchung der einzelnen Strecken durch eine technische Kommission mit schiedsrichterlicher Gewalt in einen dauernden überzugehen habe.

Eine Reihe von anderen, meist vermögensrechtlichen Fragen, die sich auf Leistung einer Pachtsumme seitens der Betriebsgesellschaft an die Regierung, auf Bezahlung einer Entschädigung für Kriegsschäden, auf Schaffung eines Garantiefonds u. s. w. bezogen, wurde vorderhand unberührt gelassen, bis auch diese Fragen

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[375/0388] Jahre 1874, Banjaluka-Doberlin im Jahre 1872 eröffnet. Der Betrieb der bereits fertiggestellten und noch fertigzustellenden Linien wurde an die durch Baron Hirsch mit einem Aktienkapital von 50 Mill. Fr. begründete Betriebsgesellschaft (Compagnie générale pour l'exploitation des chemins de fer de la Turquie d'Europe) pachtweise übertragen. Dieses Pachtverhältnis wurde auf die Dauer von 50 Jahren abgeschlossen, gerechnet vom Zeitpunkt der Betriebsübergabe aller im Vertrag bezeichneten sowie der von der Regierung herzustellenden Linien (an Stelle dieses Zeitpunkts wurde durch Vertrag vom April 1893 das Jahr 1958 festgesetzt). Mit Ablauf eines Jahres nach erfolgter Inbetriebsetzung sämtlicher Strecken hatte die Betriebsgesellschaft eine jährliche Rente von 8000 Fr. f. d. km an den Staat zu entrichten. In der Zwischenzeit sollte ein Pachtschilling nur dann bezahlt werden, wenn die Durchschnittseinnahmen der in Betrieb befindlichen Strecken 12.000 Fr. f. d. km übersteigen und sollte er dann 80% des Überschusses über 12.000 Fr., bis die Höchstrente 8000 Fr. erreicht, betragen. Infolge des Staatsbankrotts, der Unzulänglichkeit der damaligen Verwaltungsbehörden, und in nicht geringem Maß auch infolge der Kriegsereignisse der Jahre 1877 und 1878, durch die die Türkei über Gebiete, auf denen die von ihr auszuführenden Verbindungsstrecken zum Teil gelegen waren, die Verfügung verloren hatte, konnte die Pforte den ihrerseits durch die Verträge von 1872 übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen. Anderseits wurde aber auch der Bruttoertrag von 12.000 Fr. niemals überschritten (die in den Jahren 1877 und 1878 erzielten Überschüsse wurden vertragsmäßig zur Deckung früherer Abgänge verwendet); die Betriebsgesellschaft weigerte sich daher, mit Berufung auf den abgeschlossenen Vertrag für die von ihr tatsächlich betriebenen Linien eine Pachtsumme zu bezahlen. Um sich aus diesen auf die Länge unhaltbaren Verhältnissen zu befreien, drohte die türkische Staatsverwaltung mit der Sequestrierung der Bahneinnahmen. Da dies aber einer Konfiskation von Privateigentum gleichgekommen wäre, legte sich Österreich ins Mittel, worauf man seitens der Türkei davon Abstand nahm, und die Sache schon damals vor das in den Verträgen von 1872 vorgesehene Schiedsgericht bringen wollte. Doch auch hier blieb es nur bei der Absicht, bis endlich die Betriebsgesellschaft, die sich gleichwie die Baugesellschaft in der Hand des Barons Hirsch befand, sich aus anderen Ursachen bewogen fand, diesem Zustand ein Ende zu machen. Zu Beginn der Siebzigerjahre hatte die damals bestandene Société impériale für die planmäßige Fertigstellung der von ihr übernommenen Arbeiten eine Kaution von 25 Mill. Fr. geleistet, die nach erfolgter endgültiger Übernahme der Bahnen zurückgestellt werden sollte. Da aber nur eine vorläufige, niemals eine endgültige Übernahme erfolgte, so war auch trotz aller erhobenen Einsprüche nur ein Teil der Kaution zurückgezahlt worden. Solange der übrige Teil noch ausständig war, konnte jedoch die als Baugesellschaft fortbestandene Sociétßé impériale, die nach Fertigstellung der vertragsmäßigen Linien ihre Aufgabe beendet hatte, nicht in Liquidation treten und insolange auch nicht ihrer Verpflichtungen enthoben werden. War die Pforte nun auch gegenüber der Betriebsgesellschaft machtlos, so konnte sie doch der Baugesellschaft dadurch, daß sie eine endgültige Übernahme verweigerte, Schwierigkeiten bereiten. Mit Rücksicht darauf beschloß Baron Hirsch, sich mit der türkischen Regierung ins Einvernehmen zu setzen, und so wurde gelegentlich eines zu Ende des Jahres 1885 seitens der Betriebsgesellschaft mit der Türkei gegen 7% Verzinsung und 1% Amortisation abgeschlossenen Anlehens von 23 Mill. Fr. auch eine Regelung dieser Streitpunkte angebahnt. Die noch übrige Kautionssumme sollte zurückgezahlt werden, während die Betriebsgesellschaft die unbedingte Bürgschaft für die Erledigung jener Anstände auf sich nahm, die sich bei der endgültigen Übernahme ergeben sollten. Außerdem wurde an Stelle des früheren Teilungsschlüssels festgesetzt, daß die Betriebsgesellschaft 7000 Fr. f. d. Jahr und km vorab zur Bestreitung der Betriebsauslagen erhalten solle, und der Rest des Bruttoertrags in der Weise zu teilen sei, daß die Betriebsgesellschaft 55%, die Regierung 45% bekomme, wobei erstere die Bürgschaft dafür übernahm, daß der Anteil der Regierung mindestens den Betrag von 1500 Fr. f. d. km erreiche. Diese Beteiligung des Staates diente nunmehr als Unterpfand für die Verzinsung und Tilgung der Anleihe. Ferner wurde vereinbart, daß der vorläufige Betrieb nach erfolgter Untersuchung der einzelnen Strecken durch eine technische Kommission mit schiedsrichterlicher Gewalt in einen dauernden überzugehen habe. Eine Reihe von anderen, meist vermögensrechtlichen Fragen, die sich auf Leistung einer Pachtsumme seitens der Betriebsgesellschaft an die Regierung, auf Bezahlung einer Entschädigung für Kriegsschäden, auf Schaffung eines Garantiefonds u. s. w. bezogen, wurde vorderhand unberührt gelassen, bis auch diese Fragen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 9. Berlin, Wien, 1921, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen09_1921/388>, abgerufen am 24.11.2024.