Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.Kraft und Gewandtheit, sein feuriges beredtes Wesen war er Am 1. Oct. 1752 ward der Reichstag eröffnet, auf welchem Denkschriften etc. Berlin 1840. IV, 146 mittheilt, Denkwürdigkeiten von
großem historischen Werthe hinterlassen haben. Da M. fast bis ans Ende der Republik in alle ihre Verhältnisse tief eingeweiht war, können seine Memoiren, falls er sie in der That geschrieben, allerdings von großem Werthe sein und ihre Auffindung und Veröffentlichung wäre höchst wün- schenswerth. Bis jetzt habe ich keine Spur als diese von ihnen gefunden. Kraft und Gewandtheit, ſein feuriges beredtes Weſen war er Am 1. Oct. 1752 ward der Reichstag eröffnet, auf welchem Denkſchriften ꝛc. Berlin 1840. IV, 146 mittheilt, Denkwürdigkeiten von
großem hiſtoriſchen Werthe hinterlaſſen haben. Da M. faſt bis ans Ende der Republik in alle ihre Verhältniſſe tief eingeweiht war, können ſeine Memoiren, falls er ſie in der That geſchrieben, allerdings von großem Werthe ſein und ihre Auffindung und Veröffentlichung wäre höchſt wün- ſchenswerth. Bis jetzt habe ich keine Spur als dieſe von ihnen gefunden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0104" n="90"/> Kraft und Gewandtheit, ſein feuriges beredtes Weſen war er<lb/> der Liebling der vornehmen Jugend, und auch die junge ſchöne<lb/> Frau des alten Branicki ſoll für die Liebe und Verehrung,<lb/> welche ihr Mokranowsky widmete, nicht unempfindlich geweſen<lb/> ſein. Mit ihm verſtändigte ſich daher Broglie wohl leicht und<lb/> raſch, und noch in Grodno erfolgte der erſte Schlag gegen die<lb/> Familie.</p><lb/> <p>Am 1. Oct. 1752 ward der Reichstag eröffnet, auf welchem<lb/> der junge Stanislaw Poniatowski, der ſpätere König, eben 20<lb/> Jahre alt, zum erſtenmale unter den Landboten erſchien.<lb/> Die erſten Tage wurden mit leerem Gerede zugebracht, ohne<lb/> daß es zur Wahl des Marſchalls kam. Der Grund war eine<lb/> Differenz zwiſchen Brühl und der „Familie“ über die Ver-<lb/> leihung des lithauiſchen Unterkanzleramts, welches durch die<lb/> Erhebung Michael Czartoryski’s zum Kanzler erledigt war.<lb/> Zwei Sapieha waren die Candidaten, um welche es ſich han-<lb/> delte. Der eine, der Schwiegerſohn des Kanzlers, ward von<lb/> der Familie, der andere, Woiwode von Mscislaw, von den<lb/> Potocki, Radzivil und ſelbſt Branicki unterſtützt. Brühl, be-<lb/> reits in der Stille der „Familie“ abgeneigt, deren Einfluß ihm<lb/> unbequem und läſtig geworden, dazu vom Hofmarſchall Mniszeck,<lb/> ſeit 1750 ſeinem Schwiegerſohn, berathen, der ihm die Ausſicht<lb/> zeigte durch die Bildung einer neuen Hofparthei ſich von der „Fa-<lb/> milie“ befreien zu können, neigte ſich auf die Seite ihrer Gegner.<lb/> Da that der Kanzler einen Schritt, der ihn perſönlich ſo wie das<lb/> ganze damalige Getriebe am Hofe characteriſirt. Er ſtellte Brühl<lb/> vor, daß dem Geſetz und Herkommen nach die Siegel nur im<lb/> Reichstage nach der Conſtituirung deſſelben durch die Wahl<lb/> ſeines Marſchalls, verliehen werden dürften; er gebe ſein Wort,<lb/> daß, wenn Brühl ſich nicht verpflichte, das Amt ſeinem Schwie-<lb/><note xml:id="seg2pn_12_2" prev="#seg2pn_12_1" place="foot" n="1)">Denkſchriften ꝛc. Berlin 1840. <hi rendition="#aq">IV,</hi> 146 mittheilt, Denkwürdigkeiten von<lb/> großem hiſtoriſchen Werthe hinterlaſſen haben. Da M. faſt bis ans Ende<lb/> der Republik in alle ihre Verhältniſſe tief eingeweiht war, können ſeine<lb/> Memoiren, falls er ſie in der That geſchrieben, allerdings von großem<lb/> Werthe ſein und ihre Auffindung und Veröffentlichung wäre höchſt wün-<lb/> ſchenswerth. Bis jetzt habe ich keine Spur als dieſe von ihnen gefunden.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0104]
Kraft und Gewandtheit, ſein feuriges beredtes Weſen war er
der Liebling der vornehmen Jugend, und auch die junge ſchöne
Frau des alten Branicki ſoll für die Liebe und Verehrung,
welche ihr Mokranowsky widmete, nicht unempfindlich geweſen
ſein. Mit ihm verſtändigte ſich daher Broglie wohl leicht und
raſch, und noch in Grodno erfolgte der erſte Schlag gegen die
Familie.
Am 1. Oct. 1752 ward der Reichstag eröffnet, auf welchem
der junge Stanislaw Poniatowski, der ſpätere König, eben 20
Jahre alt, zum erſtenmale unter den Landboten erſchien.
Die erſten Tage wurden mit leerem Gerede zugebracht, ohne
daß es zur Wahl des Marſchalls kam. Der Grund war eine
Differenz zwiſchen Brühl und der „Familie“ über die Ver-
leihung des lithauiſchen Unterkanzleramts, welches durch die
Erhebung Michael Czartoryski’s zum Kanzler erledigt war.
Zwei Sapieha waren die Candidaten, um welche es ſich han-
delte. Der eine, der Schwiegerſohn des Kanzlers, ward von
der Familie, der andere, Woiwode von Mscislaw, von den
Potocki, Radzivil und ſelbſt Branicki unterſtützt. Brühl, be-
reits in der Stille der „Familie“ abgeneigt, deren Einfluß ihm
unbequem und läſtig geworden, dazu vom Hofmarſchall Mniszeck,
ſeit 1750 ſeinem Schwiegerſohn, berathen, der ihm die Ausſicht
zeigte durch die Bildung einer neuen Hofparthei ſich von der „Fa-
milie“ befreien zu können, neigte ſich auf die Seite ihrer Gegner.
Da that der Kanzler einen Schritt, der ihn perſönlich ſo wie das
ganze damalige Getriebe am Hofe characteriſirt. Er ſtellte Brühl
vor, daß dem Geſetz und Herkommen nach die Siegel nur im
Reichstage nach der Conſtituirung deſſelben durch die Wahl
ſeines Marſchalls, verliehen werden dürften; er gebe ſein Wort,
daß, wenn Brühl ſich nicht verpflichte, das Amt ſeinem Schwie-
1)
1) Denkſchriften ꝛc. Berlin 1840. IV, 146 mittheilt, Denkwürdigkeiten von
großem hiſtoriſchen Werthe hinterlaſſen haben. Da M. faſt bis ans Ende
der Republik in alle ihre Verhältniſſe tief eingeweiht war, können ſeine
Memoiren, falls er ſie in der That geſchrieben, allerdings von großem
Werthe ſein und ihre Auffindung und Veröffentlichung wäre höchſt wün-
ſchenswerth. Bis jetzt habe ich keine Spur als dieſe von ihnen gefunden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |