Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.Da die Regelung in diesen Fällen der Beteiligung mehrerer Eisenbahnen ungleich mehr und schwierigere Arbeiten erfordert, als die bei Ablenkung von dem bestimmungsmäßigen Wege im Binnenverkehr einer Eisenbahnverwaltung, hat sich der Sprachgebrauch der Eisenbahnen daran gewöhnt, unter "V." im engeren Sinne nur die letzterwähnten Fälle der Ablenkung von den vereinbarten Wegen bei Beteiligung mehrerer Eisenbahnverwaltungen zu verstehen. Für die Beziehungen zwischen Eisenbahnen einerseits, Verfrachter und Empfänger anderseits, ist die V. als solche unmittelbar ohne Bedeutung. Sie kann es, allerdings mittelbar, werden, wenn dadurch etwa die Lieferfrist überschritten wird, im internationalen Verkehr auch dann, wenn sie zugleich die Nichteinhaltung des vom Versender vorgeschriebenen Weges oder Zollübergangs mit nachteiligen Folgen für den Verfrachter in sich schließt. In diesen Fällen regeln sich aber die Folgen für das Verhältnis zwischen Eisenbahn und Verfrachter nicht auf Grund der Ursache - der V. - sondern auf Grundlage der für die eingetretene Wirkung - also z. B. für die Lieferfristüberschreitung - gültigen Bestimmungen des maßgebenden Frachtrechts. Die V. als solche ist demnach unmittelbar nur von Einfluß auf die Beziehungen der beteiligten Eisenbahnen untereinander. Die "Verschleppungsübereinkommen" sind daher nur innere Abmachungen der Eisenbahnverwaltungen ohne die Natur frachtrechtlicher (reglementarischer) Bestimmungen. Wie schon gesagt, sind diese Abmachungen (Verschleppungsübereinkommen) das Gegenstück und die Ergänzung der Abmachungen über die Verkehrsleitung. Während indes die Verkehrsleitung (s. d.), entsprechend der Verschiedenheit der zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse, für jeden Tarifverband gesondert abgeschlossen werden, haben sich über die Bedeutung und die Folgen einer Übertretung dieser Vereinbarungen (V.) in den verschiedenen Verbänden vielfach gleichartige Anschauungen herausgebildet, die dazu geführt haben, daß einheitliche Verschleppungsübereinkommen für einen mehr oder weniger großen Kreis von Verbänden, sogar für die Eisenbahnverwaltungen einer größeren Anzahl von Staaten abgeschlossen werden konnten. Als das wichtigste und den weitesten Geltungsbereich umfassende ist das "Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr" vom 1. Juli 1907 zu nennen, das für den internationalen Verkehr der Eisenbahnen aller derjenigen europäischen Staaten gilt, die dem Berner Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigetreten sind, soweit nicht im engeren Kreise besondere Vereinbarungen bestehen. Als die bedeutendste solcher engeren Vereinbarungen wiederum können die einschlägigen Bestimmungen im "Übereinkommen zum Betriebsreglement des VDEV." gelten, die das immer noch recht beträchtliche Gebiet dieses Vereins umfassen. Daneben bestehen besondere teils zusätzliche, teils eigene Abmachungen für einzelne Verbände oder für die Eisenbahnen einzelner Staaten im Binnenverkehr dieser Staaten, so der schweizerischen, der belgischen, der französischen Eisenbahnen für ihren Verkehr untereinander. Für alle diese Übereinkommen ist der Begriff der V. im wesentlichen der gleiche. Das erwähnte internationale "Einheitliche Übereinkommen" sagt darüber: "Güter werden als verschleppt angesehen, wenn sie, ehe sie dem Empfangsberechtigten ausgeliefert werden konnten, ganz oder teilweise einen andere als den beförderungsberechtigten Weg durchlaufen haben. Demnach gehören hierher auch solche Fälle, in welchen Sendungen über die Bestimmungsstation hinausgeleitet worden sind." Die Übereinkommen wollen in der Hauptsache nur die ungewollten Ablenkungen vom vereinbarten Leitungswege erfassen, der ihnen der "beförderungsberechtigte" Weg ist. Demgemäß bleiben durchwegs die Fälle der Ablenkung infolge eines Beförderungshindernisses (Verkehrsstörung u. dgl.) außerhalb der Regelung; sie gelten nicht als "V." im engeren Sinne. Daneben sind die Übereinkommen mehr oder weniger bestrebt, finanziell minder wichtige Fälle von ihrer Regelung auszuscheiden; diese sind zwar auch V., werden aber behufs Arbeit- und Kostenersparnis nicht weiter verfolgt. Der Schwerpunkt der Verkehrsleitungsvereinbarungen liegt in der Absicht, den beteiligten Verwaltungen durch die Zuweisung des Verkehrs an eine bestimmte Strecke die Frachteinnahme für diese Strecke zu sichern. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt der Abmachungen über die V. in der Regelung der Frage, welcher Strecke die Frachteinnahme zufällt, wenn die Sendung nicht über den vereinbarten ("beförderungsberechtigten"), sondern einen anderen Weg ("Beförderungsweg", "Fahrweg", "Verschleppungsweg") gelaufen ist. Möglicherweise steht hierbei den genannten beiden - dem beförderungsberechtigten und dem Beförderungsweg - noch ein dritter Weg, nämlich der, dem die Fracht tatsächlich zugeflossen ist ("Verrechnungsweg" oder "Kartierungsweg") gegenüber. In der Lösung der Frage, welchem Da die Regelung in diesen Fällen der Beteiligung mehrerer Eisenbahnen ungleich mehr und schwierigere Arbeiten erfordert, als die bei Ablenkung von dem bestimmungsmäßigen Wege im Binnenverkehr einer Eisenbahnverwaltung, hat sich der Sprachgebrauch der Eisenbahnen daran gewöhnt, unter „V.“ im engeren Sinne nur die letzterwähnten Fälle der Ablenkung von den vereinbarten Wegen bei Beteiligung mehrerer Eisenbahnverwaltungen zu verstehen. Für die Beziehungen zwischen Eisenbahnen einerseits, Verfrachter und Empfänger anderseits, ist die V. als solche unmittelbar ohne Bedeutung. Sie kann es, allerdings mittelbar, werden, wenn dadurch etwa die Lieferfrist überschritten wird, im internationalen Verkehr auch dann, wenn sie zugleich die Nichteinhaltung des vom Versender vorgeschriebenen Weges oder Zollübergangs mit nachteiligen Folgen für den Verfrachter in sich schließt. In diesen Fällen regeln sich aber die Folgen für das Verhältnis zwischen Eisenbahn und Verfrachter nicht auf Grund der Ursache – der V. – sondern auf Grundlage der für die eingetretene Wirkung – also z. B. für die Lieferfristüberschreitung – gültigen Bestimmungen des maßgebenden Frachtrechts. Die V. als solche ist demnach unmittelbar nur von Einfluß auf die Beziehungen der beteiligten Eisenbahnen untereinander. Die „Verschleppungsübereinkommen“ sind daher nur innere Abmachungen der Eisenbahnverwaltungen ohne die Natur frachtrechtlicher (reglementarischer) Bestimmungen. Wie schon gesagt, sind diese Abmachungen (Verschleppungsübereinkommen) das Gegenstück und die Ergänzung der Abmachungen über die Verkehrsleitung. Während indes die Verkehrsleitung (s. d.), entsprechend der Verschiedenheit der zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse, für jeden Tarifverband gesondert abgeschlossen werden, haben sich über die Bedeutung und die Folgen einer Übertretung dieser Vereinbarungen (V.) in den verschiedenen Verbänden vielfach gleichartige Anschauungen herausgebildet, die dazu geführt haben, daß einheitliche Verschleppungsübereinkommen für einen mehr oder weniger großen Kreis von Verbänden, sogar für die Eisenbahnverwaltungen einer größeren Anzahl von Staaten abgeschlossen werden konnten. Als das wichtigste und den weitesten Geltungsbereich umfassende ist das „Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr“ vom 1. Juli 1907 zu nennen, das für den internationalen Verkehr der Eisenbahnen aller derjenigen europäischen Staaten gilt, die dem Berner Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigetreten sind, soweit nicht im engeren Kreise besondere Vereinbarungen bestehen. Als die bedeutendste solcher engeren Vereinbarungen wiederum können die einschlägigen Bestimmungen im „Übereinkommen zum Betriebsreglement des VDEV.“ gelten, die das immer noch recht beträchtliche Gebiet dieses Vereins umfassen. Daneben bestehen besondere teils zusätzliche, teils eigene Abmachungen für einzelne Verbände oder für die Eisenbahnen einzelner Staaten im Binnenverkehr dieser Staaten, so der schweizerischen, der belgischen, der französischen Eisenbahnen für ihren Verkehr untereinander. Für alle diese Übereinkommen ist der Begriff der V. im wesentlichen der gleiche. Das erwähnte internationale „Einheitliche Übereinkommen“ sagt darüber: „Güter werden als verschleppt angesehen, wenn sie, ehe sie dem Empfangsberechtigten ausgeliefert werden konnten, ganz oder teilweise einen andere als den beförderungsberechtigten Weg durchlaufen haben. Demnach gehören hierher auch solche Fälle, in welchen Sendungen über die Bestimmungsstation hinausgeleitet worden sind.“ Die Übereinkommen wollen in der Hauptsache nur die ungewollten Ablenkungen vom vereinbarten Leitungswege erfassen, der ihnen der „beförderungsberechtigte“ Weg ist. Demgemäß bleiben durchwegs die Fälle der Ablenkung infolge eines Beförderungshindernisses (Verkehrsstörung u. dgl.) außerhalb der Regelung; sie gelten nicht als „V.“ im engeren Sinne. Daneben sind die Übereinkommen mehr oder weniger bestrebt, finanziell minder wichtige Fälle von ihrer Regelung auszuscheiden; diese sind zwar auch V., werden aber behufs Arbeit- und Kostenersparnis nicht weiter verfolgt. Der Schwerpunkt der Verkehrsleitungsvereinbarungen liegt in der Absicht, den beteiligten Verwaltungen durch die Zuweisung des Verkehrs an eine bestimmte Strecke die Frachteinnahme für diese Strecke zu sichern. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt der Abmachungen über die V. in der Regelung der Frage, welcher Strecke die Frachteinnahme zufällt, wenn die Sendung nicht über den vereinbarten („beförderungsberechtigten“), sondern einen anderen Weg („Beförderungsweg“, „Fahrweg“, „Verschleppungsweg“) gelaufen ist. Möglicherweise steht hierbei den genannten beiden – dem beförderungsberechtigten und dem Beförderungsweg – noch ein dritter Weg, nämlich der, dem die Fracht tatsächlich zugeflossen ist („Verrechnungsweg“ oder „Kartierungsweg“) gegenüber. In der Lösung der Frage, welchem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0162" n="147"/> Da die Regelung in diesen Fällen der Beteiligung mehrerer Eisenbahnen ungleich mehr und schwierigere Arbeiten erfordert, als die bei Ablenkung von dem bestimmungsmäßigen Wege im Binnenverkehr <hi rendition="#g">einer</hi> Eisenbahnverwaltung, hat sich der Sprachgebrauch der Eisenbahnen daran gewöhnt, unter „V.“ im engeren Sinne nur die letzterwähnten Fälle der Ablenkung von den vereinbarten Wegen bei Beteiligung mehrerer Eisenbahnverwaltungen zu verstehen.</p><lb/> <p>Für die Beziehungen zwischen Eisenbahnen einerseits, Verfrachter und Empfänger anderseits, ist die V. als solche unmittelbar ohne Bedeutung. Sie kann es, allerdings mittelbar, werden, wenn dadurch etwa die Lieferfrist überschritten wird, im internationalen Verkehr auch dann, wenn sie zugleich die Nichteinhaltung des vom Versender vorgeschriebenen Weges oder Zollübergangs mit nachteiligen Folgen für den Verfrachter in sich schließt. In diesen Fällen regeln sich aber die Folgen für das Verhältnis zwischen Eisenbahn und Verfrachter nicht auf Grund der Ursache – der V. – sondern auf Grundlage der für die eingetretene Wirkung – also z. B. für die Lieferfristüberschreitung – gültigen Bestimmungen des maßgebenden Frachtrechts.</p><lb/> <p>Die V. als solche ist demnach unmittelbar nur von Einfluß auf die Beziehungen der beteiligten Eisenbahnen untereinander. Die „Verschleppungsübereinkommen“ sind daher nur innere Abmachungen der Eisenbahnverwaltungen ohne die Natur frachtrechtlicher (reglementarischer) Bestimmungen.</p><lb/> <p>Wie schon gesagt, sind diese Abmachungen (Verschleppungsübereinkommen) das Gegenstück und die Ergänzung der Abmachungen über die Verkehrsleitung. Während indes die Verkehrsleitung (s. d.), entsprechend der Verschiedenheit der zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse, für jeden Tarifverband gesondert abgeschlossen werden, haben sich über die Bedeutung und die Folgen einer Übertretung dieser Vereinbarungen (V.) in den verschiedenen Verbänden vielfach gleichartige Anschauungen herausgebildet, die dazu geführt haben, daß einheitliche Verschleppungsübereinkommen für einen mehr oder weniger großen Kreis von Verbänden, sogar für die Eisenbahnverwaltungen einer größeren Anzahl von Staaten abgeschlossen werden konnten. Als das wichtigste und den weitesten Geltungsbereich umfassende ist das „Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr“ vom 1. Juli 1907 zu nennen, das für den internationalen Verkehr der Eisenbahnen aller derjenigen europäischen Staaten gilt, die dem Berner Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigetreten sind, soweit nicht im engeren Kreise besondere Vereinbarungen bestehen. Als die bedeutendste solcher engeren Vereinbarungen wiederum können die einschlägigen Bestimmungen im „Übereinkommen zum Betriebsreglement des VDEV.“ gelten, die das immer noch recht beträchtliche Gebiet dieses Vereins umfassen. Daneben bestehen besondere teils zusätzliche, teils eigene Abmachungen für einzelne Verbände oder für die Eisenbahnen einzelner Staaten im Binnenverkehr dieser Staaten, so der schweizerischen, der belgischen, der französischen Eisenbahnen für ihren Verkehr untereinander.</p><lb/> <p>Für alle diese Übereinkommen ist der Begriff der V. im wesentlichen der gleiche. Das erwähnte internationale „Einheitliche Übereinkommen“ sagt darüber:</p><lb/> <p>„Güter werden als verschleppt angesehen, wenn sie, ehe sie dem Empfangsberechtigten ausgeliefert werden konnten, ganz oder teilweise einen andere als den beförderungsberechtigten Weg durchlaufen haben. Demnach gehören hierher auch solche Fälle, in welchen Sendungen über die Bestimmungsstation hinausgeleitet worden sind.“</p><lb/> <p>Die Übereinkommen wollen in der Hauptsache nur die ungewollten Ablenkungen vom vereinbarten Leitungswege erfassen, der ihnen der „beförderungsberechtigte“ Weg ist. Demgemäß bleiben durchwegs die Fälle der Ablenkung infolge eines Beförderungshindernisses (Verkehrsstörung u. dgl.) außerhalb der Regelung; sie gelten nicht als „V.“ im engeren Sinne. Daneben sind die Übereinkommen mehr oder weniger bestrebt, finanziell minder wichtige Fälle von ihrer Regelung auszuscheiden; diese sind zwar auch V., werden aber behufs Arbeit- und Kostenersparnis nicht weiter verfolgt.</p><lb/> <p>Der Schwerpunkt der Verkehrsleitungsvereinbarungen liegt in der Absicht, den beteiligten Verwaltungen durch die Zuweisung des Verkehrs an eine bestimmte Strecke die Frachteinnahme für diese Strecke zu sichern. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt der Abmachungen über die V. in der Regelung der Frage, welcher Strecke die Frachteinnahme zufällt, wenn die Sendung nicht über den vereinbarten („beförderungsberechtigten“), sondern einen anderen Weg („Beförderungsweg“, „Fahrweg“, „Verschleppungsweg“) gelaufen ist. Möglicherweise steht hierbei den genannten beiden – dem beförderungsberechtigten und dem Beförderungsweg – noch ein dritter Weg, nämlich der, dem die Fracht tatsächlich zugeflossen ist („Verrechnungsweg“ oder „Kartierungsweg“) gegenüber. In der Lösung der Frage, welchem </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [147/0162]
Da die Regelung in diesen Fällen der Beteiligung mehrerer Eisenbahnen ungleich mehr und schwierigere Arbeiten erfordert, als die bei Ablenkung von dem bestimmungsmäßigen Wege im Binnenverkehr einer Eisenbahnverwaltung, hat sich der Sprachgebrauch der Eisenbahnen daran gewöhnt, unter „V.“ im engeren Sinne nur die letzterwähnten Fälle der Ablenkung von den vereinbarten Wegen bei Beteiligung mehrerer Eisenbahnverwaltungen zu verstehen.
Für die Beziehungen zwischen Eisenbahnen einerseits, Verfrachter und Empfänger anderseits, ist die V. als solche unmittelbar ohne Bedeutung. Sie kann es, allerdings mittelbar, werden, wenn dadurch etwa die Lieferfrist überschritten wird, im internationalen Verkehr auch dann, wenn sie zugleich die Nichteinhaltung des vom Versender vorgeschriebenen Weges oder Zollübergangs mit nachteiligen Folgen für den Verfrachter in sich schließt. In diesen Fällen regeln sich aber die Folgen für das Verhältnis zwischen Eisenbahn und Verfrachter nicht auf Grund der Ursache – der V. – sondern auf Grundlage der für die eingetretene Wirkung – also z. B. für die Lieferfristüberschreitung – gültigen Bestimmungen des maßgebenden Frachtrechts.
Die V. als solche ist demnach unmittelbar nur von Einfluß auf die Beziehungen der beteiligten Eisenbahnen untereinander. Die „Verschleppungsübereinkommen“ sind daher nur innere Abmachungen der Eisenbahnverwaltungen ohne die Natur frachtrechtlicher (reglementarischer) Bestimmungen.
Wie schon gesagt, sind diese Abmachungen (Verschleppungsübereinkommen) das Gegenstück und die Ergänzung der Abmachungen über die Verkehrsleitung. Während indes die Verkehrsleitung (s. d.), entsprechend der Verschiedenheit der zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse, für jeden Tarifverband gesondert abgeschlossen werden, haben sich über die Bedeutung und die Folgen einer Übertretung dieser Vereinbarungen (V.) in den verschiedenen Verbänden vielfach gleichartige Anschauungen herausgebildet, die dazu geführt haben, daß einheitliche Verschleppungsübereinkommen für einen mehr oder weniger großen Kreis von Verbänden, sogar für die Eisenbahnverwaltungen einer größeren Anzahl von Staaten abgeschlossen werden konnten. Als das wichtigste und den weitesten Geltungsbereich umfassende ist das „Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr“ vom 1. Juli 1907 zu nennen, das für den internationalen Verkehr der Eisenbahnen aller derjenigen europäischen Staaten gilt, die dem Berner Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigetreten sind, soweit nicht im engeren Kreise besondere Vereinbarungen bestehen. Als die bedeutendste solcher engeren Vereinbarungen wiederum können die einschlägigen Bestimmungen im „Übereinkommen zum Betriebsreglement des VDEV.“ gelten, die das immer noch recht beträchtliche Gebiet dieses Vereins umfassen. Daneben bestehen besondere teils zusätzliche, teils eigene Abmachungen für einzelne Verbände oder für die Eisenbahnen einzelner Staaten im Binnenverkehr dieser Staaten, so der schweizerischen, der belgischen, der französischen Eisenbahnen für ihren Verkehr untereinander.
Für alle diese Übereinkommen ist der Begriff der V. im wesentlichen der gleiche. Das erwähnte internationale „Einheitliche Übereinkommen“ sagt darüber:
„Güter werden als verschleppt angesehen, wenn sie, ehe sie dem Empfangsberechtigten ausgeliefert werden konnten, ganz oder teilweise einen andere als den beförderungsberechtigten Weg durchlaufen haben. Demnach gehören hierher auch solche Fälle, in welchen Sendungen über die Bestimmungsstation hinausgeleitet worden sind.“
Die Übereinkommen wollen in der Hauptsache nur die ungewollten Ablenkungen vom vereinbarten Leitungswege erfassen, der ihnen der „beförderungsberechtigte“ Weg ist. Demgemäß bleiben durchwegs die Fälle der Ablenkung infolge eines Beförderungshindernisses (Verkehrsstörung u. dgl.) außerhalb der Regelung; sie gelten nicht als „V.“ im engeren Sinne. Daneben sind die Übereinkommen mehr oder weniger bestrebt, finanziell minder wichtige Fälle von ihrer Regelung auszuscheiden; diese sind zwar auch V., werden aber behufs Arbeit- und Kostenersparnis nicht weiter verfolgt.
Der Schwerpunkt der Verkehrsleitungsvereinbarungen liegt in der Absicht, den beteiligten Verwaltungen durch die Zuweisung des Verkehrs an eine bestimmte Strecke die Frachteinnahme für diese Strecke zu sichern. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt der Abmachungen über die V. in der Regelung der Frage, welcher Strecke die Frachteinnahme zufällt, wenn die Sendung nicht über den vereinbarten („beförderungsberechtigten“), sondern einen anderen Weg („Beförderungsweg“, „Fahrweg“, „Verschleppungsweg“) gelaufen ist. Möglicherweise steht hierbei den genannten beiden – dem beförderungsberechtigten und dem Beförderungsweg – noch ein dritter Weg, nämlich der, dem die Fracht tatsächlich zugeflossen ist („Verrechnungsweg“ oder „Kartierungsweg“) gegenüber. In der Lösung der Frage, welchem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-06-17T17:32:41Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-06-17T17:32:41Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben. Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |