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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923.

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Gewaltige Fortschritte wurden erzielt, als 1879 v. Borries sich für die Einführung der V. bei den preußischen Staatsbahnen einsetzte und selbst zahlreiche Verbesserungen vorschlug. Die erste V. der preußischen Staatsbahnen wurde 1880 von Schichau in Elbing gebaut. Bald folgten weitere Ausführungen, v. Borries verbesserte hauptsächlich die Anfahrvorrichtungen und schuf auch die theoretischen Grundlagen für eine zweckmäßige Berechnung der Zylinderabmessungen und der Steuerungen. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz folgt nun eine rasche Entwicklung und Verbreitung der V., wobei zunächst die zweizylindrigen Bauarten vorgezogen werden. Die preußischen, sächsischen, badischen, württembergischen und bayerischen Staatsbahnen führten in den nächsten Jahren starke Personen- und Güterzuglokomotiven nach z. T. durchaus neuen Bauarten mit Verbundwirkung aus. Im Jahre 1890 waren in Deutschland bereits 430 V. vorhanden. In Frankreich war die Entwicklung der V. nicht so rasch vorgeschritten. Erst im Jahre 1885 hatte De Glehn auf der Nordbahn eine vierzylindrige V. nach seinem Entwurf in den Dienst gestellt, die dann weiter entwickelt eine sehr brauchbare, bis heute beibehaltene Ausführungsform ergab. An der Entwicklung dieser Bauart hat besonders die Elsässische Maschinenfabrik mitgewirkt. In England hatte im Jahre 1879 Webb auf der London- und Nordwestbahn mit dem Bau von V. begonnen. Eine dreizylindrige Bauart mit 2 Hochdruckzylindern und einem Niederdruckzylinder, die je eine besondere, ungekuppelte Achse antrieben, wurde 1882 geschaffen, hatte jedoch durch ihre Eigenheiten keine Aussichten auf Erfolg. Eine ähnliche Bauart, an der die Achsen jedoch gekuppelt waren, konnte sich länger behaupten. Um das Jahr 1893 schuf Webb auch eine vierzylindrige V., die bessere Erfolge erzielte. Nach seinem Rücktritt wurden die dreizylindrigen V. der älteren Bauart bald wieder in Zwillinglokomotiven umgebaut, während die vierzylindrigen V. z. T. noch gegenwärtig in Verwendung stehen. Neue V. wurden jedoch auf der London- und Nordwestbahn nicht ausgeführt. Thomas W. Worsdell baute 1885 für die Great-Eastern Eisenbahn eine zweizylindrige Verbund-Schnellzuglokomotive mit seinem Anfahrventil. Als er 1890 als erster Maschineningenieur zur North-Eastern-Eisenbahn übertrat, hatte er dort Gelegenheit, die Verbundwirkung an 6 neuen Lokomotivbauarten anzuwenden. Walter M. Smith trat 1898 mit einer neuen dreizylindrigen Bauart hervor, die einen Hoch- und zwei Niederdruckzylinder besaß und deren Kurbeln unter 120° versetzt waren. Sie wurde auf der North-Eastern- und auf der Midland-Eisenbahn eingeführt und ergab in jeder Hinsicht gute Ergebnisse. Auch vierzylindrige Bauarten wurden von den meisten englischen Eisenbahnen mit mehr oder weniger Erfolg erprobt. Eine allgemeine Einführung fand jedoch nicht statt, weil bei den geringen Kosten der englischen Lokomotivkohle vor dem Krieg (1913 7 Schilling f. d. t) die durch die V. erlangten Ersparnisse nicht ausschlaggebend genug erschienen, einige unvermeidliche Schwierigkeiten der V. in den Kauf zu nehmen. Ähnlich war das Schicksal der V. in Nordamerika. Zunächst stellte sich um das Jahr 1890 ein besonderes Interesse für die zweizylindrige V. ein. Bei dem starken Anwachsen der Zugkraft der nordamerikanischen Lokomotiven ergaben sich jedoch bald Schwierigkeiten für die Unterbringung des Niederdruckzylinders. Es wurde daher bald eine vierzylindrige Anordnung mit Hoch- und Niederdruckzylinder übereinander bevorzugt, die von Vauclain herrührt. Die gleichläufigen Kolben einer Lokomotivseite sind mit ihren Kolbenstangen an einem gemeinsamen Kreuzkopf befestigt. Das Schubkurbelgetriebe ist gleicher Bauart wie an einer Zwillinglokomotive. Diese Bauart von Vauclain ist einfach und läßt die Unterbringung großer Leistungen zu. Sie war in Nordamerika bis zur Einführung des Heißdampfes ziemlich stark verbreitet. Die Anordnung der beiden Dampfzylinder hintereinander, so daß die Kolben auf einer gemeinsamen Kolbenstange sitzen, war zuvor auch schon in Europa mehrfach versucht worden. Diese Tandem-Verbundlokomotiven wurden in Nordamerika ebenfalls vereinzelt ausgeführt. Vierzylindrige V. mit 4 getrennten Triebwerken nach den Bauarten Strong, Vauclain und Cole wurden in Nordamerika zwar ziemlich vollkommen ausgebildet, sie kamen aber im größeren Umfang nicht zur Ausführung. Die Vorliebe für einfache, gut zugängliche Bauarten und die niedrigen Brennstoff kosten war der Einführung der V. nicht günstig. Gegenwärtig ist die Verbundwirkung in Nordamerika nahezu nur auf die großen Gebirgslokomotiven der Bauart Mallet beschränkt. In Europa hat die Einführung hoch überhitzten Dampfes die V. ebenfalls vielfach verdrängt. Trotz der Einführung des Heißdampfes ist man aber in Frankreich, Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz größtenteils bei der Verbundwirkung geblieben. Der Grund hierfür ist, daß die V. in diesen Ländern schon vor Einführung hoch überhitzten Dampfes sehr gut ausgebildet und beliebt war. Auch sind in den angeführten Ländern die Brennstoff kosten verhältnismäßig hoch, so daß eine möglichste

Gewaltige Fortschritte wurden erzielt, als 1879 v. Borries sich für die Einführung der V. bei den preußischen Staatsbahnen einsetzte und selbst zahlreiche Verbesserungen vorschlug. Die erste V. der preußischen Staatsbahnen wurde 1880 von Schichau in Elbing gebaut. Bald folgten weitere Ausführungen, v. Borries verbesserte hauptsächlich die Anfahrvorrichtungen und schuf auch die theoretischen Grundlagen für eine zweckmäßige Berechnung der Zylinderabmessungen und der Steuerungen. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz folgt nun eine rasche Entwicklung und Verbreitung der V., wobei zunächst die zweizylindrigen Bauarten vorgezogen werden. Die preußischen, sächsischen, badischen, württembergischen und bayerischen Staatsbahnen führten in den nächsten Jahren starke Personen- und Güterzuglokomotiven nach z. T. durchaus neuen Bauarten mit Verbundwirkung aus. Im Jahre 1890 waren in Deutschland bereits 430 V. vorhanden. In Frankreich war die Entwicklung der V. nicht so rasch vorgeschritten. Erst im Jahre 1885 hatte De Glehn auf der Nordbahn eine vierzylindrige V. nach seinem Entwurf in den Dienst gestellt, die dann weiter entwickelt eine sehr brauchbare, bis heute beibehaltene Ausführungsform ergab. An der Entwicklung dieser Bauart hat besonders die Elsässische Maschinenfabrik mitgewirkt. In England hatte im Jahre 1879 Webb auf der London- und Nordwestbahn mit dem Bau von V. begonnen. Eine dreizylindrige Bauart mit 2 Hochdruckzylindern und einem Niederdruckzylinder, die je eine besondere, ungekuppelte Achse antrieben, wurde 1882 geschaffen, hatte jedoch durch ihre Eigenheiten keine Aussichten auf Erfolg. Eine ähnliche Bauart, an der die Achsen jedoch gekuppelt waren, konnte sich länger behaupten. Um das Jahr 1893 schuf Webb auch eine vierzylindrige V., die bessere Erfolge erzielte. Nach seinem Rücktritt wurden die dreizylindrigen V. der älteren Bauart bald wieder in Zwillinglokomotiven umgebaut, während die vierzylindrigen V. z. T. noch gegenwärtig in Verwendung stehen. Neue V. wurden jedoch auf der London- und Nordwestbahn nicht ausgeführt. Thomas W. Worsdell baute 1885 für die Great-Eastern Eisenbahn eine zweizylindrige Verbund-Schnellzuglokomotive mit seinem Anfahrventil. Als er 1890 als erster Maschineningenieur zur North-Eastern-Eisenbahn übertrat, hatte er dort Gelegenheit, die Verbundwirkung an 6 neuen Lokomotivbauarten anzuwenden. Walter M. Smith trat 1898 mit einer neuen dreizylindrigen Bauart hervor, die einen Hoch- und zwei Niederdruckzylinder besaß und deren Kurbeln unter 120° versetzt waren. Sie wurde auf der North-Eastern- und auf der Midland-Eisenbahn eingeführt und ergab in jeder Hinsicht gute Ergebnisse. Auch vierzylindrige Bauarten wurden von den meisten englischen Eisenbahnen mit mehr oder weniger Erfolg erprobt. Eine allgemeine Einführung fand jedoch nicht statt, weil bei den geringen Kosten der englischen Lokomotivkohle vor dem Krieg (1913 7 Schilling f. d. t) die durch die V. erlangten Ersparnisse nicht ausschlaggebend genug erschienen, einige unvermeidliche Schwierigkeiten der V. in den Kauf zu nehmen. Ähnlich war das Schicksal der V. in Nordamerika. Zunächst stellte sich um das Jahr 1890 ein besonderes Interesse für die zweizylindrige V. ein. Bei dem starken Anwachsen der Zugkraft der nordamerikanischen Lokomotiven ergaben sich jedoch bald Schwierigkeiten für die Unterbringung des Niederdruckzylinders. Es wurde daher bald eine vierzylindrige Anordnung mit Hoch- und Niederdruckzylinder übereinander bevorzugt, die von Vauclain herrührt. Die gleichläufigen Kolben einer Lokomotivseite sind mit ihren Kolbenstangen an einem gemeinsamen Kreuzkopf befestigt. Das Schubkurbelgetriebe ist gleicher Bauart wie an einer Zwillinglokomotive. Diese Bauart von Vauclain ist einfach und läßt die Unterbringung großer Leistungen zu. Sie war in Nordamerika bis zur Einführung des Heißdampfes ziemlich stark verbreitet. Die Anordnung der beiden Dampfzylinder hintereinander, so daß die Kolben auf einer gemeinsamen Kolbenstange sitzen, war zuvor auch schon in Europa mehrfach versucht worden. Diese Tandem-Verbundlokomotiven wurden in Nordamerika ebenfalls vereinzelt ausgeführt. Vierzylindrige V. mit 4 getrennten Triebwerken nach den Bauarten Strong, Vauclain und Cole wurden in Nordamerika zwar ziemlich vollkommen ausgebildet, sie kamen aber im größeren Umfang nicht zur Ausführung. Die Vorliebe für einfache, gut zugängliche Bauarten und die niedrigen Brennstoff kosten war der Einführung der V. nicht günstig. Gegenwärtig ist die Verbundwirkung in Nordamerika nahezu nur auf die großen Gebirgslokomotiven der Bauart Mallet beschränkt. In Europa hat die Einführung hoch überhitzten Dampfes die V. ebenfalls vielfach verdrängt. Trotz der Einführung des Heißdampfes ist man aber in Frankreich, Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz größtenteils bei der Verbundwirkung geblieben. Der Grund hierfür ist, daß die V. in diesen Ländern schon vor Einführung hoch überhitzten Dampfes sehr gut ausgebildet und beliebt war. Auch sind in den angeführten Ländern die Brennstoff kosten verhältnismäßig hoch, so daß eine möglichste

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Im Jahre 1890 waren in Deutschland bereits 430 V. vorhanden. In Frankreich war die Entwicklung der V. nicht so rasch vorgeschritten. Erst im Jahre 1885 hatte <hi rendition="#g">De Glehn</hi> auf der Nordbahn eine vierzylindrige V. nach seinem Entwurf in den Dienst gestellt, die dann weiter entwickelt eine sehr brauchbare, bis heute beibehaltene Ausführungsform ergab. An der Entwicklung dieser Bauart hat besonders die Elsässische Maschinenfabrik mitgewirkt. In England hatte im Jahre 1879 <hi rendition="#g">Webb</hi> auf der London- und Nordwestbahn mit dem Bau von V. begonnen. Eine dreizylindrige Bauart mit 2 Hochdruckzylindern und einem Niederdruckzylinder, die je eine besondere, ungekuppelte Achse antrieben, wurde 1882 geschaffen, hatte jedoch durch ihre Eigenheiten keine Aussichten auf Erfolg. Eine ähnliche Bauart, an der die Achsen jedoch gekuppelt waren, konnte sich länger behaupten. Um das Jahr 1893 schuf <hi rendition="#g">Webb</hi> auch eine vierzylindrige V., die bessere Erfolge erzielte. Nach seinem Rücktritt wurden die dreizylindrigen V. der älteren Bauart bald wieder in Zwillinglokomotiven umgebaut, während die vierzylindrigen V. z. T. noch gegenwärtig in Verwendung stehen. Neue V. wurden jedoch auf der London- und Nordwestbahn nicht ausgeführt. <hi rendition="#g">Thomas W. Worsdell</hi> baute 1885 für die Great-Eastern Eisenbahn eine zweizylindrige Verbund-Schnellzuglokomotive mit seinem Anfahrventil. Als er 1890 als erster Maschineningenieur zur North-Eastern-Eisenbahn übertrat, hatte er dort Gelegenheit, die Verbundwirkung an 6 neuen Lokomotivbauarten anzuwenden. <hi rendition="#g">Walter M. Smith</hi> trat 1898 mit einer neuen dreizylindrigen Bauart hervor, die einen Hoch- und zwei Niederdruckzylinder besaß und deren Kurbeln unter 120° versetzt waren. Sie wurde auf der North-Eastern- und auf der Midland-Eisenbahn eingeführt und ergab in jeder Hinsicht gute Ergebnisse. Auch vierzylindrige Bauarten wurden von den meisten englischen Eisenbahnen mit mehr oder weniger Erfolg erprobt. Eine allgemeine Einführung fand jedoch nicht statt, weil bei den geringen Kosten der englischen Lokomotivkohle vor dem Krieg (1913 7 Schilling f. d. <hi rendition="#i">t</hi>) die durch die V. erlangten Ersparnisse nicht ausschlaggebend genug erschienen, einige unvermeidliche Schwierigkeiten der V. in den Kauf zu nehmen. Ähnlich war das Schicksal der V. in Nordamerika. Zunächst stellte sich um das Jahr 1890 ein besonderes Interesse für die zweizylindrige V. ein. Bei dem starken Anwachsen der Zugkraft der nordamerikanischen Lokomotiven ergaben sich jedoch bald Schwierigkeiten für die Unterbringung des Niederdruckzylinders. Es wurde daher bald eine vierzylindrige Anordnung mit Hoch- und Niederdruckzylinder übereinander bevorzugt, die von <hi rendition="#g">Vauclain</hi> herrührt. Die gleichläufigen Kolben einer Lokomotivseite sind mit ihren Kolbenstangen an einem gemeinsamen Kreuzkopf befestigt. Das Schubkurbelgetriebe ist gleicher Bauart wie an einer Zwillinglokomotive. Diese Bauart von <hi rendition="#g">Vauclain</hi> ist einfach und läßt die Unterbringung großer Leistungen zu. Sie war in Nordamerika bis zur Einführung des Heißdampfes ziemlich stark verbreitet. Die Anordnung der beiden Dampfzylinder hintereinander, so daß die Kolben auf einer gemeinsamen Kolbenstange sitzen, war zuvor auch schon in Europa mehrfach versucht worden. Diese Tandem-Verbundlokomotiven wurden in Nordamerika ebenfalls vereinzelt ausgeführt. Vierzylindrige V. mit 4 getrennten Triebwerken nach den Bauarten <hi rendition="#g">Strong, Vauclain</hi> und <hi rendition="#g">Cole</hi> wurden in Nordamerika zwar ziemlich vollkommen ausgebildet, sie kamen aber im größeren Umfang nicht zur Ausführung. Die Vorliebe für einfache, gut zugängliche Bauarten und die niedrigen Brennstoff kosten war der Einführung der V. nicht günstig. Gegenwärtig ist die Verbundwirkung in Nordamerika nahezu nur auf die großen Gebirgslokomotiven der Bauart <hi rendition="#g">Mallet</hi> beschränkt. In Europa hat die Einführung hoch überhitzten Dampfes die V. ebenfalls vielfach verdrängt. Trotz der Einführung des Heißdampfes ist man aber in Frankreich, Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz größtenteils bei der Verbundwirkung geblieben. Der Grund hierfür ist, daß die V. in diesen Ländern schon vor Einführung hoch überhitzten Dampfes sehr gut ausgebildet und beliebt war. 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[83/0096] Gewaltige Fortschritte wurden erzielt, als 1879 v. Borries sich für die Einführung der V. bei den preußischen Staatsbahnen einsetzte und selbst zahlreiche Verbesserungen vorschlug. Die erste V. der preußischen Staatsbahnen wurde 1880 von Schichau in Elbing gebaut. Bald folgten weitere Ausführungen, v. Borries verbesserte hauptsächlich die Anfahrvorrichtungen und schuf auch die theoretischen Grundlagen für eine zweckmäßige Berechnung der Zylinderabmessungen und der Steuerungen. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz folgt nun eine rasche Entwicklung und Verbreitung der V., wobei zunächst die zweizylindrigen Bauarten vorgezogen werden. Die preußischen, sächsischen, badischen, württembergischen und bayerischen Staatsbahnen führten in den nächsten Jahren starke Personen- und Güterzuglokomotiven nach z. T. durchaus neuen Bauarten mit Verbundwirkung aus. Im Jahre 1890 waren in Deutschland bereits 430 V. vorhanden. In Frankreich war die Entwicklung der V. nicht so rasch vorgeschritten. Erst im Jahre 1885 hatte De Glehn auf der Nordbahn eine vierzylindrige V. nach seinem Entwurf in den Dienst gestellt, die dann weiter entwickelt eine sehr brauchbare, bis heute beibehaltene Ausführungsform ergab. An der Entwicklung dieser Bauart hat besonders die Elsässische Maschinenfabrik mitgewirkt. In England hatte im Jahre 1879 Webb auf der London- und Nordwestbahn mit dem Bau von V. begonnen. Eine dreizylindrige Bauart mit 2 Hochdruckzylindern und einem Niederdruckzylinder, die je eine besondere, ungekuppelte Achse antrieben, wurde 1882 geschaffen, hatte jedoch durch ihre Eigenheiten keine Aussichten auf Erfolg. Eine ähnliche Bauart, an der die Achsen jedoch gekuppelt waren, konnte sich länger behaupten. Um das Jahr 1893 schuf Webb auch eine vierzylindrige V., die bessere Erfolge erzielte. Nach seinem Rücktritt wurden die dreizylindrigen V. der älteren Bauart bald wieder in Zwillinglokomotiven umgebaut, während die vierzylindrigen V. z. T. noch gegenwärtig in Verwendung stehen. Neue V. wurden jedoch auf der London- und Nordwestbahn nicht ausgeführt. Thomas W. Worsdell baute 1885 für die Great-Eastern Eisenbahn eine zweizylindrige Verbund-Schnellzuglokomotive mit seinem Anfahrventil. Als er 1890 als erster Maschineningenieur zur North-Eastern-Eisenbahn übertrat, hatte er dort Gelegenheit, die Verbundwirkung an 6 neuen Lokomotivbauarten anzuwenden. Walter M. Smith trat 1898 mit einer neuen dreizylindrigen Bauart hervor, die einen Hoch- und zwei Niederdruckzylinder besaß und deren Kurbeln unter 120° versetzt waren. Sie wurde auf der North-Eastern- und auf der Midland-Eisenbahn eingeführt und ergab in jeder Hinsicht gute Ergebnisse. Auch vierzylindrige Bauarten wurden von den meisten englischen Eisenbahnen mit mehr oder weniger Erfolg erprobt. Eine allgemeine Einführung fand jedoch nicht statt, weil bei den geringen Kosten der englischen Lokomotivkohle vor dem Krieg (1913 7 Schilling f. d. t) die durch die V. erlangten Ersparnisse nicht ausschlaggebend genug erschienen, einige unvermeidliche Schwierigkeiten der V. in den Kauf zu nehmen. Ähnlich war das Schicksal der V. in Nordamerika. Zunächst stellte sich um das Jahr 1890 ein besonderes Interesse für die zweizylindrige V. ein. Bei dem starken Anwachsen der Zugkraft der nordamerikanischen Lokomotiven ergaben sich jedoch bald Schwierigkeiten für die Unterbringung des Niederdruckzylinders. Es wurde daher bald eine vierzylindrige Anordnung mit Hoch- und Niederdruckzylinder übereinander bevorzugt, die von Vauclain herrührt. Die gleichläufigen Kolben einer Lokomotivseite sind mit ihren Kolbenstangen an einem gemeinsamen Kreuzkopf befestigt. Das Schubkurbelgetriebe ist gleicher Bauart wie an einer Zwillinglokomotive. Diese Bauart von Vauclain ist einfach und läßt die Unterbringung großer Leistungen zu. Sie war in Nordamerika bis zur Einführung des Heißdampfes ziemlich stark verbreitet. Die Anordnung der beiden Dampfzylinder hintereinander, so daß die Kolben auf einer gemeinsamen Kolbenstange sitzen, war zuvor auch schon in Europa mehrfach versucht worden. Diese Tandem-Verbundlokomotiven wurden in Nordamerika ebenfalls vereinzelt ausgeführt. Vierzylindrige V. mit 4 getrennten Triebwerken nach den Bauarten Strong, Vauclain und Cole wurden in Nordamerika zwar ziemlich vollkommen ausgebildet, sie kamen aber im größeren Umfang nicht zur Ausführung. Die Vorliebe für einfache, gut zugängliche Bauarten und die niedrigen Brennstoff kosten war der Einführung der V. nicht günstig. Gegenwärtig ist die Verbundwirkung in Nordamerika nahezu nur auf die großen Gebirgslokomotiven der Bauart Mallet beschränkt. In Europa hat die Einführung hoch überhitzten Dampfes die V. ebenfalls vielfach verdrängt. Trotz der Einführung des Heißdampfes ist man aber in Frankreich, Süddeutschland, Österreich und in der Schweiz größtenteils bei der Verbundwirkung geblieben. Der Grund hierfür ist, daß die V. in diesen Ländern schon vor Einführung hoch überhitzten Dampfes sehr gut ausgebildet und beliebt war. Auch sind in den angeführten Ländern die Brennstoff kosten verhältnismäßig hoch, so daß eine möglichste

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 10. Berlin, Wien, 1923, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen10_1923/96>, abgerufen am 23.11.2024.