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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Im Seeschiffverkehr ist das Verhältnis der Umladekosten zu den Transportkosten größtenteils infolge der längeren Transportwege geringer.

In den vorstehend angeführten Zahlen ist der Einfluß der für die Umschlagsarbeit aufgewendeten Zeit nicht berücksichtigt. Und gerade dieses Moment ist in weitaus überwiegendem Maß ausschlaggebend in Hinsicht auf die gesamten Transportspesen. Die durch die raschere Zirkulation der Transportmittel erzielten Werte setzen sich zusammen:

a) aus den unmittelbaren Frachtermäßigungen, die in der Trampschiffahrt für Verkürzungen der an den Hafenplätzen gesetzlich festgesetzten Entlade- und Beladezeiten vereinbarungsgemäß gewährt werden, sowie den Ermäßigungen an den gesetzlichen Liegegeldern;

b) aus den infolge Verkürzung der Liegezeit ersparten Tilgungs-, Personal- und Erhaltungskosten;

c) aus den gewonnenen Dampferbetriebsstunden - in der Binnenschiffahrt auch Warenboot (Schleppschiff) - bei den Güterwagen Wagenbetriebsstunden.

In fast allen Häfen ist die Löschungsfrist, allerdings vielfach ohne besondere Begünstigungen für Verkürzung, normenmäßig festgelegt. In den deutschen Binnenhäfen ist sie nach dem "Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 15. Juni 1895", geregelt. Für Überschreitung der vorgeschriebenen Löschungsfristen sind erhöhte Liegegelder vorgesehen. Hingegen ermäßigen sich die Frachtsätze in der freien Schiffahrt - namentlich am Rhein und auf der Elbe - bis zu 25%, wenn die Löschfrist 1/2 oder 1/4 der Zeit der im betreffenden Hafen normierten Löschfrist beträgt. Die Ermäßigung ist abhängig von Angebot und Nachfrage, vom Wasserstand - wenn infolge Niederwasser das Schiff nicht ausgenutzt werden kann und daher Frachtraummangel eintritt - und von den Hafenbestimmungen.

Die Liegegelder werden meistens nach Tonne und Tag berechnet, jedoch auch nach der Art der Schleppe oder Dampfer oder Segelschiffe und nach der Größe. Bei Flußschiffen ermäßigen sich die Liegegelder mit der zunehmenden Größe. In den Wintermonaten sind die Liegezeiten größer als in den Sommermonaten. Viele Häfen haben überhaupt keine Liegezeiten vorgeschrieben. Eine gesetzliche Festlegung der Überliegegelder besteht meistens nicht. Vielfach wird der Umschlagbetrieb von der betreffenden Hafenverwaltung an Unternehmer übertragen, die sodann, insbesondere in der freien Schiffahrt, mit den Verfrächtern spezielle Vereinbarungen treffen. Nebst der Frachtermäßigung werden oft Entladeprämien - "Dispache-money" - gewährt, die häufig die Hälfte des vereinbarten Überliegegeldes betragen. Alle diese Bestimmungen und Verträge beziehen sich nur auf die freie Schiffahrt. Die von seite der Hafenbehörden eingeführte gesetzliche nach oben begrenzte Löschfrist tritt hinsichtlich der Verkürzung der Löschfrist praktisch nicht in Erscheinung, da sie immer zu weit bemessen ist. Die vorstehenden Ausführungen gelten hauptsächlich für die deutschen See- und Binnenhäfen. Bei der Donauschiffahrt liegen die Verhältnisse ganz anders. Hier werden die Frachtspesen deshalb in den meisten Fällen einschließlich der Umschlagsspesen erstellt, weil die Umschlagsplätze entweder Eigentum der Reeder sind oder durch diese von den Besitzern - meistenteils der betreffende Uferstaat oder die Gemeindeverwaltung - gepachtet sind. Alle Umschlagseinrichtungen sind Eigentum des betreffenden Schiffahrtsunternehmens. Eine Ausnahme bildet bloß der Luitpoldhafen in Regensburg, der nach deutschem Muster sich im städtischen Betrieb befindet. Während also in Deutschland, größtenteils auch in den anderen Industrieländern, das Frachtgeschäft von der Güterumladung vollkommen getrennt ist, bildet der Frachtsatz im Donauverkehr ein einheitliches Ganzes, in welchem die Umladespesen inbegriffen sind. Eine Verkürzung der Belade- und Entladezeiten, die für jede Gattung von Gütern und bei jedem Frachtabschluß besonders vereinbart wird, kann daher auch in Frachtermäßigungen und Löschfristprämien nicht in Erscheinung treten. Diese werden auch nicht gewährt, wenn die Beladung und Entladung der Partei übertragen wird. Hingegen werden für Ladefristüberschreitungen Liegegelder, deren Höhe sich nach der Geschäftslage richtet, eingehoben.

Der Begriff "Wirkungsgrad" auf das Transportwesen angewendet besagt, daß das Verhältnis zwischen der Zeit des unproduktiven Stillstands der Transportmittel und der eigentlichen Umlaufzeit auf das möglichst geringe Maß herabgedrückt werden soll.

Im U. nehmen den größten Teil des die Wirtschaftlichkeit herabdrückenden Stillstandes die Entlade- und Belade- und die Wartezeiten in Anspruch. Der Wirkungsgrad wird um so besser sein, je größeres Tragvermögen die Einheiten besitzen, je länger die Transportstrecken sind und je rascher die Umschlagsarbeit auf den Umschlagsplätzen vor sich geht. Demgemäß ist der Wirkungsgrad bei den Bahnen am schlechtesten, an zweiter Stelle steht die Binnenschiffahrt, an erster Stelle die langen Fahrten der Seeschiffe. Die Wirkung auf die Volkswirtschaft durch die schlechte Ausnutzung der Transportmittel ist am besten aus dem Berichte des "Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberamtsbezirk Dortmund" vom Jahre 1908 ersichtlich.

Nach den Nachweisungen der deutschen Eisenbahnverwaltungen hat sich die von jedem Güterwagen im Jahre durchlaufene Kilometerzahl im Jahre 1851 mit 14.890 km bis 1908 auf bloß 18.114 km gebessert. Seit dieser Zeit ist ein Stillstand eingetreten. Diese Umlaufstrecke setzt sich zusammen aus der gesamten von einem Wagen im Jahre durchgelaufenen Strecke, also Nutz- und Leerkilometer zusammengenommen. Die 18.114 km ergeben bei 300 Arbeitstagen eine tägliche Fahrlänge von 60 km. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 20 km/Std. errechnet sich demnach die tägliche Fahrzeit, u. zw. Nutz- und Lehrkilometer zusammen, mit 3 Stunden, die Stehzeit mit 21 Stunden. Die 1908 im westfälischen Kohlenrevier im Verkehr gestandenen 230.000 Kohlenwagen sind demnach 690.000 Stunden gelaufen und 4,830.000 Stunden gestanden. Wenn das Verhältnis von 21 : 3 nur auf 19 : 5 gebracht worden wäre, dann hätte eine Ersparnis von 460.000 Stehstunden erzielt werden können, was gleichbedeutend ist mit einer Wagenvermehrung von 460.000 : 19 = 24.211 Wagen. Die Kosten eines Wagens betrugen damals M. 3000, so daß durch die geringe Vermehrung der Umlaufzeit M. 70,000.000 hätten erspart werden können, wobei die Minderausgaben an Aufstellungsgleisen, Grunderwerb, Personal, Lokomotiven u. s. w. nicht berücksichtigt sind. Der größte Teil dieser Stehzeit entfällt nachgewiesenermaßen auf den Aufenthalt auf den Belade- und Entladestationen, der geringere Teil auf den Verschubdienst.


Im Seeschiffverkehr ist das Verhältnis der Umladekosten zu den Transportkosten größtenteils infolge der längeren Transportwege geringer.

In den vorstehend angeführten Zahlen ist der Einfluß der für die Umschlagsarbeit aufgewendeten Zeit nicht berücksichtigt. Und gerade dieses Moment ist in weitaus überwiegendem Maß ausschlaggebend in Hinsicht auf die gesamten Transportspesen. Die durch die raschere Zirkulation der Transportmittel erzielten Werte setzen sich zusammen:

a) aus den unmittelbaren Frachtermäßigungen, die in der Trampschiffahrt für Verkürzungen der an den Hafenplätzen gesetzlich festgesetzten Entlade- und Beladezeiten vereinbarungsgemäß gewährt werden, sowie den Ermäßigungen an den gesetzlichen Liegegeldern;

b) aus den infolge Verkürzung der Liegezeit ersparten Tilgungs-, Personal- und Erhaltungskosten;

c) aus den gewonnenen Dampferbetriebsstunden – in der Binnenschiffahrt auch Warenboot (Schleppschiff) – bei den Güterwagen Wagenbetriebsstunden.

In fast allen Häfen ist die Löschungsfrist, allerdings vielfach ohne besondere Begünstigungen für Verkürzung, normenmäßig festgelegt. In den deutschen Binnenhäfen ist sie nach dem „Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 15. Juni 1895“, geregelt. Für Überschreitung der vorgeschriebenen Löschungsfristen sind erhöhte Liegegelder vorgesehen. Hingegen ermäßigen sich die Frachtsätze in der freien Schiffahrt – namentlich am Rhein und auf der Elbe – bis zu 25%, wenn die Löschfrist 1/2 oder 1/4 der Zeit der im betreffenden Hafen normierten Löschfrist beträgt. Die Ermäßigung ist abhängig von Angebot und Nachfrage, vom Wasserstand – wenn infolge Niederwasser das Schiff nicht ausgenutzt werden kann und daher Frachtraummangel eintritt – und von den Hafenbestimmungen.

Die Liegegelder werden meistens nach Tonne und Tag berechnet, jedoch auch nach der Art der Schleppe oder Dampfer oder Segelschiffe und nach der Größe. Bei Flußschiffen ermäßigen sich die Liegegelder mit der zunehmenden Größe. In den Wintermonaten sind die Liegezeiten größer als in den Sommermonaten. Viele Häfen haben überhaupt keine Liegezeiten vorgeschrieben. Eine gesetzliche Festlegung der Überliegegelder besteht meistens nicht. Vielfach wird der Umschlagbetrieb von der betreffenden Hafenverwaltung an Unternehmer übertragen, die sodann, insbesondere in der freien Schiffahrt, mit den Verfrächtern spezielle Vereinbarungen treffen. Nebst der Frachtermäßigung werden oft Entladeprämien – „Dispache-money“ – gewährt, die häufig die Hälfte des vereinbarten Überliegegeldes betragen. Alle diese Bestimmungen und Verträge beziehen sich nur auf die freie Schiffahrt. Die von seite der Hafenbehörden eingeführte gesetzliche nach oben begrenzte Löschfrist tritt hinsichtlich der Verkürzung der Löschfrist praktisch nicht in Erscheinung, da sie immer zu weit bemessen ist. Die vorstehenden Ausführungen gelten hauptsächlich für die deutschen See- und Binnenhäfen. Bei der Donauschiffahrt liegen die Verhältnisse ganz anders. Hier werden die Frachtspesen deshalb in den meisten Fällen einschließlich der Umschlagsspesen erstellt, weil die Umschlagsplätze entweder Eigentum der Reeder sind oder durch diese von den Besitzern – meistenteils der betreffende Uferstaat oder die Gemeindeverwaltung – gepachtet sind. Alle Umschlagseinrichtungen sind Eigentum des betreffenden Schiffahrtsunternehmens. Eine Ausnahme bildet bloß der Luitpoldhafen in Regensburg, der nach deutschem Muster sich im städtischen Betrieb befindet. Während also in Deutschland, größtenteils auch in den anderen Industrieländern, das Frachtgeschäft von der Güterumladung vollkommen getrennt ist, bildet der Frachtsatz im Donauverkehr ein einheitliches Ganzes, in welchem die Umladespesen inbegriffen sind. Eine Verkürzung der Belade- und Entladezeiten, die für jede Gattung von Gütern und bei jedem Frachtabschluß besonders vereinbart wird, kann daher auch in Frachtermäßigungen und Löschfristprämien nicht in Erscheinung treten. Diese werden auch nicht gewährt, wenn die Beladung und Entladung der Partei übertragen wird. Hingegen werden für Ladefristüberschreitungen Liegegelder, deren Höhe sich nach der Geschäftslage richtet, eingehoben.

Der Begriff „Wirkungsgrad“ auf das Transportwesen angewendet besagt, daß das Verhältnis zwischen der Zeit des unproduktiven Stillstands der Transportmittel und der eigentlichen Umlaufzeit auf das möglichst geringe Maß herabgedrückt werden soll.

Im U. nehmen den größten Teil des die Wirtschaftlichkeit herabdrückenden Stillstandes die Entlade- und Belade- und die Wartezeiten in Anspruch. Der Wirkungsgrad wird um so besser sein, je größeres Tragvermögen die Einheiten besitzen, je länger die Transportstrecken sind und je rascher die Umschlagsarbeit auf den Umschlagsplätzen vor sich geht. Demgemäß ist der Wirkungsgrad bei den Bahnen am schlechtesten, an zweiter Stelle steht die Binnenschiffahrt, an erster Stelle die langen Fahrten der Seeschiffe. Die Wirkung auf die Volkswirtschaft durch die schlechte Ausnutzung der Transportmittel ist am besten aus dem Berichte des „Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberamtsbezirk Dortmund“ vom Jahre 1908 ersichtlich.

Nach den Nachweisungen der deutschen Eisenbahnverwaltungen hat sich die von jedem Güterwagen im Jahre durchlaufene Kilometerzahl im Jahre 1851 mit 14.890 km bis 1908 auf bloß 18.114 km gebessert. Seit dieser Zeit ist ein Stillstand eingetreten. Diese Umlaufstrecke setzt sich zusammen aus der gesamten von einem Wagen im Jahre durchgelaufenen Strecke, also Nutz- und Leerkilometer zusammengenommen. Die 18.114 km ergeben bei 300 Arbeitstagen eine tägliche Fahrlänge von 60 km. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 20 km/Std. errechnet sich demnach die tägliche Fahrzeit, u. zw. Nutz- und Lehrkilometer zusammen, mit 3 Stunden, die Stehzeit mit 21 Stunden. Die 1908 im westfälischen Kohlenrevier im Verkehr gestandenen 230.000 Kohlenwagen sind demnach 690.000 Stunden gelaufen und 4,830.000 Stunden gestanden. Wenn das Verhältnis von 21 : 3 nur auf 19 : 5 gebracht worden wäre, dann hätte eine Ersparnis von 460.000 Stehstunden erzielt werden können, was gleichbedeutend ist mit einer Wagenvermehrung von 460.000 : 19 = 24.211 Wagen. Die Kosten eines Wagens betrugen damals M. 3000, so daß durch die geringe Vermehrung der Umlaufzeit M. 70,000.000 hätten erspart werden können, wobei die Minderausgaben an Aufstellungsgleisen, Grunderwerb, Personal, Lokomotiven u. s. w. nicht berücksichtigt sind. Der größte Teil dieser Stehzeit entfällt nachgewiesenermaßen auf den Aufenthalt auf den Belade- und Entladestationen, der geringere Teil auf den Verschubdienst.


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[28/0040] Im Seeschiffverkehr ist das Verhältnis der Umladekosten zu den Transportkosten größtenteils infolge der längeren Transportwege geringer. In den vorstehend angeführten Zahlen ist der Einfluß der für die Umschlagsarbeit aufgewendeten Zeit nicht berücksichtigt. Und gerade dieses Moment ist in weitaus überwiegendem Maß ausschlaggebend in Hinsicht auf die gesamten Transportspesen. Die durch die raschere Zirkulation der Transportmittel erzielten Werte setzen sich zusammen: a) aus den unmittelbaren Frachtermäßigungen, die in der Trampschiffahrt für Verkürzungen der an den Hafenplätzen gesetzlich festgesetzten Entlade- und Beladezeiten vereinbarungsgemäß gewährt werden, sowie den Ermäßigungen an den gesetzlichen Liegegeldern; b) aus den infolge Verkürzung der Liegezeit ersparten Tilgungs-, Personal- und Erhaltungskosten; c) aus den gewonnenen Dampferbetriebsstunden – in der Binnenschiffahrt auch Warenboot (Schleppschiff) – bei den Güterwagen Wagenbetriebsstunden. In fast allen Häfen ist die Löschungsfrist, allerdings vielfach ohne besondere Begünstigungen für Verkürzung, normenmäßig festgelegt. In den deutschen Binnenhäfen ist sie nach dem „Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 15. Juni 1895“, geregelt. Für Überschreitung der vorgeschriebenen Löschungsfristen sind erhöhte Liegegelder vorgesehen. Hingegen ermäßigen sich die Frachtsätze in der freien Schiffahrt – namentlich am Rhein und auf der Elbe – bis zu 25%, wenn die Löschfrist 1/2 oder 1/4 der Zeit der im betreffenden Hafen normierten Löschfrist beträgt. Die Ermäßigung ist abhängig von Angebot und Nachfrage, vom Wasserstand – wenn infolge Niederwasser das Schiff nicht ausgenutzt werden kann und daher Frachtraummangel eintritt – und von den Hafenbestimmungen. Die Liegegelder werden meistens nach Tonne und Tag berechnet, jedoch auch nach der Art der Schleppe oder Dampfer oder Segelschiffe und nach der Größe. Bei Flußschiffen ermäßigen sich die Liegegelder mit der zunehmenden Größe. In den Wintermonaten sind die Liegezeiten größer als in den Sommermonaten. Viele Häfen haben überhaupt keine Liegezeiten vorgeschrieben. Eine gesetzliche Festlegung der Überliegegelder besteht meistens nicht. Vielfach wird der Umschlagbetrieb von der betreffenden Hafenverwaltung an Unternehmer übertragen, die sodann, insbesondere in der freien Schiffahrt, mit den Verfrächtern spezielle Vereinbarungen treffen. Nebst der Frachtermäßigung werden oft Entladeprämien – „Dispache-money“ – gewährt, die häufig die Hälfte des vereinbarten Überliegegeldes betragen. Alle diese Bestimmungen und Verträge beziehen sich nur auf die freie Schiffahrt. Die von seite der Hafenbehörden eingeführte gesetzliche nach oben begrenzte Löschfrist tritt hinsichtlich der Verkürzung der Löschfrist praktisch nicht in Erscheinung, da sie immer zu weit bemessen ist. Die vorstehenden Ausführungen gelten hauptsächlich für die deutschen See- und Binnenhäfen. Bei der Donauschiffahrt liegen die Verhältnisse ganz anders. Hier werden die Frachtspesen deshalb in den meisten Fällen einschließlich der Umschlagsspesen erstellt, weil die Umschlagsplätze entweder Eigentum der Reeder sind oder durch diese von den Besitzern – meistenteils der betreffende Uferstaat oder die Gemeindeverwaltung – gepachtet sind. Alle Umschlagseinrichtungen sind Eigentum des betreffenden Schiffahrtsunternehmens. Eine Ausnahme bildet bloß der Luitpoldhafen in Regensburg, der nach deutschem Muster sich im städtischen Betrieb befindet. Während also in Deutschland, größtenteils auch in den anderen Industrieländern, das Frachtgeschäft von der Güterumladung vollkommen getrennt ist, bildet der Frachtsatz im Donauverkehr ein einheitliches Ganzes, in welchem die Umladespesen inbegriffen sind. Eine Verkürzung der Belade- und Entladezeiten, die für jede Gattung von Gütern und bei jedem Frachtabschluß besonders vereinbart wird, kann daher auch in Frachtermäßigungen und Löschfristprämien nicht in Erscheinung treten. Diese werden auch nicht gewährt, wenn die Beladung und Entladung der Partei übertragen wird. Hingegen werden für Ladefristüberschreitungen Liegegelder, deren Höhe sich nach der Geschäftslage richtet, eingehoben. Der Begriff „Wirkungsgrad“ auf das Transportwesen angewendet besagt, daß das Verhältnis zwischen der Zeit des unproduktiven Stillstands der Transportmittel und der eigentlichen Umlaufzeit auf das möglichst geringe Maß herabgedrückt werden soll. Im U. nehmen den größten Teil des die Wirtschaftlichkeit herabdrückenden Stillstandes die Entlade- und Belade- und die Wartezeiten in Anspruch. Der Wirkungsgrad wird um so besser sein, je größeres Tragvermögen die Einheiten besitzen, je länger die Transportstrecken sind und je rascher die Umschlagsarbeit auf den Umschlagsplätzen vor sich geht. Demgemäß ist der Wirkungsgrad bei den Bahnen am schlechtesten, an zweiter Stelle steht die Binnenschiffahrt, an erster Stelle die langen Fahrten der Seeschiffe. Die Wirkung auf die Volkswirtschaft durch die schlechte Ausnutzung der Transportmittel ist am besten aus dem Berichte des „Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberamtsbezirk Dortmund“ vom Jahre 1908 ersichtlich. Nach den Nachweisungen der deutschen Eisenbahnverwaltungen hat sich die von jedem Güterwagen im Jahre durchlaufene Kilometerzahl im Jahre 1851 mit 14.890 km bis 1908 auf bloß 18.114 km gebessert. Seit dieser Zeit ist ein Stillstand eingetreten. Diese Umlaufstrecke setzt sich zusammen aus der gesamten von einem Wagen im Jahre durchgelaufenen Strecke, also Nutz- und Leerkilometer zusammengenommen. Die 18.114 km ergeben bei 300 Arbeitstagen eine tägliche Fahrlänge von 60 km. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 20 km/Std. errechnet sich demnach die tägliche Fahrzeit, u. zw. Nutz- und Lehrkilometer zusammen, mit 3 Stunden, die Stehzeit mit 21 Stunden. Die 1908 im westfälischen Kohlenrevier im Verkehr gestandenen 230.000 Kohlenwagen sind demnach 690.000 Stunden gelaufen und 4,830.000 Stunden gestanden. Wenn das Verhältnis von 21 : 3 nur auf 19 : 5 gebracht worden wäre, dann hätte eine Ersparnis von 460.000 Stehstunden erzielt werden können, was gleichbedeutend ist mit einer Wagenvermehrung von 460.000 : 19 = 24.211 Wagen. Die Kosten eines Wagens betrugen damals M. 3000, so daß durch die geringe Vermehrung der Umlaufzeit M. 70,000.000 hätten erspart werden können, wobei die Minderausgaben an Aufstellungsgleisen, Grunderwerb, Personal, Lokomotiven u. s. w. nicht berücksichtigt sind. Der größte Teil dieser Stehzeit entfällt nachgewiesenermaßen auf den Aufenthalt auf den Belade- und Entladestationen, der geringere Teil auf den Verschubdienst.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/40>, abgerufen am 03.12.2024.