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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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dieser Wege die Fracht endgültig zuzuweisen ist, bestehen auf den europäischen Bahnen verschiedene Systeme.

Das eine, am weitesten verbreitete, gibt grundsätzlich die Fracht dem beförderungsberechtigten Wege, während der wirkliche Beförderungsweg (Verschleppungsweg) nur eine gewisse Schadloshaltung für die mit der tatsächlichen Beförderung verbundenen Auslagen erhält. Dieses System geht von der Absicht aus, die gültigen Leitungsvereinbarungen möglichst zu verteidigen, das Interesse der an einem bestimmten Verkehr beteiligten Eisenbahnen an der Einhaltung dieser Abmachungen zu stärken, jedenfalls Abweichungen davon nicht durch Erlangung von Frachteinnahmen zu belohnen. In letzterer Absicht ist es insbesondere begründet, wenn die Entschädigung des wirklichen Beförderungsweges möglichst niedrig gehalten ist. Diesem Systeme folgt insbesondere das obenerwähnte "Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr". Es stellt an die Spitze seiner Regelung (§ 2) den klaren Grundsatz: "Die Fracht gebührt bei Verschleppungen dem berechtigten Wege". Es würde hier zu weit führen, näher darzustellen, wie dieser Gedanke und die Entschädigung des Beförderungsweges im einzelnen durchgeführt ist. Dem gleichen Systeme folgen zahlreiche andere einschlägige Vereinbarungen, so die der französischen, der schweizerischen, der belgischen Eisenbahnen, mit mehr oder minder großen Abweichungen im einzelnen. Die Regelung der französischen Bahnen beispielsweise kommt dem wirklichen Beförderungsweg mehr entgegen, indem sie ihm die Hälfte der Fracht überläßt; es kann hierin schon ein gewisses Abgehen von der grundsätzlichen Stellung des "Einheitlichen Übereinkommens", eine Art Kompromiß mit der entgegengesetzten Anschauung gefunden werden.

Ebensogut läßt es sich nämlich rechtfertigen, grundsätzlich die Fracht dem befördernden Weg zuzuweisen. Es trägt dies der wirklichen Leistung Rechnung, schafft außerdem eine wesentliche Vereinfachung in der Behandlung der V., verzichtet aber auf die im ersten System liegende Sicherung gegen die Vernachlässigung der Leitungsvereinbarungen, kann also nur da in Frage kommen, wo deren Einhaltung sonstwie genügend garantiert ist. Der Gedanke war bisher in gewissem Umfange, allerdings weniger bei V. im engeren Sinne als bei anderen Ablenkungen, auch nur mit verschiedenen Vorbehalten und Abweichungen, im Übereinkommen des DEVV., also im inneren Verkehr der deutschen Eisenbahnen untereinander, verwirklicht, das jedoch durch den Übergang des weitaus größten Teils dieser Bahnen in eine Hand, die des Reiches, seine Bedeutung größtenteils verloren hat. Übrigens waren die deutschen Staatsbahnen schon vorher, als während des Krieges die Abweichungen von den vereinbarten Leitungswegen sich häuften, veranlaßt, an eine Änderung dieser Bestimmungen heranzutreten.

Einen vermittelnden Gedanken führt die derzeit im großen Gebiete des VDEV. geltende Regelung durch. Sie stellt einige besonders wichtige Fälle auf, in denen die Fracht dem beförderungsberechtigten Wege zugeführt werden soll; im übrigen läßt sie "die gewählte Verrechnung bestehen", läßt also die Fracht dem Verrechnungsweg (Kartierungsweg). Ausdrücklich wird festgestellt, daß "eine Entschädigung des Verschleppungsweges in keinem Falle stattfindet". Dieses Vermittlungssystem geht hiernach in seiner Begründung von dem ersten System aus, sucht es aber in seiner Durchführung weitgehend zu vereinfachen. Es hält ebenfalls einen Druck dahin für notwendig, daß die Leitungsvereinbarungen tunlichst eingehalten werden, betätigt ihn aber mehr in der negativen Richtung dahin, daß es dem Verschleppungsweg nicht einmal eine Entschädigung der Selbstkosten, sondern grundsätzlich keinerlei Entgelt zubilligt. Dem beförderungsberechtigten Weg wird anderseits nur in gewissen, besonders wichtigen Fällen die Fracht gesichert, im übrigen aber das einfachste Verfahren eingeschlagen, nämlich nachträglich nichts geändert.

Neben der wichtigsten Frage, welchem der verschiedenen Wege bei V. die Frachteinnahme zukommt, und Hand in Hand mit ihr haben die Übereinkommen insbesondere noch die Haftungsgemeinschaft gegenüber den Ansprüchen der Verfrachter aus dem Frachtvertrag zu regeln. Wo, wie im "Einheitlichen Übereinkommen", der Grundsatz klar zur Durchführung kommt, daß die Rechte des beförderungsberechtigten Weges auf die Frachteinnahmen durch die V. unberührt bleiben, ergibt sich als selbstverständliche Folgerung, daß er auch die Pflichten aus dem Frachtvertrag, also insbesondere die verschiedenen Haftungen für Verlust, Beschädigungen, für zuviel erhobene Fracht und sonstige Gebühren, auf sich zu nehmen hat. Abweichungen davon ergeben sich im einzelnen namentlich aus dem nachweislichen Verschulden einer beteiligten Eisenbahnverwaltung und finden mehr oder weniger eingehende Regelung. Wo die Übereinkommen in der Zuweisung der Fracht andere Grundsätze befolgen und auch die

dieser Wege die Fracht endgültig zuzuweisen ist, bestehen auf den europäischen Bahnen verschiedene Systeme.

Das eine, am weitesten verbreitete, gibt grundsätzlich die Fracht dem beförderungsberechtigten Wege, während der wirkliche Beförderungsweg (Verschleppungsweg) nur eine gewisse Schadloshaltung für die mit der tatsächlichen Beförderung verbundenen Auslagen erhält. Dieses System geht von der Absicht aus, die gültigen Leitungsvereinbarungen möglichst zu verteidigen, das Interesse der an einem bestimmten Verkehr beteiligten Eisenbahnen an der Einhaltung dieser Abmachungen zu stärken, jedenfalls Abweichungen davon nicht durch Erlangung von Frachteinnahmen zu belohnen. In letzterer Absicht ist es insbesondere begründet, wenn die Entschädigung des wirklichen Beförderungsweges möglichst niedrig gehalten ist. Diesem Systeme folgt insbesondere das obenerwähnte „Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr“. Es stellt an die Spitze seiner Regelung (§ 2) den klaren Grundsatz: „Die Fracht gebührt bei Verschleppungen dem berechtigten Wege“. Es würde hier zu weit führen, näher darzustellen, wie dieser Gedanke und die Entschädigung des Beförderungsweges im einzelnen durchgeführt ist. Dem gleichen Systeme folgen zahlreiche andere einschlägige Vereinbarungen, so die der französischen, der schweizerischen, der belgischen Eisenbahnen, mit mehr oder minder großen Abweichungen im einzelnen. Die Regelung der französischen Bahnen beispielsweise kommt dem wirklichen Beförderungsweg mehr entgegen, indem sie ihm die Hälfte der Fracht überläßt; es kann hierin schon ein gewisses Abgehen von der grundsätzlichen Stellung des „Einheitlichen Übereinkommens“, eine Art Kompromiß mit der entgegengesetzten Anschauung gefunden werden.

Ebensogut läßt es sich nämlich rechtfertigen, grundsätzlich die Fracht dem befördernden Weg zuzuweisen. Es trägt dies der wirklichen Leistung Rechnung, schafft außerdem eine wesentliche Vereinfachung in der Behandlung der V., verzichtet aber auf die im ersten System liegende Sicherung gegen die Vernachlässigung der Leitungsvereinbarungen, kann also nur da in Frage kommen, wo deren Einhaltung sonstwie genügend garantiert ist. Der Gedanke war bisher in gewissem Umfange, allerdings weniger bei V. im engeren Sinne als bei anderen Ablenkungen, auch nur mit verschiedenen Vorbehalten und Abweichungen, im Übereinkommen des DEVV., also im inneren Verkehr der deutschen Eisenbahnen untereinander, verwirklicht, das jedoch durch den Übergang des weitaus größten Teils dieser Bahnen in eine Hand, die des Reiches, seine Bedeutung größtenteils verloren hat. Übrigens waren die deutschen Staatsbahnen schon vorher, als während des Krieges die Abweichungen von den vereinbarten Leitungswegen sich häuften, veranlaßt, an eine Änderung dieser Bestimmungen heranzutreten.

Einen vermittelnden Gedanken führt die derzeit im großen Gebiete des VDEV. geltende Regelung durch. Sie stellt einige besonders wichtige Fälle auf, in denen die Fracht dem beförderungsberechtigten Wege zugeführt werden soll; im übrigen läßt sie „die gewählte Verrechnung bestehen“, läßt also die Fracht dem Verrechnungsweg (Kartierungsweg). Ausdrücklich wird festgestellt, daß „eine Entschädigung des Verschleppungsweges in keinem Falle stattfindet“. Dieses Vermittlungssystem geht hiernach in seiner Begründung von dem ersten System aus, sucht es aber in seiner Durchführung weitgehend zu vereinfachen. Es hält ebenfalls einen Druck dahin für notwendig, daß die Leitungsvereinbarungen tunlichst eingehalten werden, betätigt ihn aber mehr in der negativen Richtung dahin, daß es dem Verschleppungsweg nicht einmal eine Entschädigung der Selbstkosten, sondern grundsätzlich keinerlei Entgelt zubilligt. Dem beförderungsberechtigten Weg wird anderseits nur in gewissen, besonders wichtigen Fällen die Fracht gesichert, im übrigen aber das einfachste Verfahren eingeschlagen, nämlich nachträglich nichts geändert.

Neben der wichtigsten Frage, welchem der verschiedenen Wege bei V. die Frachteinnahme zukommt, und Hand in Hand mit ihr haben die Übereinkommen insbesondere noch die Haftungsgemeinschaft gegenüber den Ansprüchen der Verfrachter aus dem Frachtvertrag zu regeln. Wo, wie im „Einheitlichen Übereinkommen“, der Grundsatz klar zur Durchführung kommt, daß die Rechte des beförderungsberechtigten Weges auf die Frachteinnahmen durch die V. unberührt bleiben, ergibt sich als selbstverständliche Folgerung, daß er auch die Pflichten aus dem Frachtvertrag, also insbesondere die verschiedenen Haftungen für Verlust, Beschädigungen, für zuviel erhobene Fracht und sonstige Gebühren, auf sich zu nehmen hat. Abweichungen davon ergeben sich im einzelnen namentlich aus dem nachweislichen Verschulden einer beteiligten Eisenbahnverwaltung und finden mehr oder weniger eingehende Regelung. Wo die Übereinkommen in der Zuweisung der Fracht andere Grundsätze befolgen und auch die

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[148/0163] dieser Wege die Fracht endgültig zuzuweisen ist, bestehen auf den europäischen Bahnen verschiedene Systeme. Das eine, am weitesten verbreitete, gibt grundsätzlich die Fracht dem beförderungsberechtigten Wege, während der wirkliche Beförderungsweg (Verschleppungsweg) nur eine gewisse Schadloshaltung für die mit der tatsächlichen Beförderung verbundenen Auslagen erhält. Dieses System geht von der Absicht aus, die gültigen Leitungsvereinbarungen möglichst zu verteidigen, das Interesse der an einem bestimmten Verkehr beteiligten Eisenbahnen an der Einhaltung dieser Abmachungen zu stärken, jedenfalls Abweichungen davon nicht durch Erlangung von Frachteinnahmen zu belohnen. In letzterer Absicht ist es insbesondere begründet, wenn die Entschädigung des wirklichen Beförderungsweges möglichst niedrig gehalten ist. Diesem Systeme folgt insbesondere das obenerwähnte „Einheitliche Übereinkommen, betreffend die Verschleppung von Gütern im Internationalen Eisenbahnfrachtverkehr“. Es stellt an die Spitze seiner Regelung (§ 2) den klaren Grundsatz: „Die Fracht gebührt bei Verschleppungen dem berechtigten Wege“. Es würde hier zu weit führen, näher darzustellen, wie dieser Gedanke und die Entschädigung des Beförderungsweges im einzelnen durchgeführt ist. Dem gleichen Systeme folgen zahlreiche andere einschlägige Vereinbarungen, so die der französischen, der schweizerischen, der belgischen Eisenbahnen, mit mehr oder minder großen Abweichungen im einzelnen. Die Regelung der französischen Bahnen beispielsweise kommt dem wirklichen Beförderungsweg mehr entgegen, indem sie ihm die Hälfte der Fracht überläßt; es kann hierin schon ein gewisses Abgehen von der grundsätzlichen Stellung des „Einheitlichen Übereinkommens“, eine Art Kompromiß mit der entgegengesetzten Anschauung gefunden werden. Ebensogut läßt es sich nämlich rechtfertigen, grundsätzlich die Fracht dem befördernden Weg zuzuweisen. Es trägt dies der wirklichen Leistung Rechnung, schafft außerdem eine wesentliche Vereinfachung in der Behandlung der V., verzichtet aber auf die im ersten System liegende Sicherung gegen die Vernachlässigung der Leitungsvereinbarungen, kann also nur da in Frage kommen, wo deren Einhaltung sonstwie genügend garantiert ist. Der Gedanke war bisher in gewissem Umfange, allerdings weniger bei V. im engeren Sinne als bei anderen Ablenkungen, auch nur mit verschiedenen Vorbehalten und Abweichungen, im Übereinkommen des DEVV., also im inneren Verkehr der deutschen Eisenbahnen untereinander, verwirklicht, das jedoch durch den Übergang des weitaus größten Teils dieser Bahnen in eine Hand, die des Reiches, seine Bedeutung größtenteils verloren hat. Übrigens waren die deutschen Staatsbahnen schon vorher, als während des Krieges die Abweichungen von den vereinbarten Leitungswegen sich häuften, veranlaßt, an eine Änderung dieser Bestimmungen heranzutreten. Einen vermittelnden Gedanken führt die derzeit im großen Gebiete des VDEV. geltende Regelung durch. Sie stellt einige besonders wichtige Fälle auf, in denen die Fracht dem beförderungsberechtigten Wege zugeführt werden soll; im übrigen läßt sie „die gewählte Verrechnung bestehen“, läßt also die Fracht dem Verrechnungsweg (Kartierungsweg). Ausdrücklich wird festgestellt, daß „eine Entschädigung des Verschleppungsweges in keinem Falle stattfindet“. Dieses Vermittlungssystem geht hiernach in seiner Begründung von dem ersten System aus, sucht es aber in seiner Durchführung weitgehend zu vereinfachen. Es hält ebenfalls einen Druck dahin für notwendig, daß die Leitungsvereinbarungen tunlichst eingehalten werden, betätigt ihn aber mehr in der negativen Richtung dahin, daß es dem Verschleppungsweg nicht einmal eine Entschädigung der Selbstkosten, sondern grundsätzlich keinerlei Entgelt zubilligt. Dem beförderungsberechtigten Weg wird anderseits nur in gewissen, besonders wichtigen Fällen die Fracht gesichert, im übrigen aber das einfachste Verfahren eingeschlagen, nämlich nachträglich nichts geändert. Neben der wichtigsten Frage, welchem der verschiedenen Wege bei V. die Frachteinnahme zukommt, und Hand in Hand mit ihr haben die Übereinkommen insbesondere noch die Haftungsgemeinschaft gegenüber den Ansprüchen der Verfrachter aus dem Frachtvertrag zu regeln. Wo, wie im „Einheitlichen Übereinkommen“, der Grundsatz klar zur Durchführung kommt, daß die Rechte des beförderungsberechtigten Weges auf die Frachteinnahmen durch die V. unberührt bleiben, ergibt sich als selbstverständliche Folgerung, daß er auch die Pflichten aus dem Frachtvertrag, also insbesondere die verschiedenen Haftungen für Verlust, Beschädigungen, für zuviel erhobene Fracht und sonstige Gebühren, auf sich zu nehmen hat. Abweichungen davon ergeben sich im einzelnen namentlich aus dem nachweislichen Verschulden einer beteiligten Eisenbahnverwaltung und finden mehr oder weniger eingehende Regelung. Wo die Übereinkommen in der Zuweisung der Fracht andere Grundsätze befolgen und auch die

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/163>, abgerufen am 21.11.2024.